Protokoll der Sitzung vom 14.04.2011

Die Initiative will mehr, und deshalb fragen wir uns, ob sie mit der heutigen Beschlussempfehlung zufrieden sein kann. Die Stellungnahme von SPD und Linken, mitgetragen von den Grünen, geht in die Richtung: Haben wir alles schon. Machen wir selber besser. Brauchen wir nicht. – Konkrete Maßnahmen – Fehlanzeige! Es handelt sich eher um eine Art Grußwort, verfasst von einem Oberlehrer bzw. einer Oberlehrerin. Die rot-rot-grüne Stellungnahme belehrt die Volksinitiative, dass ihre Forderung entweder schon umgesetzt wird oder dass staatliche Schulen als Verliererschulen zurückgelassen werden. Wir haben es gerade wieder von Herrn Zillich gehört. – Sie haben es immer noch nicht verstanden, Frau Dr. Tesch, Herr Zillich! Bei gleichberechtigter Finanzierung der Schule, egal, ob in staatlicher oder freier Trägerschaft, wird jedem Schüler erstmals jede Schule zugänglich gemacht, unabhängig vom Geldbeutel der Eltern. Das Prinzip steckt dahinter.

[Beifall bei der FDP]

Konkretes ist leider von Ihnen nicht zu hören. Als Heldentat holt Rot-Rot nun den dreieinhalb Jahre alten Auftrag an den Senat aus der Schublade, der besagt, dass ein transparentes Finanzierungsmodell für die freien Schulen her muss. Das finden wir richtig. Den Auftrag hat der Senat seit November 2007 nicht erfüllt – fast dreieinhalb Jahre! Und nun sollte das einfach so passieren. Ihr habt ja noch nicht mal ein Datum hineingeschrieben, das habe ich euch reingedrückt und die Frist bis zum 1. September gesetzt.

[Beifall bei der FDP]

Kollegen von SPD und Linksfraktion! Ein Armutszeugnis, das sich hier abspielt! Es stellt sich die Frage: Für wie dumm verkaufen Sie die Initiative?

[Zuruf von Steffen Zillich (Linksfraktion)]

Jetzt zu den grünen Freunden und Freundinnen! Sie tragen das belanglose Grußwort mit und wollen prüfen, ob ein höherer Zuschuss an die freien Schulen möglich ist. Ja, dann prüfen Sie mal schön und erklären auch gleichzeitig, wie freie Schulen in Brennpunkten gegründet werden können, wenn sie weiter auf Schulgeld angewiesen sind. Ihre echte oder gespielte Ahnungslosigkeit, Herr Mutlu, ist nicht zu überbieten!

[Beifall bei der FDP]

Aber der grüne Kracher ist folgender: Die Grünen sind der Auffassung, über eine gleichberechtigte Finanzierung kann erst dann nachgedacht werden, wenn ein ausreichend finanziertes öffentliches Bildungsangebot gewährleistet wird. Das heißt zu Deutsch, nie, denn das öffentliche Bildungsangebot wird nach Auffassung von Rot-RotGrün nie ausreichend sein. Denken wir an die ideologischen Projekte, die noch anstehen, Thema „Gemeinschaftsschule“, wo Sie derzeit 17 Schulen mit 22 Millionen Euro privilegieren.

[Beifall bei der FDP]

Zur CDU! Schön, dass auch Sie in Sachen Eigenverantwortung dazugelernt haben! Aber leider haben Sie in der

Stellungnahme außer PISA-Zitaten nichts zu bieten. Sie fordern vom Senat einen Bericht, wie die Ziele der Volksinitiative umzusetzen sind. Hier freut es den roten Bock, der hier mangels schwarzer Vorschläge zum Gärtner gemacht wird.

[Beifall bei der FDP]

Die FDP-Fraktion identifiziert sich mit der Initiative. Wir wissen aber auch: Es lässt sich nicht einfach ein Schalter umdrehen, um die Forderung zu erfüllen. Deswegen schlagen wir in unserer Beschlussempfehlung konkrete Maßnahmen vor, die den Weg für eine Schule in Freiheit ebnen – Maßnahmen, die wir in dieser Legislaturperiode mehrfach durch Anträge unterlegt haben. Alle Schulen brauchen Budgets für Fortbildung, Vertretung oder Personal. Alle Schulen brauchen weniger Bevormundung durch regionale Schulaufsicht oder die Bildungsverwaltung. Ein Schulgutschein macht die freie Schulwahl jeder Schule für alle Schüler möglich, egal, ob in staatlicher oder freier Trägerschaft. Vielleicht kann diese freie Schulwahl Rot-Rot-Grün von seiner Grabenmentalität abbringen, zwischen den guten staatlichen und den bösen privaten bzw. freien Schulen zu trennen.

