Protokoll der Sitzung vom 09.06.2011

Ich wollte Sie auffordern – und halten Sie bitte die Zeit so lange an –, Ihre Kollegen freundlich aufzufordern, zuzuhören, nachdem sie ja selbst gar nicht debattieren wollten.

Das steht nicht in der Ordnungsgewalt des Präsidenten, ob jemand zuhört oder nicht.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion – Heiterkeit]

Aber ob jemand dazwischenschreit oder nicht und ob eine Debatte ermöglicht wird oder nicht, das sehr wohl!

Sie proklamieren eine Rekonstruktion des historischen Stadtgrundrisses. So sah das dort mal aus – das Rathaus von Cölln.

[Dr. Michael Wegner (CDU): Ich sehe nichts!]

Das, was hier geplant wird, entspricht dem aber überhaupt nicht,

[Zurufe von der SPD und der Linksfraktion]

sondern im Gegenteil: Wieder sehen wir gigantische Investoren-Baublöcke, die Sie hier durchpeitschen, mit einer viel zu großen Höhe und Dichte. Sie überschreiten erneut massiv die Baunutzungsverordnung. Statt einer GFZ von 3,0 planen Sie eine GFZ von 4,5. Sie überbauen den gesamten Block mit einer GRZ von 1,0. Kein einziges Stück Versickerung natürlicher Art! Sie verabschieden erst einen StEP Klimaschutz, und dann betonieren Sie die Stadt zu.

[Beifall bei den Grünen – Zurufe von Christian Gaebler (SPD) und Dr. Michael Wegner (CDU)]

Statt einmal zu sagen, dass man eine Parzellengröße festlegt, die der historischen Stadt angemessen ist, planen Sie wieder gnadenlose Investoren-Baublöcke. In der Höhe, in der Dichte, in der Versiegelung dem Stadtkern überhaupt nicht angemessen! Aber Sie begründen noch mit städtebaulichen Gründen die Überschreitung der Baunutzungsverordnung,

[Andreas Gram (CDU): Das gibt es ja nicht!]

obwohl wir in dieser Stadt doch schon so viele Skandale hatten. Ich erinnere an das Spreedreieck, an Charlottenburg – überall sind Ihre Bebauungspläne bereits über den Haufen geworfen worden. Was wollen Sie denn? Sie schaffen es doch so niemals, eine lebendige Mischung herzustellen und zu einer Wiederbelebung der historischen Stadt zu kommen. Zum Überdruss planen Sie nach wie vor noch zwei mal drei Spuren Autobahn in der Gertraudenstraße.

[Christian Gaebler (SPD): Unglaublich!]

So wird das niemals etwas mit der Wiederbelebung der historischen Stadt. Und jetzt bitte sind Sie dran, sich dazu zu äußern. – Danke schön!

[Beifall bei den Grünen – Vereinzelter Beifall bei der FDP – Christian Gaebler (SPD): Frau Eichstädt-Bohlig sollte mal was sagen!]

Danke schön, Frau Kollegin Schneider! – Jetzt hat Kollegin Haußdörfer von der SPD-Fraktion das Wort. – Bitte schön!

Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Schneider! Wenn Sie so viel reden wollen, dann müssen Sie das anmelden. Ich glaube, dieses Parlament täte auch wirklich gut daran, öfter über Bebauungspläne zu reden, aber in der Art und Weise, wie Sie reden, führt das eben dazu, dass Sie hier nicht reden dürfen.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion – Zurufe von den Grünen]

Also, wirklich! Und dann sollten Sie vielleicht einen Glückskeks essen, denn dann klappt das vielleicht auch ein bisschen öfter mit den Anmeldungen.

[Zurufe von den Grünen – Unruhe – Zuruf: Herr Präsident, tun Sie etwas!]

Sie setzt sich durch!

Frau Schneider! Zum Thema Bau- und Planungskultur in dieser Stadt muss ich Ihnen Folgendes sagen: Ich finde es schade – –

[Zurufe – Unruhe]

Muss ich jetzt reden, bei so einem Schallpegel?

Nein! – Wir können mal um etwas mehr Ruhe bitten. Zwischenrufe sind ja immer gestattet, und Sie müssen eines wissen, Frau Haußdörfer, Sie haben das Mikrofon. Dagegen kommen die im Saal nicht an. Deshalb kann ich Ihnen nur sagen: Stark sein und sich durchsetzen! – Bitte schön!

Gut! – Na ja, zum Glück sind wir das ja auch, durchsetzungsstark, weil Sie mit Ihrer Meinung durchaus alleine stehen, denn das Thema Stadt- und Planungskultur in dieser Stadt ist natürlich noch ein bisschen was anderes. Sie können uns ja gern öfter im Stadtentwicklungsausschuss besuchen, und ehrlich: Ich schätze dort die besonnene und pragmatische Art Ihrer Kollegin EichstädtBohlig, die auch zu den Diskussionen vor Ort hingeht. Wir machen Stadtforen und öffentliche Anhörungen zu den Fragen dieser Stadt. Darum ist es auch kein Problem, in kürzerer Zeit die sieben Bebauungspläne anzusprechen und auch durchzusprechen, denn die entsprechenden fachlichen Anhörungen haben vor Ort stattgefunden, und zwar in den Jahren davor. Aber da sehe ich Sie nicht. Da sehe ich mal Frau Eichstädt-Bohlig, aber ich sehe niemanden sonst aus Ihren Reihen. Warum ist das so? – Weil Sie das nicht interessiert!

