Astrid Schneider
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Herzlichen Dank, Herr Präsident! – Wir besprechen heute einen Bebauungsplan, der zu dieser späten Stunde, wie ich hoffe, doch noch Aufmerksamkeit findet,
denn er ist von großer Bedeutung für diese Stadt, auch wenn die FDP dem vielleicht widersprechen mag.
Wir sprechen über einen Bebauungsplan für eine Wohnbebauung an der Friedrichswerderschen Kirche. Sie umfasst die Falkoniergasse und reicht hinüber bis zu den rückwärtigen Gärten und den Regiegebäuden der Staatsoper.
Ich möchte gern die Bedeutung dieses Bebauungsplans kurz hervorheben. Die Bebauung schmiegt sich an die Friedrichswerdersche Kirche von Schinkel an – eines der wichtigsten Baudenkmale von Berlin, die noch im Original erhalten sind. Ich zitiere aus dem Museumskatalog zur Kirche:
Die Friedrichswerdersche Kirche ist somit eine einzigartig erhaltene Schöpfung Schinkels, eine Schöpfung des gelungenen, fruchtbringenden Kompromisses. Einen vergleichbaren Bau, im Inneren wie außen originär und singulär, wird man schwerlich finden.
Ganz besonders wird die Bedeutung des Innenraumes hervorgehoben, der als einziger von Schinkel mitten im Berliner Zentrum erhalten ist.
Wir beschließen einen Bebauungsplan, der in seiner Höhenentwicklung sogar über das Auswärtige Amt hinausgeht, sich aber nördlich der Französischen Straße und des Werderschen Marktes im historischen Bereich der Straße Unter den Linden befindet. Es ist ein sehr großer Fehler, eine so große Höhe, noch 2,50 m über das Auswärtige Amt hinausgehend, neben der historischen Kirche zu beschließen.
Ganz besonders schlecht ist, dass der Innenraum der Kirche, der wirklich einzigartig und denkmalgeschützt hervorgehoben ist, durch dieses Bauwerk verschattet wird. Mit einem völlig falsch verstandenen historischen Verständnis, das auch offensichtlich hier in diesem Haus wenig Aufmerksamkeit findet, wird dieser Neubau, diese Wohnungsbebauung, mit nur 5 Meter Abstand vor das letzte Fenster und den Chor der Kirche gesetzt. Die Lichtwirkung im Innenraum wird somit vollständig zerstört, denn das Bauwerk ist höher als die gotischen Kirchenfenster selbst und verschattet diese Fenster vollständig. Die Lichtwirkung, die Schinkel einst für dieses wichtige Baudenkmal komponiert hat, wird somit sehr stark beeinträchtigt.
Auch die außenräumliche Wirkung wird gestört,
denn die Kirche war so geplant, dass sie sich als Baukörper über das Meer der Häuser hinaushebt.
Was Sie an dieser Stelle auch gar nicht beachten – – Heute lachen Sie noch, meine Herren von der SPD, heute lachen Sie noch hier in diesem Haus, morgen werden Sie laut jammern und heulen und sagen, dass keiner von uns gesehen hat, wie sehr dieses Baudenkmal verschandelt wird. Niemand von Ihnen hat hingeschaut.
Frau Senftleben, es ist lächerlich, dass gerade die FDP hier herumjammert, sie wolle nach Hause gehen. Gehen Sie doch nach Hause, Sie werden sowieso nicht wieder gewählt. Gehen Sie doch, wenn es Ihnen hier nicht gefällt.
Dann gehen Sie doch. Symptomatisch für diese Debatte ist,
dass die historische Mitte von Berlin in diesem Parlament eine viel zu geringe Beachtung findet. Sie vernachlässigen den Ensemble-Denkmalschutz.
Eine Zwischenfrage werde ich gestatten.
Ich freue mich, wenn Sie unsere Position unterstützen.
Ich habe mich nicht darüber gefreut,
dass Sie nach Hause gehen wollten, statt diese Debatte hier im Haus zu führen.
Ich komme zum Schluss, auch wenn ich nicht glaube, dass fünf Minuten schon um sind.
Ich habe aber nicht mitgestoppt. Jedenfalls ist es von großer Wichtigkeit, dass die echten und im Original erhaltenen Denkmale in dieser Stadt geschützt werden,
statt sich nur darum zu kümmern, die Bauakademie und das Schloss wieder aufzubauen. Kümmern Sie sich um die historische Mitte und die wirklich noch vorhandenen Denkmale hier in Berlin. – Ich danke Ihnen!
Herzlichen Dank! Es ist ja eine sehr spannende Debatte hier im Hause. Die SPD und Die Linke, die hier in der Stadt regieren, setzen erst das Straßenausbaubeitragsgesetz sehr schlecht um. Die Bezirke hören zum Teil die Bürger nicht. Dann wird das Straßenausbaubeitragsgesetz überzogen umgesetzt, um die leeren Kassen der Bezirke und der Stadt aufzufrischen. Und in der Folge wundert man sich, wenn man Bürgerprotest erntet. Wir wundern uns darüber gar nicht.
Die Linke wiederum springt kurz vor der Wahl ab vom Straßenausbaubeitragsgesetz, stimmt aber hier offenbar nicht mit, wenn es abgeschafft werden soll, macht also
wirklich reine Wahlkampfpropaganda und verhält sich da sehr inkonsistent, wie wir feststellen müssen.
CDU und FDP wiederum wollen das Straßenausbaubeitragsgesetz jetzt abschaffen, verhalten sich aber äußerst polemisch dabei. Denn es kann doch nicht sein, dass Sie nun sagen, es kommt ja gar kein Geld dabei herein, wenn doch die Beträge offenkundig noch gar nicht eingegangen sind. Das heißt, Sie rechnen die Kosten der Verwaltung, die bereits voll aufgelaufen sind, gegen Beträge, die noch gar nicht da sind. So können wir natürlich nicht rechnen, sondern da müssen wir uns dann schon ehrlich machen und sagen, was kommt da wirklich rein an Geld, was geben wir wirklich aus. Wir wollen auch, dass das effizient und sinnvoll umgesetzt wird. Aber man muss da schon ganz ehrlich argumentieren, auch angesichts der leeren Kassen der Stadt.