Meine Herren, meine Damen von Rot-Rot! Lassen Sie Ihre ideologischen Bedenken beiseite, und lassen wir einen Modellversuch „Schule in Freiheit“ zu! – Vielen Dank!

[Beifall bei der FDP]

Danke schön, Frau Kollegin Senftleben!

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Wir kommen zu den Abstimmungen. Der zuständige Ausschuss hat dem Plenum eine mehrheitliche Beschlussempfehlung gegen CDU und FDP bei Enthaltung der Grünen vorgelegt. Dazu hat die Fraktion der FDP einen Änderungsantrag eingebracht, über den ich zuerst abstimmen lasse. Wer diesem Änderungsantrag der FDP Drucksache 16/4053-1 zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist die FDP. Wer stimmt dagegen? – Das sind SPD, Bündnis 90/Die Grünen und die Linke. Letzteres war die Mehrheit. Dann ist der Antrag abgelehnt. – Die CDU enthält sich.

Wer dem Änderungsantrag der Fraktion der CDU Drucksache 16/4053-2 zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist die CDU. Die Gegenprobe! – Das sind SPD und Linke. Letzteres war die Mehrheit. Dann ist der Antrag abgelehnt. – Es enthalten sich die FDP und Bündnis 90/Die Grünen.

Wer dem Änderungsantrag der Fraktion der Grünen Drucksache 16/4053-3 zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Das ist Bündnis 90/Die Grünen. Die Gegenprobe! – Das sind FDP, SPD und die Linksfraktion. Letzteres war die Mehrheit. Dann ist der

Antrag abgelehnt. – Die CDU enthält sich. – Danke schön!

Wer der Beschlussempfehlung des Bildungsausschusses Drucksache 16/4053 zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die beiden Regierungsfraktionen. Die Gegenprobe! – Das sind CDU und FDP. Ersteres war die Mehrheit. Dann ist das so beschlossen. Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen enthält sich. – Ich stelle fest, dass das Verfahren dem Abstimmungsgesetz entsprechend nunmehr abgeschlossen ist.

Die lfd. Nr. 14 war Priorität der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen unter der lfd. Nr. 4.3.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 15:

a) Beschlussempfehlung

Kein Umzug der jugendlichen Drogenstraftäter nach Lichtenrade – Kosten in Millionenhöhe sparen und Anwohnerinnen und Anwohner schützen!

Beschlussempfehlung Recht Drs 16/3947 Antrag der CDU Drs 16/3869

b) Beschlussempfehlung

Kein Drogenvollzug in Lichtenrade – endlich vernünftiges Gesamtkonzept für den Berliner Strafvollzug vorlegen!

Beschlussempfehlung Recht Drs 16/3948 Antrag der FDP Drs 16/3864

Für die Beratung steht den Fraktionen jeweils eine Redezeit von bis zu fünf Minuten zur Verfügung. Es beginnt die antragstellende Fraktion der CDU in Person des Kollegen Zimmer. – Bitte schön, Herr Zimmer! Eilen Sie herbei, und ergreifen Sie das Wort!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Thema der Verlegung des Drogenfachbereichs der Jugendstrafanstalt Plötzensee nach Lichtenrade bewegt die Gemüter und stößt auf größte Ablehnung:

[Beifall bei der CDU]

1 602 Unterschriften der Lichtenraderinnen und Lichtenrader gegen dieses Vorhaben! 1 602 mal Nein zu Ihren Plänen, Frau Senatorin!

[Beifall bei der CDU – Dr. Wolfgang Albers (Linksfraktion): Und wie viele Menschen wohnen in Lichtenrade?]

Und diese 1 602 Nachbarinnen und Nachbarn der Justizvollzugsanstalt Kieferngrund haben gute Gründe, gegen Ihre unsinnige, verschwenderische und rechtswidrige Planung zu sein. Immer wieder wird gern das Argument vorgebracht, dass die Inhaftierten ja irgendwo bleiben

müssen. Ja, das ist richtig. Sie sind aber derzeit nicht obdachlos, sondern sitzen warm und trocken, wenn auch nicht schön, in Plötzensee. Da gehören sie auch hin.

