Protokoll der Sitzung vom 14.04.2011

Herr Abgeordneter Dr. Lederer! Möchten Sie antworten? – Bitte sehr!

[Sven Kohlmeier (SPD): Sag die Wahrheit! – Torsten Schneider (SPD): Mit Quellenangabe!]

Liebe Kollegin Kosche! Auf den „Dr.“ lege ich keinen gesteigerten Wert.

[Oh! von den Grünen]

Das war auch nicht mein Zwischenruf vorhin. Sie können weiterhin gern „Herr Lederer“ zu mir sagen. Das macht den Inhalt der Gespräche für mich nicht wesentlich komplizierter, aber es macht die Gespräche mit Ihnen auch nicht inhaltsreicher.

[Beifall bei der Linksfraktion und der SPD – Heiterkeit bei der Linksfraktion und der SPD]

Was wir in den letzten Jahren – und zwar damals gemeinsam mit den Grünen – als PDS vor dem Verfassungsgericht durchgestritten haben, ist das Recht jeder Abgeordneten und jedes Abgeordneten, die Verträge einzusehen. Das sollten auch Sie wissen. Wenn einzelne Abgeordnete nicht den Mut oder die Kraft hatten, dieses Recht am Ende auch durchzusetzen, dann ist das gewiss die Peinlichkeit dieser einzelnen Abgeordneten und nicht die Schuld dieses Senats.

[Beifall bei der Linksfraktion und der SPD – Vereinzelter Beifall bei der FDP]

Dass sich die Grünen gern daran beteiligen, ein solches Herumgeheimnissen zu erzeugen – wonach es irgendwo in irgendeinem Aktenschrank noch irgendwelche vertraulichen und relevanten Sachen gebe –, ändert nichts daran, dass alles, was offenzulegen war, offengelegt ist. Und wenn Sie wollen, können Sie endlich klagen.

Frau Kosche! Der dritte und letzte Punkt – ob seminaristisch oder nicht –: Sie sollten sich vielleicht einfach mal der Mühe unterziehen, das, was ich inhaltlich in den letzten Veranstaltungen vorgetragen habe, zur Kenntnis zu nehmen. Ich finde, es ist auch kein Zufall, dass man ausgerechnet bei diesem peinlichen Antrag wieder Sie nach vorne schickt, während der gesamte Rest der Fraktion an diesem Punkt – ich glaube, fast ein bisschen peinlich berührt – schweigt.

[Zurufe von den Grünen]

Denn dieser Antrag ist so peinlich, dass selbst einige Kolleginnen und Kollegen von Ihnen in der Öffentlichkeit nicht so richtig dazu stehen wollen.

[Beifall bei der Linksfraktion, der SPD und der FDP]

Der Abgeordnete Meyer hat nun das Wort für die FDPFraktion. – Bitte!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sie erleben mich einigermaßen ratlos. Ich muss Herrn Lederer und Frau Kolat zu fast hundert Prozent recht geben, was die Einschätzung dieses Antrags angeht.

[Beifall bei der FDP, der SPD und der Linksfraktion – Martina Michels (Linksfraktion): Das muss Ihnen nicht peinlich sein!]

Das ist mir, glaube ich, auch noch nicht passiert. Wir als FDP haben sicherlich ein anderes Verständnis, wie mit den Wasserbetrieben umgegangen werden soll. Wir sind der Auffassung, dass es zunächst einmal darum geht, den Wasserpreis für die Berlinerinnen und Berliner zu senken. Wir sollten uns also zunächst nicht über die Rekommunalisierungsphantasien von Ihnen allen hier unterhalten, sondern schauen, was wir konkret für die Bürgerinnen und Bürger der Stadt tun können.