Wir Grünen fordern deswegen eine echte Überprüfung des Straßenausbaubeitragsgesetzes. Wir wollen wirklich wissen: Was hat es gekostet, und was hat es aber auch gebracht? – Wir möchten aber auch wissen, ob die Bürgerbeteiligung – so, wie das ursprünglich vorgesehen war – tatsächlich umgesetzt wird. Denn was hören wir hier? Aus Köpenick z. B.: Acht Seiten tabellarisch aufgelisteter Bürgerbeteiligung, alles nicht berücksichtigt! So geht es doch nicht in dieser Stadt!
Wir Grünen haben deswegen damals auch gegen die Einführung dieses Gesetzes gestimmt, weil es eben handwerklich sehr schlecht gemacht war, was die Mitbestimmungsrechte der Bürger angeht. Es gibt da zahlreiche Probleme. Angesprochen wurde bereits die Wendenschlossstraße, auch Probleme in Köpenick, auch Probleme in der Abstimmung zwischen den Bezirken und dem Senat. Die BVV dort hat sogar dem Straßenausbau zugestimmt, aber unter der Maßgabe, dass Tempo 30 eingeführt wird, zur Lärm- und Unfallminderung. Sie hat deswegen auch einem Ausbau der Straße ohne Radwege zugestimmt. Nun wurde die Straße so umgebaut, aber dann hat die Verkehrslenkung Berlin das Ganze überstimmt und hat gesagt: Jetzt machen wir aber Tempo 50, ätschi-bätschti, Bezirk! – So kann das doch nicht laufen in dieser Stadt!
Am Adlergestell wurde die Straße stark ausgebaut, überörtlicher Verkehr. Es gibt eine Wertminderung der Grundstücke der Anlieger. Wer soll zahlen? – Die Anlieger! So kann das nicht laufen.
Das Beispiel der Alemannenstraße in Reinickendorf wurde bereits genannt. Dort gab es eine funktionierende Oberflächenentwässerung, es wurde gegen den Willen und gegen die Beteiligung der Bürger umgebaut,
von der CDU mitverantwortet. Nun funktioniert es nicht. 2,5 Millionen Euro in den Sand gesetzt. Wer soll es zahlen? – Der Bürger!
So kann es wiederum nicht gehen, das ist eine verfehlte Politik. Berlin hat also zahlreiche Probleme, insbesondere in der praktischen Ausführung der Politik. Es gibt z. B. 400 Millionen Euro Rückstand bei den Instandhaltungsmaßnahmen für die Straßen. Und es kann nicht sein, dass nun verdeckte Straßenausbaumaßnahmen geplant werden mit dem Ziel, versäumte Instandhaltung, die man sonst nicht zahlen kann, wiederum auf die Bürger abzuwälzen. Da muss Klarheit herrschen.
Es gibt auch eine mangelnde Koordinierung und Abstimmung der verschiedenen Verwaltungsebenen in der Stadt. Auch die Vorhabenträger des Leitungsbaus reißen nach Belieben die Straßen auf und machen sie wieder zu. Die ganze Stadt ist eine einzige Baustelle, und wer zahlt es? Der Bürger! Und er steht noch dazu im Stau.
Aber ein weiteres Problem kommt noch hinzu. Herr Nußbaum ist leider jetzt nicht mehr im Saal, aber es wurde die Privatisierung der Wasserbetriebe angesprochen. Ist Ihnen denn bekannt, dass die Wiederbeschaffungszeitwerte der Wasserbetriebe, also das Kapital, willkürlich vom Senat hochgesetzt wurde und die kalkulatorischen Zinsen darauf, und dass das 46 Prozent der Wassertarife ausmacht? Und nun sollen die Bürger zusätzlich auch noch die Straßenentwässerung über das Straßenausbaubeitragsgesetz bezahlen. Der Bürger zahlt doppelt und er zahlt dreifach. Das müssen wir aufdecken. Wir wollen diese Fragen untersuchen. Wir wollen eine exakte Evaluation machen, auch damit vergleichen, was in anderen Bundesländern erfolgreich läuft oder auch verbessert wurde. Und wir wollen vor allem eine echte Bürgerbeteiligung. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit!
Danke, Herr Präsident! – Ich frage den Senat:
1. Was leistet der Berliner Senat, um die Berlinerinnen und Berliner schnell und aktuell zu der EHEC-Epidemie zu informieren, und an welche Berliner Stelle können besorgte Menschen sich wenden?
2. Was empfiehlt der Berliner Senat den Bürgerinnen und Bürgern zum Schutz, und welche Maßnahmen hat er zum Schutz der Bevölkerung vor der EHEC-Epidemie eingeleitet?
Erst einmal herzlichen Dank für die Antworten! Wir haben uns gefragt, warum gerade in der ersten Zeit nach
dem Ausbruch der EHEC-Epidemie auf Ihren Seiten gar keine Informationen darüber zu finden waren. Insbesondere haben wir uns aber auch gefragt, warum nur so wenige Proben genommen worden sind. In der ersten Woche wurden nur 28 oder 38 Proben genommen. Warum beginnt man nicht gleich mit einem breiten Test? Bis heute sind 180 Proben genommen worden. In der Summe dieser langen Zeit sind aus unserer Sicht eigentlich nur relativ wenige Lebensmittelproben genommen worden.
Ganz herzlichen Dank, Herr Präsident, dass wir heute erneut einen Bebauungsplan beraten! Ich freue mich sehr, dass wir darüber sprechen. Ich finde das Verfahren, wie in diesem Haus Bebauungsplanverfahren durchgewinkt werden, eigentlich dem Inhalt und Gegenstand dieser Pläne unangemessen und unwürdig.
Sie alle haben erlebt, wie eben gerade eines der wichtigsten neuen Wohnungsbaugebiete in Adlershof durch dieses Parlament gemurmelt worden ist. Wir alle sprechen von der Wohnungsproblematik in Berlin, wir sprechen von einem StEP Klimaschutz, wir sprechen von neuen Anforderungen an das Bauen in Berlin, an ökologisches Bauen, an städtebauliche neue Ausrichtungen in der Stadt. Was passiert? – Wichtige, große Projekte werden in dieser Stadt von diesem Parlament nicht diskutiert, sondern durchgewinkt.
