Protokoll der Sitzung vom 31.03.2011

[Beifall bei der CDU – Oho! von der SPD]

Es kommt jetzt darauf an, einen echten Konsens herbeizuführen. Dieser kann unter Berücksichtigung der Auswertung des Moratoriums nur darin bestehen, die Laufzeit der Brückentechnologie Kernkraft zu verkürzen.

Der Antrag beinhaltet ansonsten eine Aufzählung der Versäumnisse von Rot-Rot der letzten zehn Jahre in Sachen Energiepolitik, aber er beinhaltet auch die Konflikte der letzten Jahre, vor allem die Konflikte der Grünen mit sich selbst. Ein schönes Beispiel ist da immer die Windenergie und die Erfahrung mit dem Berliner Windrad, das irgendwo in Pankow am Berliner Ring steht. Denn möglicherweise – so war die Debatte damals, die grüne Akteure, vor allem vor Ort, gerne führten – könnte eine seltene Vogelart, die dort zufällig in der Nähe nistet, in die Rotorblätter dieser Windanlage fliegen.

[Michael Schäfer (Grüne): Das ist eine Unterstellung! Wer denn?]

Nun wollen Sie, meine Damen und Herren von den Grünen, gleich zehn Windräder – Sie wollen verzehnfachen! – in Berlin aufstellen.

[Zuruf von Dr. Gabriele Hiller (Linksfraktion)]

Unabhängig davon, dass es schwierig sein wird, den Flächennachweis zu erbringen, werden Sie erstaunt sein, wie viele zu schützende Vogelarten hier in Berlin aus der Sicht Ihrer Klientel hinzukommen werden! Nehmen wir das Beispiel Clean Tech Business Park in Marzahn, ein sehr konkretes Beispiel!

[Zuruf von Volker Ratzmann (Grüne)]

Da gefährden schon die ersten grünen Lokalpolitiker, jüngst in diesem Jahr geschehen, mit einem Antrag in der BVV die Ansiedlung von einigen Betrieben, die unter

anderem auch mit gefährlichen Stoffen arbeiten müssen. Das sind Betriebe, die zum Beispiel Solarkollektoren herstellen wollen. So herum geht es also nicht. Im Allgemeinen sind Sie immer für die erneuerbaren Energien, aber wenn es dann konkret wird, ist die Partei der Grünen die Stets-dagegen-Partei.

[Beifall bei der CDU – Volker Ratzmann (Grüne): Das hat Herr Mappus schon gesagt, das brauchen Sie nicht zu wiederholen!]

Ich sage Ihnen: Wenn man nicht bereit ist, das Restrisiko der Atomenergie zu tragen – was nach vollziehbar ist –, dann sollte man zumindest sagen, welche Risiken man überhaupt noch zu tragen bereit ist, sonst punktet man mal bei einer Landtagswahl – das sei Ihnen zugestanden –, bietet aber keinen wirklich seriösen Politikansatz.

[Beifall bei der CDU]

Vielen Dank, Herr Kollege Wilke! – Das Wort für die Linksfraktion hat die Abgeordnete Platta.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist nur natürlich, dass nun nach der Katastrophe in Japan und dieser durchaus gelungenen Großdemonstration am 26. März dieses Jahres mit dem klaren Auftrag der Bürgerinnen und Bürger der Ausstieg aus der Atompolitik heute auch hier in diesem Haus eine Debatte wert ist.

[Beifall bei der Linksfraktion]

Dass die Kollegen der antragstellenden Fraktion aber nun mit diesem Antrag wieder einmal so tun, als ob sich in Berlin in der Energiepolitik nichts getan hätte, ist doch verwunderlich. Herr Buchholz ist darauf schon eingegangen. Gerade gestern erst ist wieder eine Inbetriebnahme einer großen Photovoltaikanlage vorgenommen worden, deren Vorbereitung wesentlich länger gedauert hat als das Niederschreiben des schnellen Antrags unserer Kollegen aus der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

Überlegungen und Taten zur Energieeinsparung, Energieeffizienz sowie dem Ausbau und Einsatz von erneuerbaren Energien gibt es schon lange,

[Michael Schäfer (Grüne): Ja, was ist denn passiert?]

auch mit den Anträgen unserer Koalition zur Berliner Initiative für Klima- und Umweltschutz.

