Das in der Begründung genannte Nueva-Konzept wird jetzt im Landesamt für Gesundheit und Soziales über ein Projekt umgesetzt. Es startete vor wenigen Tagen. Viele andere im Antrag aufgeworfene Fragen sind bereits in der Kleinen Anfrage 16/14964 im Ansatz beantwortet worden. Wenn Sie, liebe Frau Senftleben, jetzt ebenfalls eine Kleine Anfrage zu den noch offen gebliebenen Fragen nachschieben, könnte die Debatte im Ausschuss sicherlich mehr davon profitieren als allein von der Aussprache zu diesem Antrag heute.
Vielleicht gibt es dadurch noch genügend Stoff, den Antrag zu modifizieren. Im Augenblick – ich muss es leider so hart sagen – ist er für die CDU-Fraktion so jedenfalls noch nicht zustimmungsfähig. Die schleppende Inanspruchnahme des persönlichen Budget liegt nach unserer Meinung jedenfalls nicht an fehlender Beratung und Information. Die Probleme sind vielfältiger und sind nicht zuletzt in den individuellen Situationen jedes einzelnen Menschen mit Behinderung begründet. Insofern geht es auch darum, ehrlich und fachlich zu diskutieren und nicht nur darum, zu irgendeinem Thema zu greifen, um es zur Priorität anzumelden. – Vielen Dank!
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Hoffmann! – Für die Linksfraktion hat jetzt Frau Abgeordnete Dott das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Hoffmann! Ich bin sehr begeistert von der Tatsache, dass man Ihnen völlig zustimmen kann, wenn Sie sich bei einem Thema auf die Sache konzentrieren und die Polemik weglassen. Das war in vielen Teilen tatsächlich so gesehen, wie wir auch zu Problemen stehen.
Dem Anliegen dieses Antrags für die Inanspruchnahme des persönlichen Budgets für Menschen mit Behinderung zu werben, ist der Sache nach nicht zu widersprechen. Während der bundesweiten Modellphase nach Bundesländern wurden auch in Friedrichshain-Kreuzberg gute Erfahrungen gesammelt. Diese wurden einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Auch das hat Herr Hoffmann schon gesagt.
Seit 1. Januar 2008 gibt es den Rechtsanspruch auf diese Leistungsform entsprechend § 17 SGB IX. Auch ich kenne Menschen, denen diese Leistungsform noch unbekannt ist oder die ungenügend darüber informiert sind, wie man dies für sich organisieren kann. Aus meiner Sicht kann das sicherlich optimiert werden. Allerdings erschließt sich mir nicht, was die FDP mit geeigneten Maßnahmen meint, die sie in ihrem Konzept zusammengefasst wissen will. Die gesammelten Erfahren von 2004 bis 2007 in Friedrichshain-Kreuzberg sowie verschiedenen anderen Modellphasen wurden nicht nur öffentlich gemacht, sondern haben auch zu einer Vielzahl von Schlussfolgerungen geführt, die eine flächendeckende Anwendung des persönlichen Budgets in Berlin gewährleistet.
Die Senatsverwaltung hat mit gesonderten Gesprächsterminen vor Ort gezielt und praxisorientiert Fragen und Probleme der Sachbearbeiter aus den Pflegebereichen und den Fallmanagern besprochen. Bekanntlich liegt der Teufel im Detail. Insofern ist es sinnvoll, wenn man anhand konkret vorliegender Einzelfälle die Wirkungsweise deutlich macht. Aber es gibt immer noch Vorbehalte und Befürchtungen. Trotzdem muss man sagen, dass sich diese Form des Gesprächs bewährt hat. Bei den Vorbehalten der Bezirke spielt natürlich die Auszahlung erheblicher Summen eine Rolle. Man muss darüber sprechen.
Die Leistungsberechtigten und auch Anbieter und Leistungsträger werden gezielt weiter mit Informationen versorgt. Es kommt aber darauf an, dass sie gemeinsam handeln. Das können Sie übrigens auch in unserer Kleinen Anfrage 16/3790 nachlesen. Ansonsten gibt es viele Möglichkeiten für Leistungsberechtigte und ihre Angehörige. Unter anderem kann man auch auf der Internetseite der Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales leicht eine Rubrik Reha und Teilhabe behinderter Menschen finden. Diese wendet sich der Initiative trägerübergreifendes persönliches Budget zu. Hier erhält man
Zugriff auf die Seite des Kompetenzzentrums persönliches Budget, das auch vom Paritäter gefördert wird. Dort findet man viele Informationen und Dokumente zu dieser neuen Leistungsform, übrigens aus allen Bundesländern. Dabei wird klar, dass Berlin mit dem, was es tut und an Information anbietet, schon ziemlich weit vorn steht. Neben den aktuellen Rundschreiben stehen auch Muster für Zielvereinbarungen, Darstellungen der Budgetbemessung anhand von Praxisbeispielen, auch Namens- und Adressenlisten von Ansprechpartnern zum persönlichen Budget bei den bezirklichen Sozial- und Jugendämtern darin. Sogar die Kalkulation von Kosten kann man dort nachvollziehen.
