Protokoll der Sitzung vom 22.03.2012

[Uwe Doering (LINKE): Es geht um Transparenz hinter Ihnen!]

Danke schön, Herr Präsident, für die Aufklärung!

[Beifall von Nikolaus Karsten (SPD) – Björn Eggert (SPD): Sehr transparent!]

Transparenz, liebe Kollegin und liebe Kollegen der Piraten, ist keine Erfindung von Ihnen. Das Wort scheint natürlich inflationär verwendet zu werden, seitdem Sie in den Bundesländermeeren schippern.

Ich will die Frage des Kollegen Lauer noch einmal wiederholen: „Was ist Transparenz in Politik und Verwaltung?“ – Für die Piraten sind Transparenz wohl öffentliche Sitzungen, öffentliche Tagesordnungen, öffentlicher Streit, öffentliche E-Mails, Pads und Redmine-Systeme. Bemüht man Wikipedia, ist Transparenz

in der Politik ein Zustand mit freier Information, Partizipation und Rechenschaft im Sinne einer offenen Kommunikation zwischen den Akteuren des politischen Systems und den Bürgern.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollege Lux, verehrter Kollege Kohlmeier?

Nein, er kann ja vielleicht auch eine Kurzintervention machen.

[Zuruf von Heidi Kosche (GRÜNE)]

Transparenz ist Information, Partizipation und Rechenschaft und nicht nur, wie Sie fordern, die Veröffentlichung von Senatssitzungen.

Dann muss man sich auch die Frage gefallen lassen, lieber Kollege Weiß, was man mit Transparenz eigentlich erreichen will. – Mit Transparenz sollte man, meines Erachtens, in erster Linie erreichen, dass das eigene Handeln nachvollziehbar, erklärbar, durchschaubar wird. Das können Sie bei dem Senat zwischenzeitlich tun, und zwar gibt es die Internetseite berlin.de. Da können Sie sich Pressemitteilungen durchlesen.

[Uwe Doering (LINKE): Haben Sie jetzt Angst, dass die Senatssitzungen nicht transparent genug sind? – Martin Delius (PIRATEN): Sie haben nicht zugehört!]

Es gibt Senatspressekonferenzen, es gibt Beschlüsse und Unterlagen, die veröffentlicht sind. Nein, liebe Kollegin, liebe Kollegen, nur weil Sie Transparenz auf den Antrag schreiben, wird nicht alles besser, einfacher und schöner.

[Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Mir erschließt sich tatsächlich nicht, welches Ziel Sie mit diesem Antrag erreichen wollen.

[Martin Delius (PIRATEN): Einfach mehr lesen als Wikipedia!]

Ja, ich habe noch mehr gelesen, lieber Kollege Delius. Ich habe mir Ihre Begründung angeschaut.

[Uwe Doering (LINKE): Das macht es nicht einfacher!]

In der Begründung schreiben Sie, dass die Praxis des Abgeordnetenhauses als vorbildlich zu bezeichnen sei. Gratulation, lieber Kollege Weiß! Gratulation, lieber Kollege Delius! Auch wir haben hier im Abgeordnetenhaus Sitzungen, die nicht öffentlich sind: der Ältestenrat und die Präsidiumssitzungen. Wann kommt denn der Antrag, dass auch diese öffentlich sein sollen? Was ist der qualitative Unterschied zwischen einer Präsidiumssitzung und einer Ältestenratssitzung und der Sitzung beim Regierenden Bürgermeister? Der Unterschied ist doch nur, dass Sie bei dem einen dabeisitzen und wissen, was passiert, und bei dem anderen würden Sie gern dabeisitzen und das ebenfalls erfahren wollten.

[Beifall bei der SPD und der CDU – Martin Delius (PIRATEN): Wann ist eine öffentliche Senatssitzung?]

Und wenn Sie so dazwischenschreien, werden Sie nie dahin kommen, lieber Kollege Delius!

[Beifall bei der SPD und der CDU – Martin Delius (PIRATEN): Sie haben es nicht verstanden!]

Es wird auch nichts helfen, liebe Kollegen von den Piraten, wenn Sie hier so tun, als wenn die Senatssitzung ein elitärer Geheimzirkel sei, aus dem nichts nach draußen dringt. Die Senatsmitglieder würden sich ja heute schon darüber freuen, wenn alles das, was dort besprochen wird, im internen Raum bleibt. Dass das nicht so ist, kann man durchaus jeden Tag in der Zeitung nachlesen.

[Uwe Doering (LINKE): Woran liegt das nun wieder?]

Kurz zu dem Antrag noch einmal, warum er auch aus rechtlichen Gründen nicht zulässig sein dürfte. Erstens kann das Abgeordnetenhaus selbstverständlich nicht die Geschäftsordnung des Senats ändern. Der Senat ändert seine Geschäftsordnung selbst, weil es ein eigenes Gremium ist. Auch das Abgeordnetenhaus würde sich nicht vom Senat in unsere Geschäftsordnung hineinreden lassen. Wenn der Regierende Bürgermeister den Vorschlag hat, er möchte an der Geschäftsordnung etwas ändern, da würden wir ihn durchaus ganz klar auf die Gewaltenteilung hinweisen.