[Beifall bei der FDP]

Aber – und da hat Herr Lederer recht – wir sollten zu diesem Antrag reden. Frau Kosche hat in ihrer Rede versucht, diesen Antrag ein wenig zu relativieren, indem sie sagte, es gehe darum, Öffentlichkeit herzustellen, indem man die Unterlagen in Ausschüsse bringe und zu sinnvollen Zeitpunkten – so sagten Sie, glaube ich – dann hier im Parlament berichte. Das steht in dem Antrag aber leider nicht drin. Hier steht, dass Sie alle Verkaufsverhandlungen und alle Abreden veröffentlichen wollen. Dann müssten Sie aber schon den Mut haben, uns zu sagen, wie das gehen soll. Wie wollen Sie Verkaufsverhandlungen in einer Dreierkonstellation – wenn man sie denn schon so führen möchte – in der Öffentlichkeit debattieren?

Wir bekamen am Wochenende den Vorgeschmack auf so etwas: Als in einigen Medien das Stichwort – nachdem Herr Nußbaum es, glaube ich, aufgegriffen hatte – „800 Millionen Euro Kaufpreis für den RWE-Anteil“ auftauchte, haben wir erlebt, wie das dann läuft. Das kann doch keineswegs ein sinnvoller Veräußerungsprozess sein. Das kann nicht im Interessen auch nur eines der Beteiligten sein – außer, man möchte sich in der Öffentlichkeit als eine Form von Gutmensch profilieren. Und ich glaube, das ist genau das, was hinter Ihrem Antrag steht.

[Beifall bei der FDP, der SPD und der Linksfraktion]

Es ist auch interessant, dass in Ihrer Antragsbegründung mehr Substanz ist als in Ihrem Antrag selbst, indem Sie hier klar sagen, dass Sie eine Rekommunalisierung wollen. Das hätten sie auch in den Antragstext selbst hineinschreiben können.

Was sich allerdings hinter dem letzten Halbsatz – eine Rekommunalisierung, die Investitionen ermöglicht und Wasserpreise sinken lässt – genau versteckt, konnten Sie

uns leider bisher auch noch nicht mitteilen, Frau Kosche! Deswegen sollten Sie versuchen, etwas mehr Substanz in Ihre Anträge hineinzubringen, wenn wir hier über die Wasserbetriebe sprechen. Sie müssen mal darstellen, was Sie wollen. Ist Ihre Priorität – ähnlich vielleicht wie bei den Linken –, dass es nur darum geht, zu rekommunalisieren und mehr Eigentum im Landesbesitz zu haben, oder geht es Ihnen um Investitionen, oder geht es Ihnen um eine Senkung des Wasserpreises? Diese Frage müssen Sie uns mal beantworten, aber das tun Sie nicht. Frau Kosche! Solange Sie das nicht tun, kann man diese Anträge leider auch nicht ernst nehmen.

[Beifall bei der FDP]

So offen, wie das Ganze hier formuliert ist, hätten Sie auch noch ein paar Sätze dazu sagen können, ob das jetzt grundsätzlich das Vorgehen ist, welches Sie im Umgang mit öffentlichem Eigentum in Berlin anstreben. Wollen Sie grundsätzlich, dass alle Verhandlungen zwischen dem Land Berlin und Privaten in Bezug auf irgendwelche Beteiligungen des Landes Berlin veröffentlicht werden – in genau der Art und Weise, wie Sie es hier in der Weite formuliert haben? – Wenn das Ihr Ansatz ist, dann bitte ich Sie das auch in einer entsprechenden Deutlichkeit zu sagen. Dann wissen wir auch alle – und vielleicht auch Verbandsvertreter etc. in der Stadt –, welche Wirtschaftskompetenz und Beteiligungskompetenz tatsächlich hinter der grünen Fraktion und der grünen Partei steht, nämlich gar keine Kompetenz.

Deswegen kann man diesen Antrag nur ablehnen. Wir haben jetzt leider schon 20 bis 25 Minuten Zeit verschwendet, indem wir uns mit diesem Antrag beschäftigt haben.

