Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Kollege Nolte! Sie sind wirklich ein Meister der Verdrängung!
Sie formulieren zunächst, man solle das Problem nicht in den Wahlkampf einbeziehen, die Schule sei dann, wenn man es täte, der Verlierer. Kann man das anders verstehen als eine Drohung gegen die Eltern, Lehrer und Schüler, jetzt mal die Klappe zu halten und nicht ihre Probleme vorzutragen? – Ich kann es nicht anders verstehen, und das ist ein Skandal, lieber Kollege Nolte!
Sie haben davon gesprochen, man solle keine Schnellschüsse tätigen. Wir sind in einem Verfahren, das ewig dauert und das Ihre Fraktion und der von Ihnen getragene Senat zu verantworten hat. Zwei Jahre hängt diese Geschichte mit den derzeitigen Erkenntnissen – ich darf Sie mal daran erinnern: Am 14. April 2009 gab es eine Kleine Anfrage. Da sagte der Senat, der Schulersatzbau auf dem Olympiagelände werde für die I-Planung 2009-2013 eingeplant, Baubeginn solle 2012 sein, man hätte angemeldet. Am 26. Juni 2009 wird allerdings mitgeteilt, es gebe kein Ergebnis der vorbereiteten Untersuchungen. Die Bausubstanz könne man nicht abschätzen, man hätte auch keinen Kostenplan. Die Antwort auf die Anfrage vom 14. April 2009 entsprach schlicht der Unwahrheit oder der Unfähigkeit der Antwortenden! Am 27. Januar 2010 wurde geantwortet, die Prüfung des Umzugs sei nicht abgeschlossen. Am 10. November 2010 wird mitgeteilt, es sei angemeldet, man wolle anmelden für die I-Planung 2011-2015. Bei der Beantwortung der Kleinen Anfrage vor anderthalb Monaten wurde mitgeteilt, nun wolle man für 2012 anmelden – ja, Kollege Nolte, wo sind Sie denn? Die Öffentlichkeit und die Betroffenen werden veräppelt und teilweise sogar mit Unwahrheiten bei Laune gehalten. Nichts von dem, was Sie erzählen, spielt sich hier ab, schon gar keine Schnellschüsse!
Ich darf Sie noch an eins erinnern, was Sie offenbar verdrängt haben: Der Hauptausschuss hat es mit Ihrer persönlichen Stimme am 20. Januar 2011 abgelehnt, die Maßnahme Poelchau in die I-Planung aufzunehmen, die Vorplanungen vorzunehmen und darüber Bericht zu erstatten. Das war Gegenstand der Beschlussempfehlung des Sportausschusses und der Beschlussempfehlung des Bildungsausschusses. Das wurde mit den Stimmen der Linken und der SPD und auch mit Ihrer Stimme abgelehnt!
Sie sagten noch, die Containerlösung sei kein Königsweg. Ich glaube aber, sie ist es, weil wir in der selten guten Situation sind, dass die Betroffenen damit im höchsten Maße einverstanden sind und damit noch einen Qualitätsgewinn für ihre sportorientierte Schule haben. Über die Containerlösung würden sie nämlich viel näher an das Olympiagelände heranrücken, wo sie den größten Teil ihrer täglichen Übungen absolvieren, und sie wären mit dieser Lösung einverstanden. Warum sind sie denn damit einverstanden? – Weil – und das ist keine Hellseherei, wie Sie es angeführt haben – es ganz einfach der Erfahrung der letzten 20 bis 25 Jahre entspricht, dass in einem Gebäude, in dem man gebundenes Asbest hat, irgendwann einmal die Fasern nachgewiesen werden. Das war in ganz vielen Gebäuden so. Ich kenne es aus meinem Bezirk, damals noch Charlottenburg, mit der FriedensburgOberschule, übrigens auch eine Schule, die in Container umziehen musste, wo im Ergebnis nachher beim Rückzug aus den Containern die Schüler gesagt haben: War so toll da drin, wir wollen gar nicht mehr in ein anderes Gebäude.
Eine Containerlösung muss also nicht schlecht sein. Und diese Containerlösung kostet auch keinen zweistelligen Millionenbetrag. Das verwechseln Sie, obwohl im Hauptausschuss, mit den Investitionssummen für die Sanierung der Gebäude auf dem Olympiagelände. Die Schule hat Ihnen ja nachgewiesen: Es gibt eine Lösung, und zwar mit einer Containerfirma, die auch schon an anderer Stelle für den Berliner Senat Aufträge übernommen hat. Da ist man mit Mietkosten von 50 000 Euro pro Monat, also 600 000 Euro pro Jahr, mit dabei. Das sind die Kosten der Containerlösung, und nicht zweistellige Millionenbeträge.