Im Bauausschuss, liebe SPD, werden die von Ihnen favorisierten Projekte, sieben Bebauungspläne, zum Teil mit ausgesprochen wichtigem Inhalt für diese Stadt, in einer Sitzung durchgewinkt. Sie werden, obwohl zum Teil von der Verwaltung jahrelang behandelt, dem Parlament eine Woche vor Behandlung im Bauausschuss vorgelegt und eine Woche später hier im Parlament bereits endgültig abgestimmt. Das verstehen wir Grüne nicht unter Bau- und Planungskultur.
So kann und darf es hier nicht weitergehen, und wir werden es ändern.
Jetzt zum Inhalt dieses Planes I-218. Dieser Plan umfasst die Hälfte des wichtigsten historischen Gebietes der Innenstadt von Berlin, die Hälfte der Fläche des historischen Cölln. Es geht vom Schlossplatz zur Spree, zur Gertraudenstraße und zum Spreekanal und umfasst ein großes Gebiet. Es umfasst auch den Petriplatz als historisches Zentrum von Cölln mit der Petrikirche. Zur Bedeutung des Planes: Es ist eine von fünf Hauptprojekten im Zukunftsraum historische Mitte Berlins. Aber wie wird damit in diesem Haus umgegangen? – Hätten wir nicht protestiert, wäre auch dieser Plan durch dieses Parlament durchgemurmelt und durchgewinkt worden. Das ist der historischen Mitte Berlins nicht angemessen!
Im Bauausschuss, den Sie gerade so loben, war noch nicht einmal eine Anhörung zu diesem wichtigen Projekt vorgesehen.
Zu keinem dieser Projekte war eine Anhörung vorgesehen. Und Ihre Kultur, wie Sie mir hier ständig dazwischenbrabbeln, obwohl Sie selbst zu diesem Thema nicht mal eine Debatte in diesem Parlament angeleiert haben, ist ja wohl unmöglich.
Sie proklamieren in der historischen Mitte Berlins – –
Und jetzt seien Sie mal ruhig! – Herr Parlamentspräsident, was halten Sie denn von Ihren Kollegen?
Ich wollte Sie auffordern – und halten Sie bitte die Zeit so lange an –, Ihre Kollegen freundlich aufzufordern, zuzuhören, nachdem sie ja selbst gar nicht debattieren wollten.
Aber ob jemand dazwischenschreit oder nicht und ob eine Debatte ermöglicht wird oder nicht, das sehr wohl!
Sie proklamieren eine Rekonstruktion des historischen Stadtgrundrisses. So sah das dort mal aus – das Rathaus von Cölln.
Das, was hier geplant wird, entspricht dem aber überhaupt nicht,
sondern im Gegenteil: Wieder sehen wir gigantische Investoren-Baublöcke, die Sie hier durchpeitschen, mit einer viel zu großen Höhe und Dichte. Sie überschreiten erneut massiv die Baunutzungsverordnung. Statt einer GFZ von 3,0 planen Sie eine GFZ von 4,5. Sie überbauen den gesamten Block mit einer GRZ von 1,0. Kein einziges Stück Versickerung natürlicher Art! Sie verabschieden erst einen StEP Klimaschutz, und dann betonieren Sie die Stadt zu.
Statt einmal zu sagen, dass man eine Parzellengröße festlegt, die der historischen Stadt angemessen ist, planen Sie wieder gnadenlose Investoren-Baublöcke. In der Höhe, in der Dichte, in der Versiegelung dem Stadtkern überhaupt nicht angemessen! Aber Sie begründen noch mit städtebaulichen Gründen die Überschreitung der Baunutzungsverordnung,
obwohl wir in dieser Stadt doch schon so viele Skandale hatten. Ich erinnere an das Spreedreieck, an Charlottenburg – überall sind Ihre Bebauungspläne bereits über den Haufen geworfen worden. Was wollen Sie denn? Sie schaffen es doch so niemals, eine lebendige Mischung herzustellen und zu einer Wiederbelebung der historischen Stadt zu kommen. Zum Überdruss planen Sie nach wie vor noch zwei mal drei Spuren Autobahn in der Gertraudenstraße.
So wird das niemals etwas mit der Wiederbelebung der historischen Stadt. Und jetzt bitte sind Sie dran, sich dazu zu äußern. – Danke schön!
Frau Haußdörfer! Ich finde Ihre Polemik vollständig unangemessen.
Wir haben hier einen Bebauungsplan vor uns, der erhebliche Probleme mit sich bringt. Ich habe diese eben angesprochen, und Sie sind darauf inhaltlich nicht eingegangen. Das finde ich sehr bedauerlich.
Ich frage den Senat und Frau Senatorin Lompscher: Wie fühlen Sie sich dabei, dass nun nach dem Scheitern des Klimaschutzgesetzes auch Ihre zweite zentrale Initiative, nämlich die Einführung des Smiley-Systems, im Senat und in der senatsinternen Mitzeichnung gescheitert ist?
Frau Senatorin Lompscher! Das Rechtsgutachten, das Sie zum Smiley-System ja schon vor einem Jahr in Auftrag gegeben hatten, hat ganz klar ergeben, dass man auch innerhalb des Landes Berlin in der Lage wäre, durch Änderung des Gaststättengesetzes und entsprechende Verordnungen die Rechtsgrundlage auch zur Aushängung des Smileys in Gaststätten zu schaffen. Ist es möglich, dass Sie deswegen im Senat gescheitert sind, weil Sie versäumt haben, diese Grundlagen zu schaffen?
Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Meine Damen und Herren! Wenn wir heute in diesem Hause über Verbraucherpolitik und Lebensmittelsicherheit in Berlin sprechen, dann müssen wir von einer Systemkrise sprechen. Diese Krise umfasst aber nicht nur die Lebensmittelproduktion, die Art und Weise, wie unsere Lebensmittel hergestellt werden, sie umfasst auch die Lebensmittelüberwachung, aber insbesondere ist es auch eine Krise des Verbraucherschutzes in Berlin. Es ist auch eine Krise des Berliner Senats.