[Beifall bei der Linksfraktion und der SPD]

Die Beschlusslage in diesem Haus ist spätestens seit 2007 klar. Ich nenne Ihnen auch gerne noch einmal den Titel des ersten Antrags aus dieser Reihe:

Atomenergie bleibt draußen, stattdessen mehr Strom aus erneuerbaren Energien und Lieferverträge mit verpflichtender Energieeinsparung.

Es gibt also die Grundlagen zum Umstieg auf erneuerbare Energien in Berlin, aber die Ereignisse in der Welt zeigen, dass wir schneller werden müssen und breiter aufgestellt für den konsequenten Weg ins Zeitalter der 100 Prozent erneuerbaren Energien. Die Voraussetzungen in Berlin sind gut. Viele wissenschaftlichen Einrichtungen und Firmen haben die Zukunftstechnologien im Blick. Und was für ein schnelles Vorankommen wichtig ist, eine gute Zusammenarbeit, ist durch Kompetenzzentren geschaffen. Erst gestern wurde der Baubeginn für das Zentrum für Photovoltaik gefeiert. So kann auch auf diesem Gebiet der Dünnschicht- und Nanotechnologie für Photovoltaik mit mehr Effizienz geforscht und produziert werden.

Auch das Themengebiet der Erdwärmenutzung wird vorankommen. Dabei geht es nicht nur um Untersuchungen auf dem Tempelhofer Feld, sondern auch um Potenzialanalysen für die ganze Stadt. Wenn die Forschung für Kleinwindkraftanlagen weitere Fortschritte erzielen, wird es auch Investoren geben, die diese Technik in die Stadt bringen. Da können wir genauso optimistisch sein wie bei der schon praktizierten Abwärmenutzung aus Berliner Schmutzwasserleitungen.

Auf alle Einzelheiten des Antrags kann ich bei der vorgegebenen Redezeit nicht eingehen. Dafür bleibt ja noch genügend Zeit in den Ausschüssen.

[Zuruf von Ramona Pop (Grüne)]

Dennoch interessant ist, dass Sie, werte Kollegen aus der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, uns und dem Senat ein zusätzlichen Junitag schenken wollen, nämlich den 31., um ein Klimaschutzrahmengesetz vorlegen zu können, das sich allerdings schon Ihre Spitzenkandidatin Renate Künast als Ziel nach der Wahl gestellt hat. Soll sie es dann etwa abschreiben? Oder sind Sie sich schon sicher, dass Sie sich nicht auf die Landesebene herablassen wird?

Ein anderer Punkt soll wohl auch verdeutlichen, dass Sie mit dem Internet auf Kriegsfuß stehen. Anders kann ich es mir nicht erklären, dass Sie mit diesem Punkt „Berliner Energiekampagne“ noch mehr wollen. Es gibt diese Internetseite des Landes mit Energiespartipps einschließlich Energietest und Link-Hinweisen, auch zur Verbraucherzentrale.

[Michael Schäfer (Grüne): Nennen Sie doch mal die Nutzerzahlen, Frau Platta!]

Sprechen wir also in den Ausschüssen weiter über das Wie, denn darüber, dass der Umstieg in erneuerbare Energien gelingen kann und auch gelingen muss, sind wir uns in diesem Haus offensichtlich mehrheitlich einig.

[Beifall bei der Linksfraktion]

Wir werden noch viel Kraft und Energie brauchen, um Berlin für den Klima- und Ressourcenschutz weiter fit zu machen und möglichst alle Bürgerinnen und Bürger dabei mitzunehmen. Ein Aufruf zum Stromanbieterwechsel ist da nicht ausreichend. Klar ist aber, am Ostermontag, den 25. April wird die nächste große Demo gegen Atomkraft

sein. Und wir, die Linken, sind auch wieder dabei. – Vielen Dank!

