Protokoll der Sitzung vom 13.01.2011

Wenn private Hochschulen Plätze für Studienanfänger schaffen und Berlin diese gegenüber dem Bund abrechnet, sollten private Hochschulen auch den Zuschuss des Bundes bekommen. Würde Berlin die Hochschulpaktmittel an die Hochschulen für neue Studienplätze weitergeben, so könnten die Hochschulen noch mehr in ihre Qualität investieren, aber auch in den Ausbau ihres Studienangebotes. Stattdessen fließen die Gelder wohl eher in den Haushalt des Landes Berlin.

Schauen wir nach Rheinland-Pfalz, Herr Senator Zöllner! Dort werden mit der Katholischen Fachhochschule Mainz und der Wissenschaftlichen Hochschule für Unternehmensführung, Otto Beisheims School of Management, in der nächsten Programmphase erstmals auch private Hochschulen am Hochschulpakt 2020 teilnehmen und insgesamt rund 400 zusätzliche Studienanfängerinnen und Studienanfänger aufnehmen.

[Beifall bei der FDP]

Wie fair ist der Senat, wenn es um das Geld geht? Wie fair ist er mit den privaten Hochschulen? Im Jahr 2009 wurden aus dem Konjunkturprogramm II Mittel für

Hochschulen in Berlin bereitgestellt. Die Mittel sollten ausdrücklich trägerneutral vergeben werden, gleich ob staatliche oder private Hochschulen. In Berlin durften die privaten Hochschulen jedoch nicht vom Konjunkturprogramm II partizipieren. Der Senat sah eine Partizipation am Konjunkturprogramm II „nicht als erforderlich“ an. Gerade auch angesichts der bundesweiten doppelten Abiturjahrgänge und der Aussetzung der Wehrpflicht wollen wir Liberale jede Chance für neue Studienplätze in Berlin ergreifen. Stimmen Sie unserem Antrag zu und bekennen Sie sich somit auch aus gesellschaftspolitischem Interesse zur wichtigen Rolle privater Hochschulen in Berlin.

Kommen wir zu den staatlichen Hochschulen. Wir wollen mit unserem zweiten Antrag den Hochschulen mehr Handlungsspielräume geben, um die Betreuungsrelationen an den Berliner Hochschulen zu verbessern und gleichzeitig auch mehr Studienplätze zu schaffen. Wegen des Kapazitätsrechts bringen neue Lehrende zurzeit keine echte Verbesserung in Bezug auf das Betreuungsverhältnis, denn sie müssten umgehend bei der Kapazitätsberechnung berücksichtigt werden. Das ist ebenso bei freiwilligen Lehrangeboten zum Beispiel von Mitarbeitern auf Drittmittelsellen.

[Lars Oberg (SPD): Super!]

Konkret: Mehr Lehrangebot bedeutet zwingend mehr Studienplätze. Wir fordern, aus Drittmitteln finanziertes Lehrpersonal kapazitätsneutral zu stellen. Bei Stiftungsprofessuren könnte die Hochschule gegebenenfalls mit dem Stifter gemeinsam entscheiden, ob die Stiftungsprofessur zur Verbesserung der Lehre dienen soll.

Wie lief die Diskussion im Wissenschaftsausschuss? – Die Grünen-Fraktion, Frau Kollegin Schillhaneck, forderte eine Reform des Kapazitätsrechts, jedoch nicht in der von uns vorgeschlagenen Art und Weise. Konkrete Vorschläge gab es nicht. Die SPD, Herr Kollege Oberg, forderte, dass Mittel, die in die Hochschule fließen, zuerst für die Schaffung neuer Studienplätze zu verwenden seien. Solange ein Mangel an Studienplätzen bestehe, sei es dringend geboten, auch weiterhin jede bestehende Lehrkapazität auszuschöpfen.

[Lars Oberg (SPD): Kluger Mann!]

Wir sind uns alle einig, dass die Hochschulen schon längst mit Überlast fahren – das einmal als Anmerkung, Herr Kollege Oberg. Aber auch von Ihnen gab es keinerlei konkrete Vorschläge zur Verbesserung der Betreuung.

