Protokoll der Sitzung vom 14.04.2011

Herr Prof. Zöllner – bitte!

Verbote müssen in einer selbstkritischen Gesellschaft immer hinterfragt werden, Freiräume müssen hinterfragt werden, wenn sie falsch genutzt werden. Ich habe nichts dagegen, dass private Anbieter von Studienmöglichkeiten private Hochschulgebühren fordern. Ich habe aber etwas dagegen, dass staatliche Hochschulen Gebühren erheben, weil ich der Meinung bin, dass das wichtigste Rüstzeug für junge Menschen darin liegt, eine optimale Ausbildung – für sich und für die Gesellschaft – zu erhalten. Die Studiengebühren wirken im Zweifelsfall abschreckend, und ich will gewährleisten, dass jeder Mensch in Berlin die gleiche Chance hat. Dazu gehört auch, die am höchs

ten qualifizierte Ausbildung – ein Studium – absolvieren zu können, ohne Angst haben zu müssen, dass Gebühren gezahlt werden müssen wie in den Ländern, die für Sie ja stets Vorbild sind – ich nenne da England, wo Studiengebühren von 9000 Pfund pro Jahr erhoben werden, bzw. andere Länder, wo Gebühren von 40 000 bis 50 000 Euro fällig sind.

[Zuruf von Mieke Senftleben (FDP)]

Solche Gebühren führen nachweislich zu einer völlig falschen Allokation von Studierenden; letzten Endes führt dies für die gesamte Gesellschaft dazu, dass Bildungsreserven nicht mehr erschlossen werden können.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Danke schön, Herr Senator!

Es folgt Frau Lange von der SPD-Fraktion mit Frage Nr. 6 zum Thema

Tiergartenstraße 4 – wie geht es mit der Erinnerung an die Opfer der Euthanasie weiter?

Bitte schön, Frau Lange!

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich frage den Senat: Wie steht es um das Vorhaben im Zuge der Neugestaltung des Kulturforums, das Denkmal zur Tiergartenstraße 4, das an die Opfer der EuthanasieMorde in Zeiten des Nationalsozialismus erinnern soll, neu zu gestalten bzw. aufzuwerten?

Danke schön! – Es antwortet der Regierende Bürgermeister – bitte schön, Herr Wowereit!

Herr Präsident! Frau Abgeordnete Lange! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das bürgerschaftliche Engagement des sogenannten Runden Tisches Tiergartenstraße 4 führte zu der Idee eines Gedenk- und Dokumentationsortes am historischen Ort der Planung des nationalsozialistischen Euthanasie-Mordprogramms. Auf dem Vorplatz der Philharmonie ist dessen künstlerische Gestaltung vorgesehen. Dort befinden sich derzeit eine Bronzegedenkplatte und eine Informationstafel. Geplant ist die Auslobung eines Ideenwettbewerbs; dafür sind 2011 Vorbereitungsmittel in Höhe von bis zu 25 000 Euro bei der Senatskanzlei Kultur eingestellt.

Der Start des Wettbewerbs ist abhängig von der Bereitstellung der für die künstlerische Realisierung notwendigen Mittel durch den Bund – es geht hier um einen Betrag von ca. 500 000 Euro. Ein aktueller, fraktionsübergrei

fender Antrag im Deutschen Bundestag unterstützt dieses Vorhaben. Im Ergebnis der Beschlussfassung werden das Land Berlin und der Bund in Zusammenarbeit mit dem Runden Tisch das weitere Vorgehen im Detail abstimmen; der Beratungsausschuss Kunst des Landes Berlin wird in dieses Verfahren eingebunden.

Danke schön! – Eine Nachfrage von Frau Lange!

Dann hat sich meine Nachfrage fast schon erübrigt. Ich wollte konkret wissen, wie weit sich der Bund an der Würdigung dieser NS-Opfergruppe beteiligt wie z. B. beim Denkmal europäischer Juden oder Sinti und Roma.

Herr Regierender Bürgermeister – bitte!

