Wenn ich Sie richtig verstanden habe, Frau Barth, unterstellen Sie, dass es keine tatsächlichen Verfahrensregelungen gibt. Es gibt, soweit ich informiert bin, medizinisch anerkannte Verfahren, die eben nicht ausschließlich die Untersuchung der Handknochen zugrunde legen, sondern sich insbesondere mit dem Status der Zähne, speziell der Weisheitszähne, befassen. Eine Zusammenschau von verschiedenen Untersuchungen führt dann zu einer relativ sicheren Bestimmung des Alters eines Betroffenen.
In dem konkreten Fall, den Sie angesprochen haben, ist davon insoweit abgewichen worden, als in Bad Saarow offenbar nur die Handuntersuchung durchgeführt worden ist. In Berlin ist es grundsätzlich üblich, dass man die Gesamtheit der Untersuchung durchführt, um gerichtsfeste Gutachten zu erhalten.
Damit ist die – oh, Herr Schmidt noch! Wie konnte ich das vergessen? – Herr Schmidt! Entschuldigung! Bitte schön!
Danke, Herr Präsident! – Meine Frage richtet sich an die Arbeitssenatorin. – Nachdem kürzlich bei einer Ausschusssitzung der BVV Mitte der Geschäftsführer des dortigen Jobcenters mitgeteilt hat, dass jetzt, nach sechs Jahren Hartz IV, Arbeitsvermittlung und Existenzsicherung endlich organisatorisch zusammengeführt werden sollen, frage ich Sie: Ist Ihnen bekannt, welche der Jobcenter Berlins diese Grundidee des Hartz-IV-Konzepts bis jetzt ebenfalls nicht umgesetzt haben, und was wird der Senat dafür tun, dass endlich auch in Berlin überall Arbeitsvermittlung und Existenzsicherung integriert aus einer Hand erfolgen?
Es ist natürlich eine Frage der Betrachtung, ob ich es gemeinsam mache oder nicht – aus der Sicht der einzelnen Jobcenter. Wir haben sehr oft kritisiert, dass die Ansätze nicht in genügender Weise miteinander verbunden worden sind. Wir waren sehr überrascht, als im Dezember der stellvertretende Vorsitzende der Regionaldirektion Berlin-Brandenburg in einem Interview bekannt hat, dass auch er in diesen Jahren der Erfahrung mit den Instrumenten der Arbeitsförderpolitik festgestellt hat: Da ist – ich will jetzt nichts Falsches zitieren – überwiegend, deutlich überwiegend, Mist finanziert worden. – Das ist eine Auseinandersetzung, die zu führen ist, wo ich mir auch wünsche, dass sie nicht nur in den einzelnen Ländern, in den einzelnen Jobcentern geführt wird, sondern auch bundesweit. Wir haben immer dafür plädiert, bestimmte Instrumente nicht einzusetzen, weil beispielsweise das Instrument des Ein-Euro-Jobs vom eigenen Institut für Berufsforschung, vom ABS, als diskriminierend, als nicht in den ersten Arbeitsmarkt überführend und insofern als nicht sachgerechtes Instrument betrachtet worden ist. Das war nach meiner Erinnerung bereits im Jahr 2007. Jetzt erst gibt es die Reaktion von Nürnberg, man müsse dieses Instrument nicht mehr verpflichtend – was bei der Nichtinanspruchnahme Sanktionen nach sich zieht – verwenden, sondern als freiwilliges Instrument.
Sie sehen, es gibt eine ganze Menge Debatten. Wir haben immer dafür plädiert, gerade mit dem Blick auf das zu lösende Fachkräfteproblem in Berlin, dass die Jobcenter nicht untereinander um bestimmte Quoten konkurrieren, sondern sich auch austauschen und jobcenterübergreifend agieren. Das ist in einem bestimmten Maße jetzt mit dem neuen Ausführungsgesetz, das wir am 9. Dezember beschlossen haben, möglich. Aber die Sicht muss auch stärker auf den Übergang und die Nutzung der Instrumentarien für die Verbesserung von Arbeitsvermittlung einerseits, aber andererseits auch auf die qualitative Verbesserung der Chancen der Betroffenen, in diesen ersten Arbeitsmarkt vermittelt werden zu können, gerichtet werden.
Frau Senatorin Carola! Welche konkreten Maßnahmen werden Sie denn ergreifen? Denn mir ging es weniger um die Instrumente als um die Tatsache, dass Hartz IV vernünftigerweise darauf abzielt, die Betreuung zur Exis
tenzsicherung und die enge Verbindung zur Arbeitsvermittlung unbedingt in einer Hand zu haben, damit die Menschen eben beides bekommen. Werden Sie bei der auch von Ihnen erwähnten Umsetzung des neuen SGB IIAusführungsgesetzes als Senat etwas tun, damit das stärker miteinander integriert wird?