Über 22 000 Leute sind am letzten Wochenende in Berlin auf der Straße gewesen. Sie wollen endlich gesunde Lebensmittel. Sie wollen keine Lebensmittel, die Gentechnik beinhalten. Sie wollen Lebensmittel fair, ökologisch und klimaschonend hergestellt haben. Sie wollen Lebensmittel haben, die auch den Anforderungen der Nachhaltigkeit und der gesunden Ernährung genügen.
Massenproduktion und die Herstellung von Lebensmitteln zu Niedrigpreisen, die Tierfabriken und Dumpingexporte beinhalten, sind kein Modell, das wir in Berlin fördern können. Dagegen richtet sich der Protest der Bürgerinnen und Bürger. Aber erschöpft, Frau Holzheuer-Rothensteiner, hat sich nicht nur das Vertrauen der Verbraucher in die Lebensmittelindustrie und die industrielle Lebensmittelherstellung, sondern auch in die Berliner Verbraucherschutzpolitik.
Das lässt sich überdeutlich im Verbrauchermonitor ablesen, der für Berlin erstellt wurde und jährlich erstellt wird. Das Vertrauen der Berliner Verbraucherinnen und Verbraucher in den Verbraucherschutz in Berlin ist in allen Bereichen stark zurückgegangen. So sind nur noch 24 Prozent der Berliner Bürgerinnen und Bürger der Meinung, dass die angebotenen Produkte und Dienstleistungen ausreichend auf ihre Sicherheit geprüft worden sind. Das sind 10 Prozent weniger als noch ein Jahr zuvor. Frau Lompscher, das ist ein sehr schlechtes Zeichen für die Berliner Verbraucherschutzpolitik.
Zwei Drittel aller Berlinerinnen und Berliner sind nicht der Meinung, dass die Lebensmittel gesundheitlich unbedenklich sind. Die Berlinerinnen und Berliner stellen somit dem Senat ein sehr schlechtes Zeugnis in der Überwachung von Lebensmitteln und Produkten aus. Nicht zu Unrecht wurde bereits von Vorrednern festgestellt, dass in Berlin ganz massiv Lebensmittelkontrolleure fehlen. Hier wurde auch eine völlig verfehlte Personalpolitik betrieben. Dieser Senat hat einfach keinen Schwerpunkt gesetzt. Herr Wowereit fehlt beim Thema Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit. Das ist sicher kein Zufall. Die Senatsbänke sind auch insgesamt relativ leer.
Dieser Senat hat keinen Schwerpunkt auf die Lebensmittelüberwachung und den Verbraucherschutz gelegt.
Jetzt bitte nicht! – Es wurde einfach kein Geld in eine gute Lebensmittelüberwachung investiert. Deshalb überrascht es, dass sich jetzt, wo der Skandal seinen Höhepunkt bereits erreicht hat, Frau Lompscher hinstellt und sich für eine bundesweite Verbesserung der Lebensmittelüberwachung einsetzt, zumal Berlin – festgestellt vom Bundesverband der Verbraucherzentralen – gerade bei der Lebensmittelüberwachung im Verbraucherindex im Vergleich zu den anderen Bundesländern das absolute Schlusslicht darstellt. Wie können ausgerechnet wir uns hinstellen und fordern, nun müsse die Lebensmittelüberwachung sofort verbessert werden, wie es Herr Wowereit getan hat? So nahm in Berlin die Anzahl der Verstöße um rund 60 Prozent zu, was die mikrobielle Verunreinigung von Fleisch anbelangt. Deshalb muss Berlin zunächst einmal vor der eigenen Tür kehren.
Nun wurde wiederholt gesagt, dass Berlin vom Dioxinskandal verschont geblieben sei, dass in Berlin gar keine dioxinbelasteten Eier gefunden worden seien. Das ist kein Zufall, denn es wurde gar nicht gesucht in Berlin, es wurde viel zu wenig getestet.
Wenn von den Vorrednern festgestellt worden ist, dass 100 Prozent der Betriebe in Berlin dioxinfrei seien,
ist das absolut lächerlich – lächerlicher kann man sich gar nicht machen –,
denn Berlin hat einen einzigen eierlegenden Betrieb.
Völlig falsch ist es aber, meine Herren von der SPD – Damen haben Sie nicht so viele dort sitzen –, davon zu sprechen, dass man nun Entwarnung geben könne. Denn wir alle wissen: Berlin ist ein großer Verbraucher. Selbstverständlich werden in Berlin die Lebensmittel, die in Niedersachsen oder Nordrhein-Westfalen produziert werden, so gegessen.
Sie essen diese dioxinverseuchten Eier, Sie essen das Schweinefleisch. So sieht es aus.
Was versäumt wurde: Senatorin Lompscher oder vielmehr ihre linke Fraktionsvertreterin, Genossin hätte ich fast gesagt,
hat stolz dargestellt, dass eine Task-Force Lebensmittelsicherheit nach dem unsäglichen Gammelfleischskandal in Berlin geschaffen worden ist. Nun frage ich: Wann, wenn nicht jetzt, hätte man diese Task-Force Lebensmittelsicherheit aktivieren müssen.
Sie ist nicht aktiviert worden. Das halten wir für einen großen Fehler, denn gerade jetzt hätte man verstärkt Proben nehmen müssen. Sie können sich nicht damit herausreden, Frau Lompscher, indem Sie sagen: Wir haben die Kette noch nicht ganz verfolgen können, es gibt noch keinen Nachweis, dass die Schweine, die die Berliner gegessen haben, vorher dioxinverseuchtes Tierfutter gegessen haben. Wenn dieser Nachweis in fünf Wochen endlich vorliegt, dann sind die Schweine aufgegessen.
Nein! Ich gestatte jetzt keine Zwischenfrage, weil es bestimmt hinterher eine wunderbare Kurzintervention gibt. Dann kann ich mich auch noch einmal melden, und dann können wir wunderbar debattieren.
Mit anderen Worten: Da von Anfang an deutlich geworden ist, dass wahrscheinlich kriminelles Verhalten bei dieser Futtermittelpanscherei vorliegt, hätte man hingehen und aus Beweissicherungsgründen vermehrt Proben nehmen müssen. Ob man sie sofort auf Dioxin testet oder erst einmal einfriert, lassen ich dahingestellt sein,
aber man hätte vermehrt testen, vermehrt auf Dioxin untersuchen und vor allem die Proben sicherstellen müssen, um dieses kriminelle Handeln darzustellen und klar zu machen, wie viel Dioxin in Berlin angekommen ist.
