Mir wird auch nicht klar: Wollen Sie die Absolventenzahlen für die Jahrgänge 2011 und 2012 noch einmal präzisiert haben? Auch dazu hat der Senat, vorausschauend, wie er ist, längst, bevor Sie die Frage stellen konnten, entsprechende Zahlen vorgelegt. Die Senatsverwaltung hat Ihnen am 3. Februar 2010 auf Ihre Mündliche Anfrage aus der 57. Sitzung die Studienanfängerzahlen der vergangenen Jahre und die prognostizierten Zahlen bis 2015 vorgelegt, und auf die Anfrage von Frau Senftleben ist ebenfalls detailliert unterlegt worden, wie die entsprechenden Zahlen bis zum Jahr 2020 sind. Danach rechnen wir im Jahr 2012 mit 22 200 Hochschulzugangsberechtigungen.
22 200 sind es. Das ist das, was in der Antwort an Sie steht. – Bei einer vermutlichen Übergangsquote bisher von 80 bis 85 Prozent werden wir also im Jahr 2012 ca. 18 700 Studienplätze für Berliner Studierende brauchen. Wir haben aber rund 28 000 Studienanfängerplätze. Damit hat Berlin seinen Obolus mit Sicherheit geleistet. Es wäre schön, wenn andere Bundesländer da nachzögen. Wir gehen da voran. – Hier geht Ihr Antrag also auch ins Leere.
Schließlich geht es Ihnen, wie der Begründung zu entnehmen ist, auch noch darum, aus der Aussetzung der Wehrpflicht den zusätzlich bestehenden Bedarf an Studienplätzen zu errechnen. Da verweise ich auf die Antwort des Wissenschaftssenators auf die Mündliche Anfrage des Kollegen Dragowski vom 3. Januar dieses Jahres. Berlin hat, Frau Schillhaneck, seine Studienplatzkapazität in den letzten vier Jahren um 40 Prozent gesteigert und zudem seine Bereitschaft erklärt, zusätzliche Mittel aus dem Hochschulpakt bereitzustellen, wenn diese kommen. – Das wäre der kurze Dienstweg für Sie, Herr Zimmer! Die Kanzlerin und die Regierungschefs der Länder haben am 15. Dezember beschlossen, dieses zu finanzieren. Also dann! An Berlin wird das sicher nicht scheitern. – Danke!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bevor ich konkret etwas zu dem Antrag und zur Debatte sage, möchte ich noch eine Feststellung treffen. Ein Punkt, der auch in der Begründung der CDU angeführt wird, ist die Aussetzung der Wehrpflicht. Ich möchte ganz klar festhalten, auch in diesem Haus: Es ist eine riesige Leistung dieser Bundesregierung, dass die Wehrpflicht ausgesetzt wird, dass der Zwangsdienst für junge Menschen, für junge Männer vor allem, beendet wird.
Das immer mit der negativen Konnotation des Verursacherprinzips oder der fehlenden Studienplätze in Verbindung zu bringen, ist peinlich und wird der Sache nicht gerecht.
Jetzt möchte ich einige Worte zur Debatte sagen. Den Antrag der CDU finden wir teilweise richtig, ich werde gleich begründen, warum. Wir enthalten uns bei ihm. Es ist völlig unschädlich, diese Daten zu erheben. Sicherlich gibt es einen gewissen Verwaltungsaufwand, aber es ist dennoch unschädlich, und man könnte auch gleichzeitig die Daten erheben, wie viele der Absolventen überhaupt im Rahmen ihrer schulischen Karriere eine Studien- oder Berufsorientierung erfahren haben. Ich glaube, das sind auch interessante Daten. Und auch diese wären kein Ruhmesblatt für den Senat.
