Protokoll der Sitzung vom 22.03.2012

Frau Harant! Die Sache an der Stelle ist – ich wiederhole mich hier noch einmal, wenn Sie davon sprechen, Sie würden gern mehr Geld für Kultur ausgeben –, dass Sie bitte in Ihrer Fraktion dafür sorgen, dass mehr Geld für Kultur ausgegeben wird.

[Beifall bei den PIRATEN – Beifall von Wolfgang Brauer (LINKE)]

Sonst muss sich die Opposition schräge Vorstellungen davon machen, wo man das Geld wieder herausschneidet. Wir werden es am Montag im Kulturausschuss sehen. Aber – das möchte ich an der Stelle einmal festhalten – Ihre Lippenbekenntnisse bringen keinem etwas. Sie bringen nichts den Künstlern, die sagen, sie können von ihrer Arbeit nicht leben. Es bringt ihnen nichts, wenn wir hier alle sagen, dass wir mehr Geld für Kultur ausgeben würden, aber können es nicht. Das bringt ihnen nichts.

[Zuruf von Renate Harant (SPD)]

Bleiben Sie doch einmal ruhig. Kommen Sie doch zur Sache. Frau Harant, vielen lieben Dank! – Schönen Abend!

[Beifall bei den PIRATEN – Beifall von Wolfgang Brauer (LINKE)]

Vielen Dank, Herr Kollege Lauer! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Es wird die Überweisung des Antrags an den Ausschuss für Kulturelle Angelegenheiten und an den Hauptausschuss empfohlen. – Widerspruch höre ich dazu nicht. Dann verfahren wir so.

Ich rufe auf die

lfd. Nr. 4.2:

Priorität der Piratenfraktion

Tagesordnungspunkt 25

Transparente Senatsarbeit

Antrag der Piratenfraktion Drucksache 17/0225

Es sind wiederum fünf Minuten Redezeit pro Fraktion vorgesehen. Es beginnt der Kollege Weiß für die Piraten. – Bitte schön, Herr Kollege!

Grundlage für jede Demokratie ist die Nachvollziehbarkeit des politischen Handelns. Das liegt daran, dass nur das, was öffentlich ist, auch gemeinsam öffentlich entschieden werden oder bei einer gemeinsamen öffentlichen Entscheidung, beispielsweise einer Wahl, berücksichtigt werden kann. Ein Gremium, das sich als demokratisch legitimiert versteht muss einer weitestgehend möglichen Transparenz unterliegen. Je mehr Macht dieses Gremium aufgrund seiner demokratischen Legitimation hat, desto stärker wirkt dieses Prinzip auch.

Ich zeige dies einmal am Beispiel des Abgeordnetenhauses, in dem wir uns gerade befinden. Das mag hier nicht perfekt sein, aber grundsätzlich muss ich sagen – ich spreche aus meiner Erfahrung der letzten sechs Monate –, dass es eigentlich ganz vernünftig geregelt ist.

[Beifall bei den PIRATEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Wir stellen uns hier der Öffentlichkeit. Dort oben sind Kameras. Besucher sind auch da. Gut, es könnten mehr sein, aber was will man machen? Gut, dagegen können wir auch etwas tun. Aber was? Wir veröffentlichen unsere Protokolle. Wir veröffentlichen unsere Drucksachen. Wir veröffentlichen das für alle gleich zugänglich. Hin und wieder schließen wir auch die Öffentlichkeit aus, wenn wir es für notwendig halten. Das ist in jedem Fall eine Einzelfallentscheidung. Mit diesen Einzelfallentscheidungen muss man, muss ich und muss auch meine Fraktion nicht in jedem Fall einverstanden sein, dann diskutieren wir darüber. Es ist aber in jedem Fall eine Abwägung, und das ist auch allen klar. Wichtig ist, dass

diese Abwägung stattfindet und dass immer wieder neu betrachtet wird.

Jetzt vergleichen wir einmal das Abgeordnetenhaus mit dem Senat. Der Senat ist das höchste Gremium der Exekutive, so wie wir die Legislative sind. Wir können jetzt darüber diskutieren, welches von beiden Gremien wichtiger ist. Wirklich zielführend ist das nicht. Beide unterliegen dem gleichen Gebot der demokratischen Kontrolle. Wenn man sich unter dem Punkt der demokratischen Kontrolle einmal ansieht, was die öffentliche demokratische Kontrolle angeht – Kontrolle basiert auf Wissen und Information –, so muss man feststellen, dass es da ein krasses Missverhältnis gibt. Die Senatsarbeit ist im Gegensatz zu der von uns durchgeführten Arbeit überhaupt nicht öffentlich. Öffentlichkeit ist dort nicht vorgesehen.

Wenn man sich jetzt aber hinter das Prinzip stellt, – –

Entschuldigung, Herr Kollege! Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Oberg?

Ja, bitte!

Bitte schön!

Vielen Dank! – Herr Kollege Weiß! Sie haben eben zwei von drei Gewalten genannt, von denen die eine bereits öffentlich tagt, die andere nach Ihrem Wunsch öffentlich tagen sollte. Wie ist es dann nach Ihrer Einschätzung mit der dritten Gewalt, der Judikative? Sollte sie auch vollständig offen und transparent zum Beispiel bei der Urteilsfindung öffentlich tagen? Selbstverständlich gibt es öffentliche Verhandlungen, es gibt aber auch bei jeder Verhandlung nichtöffentliche Teile.

[Martin Delius (PIRATEN): Frage!]

Ist die Frage verstanden worden? – Bitte schön!

