Protokoll der Sitzung vom 13.01.2011

Aber es lohnt sich, gerade beim Hauptbahnhof genauer hinzuschauen, umsichtig zu planen und entsprechend behutsam ans Werk zu gehen. Nach der Begehung mit dem Stadtplanungsausschuss und anschließender Auswertung und Analyse im November war es unstrittig, dass die architektonische als auch die verkehrliche Darbietung ausbaufähig und an manchen Stellen schlichtweg unansehnlich ist. Neben der Qualität geht es aber auch um die Grundstücke selbst. Der Gestaltungsleitfaden, den die Vivico im Jahr 2006 entwickelt hat, hat gezeigt, dass es möglich ist, gestalterische Qualität an den Verkauf zu knüpfen. Seien Sie versichert, liebe Grüne, dass ich mich in meiner stadtentwicklungspolitischen Funktion beim Liegenschaftsfonds für ein ähnliches Verfahren einsetze.

Auch die SPD-Fraktion setzt sich für ein Mehr an architektonischer Qualität und Vielfalt ein.

[Beifall bei der SPD – Beifall von Björn Jotzo (FDP)]

Auch die SPD-Fraktion will Stadtplätze und eine offene Durchwegung, die Lust und Vergnügen am Verweilen und am Erdbeerkuchenessen bietet

[Beifall und Ah! bei der SPD]

das gehört dazu. Dazu gehört aber auch eine bessere und umsichtigere Anordnung von Stellplätzen für Taxis, Fahrräder und den öffentlichen Personennahverkehr. Dazu gehört weiter die attraktive Gliederung des Washingtonplatzes mit Grün und Sitzgelegenheiten, ein Platz, der sich übrigens schon im Bau befindet. Dazu gehört eine breite, barrierefreie Uferpromenade, Barrierefreiheit für Zugang und Sicht.

Dazu gehört aber nicht unbedingt die Sicherung der Qualität durch Gestaltungssatzungen. Wir sehen es an anderer Stelle in der Stadt – ich erinnere an die Diskussion, die wir über die historische Mitte geführt haben –, dass Gestaltungssatzungen leider kein Garant für interessante, kreative und vielfältige Architektur sowie ein hohes Maß an Bauqualität sind. Satzungen – das sagt nicht nur der Name, sondern auch der Inhalt – können nur Abweichungen von ihren Regularien verhindern. Ich sehe uns schon wieder darüber diskutieren, ob eine mögliche Gestaltungssatzung architektonisch qualitätsvoll ist oder nicht, erst recht im Sinne der einzelnen Fraktionen. Stattdessen – dafür plädieren wir – können Architekturwettbewerbe durchaus erfolgreicher sein. Auch sie garantieren an sich noch keine Gestaltungsqualität, wohl aber die Auswahl zwischen Architekturansichten der teilnehmenden Büros. Wer sich die Entwurfausstellungen – ich weiß, die Kollegen nehmen das Angebot der Senatsverwaltung sehr unterschiedlich wahr – zu Tempelhof, Rathausforum, Humboldtforum, aber auch die Konjunkturprogramm-IIBauten ansieht, wird erkennen, welches kreative Potenzial in Berlin und in Deutschland arbeitet. Lassen wir doch die Architektenköpfe rauchen. – Herzlichen Dank für Ihre freundliche Aufmerksamkeit!

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der Linksfraktion]

Vielen Dank Frau Kollegin! – Das Wort für die CDUFraktion hat die Kollegin Bung.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Der gegenwärtige Zustand im Umfeld des Berliner Hauptbahnhofs ist durch großflächige Tristesse, dauerhaftes Verkehrschaos und Perspektivlosigkeit gekennzeichnet. Dies ist besonders deshalb bedauerlich, weil der Berliner Hauptbahnhof täglich für Tausende Reisende und Berlinbesucher das Einfallstor in unsere Stadt ist. Hier gewinnen vor allem Touristen, die mit der Bahn nach Berlin reisen, einen ersten Eindruck von der deutschen Hauptstadt. Eine konzeptionelle Entwicklung in diesem Quartier ist deshalb dringend geboten.

[Vereinzelter Beifall bei der CDU]

An dieser Stelle teile ich ausdrücklich die Kritik des Stararchitekten Meinhard von Gerkan. Seine kritischen Betrachtungen des städtebaulichen Erscheinungsbildes des

näheren und weiteren Umfeldes des Hauptbahnhofs ist verständlich und vollkommen berechtigt.

Dem Senat ist es seit der Fertigstellung des Berliner Hauptbahnhofs vor fast fünf Jahren nicht gelungen, ein würdiges Umfeld zu schaffen.