Aber gehen wir weiter: Nun wird verharmlost, es sei nicht so schlimm, wenn die Menschen nur leicht verseuchte, dioxinverseuchte Eier essen, denn sie fallen nicht gleich tot um. Natürlich, es sind keine Salmonellen, bei denen man sofort anfängt, starke Erscheinungen zu haben.
Was aber passiert, ist, dass sich die Krebsrate erhöht. Wir haben bereits eine in den letzten 20 Jahren um 20 Prozent gestiegene Krebsrate bei Kindern und um 10 Prozent bei Erwachsenen. Das sind Werte, die sind nicht hinnehmbar. Wir müssen deshalb systematisch alle Quellen von krebserregenden Stoffen in Lebensmitteln ausschalten.
Möglich ist das bislang nur, wenn wir gesunde Lebensmittel zu uns nehmen, wie zum Beispiel Biolebensmittel.
Ein vermehrter Einsatz von Biolebensmitteln wurde vom Senat bereits im Jahr 2006 mit der Lokalen Agenda 21 beschlossen, die vorsieht, dass bis zum Jahr 2015 15 Prozent der Lebensmittel in den Kantinen aus biologischem Anbau stammen sollen. Was ist passiert? – Es wurden große Projekte aufgelegt. Eine Beratungsstelle für mehr biologisches Essen in Kantinen und Gemeinschaftsverpflegung, dann wurde der Etat gestrichen, danach die Menschen entlassen und das Projekt gestoppt. Ergebnis ist: Es gibt bis heute keine Regelungen in diesem Bereich. Es gibt keine Kriterien für das Essen in den Kantinen, mit denen zum Beispiel ein Bioanteil vorgesehen wird. Klar ist, die Ziele der Agenda 21 werden in Berlin nicht verfolgt, sondern krachend verfehlt.
Nun gibt es eine Bundesratsinitiative zum Verbraucherinformationsgesetz. Die soll helfen, das Smileysystem umzusetzen. Doch leider sehen Sie darin noch immer vor, dass die Namen der Betriebe erst veröffentlicht werden dürfen, nachdem bewiesen und eine zweiwöchige Einspruchfrist abgewartet worden ist,
dass die Betriebe zum Beispiel verseuchtes Futter verarbeitet haben. Wir wollen einen Sofortvollzug,
wir wollen, wenn nach dänischem Modell in Betrieben nachgewiesen wurde, dass verseuchtes Futter verfüttert wurde, dass das sofort bekannt gemacht werden kann.
Kommen wir zur Einführung des Smileys selbst. Frau Lompscher! Schon im März 2010 hat die Bezirksstadträteversammlung mit dem Senat zusammen beschlossen, das Smiley einzuführen. Bis heute ist nichts passiert.
Ich komme zum letzten Satz. – Bis heute ist nichts passiert, und es droht noch gar an der Anschaffung von Laptops zu scheitern. Dafür muss erst ein Staatssekretärsausschuss für Verwaltungsmodernisierung einberufen werden, um zu beschließen, dass Laptops und Drucker gekauft werden.
Das hätte man sofort umsetzen können. Wir fordern Sie auf, Klimaschutz endlich zur Chefsache zu machen. Wir werden das tun, wenn wir an die Regierung kommen und wir haben dafür eine sehr geeignete Kandidatin, die Verbraucherschutz endlich zur Chefsache in Berlin machen wird. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit!
Vielen Dank! – Ich wollte gerne noch erwidern, dass Biolebensmittel keineswegs nur für eine Elite gedacht oder ein elitäres Produkt sind, sondern Biolebensmittel sollten ein genereller Bestandteil unserer Ernährung werden, gerade da, wo es sensible Produkte wie die Eier, die Milch, das Fleisch und das Gemüse betrifft. Nicht umsonst hat das Berliner Abgeordnetenhaus bereits beschlossen, bis zum Jahr 2030 30 Prozent Biolebensmittel in die öffentlichen Kantinen, in die Schulen einzubringen. Das müsste endlich umgesetzt werden. Das ist dann eine Einführung in die Breite der Gesellschaft. Alle würden davon profitieren. Es ist auch bekannt, dass, wenn man im großen Stil Biolebensmittel einkauft, dann in dem Moment diese nicht so viel teurer sind als die anderen Lebensmittel. Das möchte ich sagen.
[Uwe Doering (Linksfraktion): Auch das Bio-Ei hatte Dioxin! – Christian Gaebler (SPD): So viel Biolebensmittel gibt es nicht! Wo kommen diese ganzen Bio-Eier her?]
Da stellen Sie eine sehr gute Frage! Wir müssen natürlich mehr Flächen für biologischen Anbau schaffen. Deswegen ist es auch wichtig, dass eine systematische – – Also das ist ja wohl lächerlich, was die Linke da sagt.
Sie wissen doch wohl ganz genau, dass das Land Berlin nicht überall Gärten hat und selbst Lebensmittel erzeugen kann, sondern dass wir das aus dem Umland bekommen.
Aber um eine – – Also wir können ja hier nicht in die Lächerlichkeit übergehen.
Der Vorredner hat gesagt, die Grünen würden sich dafür einsetzen, dass nur der Öko-Latte-Macchiato in Prenzlauer Berg bio wäre. Das ist natürlich totaler Quatsch. Wir Grüne wollen Bio in die Fläche bringen, wir Grüne wollen Bio in die Masse bringen. Wir Grüne wollen, dass auch Schülerinnen und Schüler Bioessen bekommen, dass diese gesundes Essen bekommen,
dass in den Kantinen und in den Küchen des Landes Berlin mehr bio ist.
