Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Hämmerling! Leider hat die Tatsache, dass die S-Bahn zurzeit nur 73 Prozent ihrer Leistung fährt, nicht direkt mit der Frage zu tun, ob und wann zusätzliche Fahrzeuge für das Jahr 2017 beschafft werden können und an wen eine Verkehrsvertrag – zumindest für das Viertelnetz – vergeben werden kann.
Allerdings ist mir wichtig gewesen, ein Versprechen der Deutschen Bahn zu überprüfen bzw. zu sehen, ob sie tatsächlich in die Fahrzeugbeschaffung einsteigt. Wie ich bereits dargestellt habe, ist eine sichere, garantierte Zusage aus Rechtsgründen, die vor allem in der Tatsache liegen, dass die Deutsche Bahn für sich in Anspruch nehmen muss, konkurrenzfähig zu sein, in einem möglichen Bieterverfahren nicht so möglich, wie erwartet. Das hat dazu geführt, dass ich gesagt habe, wir wollen in keinen zeitlichen Verzug kommen und alle Voraussetzungen dafür schaffen, um sicher eine Entscheidung über die Vergabe dieses Viertelnetzes – in welchem Verfahren auch immer – treffen zu können.
Frau Hämmerling! Mir ist Folgendes besonders wichtig – und da hat die Vergabefrage doch wieder etwas mit dem
derzeitigen Zustand des Wagenparks der S-Bahn zu tun –: Wenn wir sehen, dass wir uns offensichtlich nicht auf funktionale Beschreibungen verlassen können, wenn wir Fuhrparks im Rahmen eines Betreiberkonzepts indirekt bestellen, und wenn wir sehen, dass es erforderlich ist, sehr viel weiter in die Beschreibung der technischen Anforderungen und der Qualität einzutreten, dann glaube ich, dass es richtig ist, dass das Land Berlin hier selbstverständlich mit externer technischer Hilfe und der Unterstützung von Ingenieurleistungen in eine solche dezidierte Beschreibung der Anforderungen eintritt. Das bereiten wir seit mehreren Monaten vor. Der Lenkungskreis hat bereits vor einiger Zeit – gleich zu Beginn seiner Tätigkeit – ganz grundsätzliche Fragen geklärt. Deshalb sind wir auf einem guten, aber vor allen Dingen auch auf einem sichereren Weg hinsichtlich der Fahrzeugbeschaffung für die Zeit ab dem Jahr 2017. Wir können uns deshalb mit der Klärung der Frage, ob es eine wettbewerbliche Vergabe gibt oder ob wir mit den Fahrzeugen, deren Beschaffung wir vorbereitet haben, jemanden als Betreiber suchen oder ein landeseigenes Unternehmen beauftrage, die notwendige Zeit lassen.
Schönen Dank! – Sie haben meine Frage nicht beantwortet, aber da die Ursachen für das Desaster, das wir jetzt haben, zum großen Teil an dem schlechten Verkehrsvertrag liegen, frage ich Sie: Wie bewerten Sie die Situation, dass sich mit jedem Zögern und jedem Verschieben der Entscheidung die Chance auf einen neuen Verkehrsvertrag und eine bessere Situation um ein Jahr verzögert, uns über das Jahr 2017 hinaus an die S-Bahn kettet und uns von den Bahnmanagern abhängig macht?
Frau Hämmerling! Der erste Teil Ihrer Frage beinhaltet eine Aussage, die ich Ihnen nicht bestätigen kann. Und der zweite Teil Ihrer Frage ist eine Vermutung.