Unser Antrag führt nicht nur zu einer besseren Betreuung der Studierenden, sondern auch zu mehr Studienplätzen. Erstens setzen wir mit unserem Antrag Anreize, Drittmittel zugunsten der Lehre zur Verfügung zu stellen. Zweitens schaffen wir für Wissenschaftlicher auf Drittmittelstellen mehr Möglichkeiten zu lehren. Drittens, hier sind wir uns mit Herrn Staatssekretär Nevermann einig, führt ein besseres Betreuungsverhältnis auch zu einer Erhöhung der Kapazitäten, da die Studierenden ihr Studium schneller beenden und es weniger Abbrüche gibt.

Die FDP ist die einzige Fraktion im Abgeordnetenhaus, die konkrete Vorschläge für eine Verbesserung der Betreuung von Berliner Studierenden und dafür eine Erhöhung der Studienplätze macht. Setzen Sie unsere Vorschläge um, Herr Senator Zöllner, denn Berlin kann nicht warten! – Vielen Dank!

[Beifall bei der FDP]

Vielen Dank, Herr Kollege Dragowski! – Das Wort für die SPD-Fraktion hat der Kollege Oberg.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir können stolz sein, dass Berlin eine der beliebtesten Städte in Deutschland ist, wenn es um das Studieren geht. Jedes Jahr bewerben sich weit über 100 000 junge Menschen an den Berliner Hochschulen. Das ist ein Ausdruck der Attraktivität der Stadt, vor allem aber auch der Hochschulen und der Studiengänge. Das große Interesse an der Studienstadt Berlin und den Hochschulen ist aber vor allem auch ein Erfolg von zehn Jahren rot-roter Wissenschaftspolitik.

[Mirco Dragowski (FDP): Das glauben Sie doch nicht selbst!]

Es war und ist immer das Ziel sozialdemokratischer Wissenschaftspolitik gewesen, möglichst vielen Menschen den Weg an die Hochschulen zu eröffnen.

[Beifall von Frau Seidel-Kalmutzki (SPD)]

Darum haben wir in den letzten Jahren die Zahl der Studienplätze ausgebaut wie kaum in einem anderen Land in der Bundesrepublik. Dieser Ausbau geht weiter. Bis 2013 werden wir zusätzlich 6 000 Studienplätze gemeinsam mit den Hochschulen schaffen. Dafür nutzen wir das Geld des Bundes, das im Rahmen des Hochschulpaktes zur Verfügung gestellt wird, geben aber auch Landesmittel in beträchtlicher Höhe dazu. Im Rahmen der Hochschulverträge, die noch bis 2013 laufen, sind das insgesamt 300 Millionen Euro zusätzlichen Geldes aus dem Land Berlin.

Das unterscheidet uns ganz deutlich von anderen Bundesländern. Dort, wo CDU und FDP regieren, werden die Mittel für die Hochschulen gekürzt. Ihre Wissenschaftspolitik besteht aus Studiengebühren und Mittelkürzungen. Wir hingegen bekennen uns dazu, möglichst viele Studienplätze zu schaffen, und das selbstverständlich zu vernünftigen Studienbedingungen. Die Zahl der Studienplatzbewerber in Berlin zeigt, dass uns das gelingt. Wären die Studienbedingungen in Berlin schlecht, würde sich niemand bewerben. Das Vertrauen von über 100 000 jungen Menschen, das sie in den Studienstandort Berlin stecken, belegt, dass wir es hier schaffen, viele Studienplätze zu guten Bedingungen anzubieten.

Darum lehnen wir Ihren Antrag zur Kapazitätsneutralität ab. Ja, wir wollen alle Kapazitäten ausschöpfen. Ja, wir wollen alle Kapazitäten nutzen, und zwar gerade im Interesse der Berlinerinnen und Berliner Abiturienten. Wenn wir auf den doppelten Abiturjahrgang und auf die Abschaffung der Wehrpflicht schauen, so wissen wir, dass es zusätzlich wahnsinnig viele Bewerber geben wird. Wir brauchen hier eine Antwort. Unsere Antwort heißt: Mehr Studienplätze und nicht weniger Studienplätze. Deswegen machen wir die Zugänge breiter und nicht enger. Das unterscheidet uns von der FDP. Deshalb lehnen wir Ihren Antrag ab.