Es geht im Antrag darum: Das Ziel ist, wegen des Aussetzens der Wehrpflicht und der doppelten Abiturjahrgänge Engpässe bei den Studien- und Ausbildungsplätzen abzubauen. Das Mittel, das gewählt wird, ist die Umfrage in den Schulabschlussjahrgängen 2011 und 2012 zur beabsichtigten Studien- und Berufswahl. Eine Lösung ist das erst mal nicht. Das hat der Kollege Zimmer auch nicht behauptet. Aber natürlich beinhaltet dieser Antrag auch die Aufforderung an den Senat, mal zu springen, mal zu sagen, was tut er denn für die doppelten Abiturjahrgänge, und was tut er denn wegen der Aussetzung der Wehrpflicht. Und da reicht es nicht, darauf zu verweisen, dass man sich gegebenenfalls an einer Finanzierung im Rahmen des Hochschulpakts beteiligt. Das ist uns zu wenig. Ich erwarte vom Senat konkretere Punkte. Im Wissenschaftsausschuss wurde auch schon berichtet, dass die FU beispielsweise, besser Prof. Alt, einige Ideen hat. Aber bisher haben wir noch nichts Konkretes gehört.
Man kann hier natürlich kreativ sein. Wie gesagt, Frau Fugmann-Heesing, als sozialdemokratische Fraktion sind Sie hier mitverantwortlich, als regierungstragende Fraktion. Da erwarten wir schon mal konkrete Antworten. Zu
sagen, nur die Hälfte der Berliner Abiturienten studiert: Schauen Sie, wie viele Berliner in andere Bundesländer müssen, weil sie hier keinen Studienplatz bekommen. Auch da muss man sich überlegen, ob man nicht Unterstützung bietet. Denken wir nach über Mobilitätshilfen für Landeskinder, die woanders studieren müssen! Seien Sie kreativ und tun Sie was für die Berliner Schülerinnen und Schüler, die studieren wollen! Weisen Sie nicht jede Nachfrage der Opposition von sich!
Ein weiterer Punkt, den wir als Liberale auch schon in die Diskussion gebracht haben, der einen gewissen Effekt hat, ist das Thema hochschuleigenes Auswahlverfahren. Natürlich kann man mit den Hochschulen in den Dialog treten und schauen, dass eine engere Verzahnung zwischen Hochschulauswahlverfahren und Schulen stattfindet. Das ist eine etwas komplexere Materie. Wir werden uns sicherlich im übernächsten Plenum im Rahmen unseres Antrags mit der Frage beschäftigen. Aber es gibt Mittel, es gibt Möglichkeiten, kreativ nachzudenken und auch Berliner Landeskinder zu unterstützen, hier einen Studienplatz zu finden. Nur kommt leider nichts von Rot-Rot und auch nichts vom Senat. Insoweit ist der Antrag der CDU richtig, hier mal konkret Punkte einzufordern. Die Daten sind nur der halbe Teil des Antrags. Bringen Sie endlich einmal ein paar Lösungspunkte.
Zu einem Punkt in Ihrer Begründung noch, Herr Kollege Zimmer, zur Planungssicherheit der Hochschulen einige Anmerkungen. Im Wissenschaftsausschuss hat ein Vertreter der Hochschulen vor Kurzem klargestellt, dass die Hochschulen nur aus einem Grund noch arbeitsfähig sind: weil sie die Gelder des Hochschulpakts bekommen. Mit den Geldern des Landes Berlin können die Hochschulen schon länger nicht mehr ihre Aufgaben bewältigen. Das ist auf jeden Fall skandalös. Ob es zwielichtig ist, weiß ich nicht. Lassen wir es im Raume stehen. Aber so geht es halt nicht. Der weitere Punkt, Herr Kollege Albers, ist der, dass auch klar ist, weil Sie z. B. keine Gleitklausel in die Hochschulverträge genommen haben und weil es höhere Tarifabschlüsse geben wird, dass die Hochschulen mit den Geldern für die neuen Studienplätze, die sie noch schaffen müssen, in Zukunft nur den Status quo halten können. Das heißt, Sie werden zukünftig schlechtere Betreuung haben und schlechtere Verhältnisse an den Hochschulen. Rühmen Sie nicht immer Ihre Hochschulfinanzierung, tun Sie endlich was! Legen Sie los, und kritisieren Sie nicht immer die Opposition! – Vielen Dank!