[Beifall bei der CDU]

Dort haben sie die Möglichkeit einer angemessenen Beschulung. Dort haben sie die Möglichkeit einer Ausbildung. Dort haben sie Möglichkeit einer sinnvollen Beschäftigung und sportlichen Betätigung, und dort haben sie auch eine angemessene medizinische Versorgung. In Lichtenrade haben sie das alles nicht. Entweder brauchen Sie dort erhebliche Neubauten oder einen Transport, zweimal täglich quer durch die Stadt, für rund 70 Inhaftierte im Drogenfachbereich – eine wahnsinnige Aktion.

Und Ihre Planungen sind verschwenderisch. Der Instandsetzungsbedarf für das Haus 8 soll 3,5 Millionen Euro betragen. Da muss man sich natürlich erst einmal fragen: Sind diese 3,5 Millionen Euro eigentlich eine realistische Einschätzung? Wir lesen nämlich andererseits, dass Sie dieses Haus 8 für die Arrestanten, die während der von Ihnen geplanten Bauarbeiten in Lichtenrade irgendwo untergebracht werden sollen, für 350 000 Euro das besagte Haus herrichten wollen. Da frage ich mich, wenn 10 Prozent für die Arrestanten reichen und es dann 3,5 Millionen Euro für die Inhaftierten im Drogenfachbereich sein sollen, da stimmt doch irgendetwas nicht!

[Beifall bei der CDU und der FDP]

Selbst wenn es so sei: Der geplante Neubau der Jugendarrestanstalt in Lichtenrade soll laut Auslobung 6 Millionen Euro kosten. Das macht schon einmal eine Differenz von 2,5 Millionen Euro aus. Die Umbauten in Lichtenrade, die Sie brauchen, wenn Sie dort den Drogenfachbereich unterbringen wollen, können wir überschlägig mit 1 Million Euro ansetzen. Sie brauchen ein neues Besucherzentrum, Sie brauchen eine Sporthalle für sportliche Betätigung, Sie brauchen sonstige Sicherungsmaßnahmen vor Ort. Und wenn wir die Mehrausgaben des logistischen Aufwands einmal auf zehn Jahre rechnen, dann haben Sie dort auch in zehn Jahren mindestens einen weiteren Aufwand von 1,5 Millionen Euro, den Sie sich ersparen könnten. Das macht ein Delta von 5 Millionen Euro, und das, obwohl – wie ich schon ausgeführt habe – die Sanierung des Hauses 8 mit Sicherheit auch günstiger darstellbar wäre. Deswegen haben wir Ihnen ja eine kostengünstige und sinnvolle Lösung vorgeschlagen. Verlegen Sie die Jugendarrestanstalt in das derzeitige Gebäude der Jugendstrafanstalt Untersuchungshaftbereich Kieferngrund! Lassen Sie die Inhaftierten des Drogenfachbereichs in Plötzensee, und sanieren Sie dort das Haus kostengünstig und angemessen für die Inhaftierten!

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der FDP]

Ich sage Ihnen eines voraus, Frau Senatorin, wenn Sie an Ihren Plänen festhalten: Schon allein auf Grundlage dieser Zahlen wird Ihr Vorhaben mit Sicherheit auch ein Vorgang für den Rechnungshof von Berlin werden.

Hinzu kommt, dass das ganze Vorhaben natürlich auch rechtlich höchst fragwürdig ist. Wir haben es im Fachausschuss schon diskutiert. Es gibt eine Jugendarrestvollzugsordnung, die sagt in § 1 Absatz 2 ganz deutlich:

Jugendarrestanstalten … dürfen nicht in Straf- oder Untersuchungshaftanstalten, auch nicht im Verwaltungsteil dieser Anstalten, eingerichtet werden.

Sie haben vor, die Arrestantinnen und Arrestanten aus Lichtenrade für mindestens drei Jahre dort hinzubringen. Das ist meines Erachtens – und nicht nur meines Erachtens – unzulässig und rechtswidrig.

[Beifall bei der CDU und der FDP – Mirco Dragowski (FDP): Richtig!]

Man sollte annehmen, dass eine Justizverwaltung so etwas auch weiß, aber unabhängig davon: Schließlich ist ein Drogenfachbereich nicht verträglich mit einem Wohngebiet. Sie haben dort anders als im Untersuchungshaftbereich einen erheblichen Besucherverkehr, und Sie haben im Drogenfachbereich Vollzugslockerung.

[Mirco Dragowski (FDP): Dank der CDU!]