Also so viel Zeit muss sein: Sehr geehrter Abgeordneter Henner Schmidt! Wir haben ja einen entscheidenden Beitrag geleistet in dem geringen Maße, wie uns das möglich war und das Ausführungsgesetz dazu die Möglichkeit gegeben hat. Wir nutzen sehr intensiv die Stärkung der Trägerversammlung und damit der Einflussnahme von Bezirk und Ländern auf die ganz konkrete Ausführungspolitik in den Grenzen, in denen das möglich ist. Ich will hier auch keine Illusionen verbreiten. Die Regionaldirektion hat bekanntgegeben, dass sie im Jahr 2011 Einsparungen von mindestens 200 Millionen Euro im Eingliederungstitel, also für das in Rede stehende von Ihnen als zu verbessern angesehene Reservoir vornehmen will; Tendenz weiter abnehmend. Wir werden also mit massiven Einsparungen zu rechnen haben, demzufolge also auch mit ganz schwierigen Umstrukturierungsentscheidungen. Dennoch wollen wir mit dem SGB-II-Ausführungsgesetz stärker Einfluss nehmen. Deshalb wird in den Trägerversammlungen die erhöhte, im Gesetz ja auch garantierte Kompetenz von uns sehr intensiv zu nutzen sein in dem in der ersten Frage beantworteten Sinne: Fachkräftevorbereitung, Verminderung von Vermittlungshemmnissen der Betroffenen. Aber die Möglichkeiten sind begrenzt, wenn auf der anderen Seite die Bundesregierung die Arbeitsförderpolitik so massiv zu Einsparungen nutzt, was gerade in der Situation von Berlin sehr schwierig und problematisch ist.
Danke schön, Frau Senatorin! – Jetzt ist die erste Runde nach der Stärke der Fraktionen beendet. Wir können die weiteren Wortmeldungen im freien Zugriff berücksichtigen. Zu diesem Zweck eröffne ich die Runde mit dem Gongschlag.
Danke, Herr Präsident! – Meine Frage richtet sich an den Regierenden Bürgermeister. – Herr Wowereit! Wie bewerten Sie den Plan Ihres Wirtschaftssenators, den Strom, der in landeseigenen Betrieben erzeugt wird und derzeit
zu 15 Prozent der Eigenversorgung dieser Betriebe dient, künftig an die Berlinerinnen und Berliner zu verkaufen?
Herr Präsident! Herr Abgeordneter! Ich hatte mir ja schon Sorgen gemacht, als Sie draußen waren, dass ich von Ihnen nicht die Frage gestellt bekomme. – Aber ich kenne diese Pläne noch nicht und werde mich beim zuständigen Senator sachkundig machen.
Da der Herr Regierende Bürgermeister heute deutlich gemacht hat, dass er nicht die Zeitungen liest, ist die Frage: Angenommen, der Wirtschaftssenator hätte einen solchen Vorschlag gemacht und das wäre in der Zeitung veröffentlicht worden, wie würden Sie den Vorschlag dann bewerten?
Ich würde das nach einer kritischen Prüfung dann bewerten. Und zu welchem Ergebnis man nach einer Prüfung kommt – es wäre komisch, wenn man das jetzt schon wüsste. Insofern müssen Sie sich gedulden, lieber Kollege.
Ich richte meine Frage an die Senatorin Gisela von der Aue und komme noch mal auf die Situation der Klagewelle am Sozialgericht zurück. Frau von der Aue! Wie bewerten Sie die Aussage eines Brandenburger CDUPolitikers, der von den Hartz IV-Empfängern eine Gebühr nehmen will, wenn diese vor dem Sozialgericht klagen wollen?
Eigentlich ist es so, dass das, was auf der Tagesordnung steht, in der Spontanen Fragestunde nicht gefragt werden
Herr Präsident! Frau Abgeordnete Grosse! Es steht mir überhaupt nicht zu, die Aussagen, Forderungen oder Meinungen anderer Abgeordneter, schon gar nicht Abgeordneter eines anderen Landes, zu kommentieren. Wir in Berlin sind der Auffassung, dass es in einer Situation, wo immerhin die Verfahren, wie ich vorhin ausgeführt habe, die Hartz IV betreffen, eine Erfolgsquote von 50 Prozent haben, jedenfalls teilweise erfolgreich sind, ein schlechtes Signal an die Betroffenen wäre, wenn wir jetzt Prozessgebühren für die Kläger einführen wollten. Ich bin der Meinung, man müsste auf der anderen Seite durchaus überlegen, ob es nicht sinnvoll wäre, die Gebühr, die früher auch für die Jobcenter erforderlich war und die 2006 abgeschafft worden ist, wieder einzuführen, so wie die Gebühr auch von der Bundesagentur für Arbeit gezahlt werden muss, wenn es um Streitigkeiten über Arbeitslosengeld geht, bzw. für Rentenversicherungsträger.