Ja, die Frage ist verstanden worden. Von vollständiger Transparenz war in keinem Zusammenhang bei mir je die Rede. Wenn wir hier im Abgeordnetenhaus die Immunität eines Abgeordneten behandeln, tun wir das auch nicht öffentlich.

[Unruhe bei der SPD]

Unser Antrag fordert den Senat auf, sich dieses Öffentlichkeitsprinzip für seine Arbeit zu eigen zu machen. Das ist das gleiche Prinzip, nach dem wir hier im Abgeordnetenhaus agieren. Sitzungen und Beschlüsse, die Protokolle der Sitzungen sind grundsätzlich öffentlich zu machen. In begründeten Einzelfällen ist davon abzuweichen.

[Beifall bei den PIRATEN – Beifall von Nikolaus Karsten (SPD)]

Es geht nicht darum, hier Kriterien vorzuschreiben oder dem Senat etwas in die Geschäftsordnung hinein zu diktieren. Das ist auch nicht im Sinne der Gewaltenteilung. Es geht darum, dass der Senat aufgefordert werden soll, über diese Frage einmal nachzudenken. Es geht darum, dass der Senat klar machen und öffentlich dokumentieren soll, wo er die Linie zieht und wo er abwägt zwischen schutzwürdigen Interessen einerseits und dem Interesse der Öffentlichkeit an maximaler Transparenz andererseits, wo er im Einzelfall abwägt und wo er die Linie zieht, ab der die Öffentlichkeit nicht mehr zugelassen ist. Dass diese Kriterien für alle nachvollziehbar sind und festgehalten sowie im Einzelfall diskutierbar sind, das ist die Mindestvoraussetzung, wenn wir über Transparenz reden. Das ist unsere Ansicht.

[Beifall bei den PIRATEN]

Wenn wir über Transparenz nicht im Allgemeinen sprechen, als schönes Stichwort, es sei alles so schön transparent, und eigentlich sind wir uns alle einig, dass wir Transparenz wollen –, sondern im Speziellen, geht es immer um Abwägung. Wir haben das Interesse der Gesellschaft. Wir haben das Interesse der Öffentlichkeit, Zugang zu erhalten zu dem, was passiert, und wir haben gegebenenfalls ein schutzwürdiges Interesse, das dem entgegensteht. Wenn der Stellenwert der Transparenz uns höher erscheint, als es vielleicht einmal früher der Fall war, wenn es gesellschaftliche Entwicklungen gibt, die in diese Richtungen gehen – ich finde das gut und begrüße das –, dann müssen wir auch die Grundlage dafür schaffen, die Diskussion führen zu können. Dann reicht es auch nicht aus, einfach zu sagen, es müsse alles vollständig transparent sein. Dann müssen wir vielmehr die Diskussion führen. Wenn wir aber die Diskussion führen wollen, müssen wir an der Stelle anfangen, wo wir es jetzt beantragt haben.

[Beifall bei den PIRATEN]

Die Öffentlichkeit pauschal ohne explizite Begründung auszuschließen, zu sagen: Ihr dürft hier nicht hinein schauen, wir sind jetzt unter uns, und wir sind immer unter uns –, ist etwas, was sich unserer Meinung nach eine Politik mit demokratischem Selbstverständnis nicht mehr leisten kann.

[Beifall bei den PIRATEN – Beifall von Nikolaus Karsten (SPD)]

Vielen Dank, Herr Kollege Weiß! – Für die SPD hat jetzt Herr Kollege Kohlmeier das Wort. – Bitte sehr, Herr Kollege!

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Kollege Weiß! Ich darf festhalten, was Sie gerade gesagt haben: Von vollständiger Transparenz war hier nicht die Rede. – Sie wollen eigentlich, wenn ich es zusammenfassen darf, mit Ihrem Antrag mal eben durchs Schlüsselloch auf die Senatssitzung von Herrn Wowereit gucken, nicht mehr und nicht weniger. Das ist das, was Sie hier in diesem Antrag fordern.

Bevor ich zum Antrag komme, darf ich erst einmal zitieren:

Wir reden viel über Transparenz und Bürgerbeteiligung. Was es für uns konkret bedeutet, haben wir nicht definiert. … Wir wollen nicht so werden wie ‚die Anderen’ haben aber noch gar nicht klar, was wir an ‚den Anderen’ gut oder schlecht finden. Alles in Allem: Wir hantieren parteiintern wie extern mit allerhand Vokabular herum, das vielleicht griffig, aber oft einfach nicht definiert ist. … Was ist Transparenz in Politik und Verwaltung, was ist Bürgerbeteiligung, was ist Basisdemokratie? Was sind unsere Lebenslügen?

Das kommt, wie Sie feststellen, natürlich nicht vom Kohlmeier, sondern das kommt von Ihrem Kollegen Lauer, und zwar von seiner Internetseite.

[Uwe Doering (LINKE): Na so was!]

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Weiß?

[Martin Delius (PIRATEN): Kurzintervention!]

Kurzintervention, okay.

Wir haben uns in diesem Haus bereits mehrfach mit Vorgängen befasst, die unter der Überschrift „Transparenz“ stehen. „Probleme der Verdrängung transparent machen“, „Gutachten transparent offenlegen“, „Transparenz im Parlament“.

[Zuruf von den PIRATEN]

Transparente Aufregung hinter mir.

Es ging gerade um die Kurzintervention, die gleich im Anschluss an den Vortrag des Kollegen hier erfolgt.

[Uwe Doering (LINKE): Es geht um Transparenz hinter Ihnen!]