Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vielleicht noch einmal der Bezug zu dem, worüber wir eigentlich reden, nämlich über die Ausstellungshonorare: Der Berufsverband Bildender Künstler, der immerhin bereits eine beachtliche Vernetzung repräsentiert – die Sie gerade angesprochen haben, Frau Bangert –, hat einen Vorschlag gemacht, nach dem bei Ausstellungen der Versicherungswert mit 3 Prozent als Honorar gezahlt wird, wobei im Höchstfall die Grenze bei 5 000 Euro liegt. Nehmen wir einmal ein Beispiel: Das wären in einer kommunalen Galerie für ein ausgestelltes Bild mit einem Versicherungswert von 5 000 praktisch 150 Euro. Unabhängig davon, dass auch ich der Auffassung bin, dass das ein möglicher Weg zur Entlastung der betreffenden Künstler ist, ist es mit Sicherheit – das sagt auch Frau Harant mit dem, was sie ausgeführt hat – nichts existenziell Erhaltendes für die betreffende Künstlerin oder den betreffenden Künstler. Das ist auch in Schweden letztlich nicht anders. Es ist ein Tropfen auf den heißen Stein.
Ich will nicht die parteipolitische Debatte der letzten Jahre neu aufrollen, wie ich sie aus den Unterlagen zur Kenntnis genommen habe. Herr Brauer! Richtig ist aber mit Sicherheit der Vorwurf, dass das im Haushaltsentwurf, den die rot-rote Koalition vorgelegt hat, nicht verankert ist. Das ist Fakt – was Sie erwähnt haben.
Es ist auch richtig – und das entnehme ich Ihren Worten, Frau Bangert –, dass die Grünen in diesem Zusammenhang selbst schon eine sehr kritische Stellungnahme abgegeben haben. Ich darf kurz daraus zitieren. Ich meine das Schreiben vom 14. September 2011, aus dem hervorgeht, dass Sie zwar Ausstellungshonorare nicht kategorisch ablehnen – das ist ja eine sehr vorsichtige Formulierung –, aber darin offensichtlich auch nicht das Allheil
Wenn wir davon ausgehen können, dass Ausstellungshonorare auch uns nicht fremd sind, sehe ich aber beispielsweise in einer Unterstützung wie dem Atelierprogramm, das 100 weitere Ateliers vorsieht, einen mindestens ebenso wichtigen Schritt zur Förderung gerade dieser Künstlerinnen und Künstler wie in einem Ausstellungshonorar.
Ich will das an zwei Beispielen deutlich machen: Das Haus am Waldsee als ehemals kommunales Kunsthaus oder kommunaler Kunsttempel hat bei einer vor ca. zwei Jahren durchgeführten Ausstellung des Malers Gysi sämtliche ausgestellten Werke bereits verkauft gesehen – in Unsummen. Das kann man sich gar nicht vorstellen, da war gar nichts mehr zu erwerben. Da wäre ein Ausstellungshonorar wirklich geradezu für die Katz.
Herr Brauer! Dem steht gegenüber, was Sie gesagt haben: Da gibt es kommunale Galerien, wo der Künstler noch selber den Wein anschleppt und nachher die Gläser auswäscht. Das haben wir zwar im Haus am Waldsee nicht als Regel feststellen können, aber ich nehme Ihnen das auf’s Wort ab. Aus diesem Grund wäre ernsthaft zu überlegen, ob nicht über die auch von Ihnen, Frau Harant, genannte Vernetzung gezielte Produktionsförderung in sehr viel intensiverer Art stattfinden kann, um diesen Künstlerinnen und Künstlern zu helfen. Denn recht haben Sie: Viele von denen stellen womöglich nur ein bis zwei Mal in ihrer gesamten künstlerischen Schaffensperiode aus.
Ich will dafür ein Beispiel geben, das mir sehr einleuchtend war. Als im 750-Jahrjubliäum von Zehlendorf – Stadtrat war ich damals – die Künstlerinnen und Künstler einen Ausstellungsort Haus am Waldsee ausgesprochenermaßen für sich beanspruchten, haben sie das nicht getan, um ein Ausstellungshonorar für die dort ausgestellten Bilder zu bekommen, sondern um sich den Ruf des Hauses am Waldsee zunutze zu machen. Denn sie glaubten selbstverständlich, mit diesem Ausstellungsort in ihrer Vita reüssieren zu können und erfolgreicher zu sein. Das ist die Kehrseite der Medaille – definitiv.