Und warum ist das nicht nur wegen einer drohenden Asbestgefahr notwendig? – Es ist auch wegen der Beschulung der Schülerinnen und Schüler notwendig, vorsorgend zu handeln. Die Schulverwaltung hat auf der Elternversammlung erklärt, sie habe für den Fall, dass Asbest gefunden wird und die Schule geschlossen werden muss, keinen Plan. Das bedeutet Zerschlagung der Schule und Zerschlagung der Klassen, keine Sportförderung mehr, das Gymnasium ist erledigt. – Zweiter Grund: Durch die jetzt drohenden Asbestgefahren werden Schüler nicht mehr an dieser Schule angemeldet. Auch das bedroht den Bestand der Sportschule. Deswegen ist es fahrlässig, so zu argumentieren, wie Sie es gemacht haben.
Frau Präsidentin! Meine Damen, meine Herren! Ich kann die Aufregung der Schüler und die Empörung der Eltern der Poelchau-Oberschule gut verstehen. Ich habe auch Verständnis dafür, dass bei der bekannten Vorgeschichte diese Debatte jetzt zum Teil sehr emotional geführt wird. Hier ist ein Problem offensichtlich über mittlerweile 22 Jahre ausgesessen worden, und die eigentlich Verantwortlichen scheinen sich jetzt allesamt einen schlanken Fuß zu machen.
So viel zur Priorität. Und ausgerechnet die CDU legt uns hier einen Antrag vor und fordert unverzügliches Handeln vom Senat im Sinne des vorsorgenden Gesundheitsschutzes.
Und jetzt zur Verdrängung, Herr Goetze! Es sei mir erlaubt, zunächst einmal darauf hinzuweisen, dass die Verantwortung für die Verschleppung – da beißt die Maus keinen Faden ab – im Bezirk Charlottenburg zu suchen wäre. In diesem Bezirk war unser werter Herr Statzkowski, der den Saal verlassen hat, von der CDU von 1992 bis zum Jahr 2000 nicht nur acht Jahre lang der zuständige Bildungsstadtrat, sondern 2001 gar, wenn auch
nur ein Jahr lang, Bezirksbürgermeister. Was, bitte schön, ist in dieser Zeit in der Sache von Ihnen unternommen worden im Sinne eines vorsorgenden Gesundheitsschutzes? – Seit 1989 liegt das TÜV-Gutachten über die Asbestbelastung vor. Es hat in diesem Zeitraum entgegen der Empfehlung des Gutachters weder eine Nachmessung der Asbestbelastung in der Schule stattgefunden noch wurden die notwendigen Sanierungsmaßnahmen in dem gesetzten Zeitrahmen von zehn Jahren eingeleitet. Das war unverantwortlich.
Und wie absurd ist das denn, hier heute die Backen aufzuplustern und anderen Versäumnisse vorzuwerfen? Erst nachdem der Schulsenator am 1. 1. 2010 die Verantwortung für die Schule übernommen hatte, wurde ein neues Gutachten zur Neubemessung und zur Neubewertung in Auftrag gegeben und im Sommer 2010 auch angefertigt.
Die Ergebnisse dieses Gutachtens sind, wie sie sind. Auch das ist zu akzeptieren. Und bei allem verständlichen Unmut der Eltern macht es keinen Sinn, nun auf den Gutachter einzuschlagen und an seinen Ergebnissen zu zweifeln oder die Untersuchungsmethoden infrage zu stellen. Es hilft ja nichts. Die Asbestgefährdung ist vorhanden, und da beruhigt es die Betroffenen nur wenig, dass bisher keine Asbestfasern in der Konzentration in der Raumluft nachgewiesen wurden, die einen sofortigen Auszug notwendig machen würde. Da werden auch engere und strengere Kontrollen, die ab sofort natürlich in kurzen Abständen durchzuführen wären, nur wenig zur Beruhigung beitragen. Darüber müssen wir doch gar nicht diskutieren. Das ist doch auch verständlich. Und deshalb haben wir eine möglichst schnelle Lösung für diese Problem zu finden und können nicht erst handeln, wenn die ersten Partikel in der Luft in gefährlicher Konzentration nachgewiesen wurden.
Klatschen Sie nicht zu früh! – Niemand könnte dafür die Verantwortung übernehmen. Wir haben also zu diskutieren, welche Alternativen infrage kommen und welche praktikabel wären. Und da wüsste ich dann schon gern, ob nicht alternative Schulgebäude vorübergehend zur Verfügung stünden und woran eine solche Lösung scheitert. Das müsste man mir zunächst mal erklären. Geht es um die Gesundheit, oder geht es um die Schulwege?
