Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Friederici! Ich möchte Ihnen sagen, dass ich das verurteile, dass Sie das berechtigte Interesse der Bürgerinnen und Bürger rund um den Müggelsee instrumentalisieren. Das macht sich schon deutlich an Ihrem miserabel gemachten Antrag. Sie stellen einen Antrag, der die Deutsche Flugsicherung auffordert, ihren Kurs zu korrigieren, obwohl sie bereits am 4. Juli ihre abschließende Stellungnahme gegeben hat. So fein haben Sie Ihren Antrag vorbereitet!
Zweitens finde ich das perfide, am Wannsee Plakate aufzustellen, in denen Sie sich dafür einsetzen, dass Flugzeuge den Wannsee nicht überfliegen, am Müggelsee ist aber nicht ein Plakat geklebt. So ernst meinen Sie es mit der Auseinandersetzung.
Drittens müssen Sie schon zu Ihrer Verantwortung stehen, dass es der Regierende Bürgermeister Diepgen und der Bundesverkehrsminister Wissmann waren, die sich für den Standort Schönefeld mit all seinen Folgen eingesetzt haben. Auch zu dieser Wahrheit müssen Sie stehen, das können Sie nicht einfach verschweigen.
Bevor die Deutsche Flugsicherung ihre abschließenden Vorschläge zu den Flugrouten vorgelegt hat, gab es natürlich im Vorfeld schon Proteste von Berlinerinnen und Berlinern. Sie befürchteten, dass neu entstehender Fluglärm ihre Lebensqualität empfindlich beeinträchtigen wird. Das betrifft vor allem den Südosten Berlins, und hier insbesondere die Region um den Müggelsee und die Region westlich des Flughafens, die unter dem Lärm und dem Dreck startender und landender Flugzeuge dauerhaft leiden sollen. Für die Linksfraktion ist solch eine Lösung nicht hinnehmbar.
Die Lärmkommission hatte ursprünglich vorgeschlagen, die Flugzeuge weiträumig um Berlin und Potsdam herumzuführen. – Dazu eben von der CDU kein Wort! – Damit würde es keine Flugrouten über dem Müggelsee geben, wenn man der Lärmkommission gefolgt wäre. Doch der Vorschlag der Lärmkommission wurde von der Deutschen Flugsicherung nicht übernommen, weil er als vermeintlich unwirtschaftlich gilt. Ich denke, hier kann das letzte Wort noch nicht gesprochen sein. Den Montagskundgebungen in Friedrichshagen und der erfolgreichen Menschenkette – waren Sie eigentlich dabei, Herr Friederici? – um den Müggelsee ist zu verdanken, dass die Vorschläge der Deutschen Flugsicherung in der Öffentlichkeit problematisiert wurden. Zu danken ist auch den engagierten Bürgerinnen und Bürgern in Rudow, Lichtenrade, Steglitz und Zehlendorf, die mit ihren Protesten die Flugrouten über Berlin erst zu einem öffentlichen Thema gemacht haben – und das mit Recht!
Bei der Entscheidung über zukünftige Flugrouten müssen der besondere Schutz der Anwohnerinnen und Anwohner und ökologische Kriterien berücksichtigt werden. Das sind die Prämissen, unter denen die geplanten Flugrouten noch einmal überarbeitet werden müssen.
Für meine Fraktion gilt: Die Wirtschaftlichkeit darf nicht das entscheidende Kriterium für die Festlegung zukünftiger Flugrouten sein. – Was sagt die CDU eigentlich dazu? – Vor Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen muss zwingend der Schutz von Mensch und Natur stehen. Ich möchte aber auch darauf hinweisen, dass es, selbst wenn es gelingt, die Flugrouten über dem Müggelsee zu verhindern, beim Überflug von Karolinenhof, Müggelheim, Schmöckwitz und Bohnsdorf bleibt. Sie werden die Leidtragenden bleiben.
Immer mehr zeigt sich: Der verhängnisvolle Konsensbeschluss zum Standort Schönefeld von Diepgen, Stolpe und der Bundesregierung aus dem Jahr 1995 mit seiner stadtnahen Anbindung in dichtbesiedeltem Gebiet bescherte der Stadt ein nahezu unlösbares Flugroutenproblem. Gerade deshalb erwarten wir, dass das Machbare gemacht wird. Berlin und sein Umland brauchen einen leistungsfähigen Flughafen mit internationalen Standards. Aber wir brauchen ebenso Flugrouten, die so wenig wie möglich Menschen und Natur belasten, und einen bestmöglichen Lärmschutz, der für uns auch ein konsequentes Nachtflugverbot von 23 bis 6 Uhr beinhaltet.