Zum ersten Teil: Selbstverständlich ist nicht der Verkehrsvertrag schuld, wenn die Leistung der S-Bahn hinter allen Erwartungen zurückbleibt. Ich bin froh darüber, dass die Deutsche Bahn sich darauf eingelassen hat, und zwar offensichtlich zum ersten Mal in ihrer Geschichte, sich mit dem Aufgabenträger auf einen gemeinsamen Arbeitskreis – der heißt bezeichnenderweise „Arbeitskreis Fahrzeuge“ – einzulassen und zu dulden, dass ein Land externe Experten selbst bestimmt, die sich gemeinsam mit der Deutschen Bahn, mit den Fachleuten der S-Bahn vor Ort
und mit Verkehrsfachleuten auseinandersetzt hinsichtlich der Beurteilung der Fahrzeuge, der Technik der Fahrzeuge. Ich gehe davon aus, dass hier ernsthaft versucht wird – und Transparenz ist die Deutsche Bahn offensichtlich bereit herzustellen –, zu Empfehlungen zu kommen, wie mit dem vorhandenen Fuhrpark in den nächsten Wochen und Monaten umzugehen ist, um tatsächlich wetterfeste Fahrzeuge auf die Schiene setzen zu können.
Es ist also tatsächlich, liebe Frau Hämmerling, nicht der Verkehrsvertrag, sondern es ist nach meiner Einschätzung – ein Ergebnis dieser Kommission kenne ich noch nicht – genau so, wie dies der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Bahn Anfang Januar dargestellt und wofür er um Entschuldigung gebeten hat: Es sind Qualitätsmängel, es sind Wartungsmängel, und es fehlt offensichtlich an Werkstattkapazitäten für die schnelle Behebung dieser Mängel.
Jetzt geht es weiter mit einer Anfrage des Kollegen Schruoffeneger. – Bitte schön, Herr Schruoffeneger!
Danke sehr! – Ich habe eine Frage an den Innensenator. – Herr Dr. Körting! Wir haben gestern im Hauptausschuss bei zwei Neubauvorhaben der Berliner Feuerwehr Baukostenüberschreitungen von jeweils fast 100 Prozent zur Kenntnis nehmen müssen, die nach Aussage der Bauverwaltung auf fehlerhafte Anmeldungen des Bedarfsträgers, also von Ihnen, zurückzuführen sind. Deswegen frage ich Sie: Wie kann es sein, dass die Berliner Feuerwehr und Sie als Innenverwaltung noch vor drei Jahren, im Jahr 2008, den notwendigen Raumbedarf für die Unterstellung von Feuerwehrfahrzeugen an diesen zwei Standorten um mehr als 50 Prozent unterschätzt haben und auch nicht wussten, wie hoch Feuerwehrfahrzeuge sind, also welche Höhe man bauen muss?
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Schruoffeneger! Das ist eine spannende Frage, die ich Ihnen aus dem Stand auch nicht beantworten kann. Wir haben seinerzeit angemeldet – wenn ich das richtig sehe, ist das Gatow oder so – neue Standorte für Rettungsfahrzeuge, ich nehme an, für RTWs. Ob dort jetzt Notarztfahrzeuge untergebracht werden sollen oder nicht, kann ich Ihnen nicht beantworten, bin aber gern bereit, mir den
Vorgang noch mal anzusehen. Es gibt jedenfalls jetzt eine geprüfte Bauplanungsunterlage. Die liegt jetzt vor. Insofern mag es sein, dass seinerzeit die Anmeldung fehlerhaft war.
Ja, natürlich eine Nachfrage! – Herr Senator! Mich wundert jetzt etwas, dass Sie das aus dem Stand nicht beantworten können, weil Sie zu diesen Baukostenerhöhungen ja Ende März noch einen Senatsbeschluss gefasst haben, es also dazu eine Vorlage gegeben hat, die Sie ja wohl auch mitgezeichnet haben müssen. Aber ich frage Sie: Wenn die Baukostenüberschreitungen sozusagen aus einer Fehlplanung Ihres Hauses resultieren und nicht bautechnisch bedingt sind, sind Sie dann auch bereit, den notwendigen Ausgleich für diese Baukostenüberschreitungen aus Ihrem Haus zu erbringen, oder muss das jetzt jemand anderes tragen?