Wir wollen nicht nur das Biolebensmittel fördern, sondern auch die Ernährung generell gesünder machen, besser überwacht. Wir wollen generell die Lebensmittel besser überwachen und freier von Schadstoffen halten. Nicht umsonst dafür hat auch der grüne Stadtrat Kirchner in Pankow das Smileysystem eingeführt, um diese Überwachung verbessern zu können. Aber ganz wichtig ist es – –
Um es noch mal festzuhalten: Wir brauchen in der Breite für die Bevölkerung mehr gesunde, auch ökologisch angebaute Lebensmittel,
bei denen z. B. so ein Skandal mit verseuchten Futterfetten gar nicht auftauchen kann, weil es nämlich in den Biorichtlinien verboten ist, isolierte Fettsäuren zuzufüttern, weil die Lebensmittel zum größten Teil auf dem eigenen Hof erzeugt werden müssen. Und um mehr Biolebensmittel zu bekommen, muss man systematisch umsteuern und langsam, aber sicher die – –
erforderlich. – Danke für die Aufmerksamkeit!
Sehr geehrte Frau Senatorin! Sie hatten gerade aufgezählt, dass für die Einberufung der Task-Force für Lebensmittelsicherheit ein ernstes unmittelbares oder mittelbares Risiko bestehen müsste. Können Sie heute ausschließen, dass durch die dioxinverseuchten Lebensmittel – z. B. auch durch das Schweinefleisch –, die wahrscheinlich auch Berlin erreicht haben, keine ernste mittelbare Gefahr besteht, denn die Dioxinaufnahme stellt ja ein erhöhtes Krebsrisiko dar? Habe ich Sie richtig verstanden, dass Sie keine erhöhte Anzahl von Proben an möglicherweise belasteten Lebensmitteln in Berlin aufgrund dieses aktuellen Skandals genommen haben?
Herr Buchholz! Ist Ihnen schon aufgefallen, dass die SPD sowohl in Berlin als auch in Brandenburg regiert und selbst die Energiepolitik beider Länder koordinieren könnte?
Vielen Dank, Frau Vorsitzende! – Ich habe eine Frage an den Senat. Jetzt ist sowohl Frau Lompscher als auch Herr Hoff nicht da – es geht um den Verbraucherschutzindex 2010.
Herr Hoff ist da, sehr gut! – Ich frage, welche Fehlentscheidungen oder Fehler sind vorgekommen – –
Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Wir sprechen heute über die Zweite Änderung des Straßenausbaubeitragsgesetzes. Diese wurde hier im Parlament zum Anlass genommen, das Gesetz grundsätzlich erneut in Frage zu stellen. Wir möchten klarstellen: Die Grünen unterstützen grundsätzlich das Gesetz, denn es führt dazu, dass beim Ausbau von Straßen mehr Maß gehalten wird – sowohl was den Umfang als auch was die Kosten angeht. So können wir auch Steuern sparen und in weniger großem Umfang immer breiter, immer mehr, immer schöner Straßen ausbauen – viele Jahre lang ist ja auch die Bauwirtschaft gut mit Aufträgen durch den sehr großzügigen Ausbau von Straßen rein durch Steuermittel versorgt worden.
Danke, Herr Arndt!
Heute besprechen wir die Änderung, die vorsieht, die Stückelung in Teilstrecken bis auf ein Maß von 200 Metern zuzulassen. Der Rat der Bürgermeister hat sich dagegen gestellt; er unterstützt zwar grundsätzlich das Zulassen von Teilstrecken, schlägt aber vor, dies auf 300 Meter zu erweitern, damit nicht allzu kleine Strecken von bereits 66 Metern voll umlagefähig sind, bei denen man doch eher von einer Reparatur sprechen könnte oder müsste.
Auch wir sind dafür, diese Frage mit dem Rat der Bürgermeister und dem Bauausschuss intensiv zu besprechen, denn die Bezirksbürgermeister und Baustadträte müssen das vor Ort in den Bezirken mit den Bürgern und Anwohnern durchkämpfen.
Wir finden es nicht gut, dass immer wieder Anhörungen umfangreicher Art durchgeführt werden, dann aber der Senat die wichtigen eingebrachten Bemerkungen der Basis einfach abwiegelt und für nichtig erklärt.
Einen weiteren Punkt möchte ich noch ansprechen, der auch zu Unmut und Nervosität bei den Bürgern führt. Es gibt ein Urteil des Oberverwaltungsgerichts BerlinBrandenburg aus dem Jahr 2007 – also nach Einführung des Straßenausbaubeitragsgesetzes –, das aussagt, dass der erweiterte Anlagenbegriff anzuwenden sei, nicht nur der enge erschließungsrechtliche Begriff. Das heißt, dass auch Infrastrukturmaßnahmen auf Straßenausbaubeiträge abrechenbar und umlagefähig sind. Das führt z. B. dazu, dass Entwässerungsanlagen der Straßen umgelegt werden können, und das betrifft ausgerechnet die hier bereits vielbesprochenen privaten Wasserwerke. Hier laufen im Moment mehrere Verfahren, die umgelegt werden sollen.
Wir von Bündnis 90/Die Grünen fordern an dieser Stelle mehr Transparenz über die Kostenstrukturen und mehr Mitbestimmung, um den Bürgern stärker entgegenzukommen.
Die Kostenstrukturen müssen – und das ist auch das Anliegen unserer Fraktion – bei dem Wunsch nach Einsicht in die Verträge beispielsweise mit den Wasserbetrieben transparent und deutlich werden, damit sichergestellt wird, dass die Bürger nicht dreifach zahlen: erst Steuern, dann Nutzungsgebühren und drittens noch Straßenausbaubeitragsgebühren.
Es muss klar und deutlich sein, wie teuer Maßnahmen sind und wofür die Bürger zahlen. Es kann nicht sein, dass sie mit den Nutzungsgebühren bereits Investitionsrückstellungen, Abschreibungen und ähnliches über 10, 20 Jahre gezahlt haben und wenn dann ausgebaut wird, dann wird ein Investitionsbeitrag im Rahmen des Straßenausbaubeitragsgesetztes gefordert – das kann nicht sein.
Daher fordern wir eine intensive Mitbestimmung und Transparenz dieser Daten für die Bürger, sie sollen auch bei dem gewünschten Umfang der benötigten Maßnahmen beteiligt werden. Natürlich wird von den Bezirken einiges kolportiert – wenn man die Bürger fragt, ob sie diese Maßnahme haben wollen, sagen sie, um Gottes Willen, wir brauchen keine Bürgersteige, wir brauchen auch keine Parkplätze. Daran wird schon deutlich, dass stark an den Kosten und dem Umfang der Ausbaumaßnahmen gespart wird, wenn die Bürger die Möglichkeit haben, mitzureden.