[Beifall bei der Linksfraktion – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Vielen Dank, Frau Platta! – Das Wort für die FDPFraktion hat der Kollege Schmidt.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dieser Antrag ist zuerst einmal ein ziemlich schnell zusammengestoppeltes Sammelsurium von allem möglichen Zeugs.

[Beifall bei der FDP]

Im Antrag sind durchaus einige Passagen, die Konsens in diesem Haus sind, auch einige brauchbare. In weiten Teilen ist der Antrag aber ein Beleg für wirtschaftspolitische und technologiepolitische Inkompetenz der Grünen, auch für ihre ständige nervige Besserwisserei.

[Beifall bei der FDP – Beifall von Dr. Wolfgang Albers (Linksfraktion)]

Berlin ist also bei der Ansiedlung der Anbieter erneuerbarer Energien auf dem 13. Platz, da stellt sich die Frage: Na und? Berlin hat doch ein völlig anderes Profil und völlig andere Voraussetzungen. Erneuerbare Energien müssen da hinpassen, wo sie am besten passen, und nicht überall in jeden Vorgarten.

[Michael Schäfer (Grüne): Wir wollen die Solarenergie da, wo sie gebraucht wird!]

Berlin soll nun aber nach dem Grünen-Antrag alle möglichen Bundesländer in ihren Ansiedlungsstrategien für erneuerbare Energieanbieter kopieren. Das bedeutet wirtschaftspolitisch, dass Berlin seine heutige Kernindustrien dafür vernachlässigen müsste. Nein, Berlin muss seine eigenen Stärken stärken, nicht etwa Bremen, RheinlandPfalz und das Saarland kopieren.

[Beifall bei der FDP]

Die Grünen mit ihrem planwirtschaftlichen Ansatz der Green Economy denken ja, die guten Industrieunternehmen in Berlin würden einfach so von der Politik erfunden oder von Herrn Ratzmann persönlich ausgesucht. Das ist falsch. Auch Herr Ratzmann und Herr Schäfer erfinden keine Arbeitsplätze. Die Industriecluster müssen sich aus den Strukturen heraus entwickeln, die vorhanden sind. Unsere Berliner Industrien – der Verkehrscluster, der Mediencluster, der Gesundheitscluster – sollten wir nicht für die erneuerbaren Energieanbieter zurückstutzen. Das ist übrigens eine Branche, die extrem stark von Subventionen und politischem Lobbyismus abhängt und deshalb ausgesprochen instabil ist.

[Beifall bei der FDP]

Die FDP setzt dagegen auf Industrien, die zum Wachstum und zum Wohlstand unserer Stadt beitragen. Den Wirt

schaftssenator lobe ich sonst nicht so häufig – er ist auch gerade nicht da –, aber er hat immerhin verstanden, dass unsere Stadt funktionierende Cluster braucht. Herr Schäfer und Herr Ratzmann haben mit ihrem Antrag offensichtlich nicht kapiert, wie Industrieansiedlung funktioniert. Mit leeren Schlagworten und wolkigen Reden wird man nicht zum Wirtschaftsentwickler. Wirtschaftspolitisch ist das, was Sie hier abliefern, ein echtes Armutszeugnis.

[Beifall bei der FDP]

Technisch betrachtet meinen die Grünen in ihrem Antrag, wenn man Regelungstechnik an Photovoltaikanlagen klemme, dann habe man schon ein intelligentes Kraftwerk. So einfach ist das nicht! Wenn Sie an Photovoltaik und Wind eine Regelungstechnik hängen, dann kommt trotzdem nur die Hälfte der Zeit Strom raus. Sie können nicht das hineinregeln, was nicht drin ist.

Gleichzeitig fordern Sie in Ihrem Antrag, die Kraftwerksplanung für das ganze Land, jetzt zitiere ich: „einschließlich des Brennstoffmixes zu planen“. Da haben Sie doch mit diesem Satz erstens einmal kurz das Konzept dezentrale Energieerzeugung vom Tisch gedrückt, mit dem Wort „Brennstoffmix“ machen Sie klar, dass Sie offensichtlich stark auf fossile Energien setzen. Was soll das sonst denn heißen?