Protokoll der Sitzung vom 22.03.2012

Was hier offensichtlich bisher – soweit durchgesickert ist,

[Uwe Doering (LINKE): Durchgesickert?]

das wissen Sie genauso gut wie ich, weil Sie auch im Bildungsausschuss gesessen haben – nicht geregelt werden konnte, weil das ein zusätzlicher Finanzfaktor ist, das ist die Ferienbetreuung für Schülerinnen und Schüler in der 5. und 6. Klasse. Das halte ich aber nicht für dringlich notwendig angesichts der finanziellen Belastungen unseres Haushalts, weil sich gerade in dieser Altersstufe wohl der Drang für Hortbetreuung in den Ferien gen null oder jedenfalls in eine relativ geringe Anzahl entwickelt und entfaltet.

[Zurufe von den GRÜNEN und den PIRATEN]

Da einen besonderen Bedarf zu sehen, halte ich für nicht begründet.

Was ich eher für ein Problem halte – das will ich hier zum Ausdruck bringen und denjenigen, die mit an dieser

Vorlage arbeiten, mit auf den Weg geben –: Es kann natürlich eine entsprechende Besserstellung nicht zur Benachteiligung womöglich einer einzelnen Gruppe führen. Wir müssen also sehen, dass speziell die Schülerinnen und Schüler in den Förderzentren, die bisher zum Teil mit einer nicht geregelten Ganztagsbetreuung rechnen konnten – die war de facto da, wenn auch nicht de jure festgeschrieben –, im Endeffekt nicht schlechtergestellt werden und aus einer Ferienbetreuung bzw. nachmittäglichen Betreuung in einer gewissen Anzahl herausfallen. Da geht es vielleicht im Endeffekt nicht nur um Übergangsregelungen, diesen Kreis mit einzubeziehen, sondern auch um dauerhafte und perspektivische Regelungen, wenn man diese Hortbetreuung auf die Klassen 5 und 6 erweitert.

Ich möchte hier erst einmal enden, um mir die Möglichkeit zu lassen, mich eventuell nach oder während der Diskussion noch einmal einzubringen.

[Uwe Doering (Linksfraktion): Das war Ihre Aktuelle Stunde?]

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit und halte das für den ausgesprochen richtigen Weg in der Weiterentwicklung des Berliner Ganztagsschulsystems. – Schönen Dank!

[Beifall bei der CDU und der SPD]

Vielen Dank, Herr Kollege Schlede! – Für die Fraktion der Grünen hat jetzt der Kollege Mutlu das Wort. – Bitte sehr, Herr Mutlu!

Sehr geehrte Kollegen! Wenn ich in Ihre Reihen gucke, in die Reihen der Koalition, und jetzt einfach mal Ihren Redebeitrag Revue passieren lasse, dann frage ich mich: Das war Ihre Aktuelle Stunde?

[Beifall bei den GRÜNEN, der LINKEN und den PIRATEN]

Das war Ihre Botschaft? Da hätten wir doch lieber über das Humboldt-Forum reden sollen, dann hätten Sie wenigstens etwas lernen können! – Hören Sie jetzt gut zu, vielleicht lernen Sie jetzt auch etwas! – Ich finde es unverschämt, wie Sie mit diesem wichtigen Thema umgehen.

Sie machen uns weis, dass Sie hier die Hortlücke schließen, dabei haben Sie selbst vorhin, bei der Begründung der Aktuellen Stunde, von der Lücke in der Lückenschließung geredet. Aber das ist es nicht allein! Das ist nicht nur eine Mogelpackung, was Sie hier präsentieren. Sie suggerieren, dass Sie die Lücke schließen wollen in den Klassen 5 und 6, und dabei schaffen Sie die Ferienbetreuung in den Klassen 5 und 6 ab. Sie schaffen die

Ferienbetreuung für die Schülerinnen und Schüler der gebundenen Ganztagsschulen in den 5. und 6. Klassen ab.

[Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN, der LINKEN und den PIRATEN]

Sie schaffen die Ferienbetreuung in den Klassen 5 und 6 für die Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf ab, und Sie schaffen auch die Ferienbetreuung für die lebensälteren Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf ab. Summa summarum: Das betrifft allein in diesem Bereich 1 200 Schülerinnen und Schüler. – Das ist die Zahl des Senats und keine Zahl, die ich mir irgendwie aus dem Ärmel ziehe. – Deshalb kann ich sagen: Das, was Sie hier präsentieren, ist schlimmer als eine Mogelpackung und geht zulasten der Schülerinnen und Schüler, der Eltern und der Schulen.

Pädagogisch macht das Ganze überhaupt keinen Sinn. Erklären Sie uns doch mal, was daran pädagogisch sinnvoll sein soll!

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den PIRATEN]

Da kommt ein Kollege von der SPD hier nach vorne – ich weiß nicht, ob er jetzt im Raum ist –, redet zur Begründung der Aktuellen Stunde und erzählt uns etwas von Vereinbarkeit von Familie und Beruf und von der Lückenschließung. Der hat das Gesetz scheinbar nicht gelesen. Sie machen das doch für die Familien schlechter! Diejenigen, die wirklich der Betreuung bedürfen, die Familien, die haben jetzt in den 5. und 6. Klassen das Problem, dass sie ihre Kinder in den Ferien irgendwie unterbringen müssen. Was daran für die Familie gut sein soll, das erschließt sich mir nicht.

[Beifall bei den GRÜNEN – Torsten Schneider (SPD): Das ist ja wie in Bayern bei Ihnen!]

Als ich seinerzeit den Koalitionsvertrag und diesen Passus, diese zwei Zeilen über die Schließung der Hortlücke in den Klassen 5 und 6 gelesen habe, da sagte ich mir: Ja, das ist immerhin etwas in diesem Koalitionsvertrag, worüber man sich freuen kann. Nachdem ich diesen Referentenentwurf gelesen hatte, ist mir das im Hals steckengeblieben. Sie haben das verschlimmert, kommen hierher, sind auch noch so – ich hätte fast gesagt – unverschämt und erzählen uns, wir haben kein Geld. – Kollege! Wir sind hier im Parlament und können gern gemeinsam, mehrheitlich im Haushalt eine andere Priorität beschließen.

[Beifall bei den GRÜNEN, der LINKEN und den PIRATEN]

Wir können gern gemeinsam, als gesamtes Haus, weil wir alle der Meinung sind, dass diese Lücke geschlossen werden muss, beschließen: Wir nehmen uns die paar Millionen und stecken sie in die Ferienbetreuung, weil das nicht nur pädagogisch sinnvoll ist, sondern weil das

auch für die Familien bitter nötig ist. – Aber so weit gehen Sie nicht! Sie sagen, wir haben einfach kein Geld. Dann frage ich Sie mal: Wozu sind Sie denn hier?

[Beifall bei den GRÜNEN, der LINKEN und den PIRATEN – Juchzen bei den PIRATEN]

Entschuldigung, lieber Kollege! – Verehrter Kollege, lassen Sie dieses Jaulen doch bitte bleiben! Wir sind hier nicht in der Nordkurve!

[Beifall bei der SPD und der CDU – Martin Delius (PIRATEN): Ist ja spannend!]

In den letzten Tagen – seit dieser Referentenentwurf in der Stadt bekannt ist – habe ich zahlreiche Briefe von Eltern, Verbänden und von Betroffenen, sogar von Schülern, bekommen, und ich verstehe, warum keiner in der Stadt über die Hortlückenschließung Hurra schreit – weil Sie es an dieser Stelle verschlimmbessern und für viele, die jetzt bereits in der 5. und 6. Klasse eine Ferienbetreuung haben, diese abschaffen. Der Grundschulverband schreibt mir, wie schlimm es aussehen wird, wenn es so kommt, wie Sie es planen. Einer Ihrer Kollegen von der SPD aus Pankow, ein Kommunalpolitiker, schreibt mir, und ich zitiere nur aus der Überschrift: „Hortlücke schließen, Betreuungslöcher aufreißen: Senat setzt Vereinbarkeit von Familie und Beruf aufs Spiel“. Das sagt ein SPD-Politiker aus Pankow!

[Beifall bei den GRÜNEN, der LINKEN und den PIRATEN]

Kollegen aus der SPD! Hören Sie auf Ihre Kommunalpolitiker vor Ort, die scheinen an dieser Stelle weiter zu gehen als Sie!