Wichtig ist auch – was der Rat der Bürgermeister gefordert hat–, dass die Darstellung der Änderungen im Gesetz klar werden, dass nicht rückwirkend noch vorhandene Maßnahmen abgerechnet werden können, sondern nur das, was nach Inkrafttreten der Änderung an kleineren Ausbaumaßnahmen erfolgt.
Wie gesagt, die Grünen sind für einen geringeren und angemessenen, nicht verschwenderischen Ausbau der Straßen und daher für dieses Gesetz. Wir sind für Transparenz und für Mitbestimmung der Bürger. – Danke schön!
Danke schön, Frau Präsidentin! – Wir Grüne haben einen Antrag eingebracht, dass wir uns wünschen, dass Berlin sich im Bundesrat für eine Lebensmittelampel stark macht, für eine klare Kennzeichnung der Lebensmittel. Wir Grüne setzen uns für eine Ampelkennzeichnung von Lebensmitteln ein, mit deren Hilfe Verbraucher auf einen Blick erkennen können, wie viel Zucker, Fett, gehärtete Fette und Salz in einem Lebensmittel stecken. Wir Grüne fordern, Frau Lompscher, den Berliner Senat auf, sich mit einer erneuten Initiative im Bundesrat und in Brüssel für die Lebensmittelampel stark zu machen. 90 Prozent der britischen Bevölkerung, bei denen eine Ampel bereits
eingeführt ist, bezeichnen sie als positiv und sagen, dass die Bewertung von Lebensmitteln jetzt sehr viel einfacher ist als vorher. Wir sind der Meinung, dass wir eine solche Lebensmittelampel auch in Deutschland brauchen.
Am 16. März hat der Ausschuss für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit im Europaparlament die verpflichtende Ampelkennzeichnung von Lebensmitteln durch ein Abstimmungspatt abgelehnt. Die Abstimmung war denkbar knapp, es gab zwei Enthaltungen bei gleicher Stimmenanzahl Pro und Contra. Gleichzeitig hat der Ausschuss den Mitgliedsstaaten die Freiheit gelassen, die Ampelkennzeichnung jeweils national einzuführen, ebenso wie weitere Kennzeichnungen. Im Mai nun geht diese Vorlage zur Abstimmung in das Europaparlament.
Frau Lompscher! Wir sind der Meinung, dass es jetzt Zeit ist zu handeln,
dass jetzt die Zeit für eine erneute Initiative in dieser Angelegenheit ist.
Der rot-rote Senat darf jetzt nicht schlafen. Der rot-rote Senat muss diesen Zeitpunkt nutzen und sich hinter die 69 Prozent der Verbraucherinnen und Verbraucher stellen, die sich eine Ampel wünschen, statt den Lobbyisten der Lebensmittelkonzerne freien Lauf zu lassen.
Die Lebensmittelindustrie möchte keine roten Punkte auf ihren ungesunden Produkten. Wir wissen aber, was für ein Skandal es ist, wenn Snacks
und Fitnessriegel so verkauft werden, als erhöhten sie die Fitness der Konsumenten, in Wirklichkeit aber zu 50 Prozent aus Zucker bestehen. Foodwatch hat untersucht, dass 80 Prozent der geprüften Lebensmittel für Kinder zu viel Zucker enthalten und einen roten Punkt bekommen hätten.
Eltern geben aber diese Lebensmittel– zum Beispiel Müsli – Kindern in der Annahme, dass sie für Kinder gesund wären. Die Kennzeichnung dieser Lebensmittel ist irreführend. Wir fordern eine klare, deutliche Kennzeichnung durch den roten Punkt.
Wir fühlen uns dabei mit Ärzten, Patientenverbänden, Krankenkassen einig, die ebenfalls eine solche Kennzeichnung fordern, denn heute haben bereits Vorschulkinder Diabetis und Herzerkrankungen durch falsche Er
nährung und Überernährung. Jeder zweite Deutsche ist bereits übergewichtig. Herzkrankheiten, die die Folge sind, und Kreislaufkrankheiten sind die zweitgrößte Volkskrankheit. Wir geben heute bereits 70 Milliarden Euro für diese Krankheiten aus. Das kann nicht sein. Wir müssen uns dagegen aktivieren und dagegen kämpfen.
Der rot-rote Senat hat jedoch unseren Antrag, eine erneute Bundesratsinitiative zu starten, im Ausschuss mit dem scheinheiligen Argument abgelehnt, keine Mehrheiten dafür zu finden. Das Patt im Umweltausschuss des Europaparlaments zeigt aber: The window of opportunitiy ist jetzt offen. Eine Lebensmittelampel ist durchsetzbar. Und es lohnt sich, für diese zu kämpfen, denn die politischen Verhältnisse stehen fifty-fifty für und gegen eine solche Ampel. Auch die Wahl in Nordrhein-Westfalen, Frau Lompscher, könnte die Mehrheit im Bundesrat schneller als erwartet, ändern, sodass eine Berliner Initiative dann Erfolg haben kann.
Schließlich kämpfen wir Grünen für eine Mehrheit auch in Nordrhein-Westfalen, für politische Mehrheiten, um unsere Ziele durchzusetzen.
Die Umweltsenatorin gehört einer Partei an, die in ihrer Präambel stehen hat: Wir sind und werden nicht wie jene Parteien, die sich devot den Wünschen der Wirtschaftsmächtigen unterwerfen.
Frau Lompscher! Wir sind der Meinung, dass nirgendwo das Profitinteresse der Konzerne stärker dem Wohlergehen der Bürgerinnen und Bürger, der Konsumenten, entgegensteht, als gerade im Fall der großen internationalen Lebensmittelkonzerne. Wir fordern Sie daher auf: Kämpfen Sie für das Ziel einer klaren Lebensmittelkennzeichnung, für das Ziel einer Ampel!
Unterstützen Sie unseren Antrag! – Danke schön!
