Natürlich gehört zur Transparenz die Offenlegung unterschriebener Verträge. Was Sie aber immerzu wollen, das
ist, dass Vertragsentwürfe durch Sie begutachtet werden. Das macht doch kein Mensch. Das würden Sie in Ihrem beruflichen Leben auch nicht machen: Das, worüber man so verhandelt und wo es zu keinem Abschluss kommt, vorher in die Öffentlichkeit zu pusten, ist doch wohl Unsinn. Wenn es einen Vertrag gegeben hätte – den hat es aber nicht gegeben –,
dann hätte er veröffentlicht werden müssen und veröffentlicht werden sollen. Dafür hätten wir gesorgt.
Das war der Verhandlungsgegenstand mit dem Investor. Es hat keinen Vertrag gegeben, weil der Investor damit nicht einverstanden war. Ob Sie in Ihrer komischen Prüfung, wo Sie noch nicht einmal wissen, von wem der ganze Dreck hier kommt, dann zu dem Ergebnis gekommen wären, dass das ein guter oder schlechter Vertrag wäre, interessiert hier keine Maus.
Uns interessiert, ob Sie endlich mal in sich gehen und darüber nachdenken, wie die fünf, sechs, sieben Milliarden Verlust, die wir von Ihrer Partei geerbt haben, wieder in das Land kommen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Matuschek! Ich würde Ihnen gern noch weitere drei Minuten Redezeit gönnen. Die Auseinandersetzung mit Herrn Brauner war ja ganz nett, aber die zehn Minuten davor, wo Sie verzweifelt versucht haben, Ihrem großen Koalitionspartner noch mal zu erklären, wie das eigentlich ist, und wo Sie ja recht hatten,
haben noch nicht ausgereicht. Ich würde Ihnen deshalb gern noch weitere drei Minuten gönnen, denn Frau Kolat hat es immer noch nicht verstanden.
Wir haben es auch versucht, aber ich habe die Hoffnung, dass Sie innerhalb der Koalition eine größere Chance haben, dass Sie es versteht.
Warum sagen Sie dann nicht einfach, dass es an einer gewissen Starrköpfigkeit oder an ideologischen Vorbehalten in der SPD-Fraktion gescheitert ist? Warum machen auch Sie hier diese Nummer und erzählen uns etwas von fehlender Transparenz?
aus allen Fraktionen zur Geschäftsstrategie der BIH und zur wirtschaftlichen Lage – im Datenraum, streng vertraulich, verschlossen, nur ein Exemplar für alle … Alle Zahlen stehen in der Zeitung. Bis hin zur Einstein-Stiftung macht Ihre Koalition jeden Wirtschaftsplan nichtöffentlich – Datenraum, darf man nicht wissen! Aber jetzt erzählen Sie uns hier, dass die Transparenz das Entscheidende war. Das glaube ich Ihnen erst, wenn auch vieles andere in diesem Haus wieder öffentlich und nicht hinter verschlossenen Türen läuft. Wenn Sie den Mut nicht haben, dann erzählen uns nicht diese Geschichte, sondern sagen Sie uns die Wahrheit: Sie haben sich nicht getraut. Sie wollten nicht. Sie sind an Frau Kolat gescheitert.
[Beifall bei den Grünen, der CDU und der FDP – Mario Czaja (CDU): Da ist die Maus an der Katze verreckt!]
Herr Schruoffeneger! Den Gefallen tue ich Ihnen nicht. Noch einmal: Über Vertragsentwürfe braucht man sich parlamentarisch überhaupt nicht zu unterhalten, wenn sie denn nicht realisiert werden sollen.
Dieser Vertragsentwurf war bis zu Ende verhandelt – richtig! –, aber er sollte aus einem politischen Grund nicht vollzogen werden. Und der politische Grund ist die fehlende Transparenz des Gesamtgeschäftes, der Eigentümerstruktur, der Folgen und der Haftungsketten und von allem, was da dranhängt.
Egal, welchen Vertrag man machen will, letztendlich hat dieses Parlament das Recht und die Pflicht, sich damit zu beschäftigen, wenn der Vertrag auf dem Tisch liegt. Dieser Vertrag liegt nach der Entscheidung des Senats eben nicht auf dem Tisch.