Vielen Dank, Herr Kollege Dragowski! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Antrags an den Ausschuss für Wissenschaft und Forschung. – Hierzu höre ich keinen Widerspruch; dann verfahren wir so.
Die Fraktion der CDU beantragt die Vertagung des Antrags. Widerspruch gibt es nicht, dann wird so verfahren.
Planungsqualität für das Entrée der Hauptstadt I: Nutzungsvielfalt und gute Gestaltung für das Umfeld des Hauptbahnhofs schaffen
Planungsqualität für das Entrée der Hauptstadt II: angemessene Verkehrserschließung für den Hauptbahnhof schaffen
Für die Beratung sind jeweils fünf Minuten vorgesehen. Das Wort hat für die antragstellende Fraktion die Kollegin Eichstädt-Bohlig.
Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Auch wenn wir schon vorgerückte Stunde haben, glaube ich, ist es wichtig, dass wir dieses Thema Hauptbahnhof, das die Öffentlichkeit sehr wohl und sehr zu Recht beschäftigt, hier endlich einmal aufrufen. Ich muss sagen, Frau Senatorin, wir sind wirklich sehr unzufrieden, wie schwach Ihr Haus auf die massive Kritik am Zustand und an der Planung rund um den Hauptbahnhof reagiert. Denn der Hauptbahnhof ist schließlich das Entrée zur Hauptstadt, die Umgebung aber wird mehr und mehr zum Rummelplatz. Wenn Sie das noch nicht bemerkt haben, dann tut es mir leid.
Die Verkehrserschließung funktioniert nach wie vor immer noch nicht. Und das erste Bauprojekt, das verwirklicht worden ist, ist billigster Pappmaché. Die Pläne für das Weitere versprechen nicht viel Gutes. Deswegen fordern wir Grünen Sie in zwei Anträgen eindringlich auf, auf der einen Seite die Verkehrsplanung, auf der anderen Seite die Gestaltung des öffentlichen Raums, die Platzgestaltung und die Bauplanung grundlegend zu überprüfen.
Ich sage ganz deutlich: Kleine kosmetische Änderungen und Fassadenwettbewerbe reichen hier nicht aus. So gut und richtig es ist, dass Sie da das Instrument Baukollegium eingeführt haben, allein das kann keine großen Verbesserungen bringen. Deswegen ist unsere zentrale Forde
rung: Diese Planung muss sehr viel tiefer gehend überprüft und verändert werden. Dafür die wichtigsten Punkte: Das Erste ist der Umgang mit den Vorplätzen. Der ist wirklich schlicht skandalös. Anders kann man das nicht sagen.
Bevor Sie aber jetzt den Washingtonplatz neu gestalten und pflastern wollen, muss für beide Vorplätze endlich ein vernünftiges Verkehrserschließungskonzept gemacht werden für die Taxenvorfahrten und -abfahrten, für Kissand-Ride-Vorfahrten, für ausreichend Fahrradstellplätze auf beiden Seiten, für die Anbindung der Busse und Straßenbahnen, auch für die Erschließung der geplanten Singlebauten, das Hochhaus auf dem Europaplatz und den Kubus, der eines Tages auf dem Washingtonplatz sein soll. All das ist bis zur Stunde nicht und nicht befriedigend geplant. Aber Sie meinen, jetzt den Platz schön mit Platten zu pflastern, das wäre dann die richtige Gestaltung. So geht das nicht!
Der zweite Punkt ist die beginnende Bauplanung. Auf der Westseite ist bisher ausschließlich Hotel- und Konferenznutzung geplant. Wie spannend, wie urban das werden soll, kann man sich noch gar nicht vorstellen, weil das nämlich richtig öde und langweilig werden wird. Und mit dem Sheraton-Komplex, der auf der Nordseite schon genehmigt worden ist, ist das ganze städtebauliche Konzept bereits über den Haufen geschmissen worden. Der Straßendurchbruch ist gestrichen worden. Es wird ein hässlicher Riesen-Oschi. Und da werden wir bald noch dankbar sein für das kleine hässliche Entlein des Meininger-Hotelblocks, den wir jetzt so gern und allumfassend kritisieren.
