Protokoll der Sitzung vom 17.03.2011

Ja, also versuche ich es erstens kurz und zweitens nicht ganz so lustig. – Ihre Anerkennung, Herr Thiel, ehrt mich ja, die können Sie auch gerne umgekehrt von mir haben, aber Sie müssen sich den Vorgang doch wirklich einmal ernsthaft angucken. Ich unterschreibe den Antrag schon. … Wir haben über Jahre Folgendes erlebt: dass als Mitglied dieses Senats der Wirtschaftssenator Harald Wolf das Teilprivatisierungsgesetz, das er vorgefunden hat, Punkt für Punkt akribischst erfüllt und umgesetzt hat. In der Zeit ist er nie auf die Idee gekommen – da haben wir uns hier immer gestritten –, als Fragen noch offen waren und die Eigner noch nicht alles hatten, was sie brauchten, mit diesen in Verhandlungen einzutreten über Rekommunalisierung, Vertragsänderungen oder was auch immer, die er heute zu führen behauptet. Das hätte man auch vor drei, vier, fünf Jahren machen können, wenn man das gewollt hätte. Das war damals weder Ihre politische Idee noch Ihr politischer Wille.

[Beifall bei den Grünen]

Dasselbe gilt für die Idee, die ich für richtig halte, mit dem Kartellamtsverfahren. Das Argument, darauf ist man erst durch Wetzlar gekommen, trägt nicht weit: Damit das Urteil in Wetzlar überhaupt gefällt werden konnte, musste es da bereits einen Kläger geben, der nicht das Argument gehabt hat: Ich muss warten, bis es irgendwann ein Urteil gibt.

[Martina Michels (Linksfraktion): Worauf bezieht sich eigentlich Ihre Kurzintervention?]

Auch diese Idee hätte er vorher haben können. Dann stellen wir erst mal fest, er macht also heute politisch Opposition gegen sich selbst. Und er tut es natürlich in einer Rolleninkompatibilität, indem er einerseits dieses Kartellverfahren betreibt und politisch begrüßt, sowohl als Behörde als auch als Politiker, gleichzeitig aber als Aufsichtsratsvorsitzender eines Unternehmens mit dem Unternehmen wiederum gegen sich selbst klagt. Obendrein verhandelt er als Aufsichtsratsvorsitzender dieses Unternehmens mit einem Teil der Eigner über Ankauf oder Verkauf von Anteilen. Dieses ist doch nicht normal. Dieser Antrag sagt nichts anderes, als dass es in einer solchen Konstellation eigentlich recht vernünftig wäre, sich auf eine dieser beiden Funktionen – wir schlagen vor, er soll Senator bleiben und aufhören, Aufsichtsrat zu sein – zurückzuziehen, um damit die Handlungsfreiheit zu behalten und diese Interessenkonflikte nicht mehr in einer

Person austragen zu müssen und je nach Rolle, in der er gerade auftritt, gegen sich selbst Opposition zu machen.

[Beifall bei den Grünen – Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Danke schön, Herr Kollege! – Kollege Thiel möchte replizieren und hat dazu das Wort. – Bitte schön, Herr Thiel!

[Dr. Klaus Lederer (Linksfraktion): Da erzählt jeder was anderes!]

Vielen Dank, Herr Präsident! – Kollege Esser! Wo Sie recht haben, haben Sie recht. Das, was Sie dargestellt haben, das stimmt. Und das spricht ja gerade auch wieder für Ihren politischen Instinkt und Ihr Gedächtnis, dass Sie sich sehr sauber an die Sachen erinnern. Ich erinnere das auch: In der letzten Legislatur haben wir aufgrund der Kassierung der Verzinsungsregelung lange darüber diskutiert und auch im Wirtschaftsausschuss in Gegenwart von Senator Wolf tatsächlich Fragen des Rückkaufs von Anteilen damals schon erörtert. Das wurde abgelehnt mit dem Hinweis: Berlin hat nicht das Geld dafür. Diese Diskussionen sind geführt, die kann man in den Protokollen nachlesen.

Was allerdings trotzdem bleibt, ist doch: Sie sprachen den früheren Zeitpunkt an. In der Tat ist es ja so, man hätte auch schon damals versuchen können, 2005/2006, mit den Anteilseignern neu über Verzinsungsregelungen zu verhandeln. Ob das geschehen ist oder nicht, entzieht sich meiner Kenntnis, zumindest das Ergebnis ist einschlägig bekannt. Aber interessanterweise haben Sie zu dem Zeitpunkt keine Konsequenzen gezogen. Sie haben auch interessanterweise keine Konsequenzen gezogen – was in dieser diffusen Begründung steht –, als 2010 der Vorstand überlegte, gegen das Bundeskartellamt vorzugehen, um festzustellen: Sind die überhaupt für uns zuständig oder nicht? Und das haben Sie dann ja erst viel später gemacht, erst im Dezember 2010. In der Zwischenzeit haben Sie nichts gemacht, haben Sie alle die Füße stillgehalten. Wir auch, wir haben damit kein Problem. Aber Sie scheinen eins zu haben. Und jetzt plötzlich kommen Sie wie Zieten aus dem Busch und sagen: Ah, jetzt ist ein neuer Tatbestand da, jetzt müssen wir was machen! – Und das nehme ich Ihnen nicht ab. Das ist schlicht und einfach auf Zeit gespielt oder wie auch immer.