Selbstverständlich kommt es weiter darauf an, Vorbehalte und Ängste gegenüber dieser Leistungsform auszuräumen, Fragen zu klären, Anwendungen und Umsetzungsvarianten kritisch und fachlich zu begleiten. Aber es kommt weniger darauf an, das persönliche Budget bekannt zu machen. Es kommt eher darauf an, die Bedingungen für die Anwendungen zu qualifizieren. Der Paritäter meint dabei, in seiner eigenen Diskussion zu diesem Thema:
Diese trägerübergreifende Form der Zusammenarbeit wird im Rahmen des stark zergliederten Sozialleistungssystems in Deutschland bisher kaum praktiziert. Es mangelt noch an gemeinsamen Verfahren und Erfahrungen. Klar ist, solange potenziellen Nutzerinnen der Zugang zum persönlichen Budget derart schwer gemacht wird, kann die vergleichsweise geringen Inanspruchnahme dieses Instruments nicht überraschen.
Es handelt sich hier um eine Bundesgesetzgebung, die wir umzusetzen haben. Da darf man das auch dazu sagen. Der Paritäter meint außerdem:
Entscheidend für die weitere Entwicklung wird es sein, dass es nicht bei einem Lippenbekenntnis zum Beispiel zur Reform der Eingliederungshilfe bleibt, sondern dass die Umsetzung des persönlichen Budgets strukturell als auch finanziell abgesichert werden muss.
Das ist absolut dazu zu sagen. Lieber sollten wir gemeinsam an dieser Strecke arbeiten und uns im Ausschuss über praktische Auswirkungen unterhalten. Dieser Antrag gehört in den Ausschuss.
Vielen Dank, Frau Abgeordnete Dott! – Für die Fraktion der Grünen hat jetzt Frau Abgeordnete Villbrandt das Wort. – Bitte!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es schadet nicht, mehrmals zu betonen, dass Menschen mit Behinderungen in besonderem Maß auf die Solidarität unserer Gesellschaft angewiesen sind, um in gleicher Weise wie Menschen ohne Behinderung am gesellschaftlichen Leben teilnehmen zu können.
Das beginnt beispielsweise bei der Gestaltung einer barrierefreien Umwelt und endet längst nicht bei den besonderen Hilfen zur Teilhabe am Arbeitsleben. Behinderte Menschen haben das Recht, ihr Leben selbst zu organisieren und eigenverantwortlich zu handeln. Die meisten wollen das auch, wenn die Bedingungen dafür stimmen.
Das persönliche Budget stellt einen Paradigmenwechsel in der Behindertenpolitik dar, das wurde schon gesagt. Behinderte Menschen bestimmen selbst über ihr Leben. Sie bestimmen selbst, wer sie wann und bei welcher Tätigkeit unterstützt, wo sie arbeiten und wie sie ihre Freizeit verbringen. Als Experten und Expertinnen in eigener Sache können sie selbst entscheiden, wofür sie Geld oder eventuell auch Gutscheine verwenden. Das ist eine wesentliche Voraussetzung für die selbstbestimmte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Es stellt viele Menschen aber zunächst vor eine große Herausforderung.
Das persönliche Budget wird derzeit nur in geringem Maß in Anspruch genommen. Es ist deshalb unserer aller Aufgabe, das zu ändern.
Hier gilt es, notwendige Rahmenbedingungen zu schaffen, die eine Umsetzung erleichtern. Der Handlungsbedarf ist ganz klar. Der Weg von der Beantragung bis zur Zusage ist lang und steinig und oft von mangelnden Praxiserfahrungen der Kostenträger im Umgang mit dieser Leistung geprägt. Dies widerspricht dem Sinn des persönlichen Budgets. Auch Menschen mit schweren Behinderungen müssen diese Leistungen problemlos in Anspruch nehmen können. Das Antragsverfahren ist kompliziert und sehr schwer zu durchschauen. Viele Menschen benötigen bei der Beantragung und bei Inanspruchnahme Unterstützung. Kostenträger weigern sich jedoch häufig, die erforderliche Budgetassistenz bei der Bemessung als zusätzliche Aufwand zu akzeptieren und anzuerkennen. Ohne Beratung und Hilfe im Verfahren haben die Betroffenen keine Chance. Das muss sich ändern.