[Beifall bei der CDU]

Die vom Senat initiierten städtebaulichen Wettbewerbe haben bisher nur Ergebnisse auf dem Papier produziert. Umgesetzt worden ist davon bislang fast nichts. Auch die geplante Neugestaltung des Washingtonplatzes bringt bis auf die Neupflanzung von zehn Bäumen und einem Granitpflaster keine qualitative Aufwertung. Deshalb begrüßen wir grundsätzlich das Anliegen der Grünen, diese wichtige Entwicklung voranzutreiben, die der vorherrschenden Tristesse ein Ende bereitet.

Bei dem gesamten Areal um den Hauptbahnhof – hier beziehe ich ausdrücklich die so genannte Europacity mit ein – handelt es sich heute noch um eine Brache mit – wie ich finde – großem Entwicklungspotenzial. Allein die Tatsache, dass die Eigentümer das Planungsgebiet nördlich des Hauptbahnhofs unter dem Namen Europacity etabliert haben, zeigt die Bedeutung dieses zentralen Zukunftsgebietes in unserer Stadt mit allen seinen Entwicklungschancen. Das Gebiet zählt aufgrund seiner herausragenden zentralen Lage zu einem der interessantesten innerstädtischen Räume. Ein wesentliches Ziel aus stadtentwicklungspolitischer Sicht muss es deshalb sein, ein lebendiges Quartier durch eine Mischung von Arbeiten und Wohnen, Einkaufen, Kultur und Freizeit entstehen zu lassen, um damit ein Höchstmaß an Urbanität zu erreichen. Dafür müssen verschiedene Gebäude- und Nutzungstypen für unterschiedliche Zielgruppen und Nutzerbedürfnisse entwickelt werden. Die Entwicklung des unmittelbaren Umfeldes des Hauptbahnhofes muss in die Gesamtplanung der umliegenden Bereiche integriert werden, denn im Zentrum Berlins entsteht ein komplett neues Stadtquartier. Dieses Gelände ist neben dem des ehemaligen Flughafen Tempelhof die größte innerstädtische Entwicklungsmaßnahme der nächsten Jahrzehnte. Nicht zuletzt der enge Bezug zum Regierungsviertel sowie die angrenzende Wasserlage ermöglichen ein attraktives Leben mitten in der Stadt.

Der Antrag der Grünen zur städtebaulichen Entwicklung des Umfeldes des Hauptbahnhofs enthält meines Erachtens vernünftige Vorschläge, die wir mit der gebotenen Sorgfalt im Fachausschuss diskutieren werden.

Kritisch sehe ich hingegen Ihren zweiten Antrag zur Frage der verkehrlichen Erschließung. Sicher ist ein Verkehrskonzept für den Bahnhof und das gesamte Umfeld eine Grundvoraussetzung für weitere Planungen. Das setzen wir allerdings voraus. Welchen Korrekturbedarf es hinsichtlich der Erreichbarkeit des Bahnhofs gibt, haben wir bereits mehrfach problematisiert. Der Kern Ihrer Forderungen ist der Verzicht auf den Bau der S 21. Dies lehnen wir kategorisch ab.

[Beifall bei der CDU]

Die geplante Verbindung stellt eine wichtige Erschließung des Hauptbahnhofs in den Norden und Süden unserer Stadt dar. Auch in Anbetracht der Tatsache, dass bereits erhebliche Investitionen und Vorleistungen in den Bau der S 21 geflossen sind, muss dieses Projekt vernünftigerweise realisiert werden.

Ich komme zum Schluss. Es wird noch genügend Gelegenheit geben, im Fachausschuss unter Hinzuziehung von Experten diese Fragen zu diskutieren. – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU]

Vielen Dank, Frau Kollegin Bung! – Das Wort für die Linksfraktion hat der Kollege Dr. Flierl.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich mache es kurz: Auch meine Fraktion sieht die Entwicklung der städtebaulichen Gestaltung im Umfeld des Hauptbahnhofs sehr kritisch. Wir werden die beiden Anträge im Ausschuss besprechen.