Herr Präsident! Frau Abgeordnete! Ich möchte noch darauf hinweisen, dass der Bund das noch nicht endgültig beschlossen hat. Ich hoffe, dass er das tun wird. Ansonsten ist hier die Analogie zu den von Ihnen erwähnten Mahnmalen zu ziehen, dass der Bund die Kosten übernimmt, wir aber den Wettbewerb und die Ausführung durchführen.

Danke schön, Herr Regierender Bürgermeister!

Es geht weiter mit der Frage 7 des Kollegen Michael Braun von der CDU zum Thema

Wowereit, Flugrouten, Villenbesitzer

Bitte schön, Herr Braun!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage den Senat:

1. Welche Äußerung des Regierenden Bürgermeisters zu den Flugrouten und zu den möglichen Belastungen der Bürger im Südwesten Berlins gilt:

a) Die in der „Berliner Morgenpost“ vom 8./9. November 2010, mit der er erklärte, dass die ökonomischen Belange von Fluggesellschaften nachrangig seien, wenn es um die Gesundheit und Sicherheit der Menschen gehe. Deshalb müsse es darum gehen, die Flugrouten so zu ändern, dass für die Bürger so wenig Lärmbelastung wie möglich entstehe?

oder – Zitat –

b) „Ich habe Verständnis für den Unmut der Menschen, die z. B. in Lichtenrade in ihren kleinen Häusern leben, dass Flugzeuge in nur 600 Metern Höhe nahe vorbeifliegen sollen, obwohl jahrelang zuvor ganz andere Flugrouten in Aussicht gestellt worden waren. (...) Und das ist schon ein deutlicher Unterschied zu Problemen, die Villenbesitzer weiter entfernt vom Flughafen haben, wo die Flugzeuge schon mehr als 2 000 Meter hoch sind.“ – „BZ“ 4. April 2011 –?

2. Ist der Senat von Berlin oder der Regierende Bürgermeister gar persönlich bereit zu erläutern, wo die vom Regierenden Bürgermeister so betitelten Villenbesitzer in Berlin denn wohnen?

[Beifall von Benedikt Lux (Grüne): ]

Danke schön, Herr Kollege Braun! – Der Regierende Bürgermeister, Herr Wowereit, hat das Wort.

Herr Präsident! Herr Abgeordneter Braun! Beide Aussagen sind zutreffend, stehen auch überhaupt nicht im Widerspruch zueinander. Und wenn ich Ihnen als Zehlendorfer Abgeordnetem noch erklären soll, wo Villen in Steglitz-Zehlendorf stehen, können wir das auch noch mal auf der Landkarte nachvollziehen. Aber ich denke, jeder weiß, wo die Villengegenden dort sind, beispielweise in Grunewald oder in Zehlendorf, in Wannsee, in Dahlem, überall gibt es Villen in Ihrem wunderschönen Bezirk.

[Christian Goiny (CDU): Der Grunewald liegt in Wilmersdorf!]

Eine Nachfrage des Kollegen Braun – bitte!

Herr Regierender Bürgermeister! Haben Sie Verständnis dafür, dass die Bürger im Südwesten, also in Zehlendorf, in Nikolassee, in Wannsee, aber auch in anderen Teilen des Bezirks Sorge davor haben, wenn es von der Nordbahn geradeaus geht und dann dieser sogenannte NOOST-Punkt von Ludwigsfelde rübergeht über die Wannseebrücke und dann der wesentliche Flugverkehr über diese Teile geht? Verstehen Sie die Sorgen der Bürger, oder verstehen Sie sie nicht?

Herr Regierender Bürgermeister – bitte schön!