[Beifall bei der SPD]

Ich komme zu den privaten Hochschulen. Ja, in Berlin gibt es eine große Zahl privater Hochschulen. Darunter sind auch viele, die gute Arbeit leisten. Jetzt fordern Sie, Herr Kollege Dragowski, eine massive, vor allem materielle Unterstützung dieser privaten Hochschulen durch das Land und fordern eine Gleichbehandlung ein.

[Beifall bei der FDP]

Ich bin der Meinung, dass man Gleiches gleich und Ungleiches ungleich behandeln sollte. Private und staatliche Hochschulen kann man nicht gleichsetzen, weil sie nicht gleich sind. Ich kann Ihnen auch gern erklären, warum. Erstens: Private Hochschulen haben keinen öffentlichen Forschungs- und Lehrauftrag, sondern sind in der Regel private Unternehmungen, die nicht selten eine Gewinnerzielungsabsicht verfolgen. Zu deutsch: Sie wollen Geld verdienen. Einem Unternehmen, das Geld verdienen möchte, kostengünstig landeseigene Grundstücke zur Verfügung zu stellen, das wäre eine Subvention.

[Christoph Meyer (FDP): Was erzählen Sie da?]

Ich weiß nicht so genau, wo Ihr ordnungspolitischer Kompass Sie langführt; meiner sagt mir, dass das keine gute Idee ist.

Zweitens: Private Hochschulen bieten keinen finanziell diskriminierungsfreien Zugang zu ihren Angeboten und haben deshalb auch keine Gleichberechtigung zu den anderen Hochschulen zu erwarten.

Drittens – und das ist Ihr grundsätzlicher Denkfehler –: Es ist nicht so, dass Berlin ein starker Wissenschaftsstandort wäre, weil es hier so viele private Hochschulen gäbe, sondern es ist genau umgekehrt: Es gibt so viele private Hochschulen, weil Berlin ein so starker und erfolgreicher Wissenschaftsstandort ist. Er ist dann auch für Dritte attraktiv, die hierherkommen, um an dem Angebot zu partizipieren, einen Teil vom Kuchen abzubekommen und dort Geld zu verdienen.

Daraus ziehe ich folgenden Schluss: Erstens, private Hochschulen brauchen einen klaren und verlässlichen Rechtsrahmen. Den bekommen sie nicht zuletzt mit der anstehenden Änderung des Hochschulgesetzes. Zweitens brauchen private Hochschulen kein öffentliches Geld. Drittens: Wir investieren unser öffentliches Geld in öffentliche Hochschulen, weil für uns Bildung, Wis

senschaft und Forschung eine öffentliche Aufgabe ist. Und die ist in den Händen der öffentlichen Universitäten ganz hervorragend aufgehoben. – Herzlichen Dank!

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Vielen Dank, Herr Kollege Oberg! – Das Wort für eine Kurzintervention hat jetzt Herr Dragowski.

Herr Kollege Oberg! Lassen Sie mich noch einige Punkte nennen, um Ihre Rede ins rechte Licht zu rücken. Fakt eins, das haben wir auch schon mehrfach erörtert: Die Landesmittelgaben an die Berliner Hochschulen sinken. Sie können noch so oft wiederholen, dass sie steigen. Ohne den Hochschulpakt, das haben die Hochschulen auch schon im Wissenschaftsausschuss bestätigt, hätten die Hochschulen schon heute ein ernsthaftes Problem, ihre Aufgaben zu finanzieren. Die Berliner Hochschulen sind durch diesen Berliner Senat unterfinanziert. Das können Sie nicht schönreden.

[Beifall bei der FDP]

Des Weiteren, Herr Kollege Oberg, hätte ich mir gerne einige Ausführungen zu meinen Punkten erhofft, was mit den Mitteln des Hochschulpaktes passiert für Studienanfängerplätze an privaten Hochschulen und für das Thema Konjunkturprogramm II, wie Sie das bewerten. Denn beim Konjunkturprogramm II steht in den entsprechenden Vergabevorschriften ausdrücklich, dass die Vergabe trägerneutral erfolgen soll. Insoweit würde mich auch hier interessieren, wo Ihr Problem besteht, dass man es hätte auch so machen können.