Seit es die Grundschulreform gibt – seit ungefähr 2000 –, redet die gesamte Stadt über diese Hortlücke, die keinen Sinn macht. Spätestens seit der Sekundarschulreform wissen wir, wie unsinnig das Ganze ist. Dennoch wagen Sie nicht einmal einen ganzen Schritt, sondern gaukeln der Stadt vor, Sie würden etwas für die Eltern und die Kinder tun. Es macht wirklich keinen Sinn, von der 1. bis zur 4. Klasse eine Ganztagsbetreuung zu gewähren, bei den 5. und 6. Klassen nichts zu tun und ab der 7. Klasse notwendigerweise aus pädagogischen Gründen die Ganztagsbetreuung anzubieten.

[Zuruf von Torsten Schneider (SPD)]

Ich finde es richtig, dass wir diesen Schritt gehen. Machen Sie aber bitte keine halben Schritte, machen Sie ganze Schritte! Hören Sie auf die Verbände, hören Sie auf die Eltern, hören Sie vor allem auch auf die betroffenen Schülerinnen und Schüler, die es nötig haben! Lassen

Sie uns während der Haushaltsberatungen gemeinsam die Chance ergreifen, die Lückenschließung zu etwas zu machen, was den Namen verdient, statt – wie Herr Schlede es genannt hat – zu einer Lücke in der Lückenschließung! Das brauchen wir nicht, wir brauchen etwas Richtiges, Nachhaltiges, pädagogisch Sinnvolles.

In diesem Sinne appelliere ich an die Vernunft der Koalition: Hören Sie auf Ihre Kommunalpolitiker, hören Sie auf die Eltern, hören Sie auf die Verbände! Vielleicht können wir an einem gemeinsamen Strang ziehen. Ich warte ab, was die Frau Senatorin sagt, und lasse mir ein paar Minuten übrig für nachher.

[Beifall bei den GRÜNEN, der LINKEN und den PIRATEN – Juchzen bei den GRÜNEN]

Vielen Dank, Herr Kollege Mutlu! – Für die Fraktion der SPD hat jetzt der Kollege Oberg das Wort. – Bitte schön, Herr Kollege Oberg!

Herr Präsident! Meine Damen, meine Herren! Manchmal lohnt es sich, eine Dauerkarte des Zoos zu haben, dann kann man häufiger derartige Geräusche hören wie eben nach der Rede von Herrn Mutlu – sehr anregend, kann ich jedem empfehlen!

[Martin Delius (PIRATEN): Hoho! – Zuruf von Christopher Lauer (PIRATEN) – Zurufe von den GRÜNEN]

Diese Koalition ist angetreten, um Berlin mit einer pragmatischen Politik nach vorne zu bringen. SPD und CDU – das ist kein idealisiertes oder überhöhtes Projekt, uns verbindet keine immerwährende Liebe, aber uns verbinden konkrete gemeinsame Ziele. Das treibt diese Koalition an.

Herr Kollege! Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Lux?

Nein! Herr Lux soll sich erst einmal im Zoo eine Dauerkarte kaufen, dann kann er die Frage danach stellen. Der Zoo kann die finanzielle Unterstützung gut gebrauchen!

[Beifall bei der SPD und der CDU – Christopher Lauer (PIRATEN): Vielleicht hat er ja schon eine!]

Ich finde es beeindruckend, dass nach 50 Sekunden Zwischenfragen kommen. Aber, Herr Lux, Sie haben ganz viele Möglichkeiten, später zu fragen.

Die Koalition verbindet gemeinsame Ziele. Für uns ist klar, wir wollen die Stadt wirtschaftlich entwickeln, wir wollen mehr Wachstum, wir wollen mehr Arbeit, und wir wollen mehr Wohlstand. Vor allem wollen wir aber auch mehr und bessere Bildung.

[Martin Delius (PIRATEN): An vierter Stelle!]

Wir wollen, dass jedes Kind in der Stadt eine Chance bekommt, sich zu entwickeln. Jedes Kind soll optimal gefördert werden.

[Martin Delius (PIRATEN): Nur nicht in den Ferien!]