Letztens: Auch das Informationsfreiheitsgesetz, welches in diesem Haus beschlossen wurde, sagt in § 10 Abs. 3 Nr. 1:

Das Recht auf Akteneinsicht oder Aktenauskunft besteht nicht, soweit sich Akten auf die Beratung

des Senats und der Bezirksämter sowie deren Vorbereitung beziehen …

Auch § 10 Abs. 4 schließt aus, dass der „Prozess der Willensbildung“ öffentlich gemacht wird. Auch der Verfassungsgerichtshof ist in seiner Entscheidung zur Veröffentlichung der Wasserverträge oder die Einsichtnahme in die Wasserverträge dazu gekommen, dass Regierungshandeln und Vorbereitung von Gesetzen nicht veröffentlicht werden müssen. Alles in allem: Die Handlungen des Senats sind rechtlich nicht zu beanstanden.

Liebe Kollegin, liebe Kollegen! Ich biete Ihnen an, dass wir den Antrag im Rechtsausschuss noch einmal diskutieren und schauen, ob man tatsächlich noch etwas Ernsthaftes und Richtiges daraus machen kann. So wie er derzeit vorliegt, räume ich dem Antrag ganz wenig Chancen ein. – Herzlichen Dank!

[Beifall bei der SPD und der CDU – Martin Delius (PIRATEN): Arroganter geht es nicht! Immer schön von oben herab!]

Vielen Dank, Herr Kollege Kohlmeier! – Das Wort zur Kurzintervention hat jetzt der Kollege Weiß. – Bitte sehr!

Herr Kohlmeier! Wenn ich das Handeln des Senats rechtlich hätte angreifen wollen, wäre ich in der Tat zur Judikative gegangen und nicht zur Legislative.

[Heiterkeit und Beifall bei den PIRATEN]

Ich freue mich auch über Ihren Vorschlag, dass wir Präsidiums- und Ältestenratssitzungen in diesem Haus in Zukunft öffentlich machen. Wir greifen das gerne auf.

[Beifall bei den PIRATEN]

Bei dem, was Sie gesagt haben, muss ich mich doch ein bisschen wundern. Sie haben gesagt, es gebe ja Pressemitteilungen, das müsse ja nicht öffentlich sein, man erfahre sowieso, was passiere. Man könne ja die Pressemitteilungen lesen.

Das Informationsfreiheitsgesetz greift ja auch nicht. Da haben Sie ja völlig recht. Das weiß ich doch. Es ist meiner Meinung nach ein Fehler des Informationsfreiheitsgesetzes.

[Beifall bei den PIRATEN – Beifall von Thomas Birk (GRÜNE)]

Aber bei der Argumentationslinie, die Sie fahren, wundere ich mich eigentlich, dass Sie nicht damit geendet haben zu sagen: Jetzt verlassen Sie bitte die Zuschauerränge, schalten Sie die Kameras ab, es gibt hier nichts zu sehen!

[Beifall bei den PIRATEN]

Das alles gilt auch für das Abgeordnetenhaus. Auch das Abgeordnetenhaus fällt explizit nicht unter das Informationsfreiheitsgesetz, jedenfalls nicht in seiner legislativen Aufgabe. Das ist genau das, was Sie mit Willensbildung meinen. Dazu gibt es Urteile des Landesverwaltungsgerichts. Das Abgeordnetenhaus, das was wir hier tun, das Protokoll dieser Sitzung hier, ist vom Informationsfreiheitsgesetz nicht gedeckt. Wir veröffentlichen es trotzdem, weil wir es richtig finden.

[Beifall bei den PIRATEN – Beifall von Ajibola Olalowo (GRÜNE) – Uwe Doering (LINKE): Da ist was dran!]

Ich freue mich auch, dass Sie anscheinend schon die Erfahrung gemacht haben, dass man, wenn man interne Diskussionen etwas offener führt, wie wir das zum Beispiel in der Piratenpartei tun, auch die Möglichkeit hat, als Außenstehender direkt in die Diskussion einzusteigen.

[Beifall bei den PIRATEN]

Danke sehr! – Das Wort zur Erwiderung hat jetzt der Kollege Kohlmeier. – Bitte schön!

[Felicitas Kubala (GRÜNE): Nicht schon wieder! – Martin Delius (PIRATEN): Geht was essen!]

Lieber Kollege Weiß! Wenn Sie das Informationsfreiheitsgesetz kritisieren, dann frage ich mich, warum Sie nicht einen Antrag zur Änderung des Informationsfreiheitsgesetzes hier einbringen. Warum bringen Sie einen Antrag „Transparente Senatsarbeit“ ein? –

[Christopher Lauer (PIRATEN): Zur Sache!]

Doch nur,

[Christopher Lauer (PIRATEN): Zur Sache!]