und dass Sie so getan haben, als sei das Berliner Betriebegesetz und auch die Novelle im Jahr 2003 von Harald Wolf hier beschlossen worden und nicht von diesem Parlament mit Mehrheit,
[Özcan Mutlu (Grüne): Immer sind die anderen schuld, das ist ja peinlich! – Christoph Meyer (FDP): Aber Sie waren auch dabei! – Zurufe von der SPD]
sodass ich mir die Frage stelle, wer eigentlich die Berliner Wassertarifverordnung im Jahr 1999 festgelegt hat. Wer hat denn das gemacht? Hat das Harald Wolf gemacht? Wer hat denn die Verzinsung des betriebsnotwendigen Kapitals durch Rechtsverordnung festgesetzt? Hat das der Senator allein gemacht?
Das ist hier alles lange diskutiert worden. Das kennen Sie alle. Dass gerade die SPD – tut mir leid, Herr Kollege Jahnke –, die 1999 Mitverantwortung trug für die Teilprivatisierung, die zwischenzeitlich schon mal begonnen hatte, so etwas wie ein gewisses Geschichtsbewusstsein und eine gewisse Selbstkritik zu äußern, jetzt wieder zurückfällt in alte Zeiten, das finde ich bedauerlich. Ich habe gehofft, es bleibt ein Einzelfall und wird im Parlament hier heute nicht noch einmal exerziert, Herr Jahnke.
Danke schön, Herr Kollege Dr. Lederer! – Jetzt hat für die FDP-Fraktion der Kollege Thiel das Wort. – Bitte schön, Herr Thiel!
Vielen Dank! – Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Herr Ratzmann! Als ich Ihren Antrag gestern las, habe ich mit großem Interesse nicht nur den Antrag, sondern die Begründung gelesen, denn ich wollte verstehen, worin die Interessenkollision besteht. Ich habe den Antrag zwei-, drei- und viermal gelesen
und bin genauso schlau wie jetzt nach Ihren Ausführungen. Sie sind weder informativ, geschweige denn stringent und erst recht nicht zwingend.
Was Sie uns hier in schriftlicher Form geboten haben, aber auch in Ihrem mündlichen Vortrag, ist einfach nur armselig. Sie schreiben in Ihrem Antrag in der Begründung:
Harald Wolf ist augenscheinlich nicht in der Lage, die unterschiedlichen Rollen, in denen er in Bezug auf die Höhe der Wasserpreise spielt – Chef der Landeskartellbehörde, Aufsichtratsvorsitzender und
Wollen Sie einen Nichtpolitiker haben? Was werden Sie denn machen, wenn Sie Senator sind, die Politik aufgeben?
mit den im Betriebegesetz, der Satzung des Unternehmens und den im Berliner Governance Kodex festgehaltenen Regeln … vereinbaren
lassen und fordern deswegen – und sagen, ein Interessenkonflikt liege vor – den Rücktritt von Senator Wolf als Aufsichtsratsvorsitzender.
Wissen Sie, Herr Esser, dass Ihr Name nicht unter diesem Antrag steht, das ehrt Sie, denn so ein Zeug hätten Sie nicht unterschrieben.
Sie waren vorher im Beteiligungsausschuss, genauso wie der Kollege Otto. Wir haben dort ausführlich genau über diese Problematik geredet. Deswegen ist es für mich gar nicht verwunderlich, dass Ihr Name hier nicht auftaucht, ich hätte das aus Selbstschutz auch so gemacht.
Es ist das gute Recht, meine ich, jeder hier vertretenen Fraktion, den Rücktritt von dem einen oder von dem anderen zu fordern. Das ist in Ordnung so. Aber wenn man ihn fordert, dann sollte man auch, um die anderen mit ins Boot zu holen, begründen, warum man es fordert.
Nochmals zu dem, was von Ihnen hier ausgeführt wurde, Herr Ratzmann: Wenn das alles ist, was Sie ausführen können, dann freue ich mich auf den Wahlkampf.
Sie hätten mit ein bisschen Informationen aus dem Beteiligungsausschuss, die Sie jederzeit bekommen hätten, selbst von mir,
mitbekommen können, dass es durchaus Ansätze gegeben hätte, auch schon zu Zeiten, bevor sich das Kartellamt geäußert hatte, indem man zum Beispiel darüber nachdenken konnte, ob das Anlagevermögen neu bewertet werden kann oder ob man die Abschreibungsdauer verändern könnte oder – noch einen dritten Punkt –, ob die Verzinsung auf die Gewinnrücklagen nicht reduziert werden können, das wären alles Punkte, die man hätte zu diskutieren versuchen können. Man konnte das ja auch versuchen, aber, wie wir wissen, hat der Senator und auch der Anteilseigner Berlin nicht die Mehrheit im Aufsichtsrat. Also kann man es thematisieren, aber am Ende wird man sich der Mehrheit des Aufsichtsrats fügen müssen.
Insofern sind das zumindest konstruktive Formen, die man angehen kann. Letztlich verliert dieser Antrag, meine ich, das Ziel vollkommen aus den Augen, außer – wenn man sich ihre Beiträge über die letzten Wochen anschaut, Herr Ratzmann, da habe ich den Eindruck, entschuldigen Sie – es geht hier weniger um Politik als mehr um einen Rosenkrieg.
Letztlich sollte das einzige Ziel hier sein, die Wasserpreise in Berlin zu senken, und zwar nachhaltig, und nicht nur für den privaten Verbrauch, auch für die Wirtschaft. Deswegen entlarvt Ihr Argument, hier vorzuwerfen, dass die Teilung in einen Grundabnahmepreis und einen gestaffelten Wasserpreis das Verderbliche sei, Ihre Denkart von Wirtschaft. Wir finden das richtig. Wir haben uns immer dafür ausgesprochen, weil es in anderen Kommunen so ist, dass die Industrie, die mehr Wasser verbraucht, entsprechend degressive Wasserkosten hat. Da stehen wir in Berlin erst am Anfang, dorthin werden wir uns hoffentlich in der nächsten Legislatur bewegen.
Was bleibt letztlich von Ihrem Antrag? – Natürlich die Möglichkeit, den Rücktritt von Herrn Senator Wolf vom Amt des Aufsichtsratsvorsitzenden zu fordern. Was aber nicht geht, das wäre wirklich eine Pirouette, den Senat aufzufordern, ein anderes Mitglied des Senats als Aufsichtsratsvorsitzenden zu bestimmen. Wir haben Ihnen da in mehreren Anträgen – auch in dieser Legislatur – einen Vorschlag unterbreitet, externen Sachverstand für die Wahrnehmung von Aufsichtsratsmandaten einzukaufen, um auch die Politikerinnen und Politiker von dieser Verantwortung, dieser Aufgabe zu entlasten. Deswegen können wir Ihrem Antrag nicht zustimmen, werden ihn aber auch nicht ablehnen, sondern wir werden uns liberal enthalten. – Ich danke Ihnen!
[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der SPD – Beifall von Wolfgang Brauer (Linksfraktion)]