Herr Kollege Schruoffeneger! Es ist richtig, dass natürlich die Vorlage an den Senat von uns mitgezeichnet wurde, weil nachgewiesen wurde – auch durch die Prüfung der Bauplanungsunterlage durch die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung –, dass es entsprechende Mehrkosten im Verhältnis zur ursprünglichen Veranlagung dieses Bauvorhabens gibt. Was haben Sie jetzt für Möglichkeiten? – Wir brauchen einen Standort für einen Rettungswagen in Gatow. Wir brauchen übrigens auch noch eine Feuerwache in Pankow, einen Neubau. Das heißt, wir haben Bedarf an mehreren Stellen. Jetzt ist da ein Fehler gemacht worden bei der ursprünglichen Anmeldung. Soll das jetzt bedeuten, die Bedarfe werden überhaupt nicht befriedigt, sozusagen als Strafmaßnahme oder wie auch immer, oder sagt man: Wir akzeptieren, dass die Bedarfe da sind, dass sie notwendig sind, und akzeptieren auch Mehrkosten, die jetzt aufgrund der Nachprüfung entstanden sind. – So hat der Senat sich verhalten und ich hoffe, auch der Hauptausschuss.
Vielen Dank, Herr Senator Dr. Körting! – Die Spontane Fragestunde hat sich jetzt durch Zeitablauf erledigt.
Zusammenleben in Berlin – der neue Familienbericht als umfassende Bestandsaufnahme und Handlungsanleitung
Für die Besprechung steht den Fraktionen jeweils eine Redezeit von bis zu zehn Minuten zur Verfügung, die auf zwei Redebeiträge aufgeteilt werden kann. Es beginnt die SPD-Fraktion, und das Wort hat Frau Abgeordnete Scheeres. – Bitte sehr!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir wollen heute die Ergebnisse des Berliner Familienberichts diskutieren. Dieser Berliner Familienbericht ist nicht einfach ein Verwaltungsbericht, es ist ein ganz besonderer Bericht. Dafür, dass es so ist, gilt ein besonderer Dank dem Familienbeirat mit seinen vielen Experten, die über drei Jahre an diesem Bericht in vielen, vielen Stunden gearbeitet haben. – Vielen Dank!
Ein Dank gilt aber auch dem Vorsitzenden des Familienbeirats, Herr Ruhenstroth-Bauer, und seinem Team, Frau Schmidt, Frau Voigt und Frau Schefels, die uns über diese drei Jahre begleitet haben. Nur mit dieser Unterstützung war es möglich, diesen Bericht auf den Weg zu bringen.
Der Familienbeirat ist diesmal einen neuen Weg gegangen, er hat nämlich die Berliner Familien beteiligt. Es haben Familienforen in den einzelnen Bezirken stattgefunden, und ich kann nur sagen: Das war eine ganz spannende Sache. Ich war auch in Pankow dabei. Es hat ein Online-Dialog stattgefunden. Einige Politikerinnen und Politiker dieses Hauses haben sich auch den Fragen gestellt. All diese Ideen und Ergebnisse sind in den Bericht eingeflossen. Ich finde, das ist richtig gut geworden.
Ich möchte jetzt auf einzelne Punkte in dem Bericht eingehen. Berlin ist lebendig, Berlin ist attraktiv, Berlin ist die Stadt der Zuwanderung. Berlin ist das einzige Bundesland, das Geburtenüberschüsse aufzuweisen hat. Berlin ist absolut attraktiv für junge Menschen, und Berlin ist international. Aber die bunte Vielfalt der Familien, die hier in Berlin leben, braucht auch manchmal Unterstützung. In jeder dritten Familie lebt nur ein Elternteil, und meistens sind es die Frauen, die alleinerziehend sind. Das Thema Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist immer wieder brisant. Auch die soziale Absicherung ist bei diesen Familien immer wieder ein Thema.