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion – Zurufe von den Grünen]

Ja, ja! Ich weiß. Auch mein Tag hat keine 36 Stunden, und ich kann auch nicht überall sein, obwohl ich gerne da wäre, weil ich nämlich offensichtlich in der Stadt ein bisschen mehr herumkomme als Sie.

Ich habe es mal nachgeschlagen: Eine Stimmenthaltung kann Neutralität, informelle Unterstützung oder auch Ablehnung aller wählbaren Alternativen bzw. Protest gegen etwas nicht zur Wahl Stehendes ausdrücken. – Der „Tagesspiegel“ schrieb hingegen: In prinzipiellen Fragen gibt es keine Enthaltung. – Ja, die Grünen stellen doch gar keine prinzipiellen Fragen mehr.

[Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Aber das brauche ich den Grünen nicht zu erklären, weil sie gegen eine Stadtentwicklung sind, nämlich im eigentlichen Wortsinn, da sie überwiegend und deutlich wichtige Entwicklungen in der Stadt ablehnen und blockieren, sei es bei den Aktiven Zentren und der Sozialen Stadt, sei es im Bereich der Bürgerbeteiligung oder bei der Rahmensetzung für die wirtschaftliche und sozialökologische Entwicklung in der Stadt, ob Pankow, Mitte oder Adlershof.

Da Sie Adlershof angesprochen haben, fühle ich mich natürlich als Wahlkreisabgeordnete besonders angesprochen.

[Ralf Wieland (SPD): Jetzt aber!]

Wenn Ihre Kandidatin am 14. Juni in der WISTA ist und groß über grüne Technologie spricht, dann sollte sie sich darüber Gedanken machen, dass zu dieser grünen Technologie auch gehört, für eine verkehrliche und bauliche Entwicklung dieses Wissenschafts-, Forschungs- und Wirtschaftsstandortes zu sorgen.

[Beifall bei der SPD]

Das ist nämlich eine Entwicklung, der die Grünen im Abgeordnetenhaus ablehnend gegenüberstehen. Aber darüber redet sie überhaupt nicht. Bei den Grünen gibt es nämlich keine Stadtentwicklung, da gibt es Stadtstillstand, und das umfassend und überall.

[Vereinzelter Beifall bei der SPD – Thomas Birk (Grüne): Das kann ja nicht wahr sein! Jetzt reicht es aber! – Weitere Zurufe von den Grünen]

Nun zum Bebauungsplan: Ich bin sehr froh, dass das Landesdenkmalamt den Kopf in den Sand und in die Bauten gesteckt hat, da das Gebiet des B-Plans, den Sie aufgerufen, aber zu dem Sie nicht gesprochen haben, besondere historische Funde beherbergt.

[Zurufe von den Grünen]

Neben der Historie steht aber doch auch die städtische Entwicklung im Geltungsbereich des B-Plans im Vordergrund. Wir reden nämlich gerade in diesem Bereich der Stadtentwicklung z. B. über den Rückbau einer verbreiterten Straße – gerade in ihrer Funktion als geographisches

Bindestück zwischen Alexanderplatz, der Friedrichstadt und dem Potsdamer Platz. Dazu gehört es doch, dass man verbindet und etwas weiterentwickeln will und dass man es stadträumlich nicht weiter bei Barrieren belässt. Und es war doch auch kein Konflikt im Bauausschuss, dass diese Boden- und Baudenkmale wissenschaftlich dokumentiert und vor allem zugänglich gemacht werden – gerade an diesem geschichtsträchtigen Ort in der Stadt. Hier geht es doch um die verbindende städtebauliche Neuordnung dieses Zentrums innerhalb der bestehenden baurechtlichen Verhältnisse vergangener Jahre.

Ich finde, man kann an dieser Stelle auch mal die gute Arbeit der Stadtentwicklungsverwaltung loben. Das können Sie nicht. Das weiß ich. Das ist Ihnen ein Grusel. Aber ich finde, man kann es durchaus machen, denn die Flächensicherung dieser historischen Funde gerade im Kontext der Wiederentdeckung der geschichtlichen Entwicklungsachse und einer zeitgemäßen Verkehrs- und Stadtentwicklungspolitik ist doch positiv für unsere Stadt. Das macht eben die SPD, und das machen nicht die Grünen. – Herzlichen Dank!

[Beifall bei der SPD – Zuruf von Michael Schäfer (Grüne)]

Nunmehr hat Frau Schneider das Wort zu einer Kurzintervention. – Bitte schön!

[Andreas Gram (CDU): Jetzt klärt Frau Schneider alles auf!]

Frau Haußdörfer! Ich finde Ihre Polemik vollständig unangemessen.

[Beifall bei den Grünen – Ah! von der SPD und der CDU – Bravo! von der SPD]

Wir haben hier einen Bebauungsplan vor uns, der erhebliche Probleme mit sich bringt. Ich habe diese eben angesprochen, und Sie sind darauf inhaltlich nicht eingegangen. Das finde ich sehr bedauerlich.

[Beifall bei den Grünen – Dr. Michael Arndt (SPD): War das die Kür oder die Pflicht? – Ralf Wieland (SPD): Das war die Höchstleistung!]

Frau Haußdörfer! Möchten Sie replizieren? – Dann haben Sie das Wort.