Der dritte Punkt: Rund um den Humboldthafen sieht es kein bisschen besser aus als die Planung auf der Westseite. Dort haben Sie die elegante Ungers-Planung durch eine völlig überverdichtete, kompakte Blockrandbebauung mit langweiliger Büronutzung ersetzt. Der Humboldthafen wird quasi zu einem Investorenprivathafen umgewidmet. Städtebaulich ist er für die Stadt und für die Gäste der Stadt praktisch gar nicht mehr wahrnehmbar. Und nun soll der Uferrand noch für ein Gesundheitsministerium geschlossen werden. Dann wird er nicht mehr begehbar sein. Das ist keine Hauptstadtplanung, das ist lustlos, unurban und öde.
Letzter Punkt, den ich hier ansprechen will, das ist die besondere S-Bahn-Planung, die Frau Junge-Reyer mit ganz besonderem Elan betreibt: diese unnötige, luxuriös teure Stummel-S-21, die jetzt neben den Stummel-U-5-Bahnhof und neben den auch nicht ausgelasteten Tiefbahnhof der Regional- und Fernbahn im Hauptbahnhof gesetzt werden soll. Das ist unnötig, das ist überteuert. Das soll uns für sechs Jahre Bauzeit noch mal diesen Bahnhof durcheinanderstrudeln. Das darf so nicht passieren! Wir fordern Sie auf, die alternative aktive Nutzung der Regionalbahnverbindung endlich ernsthaft zu verfolgen. Da sparen wir
Steuergelder, auch wenn es die Steuergelder des Bundes sind. Insofern fordern wir Sie auf, diese S-Bahnplanung nicht weiterzuverfolgen, sondern hier den Schlusspunkt zu ziehen. Wir werden dafür streiten, dass es endlich eine attraktive und sinnvolle Hauptstadtplanung und Planung für die Umgebung gibt und dass nicht einfach weiter so vor sich hingewurstelt wird wie bisher.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Planungsqualität benötigt Freiheit, erst recht in Berlin: Freiheit zu denken, Freiheit zur Rundschau in andere Städte und Metropolen sowie Freiheit, Kreatives in Bilder und Marken zu formen und visionär zu benennen. Die Freiheit für ein qualitatives Mehr an architektonischer und planungsrechtlicher Qualität am Hauptbahnhof als Eingangstor in die deutsche Hauptstadt war allgemeiner Konsens im Haus. Aber ob man es als Regelstück grüner Regulierungspolitik, wie in Ihren Anträgen geschehen, beschreiben muss, werden wir diskutieren. Es sollen umfassende Konzepte vorgelegt werden für Parkplätze, Fahrradstellplätze, Baumpflanzungen oder verkehrliche Erschließungsmaßnahmen, welche naturgemäß mit Kosten- und Nutzenanalysen für eine adäquate Finanzierung versehen werden müssen. Natürlich soll dies alles kurzfristig realisiert werden, was an sich im Rahmen der Planung schon ein Paradigma darstellt.
Aber es lohnt sich, gerade beim Hauptbahnhof genauer hinzuschauen, umsichtig zu planen und entsprechend behutsam ans Werk zu gehen. Nach der Begehung mit dem Stadtplanungsausschuss und anschließender Auswertung und Analyse im November war es unstrittig, dass die architektonische als auch die verkehrliche Darbietung ausbaufähig und an manchen Stellen schlichtweg unansehnlich ist. Neben der Qualität geht es aber auch um die Grundstücke selbst. Der Gestaltungsleitfaden, den die Vivico im Jahr 2006 entwickelt hat, hat gezeigt, dass es möglich ist, gestalterische Qualität an den Verkauf zu knüpfen. Seien Sie versichert, liebe Grüne, dass ich mich in meiner stadtentwicklungspolitischen Funktion beim Liegenschaftsfonds für ein ähnliches Verfahren einsetze.