Die Region um den Müggelsee ist ein beliebter Wohnort, ein wichtiges Naherholungsgebiet für Berlinerinnen und Berliner, und sie ist auch Natur- und Wasserschutzgebiet. Mögliche Folgewirkungen der aktuellen Routenplanung für die Pflanzen- und Tierwelt, den Gewässerschutz und den Charakter als Naherholungsgebiet sind überhaupt nicht absehbar. Aus den genannten Gründen unterstützen wir heute mit dem Antrag der Koalition den Senat in seinem Bestreben, die von der Deutschen Flugsicherung
vorgelegten Flugrouten noch einmal im Einzelnen überprüfen zu lassen. Von der Bundesregierung – Herr Friederici, auch zu der haben Sie nichts gesagt – erwarten wir, dass sie ihren Einfluss geltend macht, um den Forderungen der betroffenen Bevölkerung hinsichtlich der Alternativen zu den vorgeschlagenen Flugrouten nachzukommen. Ich persönlich, meine Fraktion und meine Partei setzen sich dafür nachdrücklich ein.
Vielen Dank, Herr Kollege Doering! – Das Wort für die Fraktion der Grünen hat die Kollegin Hämmerling.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Fliegen ist die umweltschädlichste Fortbewegungsart, und das wird von der Bundesregierung jedes Jahr steuerlich mit 12 Milliarden Euro subventioniert. Als diese Subvention
richtig, jetzt kommt’s! – durch eine Flugverkehrsabgabe gekürzt werden sollte, wollte Herr Wowereit das im Bundesrat verhindern. So sieht die wowereitsche Realpolitik aus, und das sind nicht die Büttenreden, mit denen er das heute verschleiern wollte.
Fakt ist also: Bundesregierung und Senat forcieren den Flugverkehr und schwächen damit das Bahnfahren, obwohl es auf Kurzstrecken eine wunderbare Alternative zum Fliegen ist. Der positive Nebeneffekt: Vor Bahnlärm können die Anwohner mit Schallschutzwänden gut geschützt werden. Leider hier Fehlanzeige! Energieeffiziente Fortbewegung und Klimaschutz haben bei CDU und SPD keine Chance.
Finden Sie es nicht komisch? – Bis vor einem Jahr waren wir Grünen die Einzigen, die sich um einen verträglichen Flugbetrieb gekümmert haben.
Wir haben hier an dieser Stelle über ein weitgehendes Nachtflugverbot diskutiert, über unseren Antrag, und den haben Sie alle, Die Linke, die SPD und die CDU, abgelehnt. Die Begründung: Den Flughafen bauen wir nicht aus Jux und Tollerei. Die Wirtschaftlichkeit geht vor.
Und heute ist auf einmal alles anders. 17 Tage vor der Wahl überbieten sich CDU und SPD in Sachen Lärmschutz. Nicht nur ich finde das unglaubwürdig.
Herr Henkel! – Nun ist er gar nicht da. – Der Eiertanz Ihrer CDU in Sachen Flugbetrieb ist beispiellos. Diepgen und Wissmann haben den Standort Schönefeld durchgesetzt. 16 Jahre lang ging es Ihnen ausschließlich um
Vielfliegerei, und die Leute vor Ort waren Ihnen schnuppe. Das haben wir schriftlich. Sie brauchen sich bloß das Wortprotokoll über unseren Nachtflugverbotsantrag anzusehen. Erst als die Betroffenen gegen diese absurden Flugroutenpläne auf die Straße gegangen sind, kam Ihre Kehrtwende, und dann kam die Kehrtwende zur Kehrtwende. Sie haben 2008 unseren Antrag zum Nachtflugverbot abgelehnt, 2011 einen eigenen Nachtflugverbotsantrag eingebracht und den dann auf Druck der Wirtschaft ein paar Wochen später wieder zurückgezogen. Halten Sie sich bloß gut fest, damit Ihnen bei den vielen Kehrtwendungen nicht schwindlig wird!