Ich möchte nur auf einen Punkt hinweisen, weil viele meiner Vorrednerinnen Forderungen gestellt haben, was man alles machen sollte, dabei leider aber vergessen haben, die Instrumente zu benennen, mit denen diese Forderungen nach Nutzungsvielfalt, Hotels und anderem planungsrechtlich umgesetzt werden sollen. Ich darf auf einen Punkt aufmerksam machen, der den Hintergrund dafür bildet, dass die Angebotsplanung Berlins der vorgesehenen und der potenziell planungsrechtlichen möglichen Nutzungsmischung nicht wahrgenommen wird. Es handelt sich um den Umstand, dass die Deutsche Bahn darauf verzichtet hat, die Glashalle des Hauptbahnhofs vollständig zu errichten, womit Lärmemissionen verbunden sind, sodass ein Wohnen, wie ursprünglich gedacht, in der Umgebung des Bahnhofs gar nicht möglich ist. Damit haben wir in der Tat das Problem, dass wir nach dem Bahnkonzept den Hauptbahnhof in der Mitte der Stadt haben, aber ohne Umfeld. Also müssen wir die Stadt daraufhin entwickeln. Dadurch entsteht das, was wir genau nicht haben wollten: ein Bahnhofsviertel. Dies deshalb, weil sich die angestrebte Nutzungsmischung ökonomisch nicht rechnet. Das bedeutet, dass wir noch sehr viel tiefer darüber nachdenken müssen, wie die Umsteuerung möglich wird. Ein Weg, den wir im Rahmen der Koalition erörtern und den wir auch mit der Senatsverwaltung umsetzen wollen, ist, die verpflichtende Durchführung von Wettbewerben vorzusehen und sie auch bei Weiterverkäufen verbindlich zu machen, sodass auf die einzelnen Bauprojekte Einfluss genommen werden kann.

Ich teile in besonderer Weise die Kritik am Humboldthafen. Ich meine auch, dass die vorgesehene Planung hier

noch nicht die städtebaulichen Möglichkeiten dieses Areals ausreichend erschließt. Und ich hoffe, dass wir in den Ausschüssen dann auf der Basis der Anträge Veränderungsvorschläge etablieren können, um vonseiten des Abgeordnetenhauses unseren Wunsch nach einer hochwertigen, die Stadt erschließenden und an den Bahnhof heranführenden Gestaltung dieses Areals umsetzen können. Einzelne Anträge zur Ablehnung bereits im Bau befindlicher Planung halte ich nicht für geeignet. Ich glaube, dass da auch der Ansatz der Grünen zu kurz greift. Wir sollten uns stärker mit den planungsrechtlichen Instrumenten und mit einem möglichen Umsteuern in den Bereichen, die von den Investitionen zurzeit noch gar nicht erfasst sind, befassen und uns vor allem mit dem Eigentümer, nämlich dem Land Berlin, unterhalten, welche verpflichtenden Vorgaben wir beim Verkauf der Grundstücke machen sollen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Ich hoffe dann auf die Diskussion im Ausschuss.

[Beifall bei der Linksfraktion und der SPD]

Vielen Dank, Herr Dr. Flierl! – Für die FDP-Fraktion hat jetzt Herr Abgeordneter von Lüdeke das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich habe hier die Aufgabe, mit meinem letzten Beitrag sozusagen das Licht auszumachen. Ich sehe mal zu, dass ich mich auch kurzfasse.

Ich bin Herrn Dr. Flierl sehr dankbar, weil er schon einiges vorweggenommen hat, was uns alle beschäftigt. Um es noch mal zu betonen: Wir haben ja bei der Präsentation dieses Hauptbahnhofumfelds nun alle unsere Bauchschmerzen. Wir sind ja nicht alle unbedingt zufrieden damit. Interessant ist eben, dass ein attraktiver und optisch interessanter Hauptbahnhof dort entstanden ist und drumherum jetzt sozusagen alles, was jetzt neu entsteht, geeignet ist, letztlich diese Optik wieder zu zerstören. Wir freuen uns auch auf diese Diskussion dann im Ausschuss.

Aber zu Ihrem konkreten Antrag: Was Sie hier vorschlagen, die attraktive Gliederung durch Bäume, Grün und Platzmöblierung oder die angemessene Nutzungsmischung, was immer das ist, hängt ja doch im Wesentlichen davon ab, dass es dort Investoren gibt, die dieses mittragen. Da sind wir allerdings skeptisch, was die Zahl der Investoren angeht, denn immerhin, bei allem, was dort bisher schon stattgefunden hat, stehen die Investoren eben nicht Schlange. Das lässt erwarten, dass man bei der Auswahl der Nutzungen gar nicht so großartige Wahlmöglichkeiten hat und dass das, was Sie eine angemessene Nutzungsmischung nennen, überhaupt nicht zum Zuge kommen wird.