Ich ziehe die Quintessenz: Ausstellungshonorare mit Sicherheit nicht nein! Wichtig wäre die Frage, wo wir die entsprechende Finanzierung finden. Aber darüber hinaus noch wichtiger scheint mir eine Unterstützung bei der gezielten Produktionsförderung zu sein – angefangen bei den Ateliers. – Herzlichen Dank!
Sehr geehrtes Präsidium! Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Harant! Wie sehr diese Stadt die Kultur liebt, das sieht man daran, dass das Kunsthaus Tacheles gerade geräumt wird. Das kann man live im Internet verfolgen.
Sie bringen hier eine Argumentation in der Art: Na ja, die unbekannten Künstler, die sollen sich mal freuen, dass sie überhaupt ausstellen können. – Das hat man auch vor 150 Jahren den Leuten gesagt, die in Fabriken standen: Wenn du hier Forderungen hast, dann gehe doch bitte vor die Tür! Draußen steht noch eine industrielle Reservearmee. Die können hier auch gerne arbeiten. – Das ist kompletter Quatsch.
Es wurde schon gesagt: Wo nehmen wir das Geld her? – Ich glaube, das ist das eigentliche Problem, denn die Forderung der Linken ist erst mal komplett einleuchtend. Das Problem, das wir hier in Berlin haben, besteht darin, dass eine Förderung der Kulturlandschaft stattfindet, die einfach nicht mehr der Realität entspricht. Ein einfaches Beispiel – Herr Brauer hatte das schon in Bezug auf die Oper und Frau Netrebko angesprochen –: Wir bezahlen der Oper im Jahr 120 765 000 Euro, und dann wird im Kulturhaushalt auch noch gerechnet und das pro Einwohner umgelegt. Da klingeln wieder die Worte des Herrn Kreins, der leider nicht da ist.
Hallo! Da ist er, da kommt er herein. – Dass alle zahlen, ist unsozial. Aber bei diesen 35 Euro pro Einwohner rechnen Sie auch jedes Kind ein, das gerade geboren wird. Das ist nämlich auf 3,4 Millionen Einwohner umgelegt. Man kann sich dann ansehen, wie viele Leute die Oper besucht haben. Die Zahl ist auch im Kulturhaushalt zu finden. Im Jahr 2010 waren es 675 476 Besucher – nur der Opern, die in der Stiftung Oper in Berlin drin sind. Das ist dann die stolze Summe von 178,80 Euro, wenn man so eine Milchmädchenrechnung macht. Aber damit kennen Sie sich ja auch besser aus.
Das heißt, fünf Berlinerinnen und Berliner finanzieren dann immer einen solchen Opernbesucher. Wenn man den Opern das Geld jetzt sofort streichen würde, dann müssten die noch mal 178,80 Euro auf jede Karte drauflegen, damit sie kostendeckend arbeiten.
Wir haben also eine Staatsoper, die im Jahr 42 Millionen Euro bekommt, und wir haben eine Deutsche Oper, die 39 Millionen Euro bekommt.
Nein! – Und wir haben eine Komische Oper, die 30 Millionen Euro bekommt, und wir haben noch ein Staatsballett, das auch noch mal 7 Millionen Euro bekommt.
Das Problem ist Folgendes: Jetzt kommen Verbände, die sich um die Anliegen von Künstlerinnen und Künstlern kümmern – vollkommen zu Recht –, und die sagen, wir brauchten mal 200 000 Euro oder 300 000 Euro. Da geht es nicht darum, dass Künstler sagen: Ich bin noch nicht reich und berühmt! –, sondern teilweise sind das sehr erfolgreiche Compagnien in der freien Szene, und die sagen: Wenn wir die 60 000 Euro oder die 300 000 Euro nicht bekommen, dann müssen wir das Haus zumachen. Wenn wir das und das nicht bekommen, müssen wir zumachen. – Man kann dann zwar darüber streiten, wie sehr das stimmt oder nicht stimmt, aber schauen wir doch bitte, mit welchen Zahlen wir hier operieren!
Ich habe die Theater jetzt gar nicht aufgezählt. Es gab ja im letzten Kulturausschuss auch eine schöne Aufregung durch Herrn Peymann. Das muss man ihm lassen. Er hat noch mal vorgerechnet, wie die einzelne Theaterkarte subventioniert ist. Wir müssen uns an der Stelle einfach fragen, wie wir als Stadt Berlin unsere Kultur fördern wollen. Das Geld ist ja da.