[Beifall von Dr. Klaus Lederer (Linksfraktion)]

Aber ich hoffe, dass wir uns in den nächsten Monaten nicht weiter damit beschäftigen müssen, was diese Ansätze von Ihnen angeht. – Ich danke Ihnen!

[Beifall bei der FDP, der SPD und der Linksfraktion]

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Meyer! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Der Hauptausschuss empfiehlt zum Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen mit der Drucksachennummer 16/3874 mehrheitlich – gegen Grüne, bei Enthaltung der FDP – die Ablehnung. Wer dem Antrag dennoch zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Das ist die Fraktion Bündnis 90/Grüne. Die Gegenprobe! Das sind die Koalitionsfraktionen, die Fraktion der CDU und die Fraktion der FDP. Das ist die Mehrheit. Und der fraktionslose Abgeordnete ist auch dagegen. Damit ist dieser Antrag abgelehnt.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 4.4:

Erste Lesung

Gesetz zur Regelung des Rechts der Spielhallen im Land Berlin (Spielhallengesetz Berlin – SpielhG Bln)

Vorlage – zur Beschlussfassung – Drs 16/4027

Das ist die Priorität der Fraktion Die Linke unter dem Tagesordnungspunkt 10.

Ich habe die Vorlage vorab federführend an den Ausschuss für Wirtschaft, Technologie und Frauen und mitberatend an den Ausschuss für Stadtentwicklung und Verkehr, an den Ausschuss für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz und an den Hauptausschuss überwiesen.

Ich eröffne die erste Lesung. Für die Beratung steht den Fraktionen jeweils eine Redezeit von bis zu fünf Minuten zur Verfügung. Es beginnt die Fraktion Die Linke. Der Herr Abgeordnete Klemm hat das Wort und steht schon bereit. – Bitte sehr!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Davon ausgehend, dass wir das Spielhallengesetz schon einmal am 27. Januar im Plenum behandelt und auch im Wirtschaftsausschuss im Rahmen einer Anhörung intensiv über das Thema diskutiert haben, will ich mich heute in meiner Rede vor allem auf die Punkte konzentrieren, die sich seither geändert haben. Auch alles, was in dem Zusammenhang zu den Themen Probleme mit Spielhallen in Stadtquartieren oder Spielsucht sowohl von anderen Kolleginnen und Kollegen sowie von mir gesagt worden ist, will ich jetzt nicht wiederholen. Es ist alles richtig und dem ist zuzustimmen. Davon ausgehend, hat der Senat seinen Gesetzentwurf erarbeitet und uns heute zur Beratung vorgelegt.

Ganz kann ich allerdings nicht daran vorbeigehen, einige Details aus dem Gesetz zu benennen, weil ich von Ihnen, Herr Jotzo, was mich ein bisschen enttäuscht hat, heute eine Presseerklärung dazu gelesen habe, in der etwas steht, was so einfach nicht zutrifft. Ich gehe deshalb kurz auf die Punkte ein, die sich bei den Spielhallen mit Beschluss des Gesetzes ändern werden. Zunächst einmal werden wir künftig pro Standort nur eine Spielhalle zulassen. Hier, Herr Jotzo, bin ich von Ihnen enttäuscht. Ein Blick in das Gesetz § 2 Abs. 1 Satz 2 zeigt, dass dort wirklich eine Spielhalle pro Standort steht – auch, wenn Sie etwas anderes behaupten. Wir wollen einen Mindestabstand von 500 Metern zwischen Spielhallen, wir wollen Spielhallen nicht in der Nähe von Einrichtungen, die von Jugendlichen und Kindern aufgesucht werden. Wir reduzieren die Anzahl der Spielautomaten in den Spielhallen auf acht, schreiben pro Automat zwölf Quadratmeter Grundfläche vor und erweitern den Abstand zwischen zwei Spielgeräten auf einen Meter. Wer die Details kennt, weiß, dass es damit durch die Sperren dazwischen nicht

mehr möglich ist, dass man an zwei Spielgeräten zugleich sein Geld verzockt. Wir führen eine Sperrzeit von 3.00 bis 11.00 Uhr für Spielhallen ein. Wir fordern einen Sachkundenachweis für Aufsichtspersonen. In jeder Spielhalle müssen Aufsichtspersonen anwesend sein. In Gaststätten sind nur drei Automaten zulässig.