Herr Präsident! Herr Abgeordneter! Ich habe mich zu diesen Fragen mehrfach positioniert. Ich verstehe erstens

die Sorgen von Bürgerinnen und Bürgern, die sich durch Fluglärm betroffen fühlen. Das ist erst mal per se ein allgemeines Verständnis, was man hat. Aber was gerade aus Ihrer Frage ganz deutlich geworden ist, dass es himmelweite Unterschiede der Betroffenheit gibt, ob ein Flugzeug in der Höhe von 600 Metern in ihrer Nähe vorbei- oder über ihre Köpfe hinwegfliegt oder ob das 2 000, 2 500 oder 3 000 Meter sind. Und das ist der qualitative Unterschied. Deshalb, die Höhen, die erreicht sind in den Gebieten, die Sie meinen, wo zwischen Potsdam und Wannsee der Abknick für einen bestimmten Teil der startenden Flugzeuge ist, das Flugzeug, das sich dann dort befindet, hat eine Höhe, die hinzunehmen ist. Das ist der kleine Unterschied zwischen der Belastung in Lichtenrade und der da draußen in Wannsee. Das sollten Sie eigentlich auch einmal zur Kenntnis nehmen.

Trotzdem kann ich auch akzeptieren, wenn es in der Diskussion in der Fluglärmkommission – da hat es ja Anträge gegeben – andere Varianten gibt, die eine andere Flugrichtung vorsehen, dass man die abwägt und dass man miteinander schaut: Wer wird dann belastet? Ist das mehr oder weniger? Deshalb sind wir vonseiten Berlins durchaus offen zu sagen: Es ist nicht die einzige Alternative, dass der Abknick dort ist. Der könnte auch anders laufen, dagegen ist überhaupt nichts einzuwenden. Diese Prüfung soll in der Fluglärmkommission auch vorgenommen werden. Aber der qualitative Unterschied der Belastung, abhängig von den Höhen, ist doch eigentlich deutlich. Und deshalb muss man dann auch einmal als Politiker, auch als Lokalpolitiker – Herr Braun, Sie sind ja Lokalpolitiker – deutlich sagen: Es gibt auch noch ein Gesamtinteresse der Region, nämlich für die Schaffung von Arbeitsplätzen. Und da ist die Verwirklichung des Projekts Berlin-Brandenburg International in Schönefeld eines der wichtigsten Infrastrukturprojekte, das wir haben, und unverzichtbar für eine wirtschaftliche Entwicklung.

[Beifall bei der SPD]

Danke schön, Herr Regierender Bürgermeister! – Eine Nachfrage des Kollegen Gaebler von der SPD-Fraktion – bitte schön, Herr Gaebler!

Herr Regierender Bürgermeister! Wie erklären Sie sich denn die Schizophrenie, dass die CDU mit Unterstützung vieler Steglitz-Zehlendorfer für die Offenhaltung von Tempelhof gekämpft hat, wo die Flugzeuge alle wesentlich niedriger über genau die Köpfe dieser Menschen geflogen sind, jetzt aber eine Kampagne macht, dass Flüge in über 2 000 Meter Höhe über Wannsee auf keinen Fall tolerabel sind?

[Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Herr Regierender Bürgermeister – bitte schön, Herr Wowereit!

Herr Präsident! Herr Abgeordneter Gaebler! Ob man das als Schizophrenie bezeichnen kann – ich bin nicht der Fachmann, um das medizinisch einzuordnen. Ich denke eher, das ist wieder mal Wahlkampf. Und ich finde es unverantwortlich, mit diesen Themen hier Wahlkampf zu machen. Hier sollte sich gerade eine Partei, die sonst immer Wert darauf legt, dass sie wirtschaftliches Wachstum haben will, endlich einmal richtig bekennen zur Verwirklichung dieses Projekts.

[Beifall bei der SPD und der FDP]

Das wäre einmal angesagt und nicht immer dieser Zickzackkurs, je nachdem, bei welcher Bürgerversammlung man gerade ist.

[Oliver Scholz (CDU): Das erzählen Sie mal Ihrem Koalitionspartner!]

Danke schön, Herr Regierender Bürgermeister!

Es geht weiter mit der Frage 8 des Kollegen Benedikt Lux von den Grünen zum Thema

30 Cent mehr für Sicherheit?