Frau Senatorin! Sind Sie nicht auch der Meinung, dass sich die meisten Hartz-IV-Empfänger das gar nicht leisten könnten und somit im Grunde genommen damit mundtot gemacht würden und nicht ihr Recht einklagen könnten?
Das würde in der Tat unter Umständen die Rechtsfindung für die Betroffenen erschweren. Auch da würde es dann sicherlich so etwas wie Prozesskostenhilfe geben müssen. Das würde einen sehr großen bürokratischen Aufwand erfordern. Aber meine derzeitige Motivation ist einfach die: Wenn ich eine so hohe Erfolgsquote habe, dann kann ich nicht sagen, ich will von den Betroffenen eine Gebühr haben, weil das das Signal aussendet: Ich kann zwar die Qualität der Bescheide nicht erhöhen, aber ich bestrafe diejenigen, die darunter zu leiden haben. – Das wäre nicht im Interesse aller Beteiligten.
Vielen Dank, Herr Präsident! – Ich habe eine Frage an die Stadtentwicklungssenatorin, Frau Junge-Reyer. Es geht um den Friedrichstraßen-Verbindungstunnel zwischen dem U- und S-Bahnhof unter dem Spreedreieck. – Frau Senatorin! Können Sie eine Prognose abgeben, ob denn nun der Tunnel offen bleibt und wann in den U- und S-Bahnhöfen vor Ort entsprechende Hinweise auf den Tunnel angebracht werden können?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Prognosen abzugeben über die Haltung des Eisenbahnbundesamts hinsichtlich der notwendigen Breite eines Tunnels ist außerordentlich schwierig, insbesondere deshalb, weil es sich um eine Bundesbehörde handelt, die hier mit Sicherheit Vorschriften hat, an die sie sich hält. Das Problem scheint eher darin zu bestehen, dass der Eigentümer, Herr Müller-Spreer – den Sie gerade erwähnt haben, sonst würde ich mich auf ihn nicht beziehen –, eine andere Auffassung hat als das Eisenbahnbundesamt. Ich bin sicher, dass die Behörde sich im Ergebnis durchsetzt, und zwar qua Zuständigkeit.
Frau Senatorin, nur für das Protokoll: Ich habe den Namen des Investors oder des Eigentümers nicht erwähnt. Das war ein Kollege Ihrer Fraktion oder einer Ihnen nahestehenden Fraktion. – Ich habe eine Nachfrage. Können Sie nachvollziehen, dass – so zumindest gestern in der Berliner Abendschau – die Deutsche Bahn erhebliche Bedenken hat, dass die eingebauten Brandschutztore nicht den Anforderungen und Qualitätsmaßstäben der Deutschen Bahn genügen? Könnte es nicht vielleicht auch sein, dass lediglich ein anderes Design gewählt wurde oder eine andere Bauausführung, was zu dieser krisenhaften Stimmung bei der Deutschen Bahn geführt hat?
Herr Präsident! Herr Friederici! Ich kann nachvollziehen, dass es vor allen Dingen die Fahrgäste nervt, zu sehen, wie dieses Spielchen „Tunnel auf – Tunnel zu – Tunnel
wieder auf“ offensichtlich nicht zu einem abgestimmten Ergebnis zwischen den handelnden Personen oder Organisationen führt. Ich nehme den Namen zurück. Sie haben zu Recht darauf hingewiesen. Wahrscheinlich habe ich da so einen Floh im Ohr, dass ich den immer schon höre, wenn Sie nur darüber sprechen.
Aber ernsthaft gesprochen: Es geht hier vom Grundsatz her selbstverständlich um die Sicherheit. Die müssen wir außerordentlich ernst nehmen. Ein solcher Tunnel muss Brandschutzauflagen erfüllen. Wenn in einem Tunnel etwas passiert, wenn nur eine Kleinigkeit geschieht, sei es dadurch, dass zu viele Menschen gleichzeitig drin sind, sei es, dass es zu einer Situation kommt, die Sie mit Brandvorschriften gerade beschrieben haben, oder dass eine Havarie welcher anderen Art auch immer zu beklagen ist, in einer solchen Situation müssen wir uns darauf verlassen können, dass die Vorschriften für die Sicherheit eines Tunnels eingehalten werden. Das erwarten wir von dem Eigentümer. Ich bin sicher, dass die Behörde dies auch durchsetzt. Sie muss es durchsetzen. Im Interesse der Fahrgäste, auch wenn es bequem scheint, dort schnell durchgehen zu können, wofür ich viel Verständnis habe, muss man dies dennoch unter Berücksichtigung der größtmöglichen Sicherheit immer gewährleisten, dass nichts passieren kann und dass, wenn etwas passiert, es einen entsprechenden Schutz gibt.