[Beifall bei den Grünen – Dr. Gabriele Hiller (Linksfraktion): Kämpfen, Lompscher, kämpfen! – Wolfgang Brauer (Linksfraktion): Frau Lompscher! Sie werden gerügt! – Dr. Gabriele Hiller (Linksfraktion): Wir werden dich enteignen!]
Ja, die Kurzintervention wird auch entsprechend kurz.
Ich möchte auf zwei Dinge hinweisen: Das Erste ist, dass die mir nachgefolgten Rednerinnen offensichtlich gar nicht gelesen haben, was der Bericht der EU-Kommission des Ausschusses beinhaltet. Der Bericht beinhaltet nämlich, dass zwar die Ampel EU-weit nicht zwingend vorgeschrieben worden ist, dass aber die Möglichkeit bewusst offengelassen wurde, dass die Nationalstaaten eigene Regeln, auch Ampelregeln, jeweils national einführen können.
Deswegen ist auch jetzt die Möglichkeit gegeben, dass man über eine Bundesratsinitiative das Ziel einer Ampel durchsetzt.
Der Vorteil einer Ampel liegt genau darin, dass eben die Mengenangaben für Salz, Fette und Zucker auf 100 g oder 100 ml bei Getränken bezogen dargestellt werden und nicht wie bei dem Vorschlag der CDU, auch der CDUMinisterin Aigner, auf Portionsgrößen. Der Portionsgrößenbezug ist vollständig verwirrend für die Verbraucher und verschleiert mehr als zu erklären,
denn wir alle wissen, dass der Hunger auf Schokolade oder andere Dinge ganz unterschiedlich ist.
Haben Sie einen großen Mann oder ein kleines Kind, ist es doch eine unterschiedliche Portion. Man muss dann erst mal ein ganzes Lexikon mitschleppen, was für Portionsgrößen denn da nun angenommen werden und wie viel Haferflocken 20, 30 oder 50 g sein könnten. So kann es nicht gehen. Wir setzen uns deswegen für eine klare Kennzeichnung ein und lehnen das „1 plus 4“-Modell ab.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben hier vor uns den Entwurf des Bebauungsplans I-15b für den Leipziger Platz liegen. Der nördliche Leipziger Platz umfasst nun eines der letzten großen Filetgrundstücke in Berlin.
Nein, wir wollen keine Wiese, sondern möchten uns mit den Fragestellungen beschäftigen, die sich anhand dieses Objektes stellen. – Die Fraktion der Grünen wundert sich, dass dieser Bebauungsplan in einer solchen Eile noch im Dezember und mitten in den Haushaltsberatungen im Eilverfahren durch Bauausschuss und das Abgeordnetenhaus in großer Geschwindigkeit gehetzt wird. Die Grünen verlangen stattdessen eine Rücküberweisung mitberatend in den Bauausschuss und insbesondere in den Ausschuss für Stadtplanung und Verkehr, weil hier ganz erhebliche Probleme in verkehrlicher Hinsicht auftauchen.
Die Anhörung und die Erörterung dieses Bebauungsplans, die in aller Sorgfalt durchgeführt worden sind, haben sehr viele Probleme aufgeworfen, die in einem über 150 Seiten starken Bericht erörtert worden sind. Diese Probleme sind aber jeweils in den getroffenen Abwägungen, Frau Senatorin, immer wieder niedergestimmt und herunter- und kleingeredet worden. Ich möchte sie hier kurz aufführen: Die Einzelhandelsfläche stellt für uns ein großes Problem dar. Der Stadtentwicklungsplan Zentren sieht vor, dass ein bestimmtes Maß an Einzelhandelsfläche von rund 36 000 Quadratmetern im Zielgebiet Potsdamer und Leipziger Platz festgesetzt werden soll. Die Stadt Berlin
Sebastian Czaja
wünscht, dass eine solche Fläche dort entsteht. Am Potsdamer Platz sind bereits rund 24 000 Quadratmeter vorhanden. Dementsprechend bliebe nur noch ein nicht so umfangreicher Teil von rund 15 000 bis 24 000 Quadratmetern übrig. Stattdessen wird dem Investor ermöglicht, bis zu 80 000 Quadratmeter Geschossfläche für Einzelhandelsflächen zu verwenden. Das ist rund das Fünffache dessen, was der Senat selbst einmal festgesetzt hat, was in diesem Bereich angestrebt werden sollte. Dadurch würden ungeheuerliche Verkehrsströme entstehen, die die umliegenden Gebiete sehr stark belasten und insbesondere große Verkehrsströme auf die Leipziger Straße ziehen würden.
Eine besondere Problematik entsteht daraus, dass das gesamte Maß der baulichen Nutzung, das hier vorgeschlagen wird, mit einer GFZ von 5 dazu führte, dass entsprechende Gebäudehöhen von bis zu 36 Metern zur Voßstraße erlaubt wären. Das sind 16 Meter mehr als an der gegenüberliegenden Seite der Voßstraße zugelassen sind, was zu erheblicher Verschattung führt. In der Summe wird eine stark verdichtete Fläche geschaffen, die mit 700 Parkplätzen und einer sehr großen Einzelhandelsfläche viel Verkehr auf diesen bereits stark belasteten innerstädtischen Bereich lenken würde, mit der Gefahr, dass die Rückseite der Voßstraße zu einer reinen Anliefer-, Müllentsorgungs- und Beladungszone werden würde, was wiederum die Grundstücke in der Voßstraße sehr stark abwerten würde durch eine starke Verkehrslärmbelastung, durch Verschattung und um 16 Meter höhere Gebäude als ansonsten in der Voßstraße zulässig sind.
Die Verbindung von 700 Parkplätzen an diesem Standort und der Stadtautobahn vom Treptower Park würde dazu führen, dass die Verkehrsbelastung in der Leipziger Straße stark zunimmt. – Ich komme zum Ende. – Wenn Sie dort ein innerstädtisches Quartier mit homogenen, urbanen und wertvollen Strukturen wünschen, stellen wir fest, dass Sie stattdessen eine starke Belastung durch die zu starke Bebauung des einzelnen Grundstücks bewirkten und dem Gedanken der urbanen Stadt damit widersprächen. Bündnis 90/Die Grünen werden dem Plan, wenn Sie ihn hier gleichwohl vorlegen und nicht rücküberweisen, ablehnen. – Danke schön!