Seit einem Jahr ist auch bei der SPD alles anders. Die Flugrouten kamen ans Tageslicht. Wir hörten das erste Mal von unabhängigen Parallelstarts hier im Parlament, und die Bürgerinnen und Bürger vor Ort auch, und Sie, Herr Wowereit, sind als Aufsichtsratschef der Flughafengesellschaft und Regierender Bürgermeister ahnungslos. Sie gaben sich überrascht. Sie wollen dieses wichtige europäische Gesetz von zentraler Bedeutung für den Verlauf der Flugrouten nicht gekannt haben. Das passiert Ihnen aber öfter. Bei der S-Bahn haben Sie ja auch solche Ausfälle, haben nichts gemerkt. Sie haben nichts gemerkt bei der Teilprivatisierung der Wasserbetriebe und beim Filz der HOWOGE, beim Spreedreieck und auch beim Rechnungshof nicht. Das nehmen wir Ihnen nicht ab, Herr Wowereit! Sie regieren hier, also übernehmen Sie bitte die Verantwortung, und lösen Sie endlich die Probleme dieser Stadt!
Meine Damen und Herren von der SPD! Herr Gaebler! Wenn Sie jetzt, 17 Tage vor der Abgeordnetenhauswahl, unter dem Druck der Betroffenen einen sehr allgemeinen Antrag einbringen, dann hilft das niemandem. Ich frage Sie: Warum bringen Sie den erst heute ein, und warum werden Sie nicht konkreter? Wir machen Ihnen ein ganz konkretes Angebot mit unserem Änderungsantrag, keine pflaumenweichen Versprechungen vor der Wahl.
Lassen Sie den Änderungsantrag zu! Dann können wir auch Ihrem Antrag zustimmen. Wir möchten gern, dass Sie sich gegenüber der Deutschen Flugsicherung für Alternativrouten einsetzen, die den Überflug des Müggelsees verhindern, und dabei soll vor allem die Umsetzung der Routenalternative mit der Südumfliegung von Müggelheim, dem Müggelsee und Erkner angestrebt werden, bei der der Abdrehpunkt erst nach dem Überflug des Gebiets nördlich bzw. südlich von Gosen erfolgt. – Herr Gaebler! Sie gingen darauf ein. Das macht 24 Cent an Mehrkosten bei einem Flug von Berlin nach London aus. Worüber reden wir eigentlich?
Und wir möchten gern, dass auch die westlichen Routen noch einmal überprüft werden. Wenn Sie wissen wollen, wie, lesen Sie sich unseren Änderungsantrag noch mal durch! Wir bitten Sie: Stimmen Sie dem Änderungsantrag
zu! Dann ist Ihr Entschließungsantrag nicht nur Selbstbeweihräucherung der SPD, dann können wir ihm auch folgen.
Vielen Dank! Eine Punktlandung, Frau Kollegin, zeitlich jedenfalls! – Das Wort für die FDP-Fraktion hat der Kollege von Lüdeke.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Wahlkampf der SPD ist ja ziemlich stark auf eine Person zugeschnitten, und das ist der Regierende Bürgermeister.
Wir haben ja heute Klaus Wowereit wieder erlebt. Aber es bleibt doch festzustellen: Selbst wenn er hier immer wieder recht launig und überzeugt mit seiner Rede beteuert, dass er alles im Griff hat, dann zeigt gerade die Diskussion, die wir jetzt führen, dass einiges in der Stadt alles andere als im Griff ist, und dazu gehören die Flugrouten.
Da gab es – ich darf daran erinnern – die letzte Sitzung der Fluglärmkommission. Danach gab es von allen Seiten Beifall. Die Presse war voll des Lobes. Herr Wowereit ist zufrieden, Frau Bone-Winkel ist zufrieden, die CDU war zufrieden, hat noch herausgestellt: Großes Verdienst von Herrn Wellmann, dass Herr Wellmann als Bundestagsabgeordneter sich persönlich bei Herrn Ramsauer eingesetzt hat, dass die Flugrouten verbessert werden! – All dies, dieser große Erfolg in der Fluglärmkommission, hatte nun viele Väter. Die FDP war die einzige Partei, die zumindest in der „Morgenpost“ mal in Frage gestellt hat, ob das, was da abgehandelt worden ist, nun wirklich –