Auch eine Reihe von Vorschlägen des Rates der Bürgermeister sind bei der Erarbeitung des Gesetzes aufgegriffen worden. Die kann ich jetzt nicht im Einzelnen behandeln. Ein Punkt allerdings ist nicht aufgegriffen worden, den möchte ich nicht verheimlichen. Der Rat der Bürgermeister hatte vorgeschlagen, die Spielhallen so zu gestalten, dass man von außen problemlos einblicken und den Spielerinnen und Spielern beim Spielen zusehen kann. Dazu gibt es verschiedene Positionen, wie man damit umgehen soll. Ich folge hier der Position des Senats, der sagt, die gewünschte Transparenz ist nicht so eine gute Idee, denn dadurch entstünde das Problem, dass die offene Spielhalle für bisherige Nichtspieler eine Versuchung, eine besondere Werbung darstellt. Deshalb haben wir uns dem nicht angeschlossen.

Ich würde gern noch einiges zu den beiden anderen Anträgen sagen, die vom Abgeordnetenhaus zu dem Thema beschlossen worden sind, unter anderem die geforderte Bundesratsinitiative zur Änderung der Spielverordnung. Das muss ich aber jetzt aber überspringen, weil ich Herrn Jotzo die Details erläutert habe. Ich möchte nur darauf hinweisen, dass die Signale, die ich vom Bundesgesetzgeber in Bezug auf die Veränderung der Spielverordnung momentan höre, mich nicht gerade froh stimmen und bei mir den Eindruck erwecken, dass der Spielhallenlobby nachgegeben werden soll, zumindest in einem höheren Maß als es ursprünglich geplant gewesen ist. Schade!

Mit dem vorliegenden Gesetz betreten wir juristisches Neuland. Den Punkt möchte ich schon hervorheben, weil ich bereits mehrmals darauf hingewiesen habe, dass insbesondere bei rückwirkenden Regelungen die Rechtssicherheit geprüft werde muss. In § 8 des Gesetzes haben wir einen Passus eingeführt, dass die bisherigen Konzessionen im Verlauf von fünf Jahren, nämlich am 31. Juli 2016, ihre Wirksamkeit verlieren werden. Bis dahin müssen sich die Gewerbetreibenden einig werden, inwiefern sie neue Konzessionen beantragen. Wir finden, das ist so langfristig und die Geräte, in die man bis dato investiert hat, haben sich bis dahin amortisiert, dass das zumutbar und möglich ist.

Ähnliches hat die CDU gefordert und dazu auch einen Gesetzentwurf vorgelegt. Ihr gebührt auch, dass sie das Thema als Erste hier im Parlament angesprochen hat. Die Grünen haben ähnliche rückwirkende Regelungen auch immer von uns gefordert. Von den Grünen habe ich nur nie einen Zettel Papier gefunden, auf dem sie aufgeschrieben haben, wie sie sich das vorstellen. Deswegen erwarte ich von der CDU und den Grünen die Unterstützung unseres Vorschlags. Ich bedanke mich beim Senat für die ausgesprochen schnelle Bearbeitung.

[Dirk Behrendt (Grüne): Ha, ha!]

Ich bin auch den Kollegen im Wirtschaftsausschuss dankbar, die sich bereit erklärt haben, –

Herr Klemm!

die Behandlung in den Ausschüssen zügig vorzunehmen, denn die Zeit drängt. Wir brauchen die im Gesetz vorgeschlagenen Regelungen.