Die Beratung und Unterstützung, die sogenannte Budgetassistenz, ist bei Inanspruchnahme des persönlichen Budgets für Menschen mit geistigen Behinderungen bzw.
seelischen Erkrankungen notwendige Voraussetzung. Wir wollen eine unabhängige Budgetassistenz für die Anspruchsberechtigten, die als zusätzliche Leistung gewährleistet und auch finanziert wird.
Wir sind gegen die Deckelung der Leistungen, denn eine Überschreitung ist manchmal notwendig. Die Deckelung hat sich als psychologisches Hemmnis erwiesen, das die Inanspruchnahme durch die Leistungsberechtigten erschwert. Hier ist der Bund in der Verantwortung, die notwendigen Anpassungen des Sozialrechts vorzunehmen.
Da sind wir auch – liebe Kollegen und Kolleginnen von der FDP – bei dem wichtigsten Kritikpunkt zu diesem Antrag. Schön, dass sich die FDP mit dem Thema beschäftigt. Es ist ein wichtiges Thema. Aber für den zentralen Punkt ist nicht das Land, sondern der Bund zuständig. Hier ist die schwarz-gelbe Bundesregierung gefordert, unverzüglich zu handeln und das persönliche Budget auf eine solide Basis zu stellen.
Wir werden uns im Fachausschuss mit Ihren konkreten Vorschlägen beschäftigen, aber auch an die Bundesregierung müssen die Forderungen gestellt werden.
Meine persönliche Meinung aber jetzt zum Antrag: Lassen wir es lieber mit dem Ruf nach dem Konzept, denn da wird erfahrungsgemäß nichts draus! Der Senat sollte lieber die wichtigsten Maßnahmen für eine bessere Umsetzung des persönlichen Budgets ergreifen, und zwar sofort, denn die Probleme damit sind wirklich nicht neu. – Danke!
Vielen Dank, Frau Abgeordnete Villbrandt! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Es wird die Überweisung des Antrags an den Ausschuss für Integration, Arbeit, Berufliche Bildung und Soziales und an den Hauptausschuss vorgeschlagen. – Dazu gibt es keinen Widerspruch. – Dann verfahren wir so.
Ich eröffne die zweite Lesung und schlage vor, die Einzelberatung der zwei Artikel miteinander zu verbinden. – Hierzu höre ich keinen Widerspruch. Ich rufe also auf die Überschrift und die Einleitung sowie die Artikel I und II, Drucksache 16/3510. Eine Beratung ist nicht vorgesehen. Der Ausschuss für Inneres, Sicherheit und Ordnung empfiehlt einstimmig bei Enthaltung der CDU und der FDP
die Annahme der Vorlage mit Änderungen. Wer der Gesetzesvorlage mit den Änderungen der Beschlussempfehlung Drucksache 16/3773 zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Koalitionsfraktionen und die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Das ist die Mehrheit. Die Gegenprobe! – Enthaltungen? – Das ist die CDU-Fraktion und die FDP-Fraktion. Fraktionslose? Sehe ich nicht. Damit ist das Vierte Gesetz zur Änderung des Berliner Datenschutzgesetzes so angenommen.
Ich eröffne die zweite Lesung und schlage vor, die Einzelberatung der zwei Artikel miteinander zu verbinden. – Hierzu höre ich keinen Widerspruch. Ich rufe also auf die Überschrift und die Einleitung sowie die Artikel I und II, Drucksache 16/3260. Eine Beratung ist nicht vorgesehen. Der Ausschuss für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz empfiehlt mehrheitlich gegen Grüne, bei Enthaltung von CDU und FDP die Annahme der Vorlage. Wer der Gesetzesvorlage Drucksache 16/3260 zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Das sind die Koalitionsfraktionen. Das ist die Mehrheit. Die Gegenprobe! – Das ist die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Enthaltungen? – Das sind die Fraktionen der CDU und der FDP. Fraktionslose Kollegen sehe ich nicht. Damit ist das Zweite Gesetz zur Änderung des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes Berlin angenommen.