Aber die Aufgabe, die uns jetzt allen – übrigens jeder Partei, die in diesem Wahlkampf antritt – bevorsteht, ist,
tatsächlich zu überlegen, wie man mit der BIH, wenn sie jetzt in Landesbesitz verbleibt, weiter umzugehen gedenkt. Diese Frage muss jede Partei klären. Jede Partei muss auch sagen, woher das Geld kommt, das dort hineinfließen muss.
Da haben wir gar keine andere Chance. Ich sage für meine Partei: Wir hätten gern die möglichen finanziellen Spielräume aus einem BIH-Verkauf genutzt,
für die tatsächlich Bedürftigen in den Sozialräumen, wo das dringend erforderlich ist. Diese Chance haben wir nun nicht. Das heißt für meine Partei, dass wir dieses politische Ziel weiter beackern und andere Finanzierungswege dafür finden müssen.
Andere Parteien haben vielleicht andere Vorstellungen, was sie denn alles so demnächst finanzieren wollen. Über alledem schwebt die Ausgabendeckelung bis 2020. Um diese Verantwortung darf sich keine Partei drücken. Für meine Partei sage ich ganz deutlich: Wir tun das nicht. Aber das ist eine Aufgabe, die letztendlich das Parlament zu entscheiden hat. Es bestimmt, wo die politischen und finanziellen Schwerpunkte künftiger Regierungstätigkeit zu legen sind.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Werte Kollegen von der CDU! Das ist eine in der Tat interessante Große Anfrage, die Sie uns zur Beratung vorlegen. Leider ist sie ein bisschen ihrer Zeit hinterher, aber dennoch hat sich im Laufe des Abends noch eine ganz interessante Debatte entwickelt.
Ich möchte als Vorbemerkung noch etwas zum Thema der politischen Schuld sagen. Die große Koalition, die 2001 auseinandergeflogen ist, hat sicherlich die Hauptverantwortung für die Milliardenlasten, unter denen das Land Berlin jetzt zu leiden hat. Und es wäre richtig gewesen – da hat Herr Brauner recht –, wenn Sie, Frau Kolat, zur Verantwortung Ihrer Fraktion und Ihrer Senatsmitglieder in den 90er-Jahren bis zum Jahr 2001 mal eine Form von Entschuldigung gefunden hätten.
Darauf warten wir hier seit Jahren offensichtlich vergeblich. Wenn wir bei der politischen Schuld und dem dabei entstandenen Schaden sind, sollten wir so ehrlich sein, auch noch die Notkapitalerhöhung im Jahr 2001 hinzuzurechnen. Jenseits der Frage, ob die Bankgesellschaft systemrelevant – das hat hier seit den letzten Jahren eine ganz neue Bedeutung – war oder ist, hätte man sich auch im Jahr 2001 darüber unterhalten können. Dann kommen wir auch zur Verantwortung der Linken und auch der Grünen.
Nach meiner Kenntnis – und der der SPD – sind die letzten Haftungsketten, die eine Teilinsolvenz der Immobiliendienstleistungstöchter der Bankgesellschaft ermöglicht hätten, während der Zeit des rot-grünen Übergangssenats geschlossen worden. Auch das gehört zur Redlichkeit dazu, dass, nachdem die CDU aus dem Senat herausgeflogen ist, Sie die Situation im Jahr 2001 nicht unbedingt unter Kontrolle und verbessert hatten. Vielmehr haben Sie sie bis zum Frühjahr 2002 eher verschlimmert.
Kommen wir einmal zu dem jetzt gescheiterten BIHVerkauf. Wir müssen hier offen zueinander sein. Wenn es heißt, Sie, Herr Nußbaum, können weiter verhandeln, oder wenn auch von Frau Kolat oder Frau Matuschek gesagt wird, dass gegebenenfalls noch ein neuer Anlauf unternommen werden kann, nachdem zweieinhalb Jahre mit diesem Investor verhandelt wurde, so sage ich Ihnen, dass sich in dieser Legislaturperiode kein Investor mehr finden wird, um sich mit Ihnen noch einmal auf dieses Glatteis zu bewegen, das Sie hier in dem letzten halben Jahr zelebriert haben.