Als letzten Punkt habe ich herausgestellt, dass private Hochschulen ein wichtiger Standortfaktor sind, natürlich auch für Berlin als Stadt der Wissenschaft, aber natürlich auch ein Wirtschaftsfaktor. Auch sonst haben Sie kein Problem – das ist auch richtig so –, darüber nachzudenken, ob man Unternehmen bei der Ansiedlung unterstützt. Auch private Hochschulen, ob sie jetzt schon bestehen oder erst noch gegründet werden, kann man sicherlich unter die Arme greifen mit Flächen oder anderen Immobilien und somit den Hochschulstandort Berlin stärken. Von Ihnen fehlen mir bisher noch jegliche Vorschläge. Das, was Sie bisher gesagt haben, bringt uns in Berlin nicht weiter. Die Hochschulen fahren jetzt schon Überlast bei ihren Studienplätzen. Wenn Sie noch mehr Studierende haben wollen, die auf Treppen sitzen oder Ähnliches, man kann sie ja auch stapeln, dann bitte, aber nicht mit der FDP-Fraktion.

[Dr. Wolfgang Albers (Linksfraktion): Das werden wir demnächst sowieso alles ohne Sie machen müssen!]

Wir machen konkrete Vorschläge für mehr Studienplätze und für bessere Studienbedingungen. – Vielen Dank!

[Beifall bei der FDP ]

Vielen Dank! – Zur Erwiderung, Herr Kollege Oberg! – Ich darf Sie bitten, dass Sie künftig, wenn Sie die Absicht haben, eine Kurzintervention zu machen, das dem Präsidium rechtzeitig anzeigen.

Herr Präsident! Ich denke, Sie können davon ausgehen, wenn der Herr Kollege Dragowski gesprochen hat und ich die Ehre habe, nach ihm zu reden, dann kommt in der Regel immer eine Kurzintervention. Ich glaube, er geht von einem Gewohnheitsrecht aus.

Herr Kollege Dragowski! Ich weiß ja, dass Sie Wissenschaftspolitiker sind, aber wenn Sie hier Behauptungen über den Haushalt des Landes Berlin aufstellen, so sollten Sie vorher einen Blick in denselbigen geworfen haben.

[Mirco Dragowski (FDP): Habe ich!]

Jetzt können Sie sich hier hinstellen und sagen, die Hochschulen hätten nicht genug Geld, Sie können sagen, es ist nicht ausreichend, was wir zur Verfügung stellen, aber seien Sie wenigstens so ehrlich oder so klug, und schauen Sie in den Haushalt und vergleichen Sie die Zahlen der Jahre 2010, 2011, 2012 und 2013 mit den vorigen vier Jahren, der vorherigen Hochschulvertragsperiode. Sie werden feststellen, das sind in der Summe über 300 Millionen Euro mehr Landeszuschuss. Wir haben in den Hochschulverträgen genau auseinandergehalten, was Geld des Landes ist und was das Geld ist, das wir vom Bund erwarten. Da hat der Finanzsenator darauf bestanden, klugerweise, weil er deutlich machen wollte, was die Leistungen des Landes sind und was das ist, was wir vom Bund erwarten. Wir haben dann eine im Übrigen von Ihnen scharf kritisierte Klausel hinzugefügt: Kommt das Geld vom Bund nicht wie erwartet, dann müssen wir noch einmal darüber reden. Aber diese Formulierungen müssten selbst Ihnen die Möglichkeit geben, zu verstehen, dass wir 300 Millionen Euro mehr Geld in die Hochschulen stecken. Das ist mehr und nicht weniger.

Dann empfehle ich doch einen Blick nach Hessen oder nach Schleswig-Holstein. In beiden Bundesländern tragen Sie, oder das, was von Ihrer Partei übriggeblieben ist,

[Björn Jotzo (FDP): Es ist immer noch genug!]

politische Verantwortung.

[Dr. Wolfgang Albers (Linksfraktion): Das, was übriggeblieben ist, sitzt da!]

In Hessen reißen Sie den Hochschulen quasi den Stuhl unterm Hintern weg, weil Sie in laufenden Finanzierungsvereinbarungen Gelder kürzen. In SchleswigHolstein geben Sie die Vereinbarungen, die Sie mit dem Bund im Rahmen des Hochschulpakts getroffen haben, zurück und reichen die Verpflichtungen weiter nach Niedersachsen, weil Sie nicht imstande sind, Ihre gegenüber dem Bund eingegangenen Verpflichtungen was die Zahl der Schaffung zusätzlicher Studienplätze angeht, zu er