Um das noch mal an dieser Stelle deutlich zu machen: Wir haben nichts gegen eine Privatisierung, gar nichts. Aber sie muss vernünftig gemacht werden, und sie muss vertraglich sauber gemacht werden. Und vielleicht besteht ja auch die Chance darin, in der jetzigen Zeit im jetzigen Durcheinander tatsächlich noch mal neu anzusetzen und zu überlegen: Vielleicht gibt es ja auch andere Anteilseigner, die solide einsteigen könnten und auf lange Sicht gesehen den Bürgerinnen und Bürgern – um die geht es

uns – vernünftige Wasserpreise zu garantieren bei einer vernünftigen Versorgung, bei einer Solidität. Diese Chance sollte man sich nicht von vornherein verbauen. Nein, wir sind keine Etatisten und keine Staatsgläubigen, da unterscheiden wir uns, sondern wir sind für die Marktwirtschaft. – Danke schön!

[Beifall bei der FDP]

Danke schön, Herr Kollege Thiel!

Die antragstellende Fraktion bittet um sofortige Abstimmung. Wer dem Antrag der Grünen zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Das sind die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und die CDU-Fraktion. Die Gegenprobe! – Das sind SPD und Linke. Letzteres war die Mehrheit. Dann ist der Antrag abgelehnt. Die FDP enthält sich.

Dann kommen wir zur

lfd. Nr. 34 B:

Dringlicher Entschließungsantrag

Berlin hilft den Menschen in Japan und fordert Konsequenzen aus dem GAU von Fukushima

Antrag der SPD, der Grünen und der Linksfraktion Drs 16/3970

Der Dringlichkeit wird nicht widersprochen.

Beratung wird nicht gewünscht. Die antragstellenden Fraktionen bitten um sofortige Abstimmung. Wer dem Antrag der Fraktion der SPD, der Grünen und der Linksfraktion zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Linksfraktion, die Grünen und die SPD. Die Gegenprobe! – Das sind CDU und FDP. Ersteres war die Mehrheit. Dann ist das so beschlossen. Enthaltungen sehe ich nicht.

Der Tagesordnungspunkt 35 steht auf der Konsensliste.

Damit haben wir das Ende der heutigen Tagesordnung erreicht. Die nächste Sitzung findet am Donnerstag, dem 31. März 2011 um 13 Uhr statt.

Die Sitzung ist geschlossen. Ich wünsche Ihnen allen einen sicheren und gesunden Heimweg!

[Schluss der Sitzung: 20.06 Uhr]

Anlage 1

Konsensliste

Vorbehaltlich von sich im Laufe der Plenarsitzung ergebenden Änderungen haben Ältestenrat und Geschäftsführer der Fraktionen vor der Sitzung empfohlen, nachstehende Tagesordnungspunkte ohne Aussprache wie folgt zu behandeln:

Lfd. Nr. 10: Beschlussempfehlung

Geschäftsgebaren beim Liegenschaftsfonds untersuchen – Interessenkonflikte aufklären

Beschlussempfehlung Haupt Drs 16/3910 Antrag der CDU Drs 16/3854

mehrheitlich gegen CDU und Grüne bei Enthaltung FDP abgelehnt

Lfd. Nr. 11: Beschlussempfehlungen

Berliner Zoos für Menschen und Tiere attraktiver machen – Zuschüsse an Berliner Zoo an Bedingungen knüpfen

Beschlussempfehlungen GesUmVer und Haupt Drs 16/3911 Antrag der Grünen Drs 16/2730

mehrheitlich gegen Grüne abgelehnt

Lfd. Nr. 12 a: Beschlussempfehlung

Heimbericht qualifizieren – Pflegequalität verbessern

Beschlussempfehlung IntArbBSoz Drs 16/3912 Antrag der CDU Drs 16/2038

mehrheitlich gegen CDU bei Enthaltung Grüne abgelehnt

Lfd. Nr. 12 b: Beschlussempfehlung

Verantwortung zeigen – drittes Umschulungsjahr in der Pflege übernehmen

Beschlussempfehlung IntArbBSoz Drs 16/3913 Antrag der CDU Drs 16/3595

mehrheitlich gegen CDU bei Enthaltung Grüne abgelehnt

Lfd. Nr. 12 c: Beschlussempfehlung

Berufsordnung für professionelle Pflegekräfte im Land Berlin erlassen

Beschlussempfehlung IntArbBSoz Drs 16/3914 Antrag der CDU Drs 16/1546

mehrheitlich gegen CDU und Grüne abgelehnt

Lfd. Nr. 12 d: Beschlussempfehlung