Ebenso wüsste ich gern, warum ein Umzug auf das Olympiagelände erst in fünf Jahren möglich sein soll. Die Gebäude dort sind vorhanden, und ob der Umzug in Container, den CDU und FDP jetzt in ihrem Antrag aufgreifen, wirklich eine sinnvolle und realisierbare Alternative ist, daran bestehen – Herr Nolte hat es gesagt – begründete Zweifel. Ich frage mich schon, ob es wirklich klug ist – es stehen ja unterschiedliche Summen im Raum –, 4,5 Millionen Euro für eine Zwischenlösung auszugeben, die auch erst ab Mitte 2012 greifen würde, wenn die Sanierung des Hauses des Sports auf dem Olympiaparkge
lände insgesamt mit 12 Millionen Euro veranschlagt ist. Auch die Containerlösung bräuchte eine Vorlaufzeit, wie ich Ihrem Antrag entnehme, von mehr als einem Jahr, wo auch immer Sie die Dinger hinstellen mögen. Auch die Frage ist ja noch nicht geklärt. Warum sollte es also nicht möglich sein, wenn dann das Geld vorhanden wäre, das Sie in die Container stecken wollen, diese Zeit und dieses Geld zu nutzen, um im Rahmen der offensichtlich auch im Haus des Sports notwendigen Sanierung dort zunächst ein Provisorium zu schaffen, das eine erste Aufnahme von Teilen der Schule ermöglichen würde, um so den sukzessiven Umzug frühzeitig einzuleiten. Das wäre sicher die klügere Variante. So müsste kein Geld für irgendwelche provisorischen Zwischenlösungen verplempert werden. Das Geld, wenn wir es dann hätten, wäre in der endgültigen Sanierung besser angelegt.
Wir werden das in den Ausschüssen noch näher diskutieren. – Bleibt, den Eltern zu versichern, dass eine schnelle und im Sinne der Kinder vernünftige Lösung, in welcher Form auch immer, nicht an meiner Fraktion scheitern wird. – Vielen Dank!
Fast jede dritte Sitzung diskutieren wir hier in der Aktuellen Stunde über die Bedeutung von Bildungspolitik. Und jetzt haben Berliner Schülerinnen und Schüler ein Problem mit dem gesundheitsgefährdenden Asbest in der Schule. Und da ist uns auf einmal Bildungspolitik wieder egal. So kann es nicht gehen! Die Schüler und Schülerinnen dürfen nicht den Gesundheitsgefahren in der Schule ausgesetzt werden. Es muss ein sicherer Schulbesuch gewährleistet sein!
Herr Nolte! Ich bin weit davon entfernt, hier Panikstimmung zu verbreiten. Aber das, was Sie machen, nämlich zu verharmlosen, das ist nun wahrlich auch nicht die richtige Antwort auf das Problem, das sich uns hier stellt. Dass hier zu handeln ist, wäre Ihnen vielleicht klar, wenn Sie sich auch einmal in der Schule umgesehen hätten, wenn Sie sich auch einmal vor Ort ein Bild gemacht hätten.
Die Poelchau-Oberschule ist ein Bau aus den Siebzigerjahren. Es gibt nur noch zwei Schulen, die ein solches Asbestproblem haben: die Poelchau- und die Anna-FreudSchule auf dem gleichen Grundstück. Alle anderen Asbestschulen sind entweder abgerissen oder saniert. Also von wegen, es gibt so viele dieser Schulen in Berlin – das ist einfach falsch. Es gibt nur noch diese zwei Schulen. Die sind in einem sehr maroden baulichen Zustand, hinzu kommt dieses Asbestproblem. Der Gutachter hat ganz klar nach seinen Ausführungen gesagt, in diese Schule würde er seine Kinder nicht schicken. Und das muss, von einem Fachmann gesagt, doch wirklich ausreichend Handlungsbedarf erzeugen.
Der Winter hat noch mal einen massiven Nässeeinbruch an der Schule gebracht. Die Deckenplatten wackeln. Es ist damit zu rechnen, dass sich da auch Asbestfasern freisetzen. Man muss hinzusagen, dass die Eltern mittlerweile und auch die Schüler und Schülerinnen, die Lehrer und Lehrerinnen in einem sehr besorgten Zustand sind. Das kann man hier einfach nicht wegreden.
Deswegen muss jetzt gehandelt werden und nicht erst in der Zukunft. Wir müssen eine Lösung suchen, die jetzt trägt. Das andere ist, jetzt akut zu handeln und nicht bis zur Wahl zu warten und das schon gar nicht zum Gegenstand eines Wahlkampfs zu machen.
Ja! Wir waren bei Elternversammlungen vor Ort, und ich kann Ihnen nur sagen: Das hätten Sie auch mal machen sollen, dann hätten Sie sich ein Bild machen können und würden hier wahrscheinlich zum Teil nicht so dumm daherreden.