Es leben 180 Nationen in Berlin. Sie haben Familien, sie gründen Familien, sie leben und arbeiten hier in Berlin. Ein wichtiger Beitrag ist dies auch für das weltoffene Berlin. Der hohe Anteil von Familien mit Migrationshin
Der Bericht macht ziemlich deutlich, welch gute Bedingungen wir für Familien hier in Berlin vorfinden. Der Bericht sagt auch ganz klar, wir befinden uns auf dem richtigen Weg. Das ist natürlich eine Tatsache, die der CDU in vielen Diskussionen nicht passt, die sie gern zur Seite schiebt. Aber ich kann nur sagen: Wir haben diesen Bericht im Familienbeirat gemeinsam beschlossen, und diese Situation kann man nicht mehr zur Seite schieben. Ich hoffe, dass Sie das auch akzeptieren und sich das in Ihrer Rede gleich wiederfindet.
Ich freue mich, dass wir in vielen Bereichen bundesweit Vorreiter sind. Aber es ist ganz klar: Wir können nicht die Hände in den Schoß legen. Ich finde den Ansatz im Bericht sehr gut, der uns Wege aufzeigt, wo wir nachbessern müssen, wo wir uns weiterentwickeln müssen, oder uns zeigt: Guckt hier noch mal, diskutiert diese Punkte noch mal!
Ich möchte auf ein Thema eingehen, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Der Bericht macht deutlich, dass wir hier in Berlin ein super Kitasystem aufgebaut haben, das bundesweit einzigartig ist. Andere Länder beneiden uns darum.
Wir haben lange Öffnungszeiten, wir haben viele Kitaplätze. Wir haben einen Schwerpunkt auf diesen Bereich gelegt. Wir investieren pro Jahr fast 1 Milliarde Euro. Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen der CDU! Nennen Sie mir mal ein Bundesland, wo Sie Regierungsverantwortung haben, das darauf so einen Schwerpunkt legt, wie wir das hier in Berlin machen! Da werden Sie nichts finden.
Die Nachfrage nach Kitaplätzen steigt stärker als erwartet. Ja, wir haben berlinweit eine sehr hohe Platzabdeckung, auch im Bundesvergleich. Aber es gibt in einzelnen Bezirken die Situation, dass noch Plätze fehlen und ein größerer Bedarf herrscht. Das sind die Bezirke, wo sich Familien sehr wohl fühlen, wo Familien hinziehen, wo junge Menschen sind, die Familien gründen. Ich kann diese Sorge ganz klar nachvollziehen, wenn Familien einen Kitaplatz suchen, weil sie den Druck haben, wieder in den Job einzusteigen. Senator Zöllner und die Senatsverwaltung nehmen dieses Thema ernst. Sie sitzen seit mehreren Monaten mit den Bezirken an einem Tisch und analysieren, woran es liegt, und erarbeiten Lösungen. Ich denke, dass wir hier auf einem guten Weg sind und weitere Kitaplätze schaffen werden.
In diesem Zusammenhang möchte ich die Beitragsfreiheit, die wir eingeführt haben, ansprechen. Das war ja hier immer wieder Thema und auch ein Lieblingsthema der Grünen, die immer wieder versucht haben, uns zu drängen, die Beitragsfreiheit zurückzunehmen. Sie haben
gesagt, die Eltern zahlten gerne Beiträge und es sei viel besser, das Geld in die Qualität zu stecken. Wir haben beides gemacht: die Beitragsfreiheit eingeführt und das Geld in die Qualität gesteckt.
Im Übrigen ist die Beitragsfreiheit auch eine wichtige Entlastung für die Familien mit kleinen und die mittleren Einkommen. Sie können mir nicht erzählen, dass die Familien es nicht gut finden, 100, 200 oder 300 Euro mehr in der Tasche zu haben.