Die angemessene, interessante Architektur finden wir auch alle gut. Das finden wir auch alle ganz toll, wenn die

angemessen und interessant wird. Nun sagen ja selbst führende Architekten der Welt, dass das, was hier in Berlin in den letzten Jahrzehnten erstellt worden ist, nun nicht unbedingt dem international gesehen gerecht wird. Mit der angemessenen, interessanten Architektur tut sich Berlin in gewisser Weise auch schwer. Das hier in den Antrag zu schreiben, ist sicherlich auch ein bisschen problematisch oder sicherlich ein bisschen aus dem Reich der Phantasie.

Insgesamt, wenn Sie dann in diesen Bereich Gestaltungssatzung reinwollen, dann zeigt sich doch, dass Sie irgendwie als Grüne wieder ein bisschen was Oberlehrerhaftes und Erzieherisches reinbringen wollen, nur leider gelingt es eben nur, wenn man die entsprechenden Investoren in diesen Fällen hat. Ich betone es noch mal: Die fehlen eben leider. Insgesamt ist dort eine Vielzahl von B-Plänen entstanden. Es hat städtebauliche Wettbewerbe gegeben und alles, was dazugehört. Insofern haben wir einige Skepsis, ob der Antrag jetzt wirklich geeignet ist weiterzuhelfen, aber trotzdem werden wir ihn gerne im Ausschuss diskutieren.

Womit ich dann zum zweiten Antrag komme: Dieser zweite Antrag ist aus unserer Sicht nun fast noch problematischer, weil Sie hier zwar in Ihrem ersten Punkt – da geht es eben um Erschließung und Stellplatzkonzept für die Bahnhofsvorplätze – sicherlich auf dem richtigen Weg sind. Das ist auch ein Punkt, da kann ich Ihnen versprechen, darüber können wir diskutieren. Den können wir auch mittragen. Aber dass Sie nun, statt nun hinzugehen und dieses tatsächlich in einem Antrag auszukleiden, dann gleichzeitig also diesen Anschlag auf die S 21 reinbringen, das verwundert natürlich schon ein bisschen. Das hätten Sie auch als separaten Antrag machen können. Sie wissen auch, wir hatten seit 2001 – so lange verfolge ich das hier mit – eine Vielzahl von Redeschlachten, auch gerade um den Bereich Ihrer sogenannten Zwei-SystemS-Bahn. Da können wir wieder die ganzen Protokolle von Michael Cramer vorholen. Das ist eigentlich ein bisschen langweilig, dass wir immer wieder dieses wiederholen müssen. Das nun noch in diesen Antrag mit reinzupacken, ist sicherlich fehlerhaft und macht es uns schwer, letztlich dem zuzustimmen. Aber egal wie, wir werden auch das überstehen. Und wir werden auch den Antrag mit Ihnen diskutieren, aber ich gebe Ihnen keine große Hoffnung, dass wir ihn so verändern werden, dass man ihn noch annehmen kann. Das ist schon ein problematischer Bereich, den wir da angehen, aber insgesamt, womit Sie recht haben, ist sicherlich, dass dieses gesamte Hauptbahnhofumfeld von uns allen eigentlich so gesehen gerne gesehen würde, dass es sich besser entwickelt als das, was wir dort vorfinden. – Vielen Dank! Damit bin ich am Ende.

[Beifall bei der FDP]

Vielen Dank, Herr Abgeordneter von Lüdeke! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Der Ältestenrat emp

fiehlt die Überweisung beider Anträge an den Ausschuss für Stadtentwicklung und Verkehr sowie die zusätzliche Überweisung des Antrags Drucksache 16/3691 an den Hauptausschuss. – Ich höre keinen Widerspruch. Dann verfahren wir so.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 26:

Metropolregion entwickeln (II): Gesamtkonzept Anbindung BBI endlich vorlegen, Verkehrswege schaffen und Erreichbarkeit sichern!

Antrag der FDP Drs 16/3693

Eine Beratung ist nicht mehr vorgesehen. Es wird die Überweisung des Antrags an den Ausschuss für Stadtentwicklung und Verkehr – federführend –, an den Ausschuss für Europa- und Bundesangelegenheiten, Medien, Berlin-Brandenburg sowie an den Hauptausschuss vorgeschlagen. – Ich höre keinen Widerspruch. Dann verfahren wir so.

Tagesordnungspunkt 27 steht als vertagt auf der Konsensliste.

Lfd. Nr. 28:

Rot-Rote Ankündigungspolitik beenden – in Berlin umgehend für mehrfach straffällig gewordene Kinder eine geschlossene Unterbringung einrichten, die diesen Namen auch verdient!

Antrag der CDU Drs 16/3745