Wir sagen: 120 Millionen Euro für vier Opernhäuser, die dann von einer halben Million Menschen besucht werden, das ist okay. Aber wenn es an die kulturelle Substanz geht – –
Ach so, jetzt ist sie wieder da. Olé, olé! Ich habe noch eine Minute! Wir sind hier nicht in der Nordkurve, meine Damen und Herren!
Das Problem ist einfach: Das Geld ist da. Wenn wir jetzt darüber reden und gesagt wird: Nein, wir wissen nicht, woher das Geld kommt, und wir wissen nicht, ob wir die Künstler – – Es ist doch eine politische Entscheidung. Es ist eine politische Entscheidung, ob man sagt: Wir finden Kunst fördernswert – wir finden Kunst nicht fördernswert. In dem Moment, wo wir sagen, dass wir das fördern wollen, sollte man aufhören, sich die Fragen zu stellen, ob das irgendwie pädagogisch wertvoll sein soll oder welche Ziele das verfolgen soll, sondern dann sollten wir einfach sagen: Ja, wir fördern die Kunst.
Das Problem ist, dass ein großer Teil der freien Kunst in Berlin quasi herumkrebst und davon in den kommenden Jahren wahrscheinlich auch viel verschwinden wird, weil wir der Meinung sind: Vier Opernhäuser sind super. – Na ja, wir werden am Montag im Kulturausschuss darüber diskutieren. – Vielen, lieben Dank!
Frau Kollegin, ist das jetzt eine Kurzintervention? – Dann darf ich bitten, dass Sie nach vorne kommen. Das war hier nicht so ganz erkennbar, und normalerweise melden das bitte die Geschäftsführer an. – Sie haben jetzt das Wort für Ihre Kurzintervention. – Bitte!
Herr Lauer! Wir haben über Honorarvergütungen für Künstler gesprochen. Das kam bei Ihnen gar nicht vor. Es wäre schön, wenn wir beim Thema blieben. Den großen Rundumschlag können wir hier nicht in fünf Minuten machen.
Ich finde Ihren Beitrag schon etwas seltsam und wirr, wenn Sie wirklich wörtlich sagen: „Wir wollen gar nicht fragen, welche Ziele wir mit Kulturförderung verfolgen.“ Mir ist das schon wichtig.
Mir ist es sogar sehr wichtig. Wir haben natürlich zu verantworten, wofür wir das Geld ausgegeben. Leider, Herr Lauer, ist das Geld begrenzt, das wir für Kultur ausgeben können. Ich würde gern noch viel mehr für Kultur ausgeben, denn Kultur ist mir wichtig. Ich finde, dass es eine schöne Sache ist. Vielleicht bleiben wir aber einfach beim Thema. Vielleicht bleiben Sie auch beim Thema und sagen ein paar Worte, worum es hier wirklich geht, ob die Vergütung von Ausstellungshonoraren wirklich ein Weg ist, der irgendein Problem letztlich löst.
Frau Harant! Der Antrag der Linken hat tatsächlich den Vorteil, dass es sich hierbei nicht um Raketentechnik handelt, und man einfach sagen kann, dem könne man einfach zustimmen. Damit war das zur Sache. Ich dachte, ich nutze die restliche Zeit, um einmal ein grundsätzliches Problem der Kulturförderung zu betonen.
Ich habe auch nicht gesagt, dass es komplett egal ist. Natürlich ist es nicht egal. Man muss natürlich überprüfen, was die Künstlerinnen und Künstler damit tun. Man soll sich doch bitte einmal von der Vorstellung verabschieden, dass gewisse Kulturformen wie beispielsweise die Oper fördernswerter sind als Künstler, die irgendwie herumkrebsen.
Es geht hier nicht darum, dass Leute noch mehr bekommen, sondern um Künstler, die am Existenzminimum leben. Man kann dann mit Sicherheit auch auf eine Ausstellungsvergütung verzichten.
Wie bitte? Ich kann Sie nicht verstehen. Das kann damit zusammenhängen, dass Ihr Mikrofon nicht an ist, weil ich keine Zwischenfrage zulasse.
Frau Harant! Die Sache an der Stelle ist – ich wiederhole mich hier noch einmal, wenn Sie davon sprechen, Sie würden gern mehr Geld für Kultur ausgeben –, dass Sie bitte in Ihrer Fraktion dafür sorgen, dass mehr Geld für Kultur ausgegeben wird.