Özcan Mutlu
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Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Eigentlich könnte ich viel zu dem sagen, was Herr Buchner jetzt hier
von sich gegeben hat, aber das lasse ich mal. Nur zur Erinnerung, Herr Buchner: Ihr Senat wollte in der letzten Legislaturperiode die Inklusion zum Nulltarif durchsetzen, es regelrecht durchpeitschen, und Frau Scheeres war es, die das aufgehalten hat, weil sie gesagt hat: Es ist notwendig, die Inklusion auskömmlich zu finanzieren. – Sie haben als Koalitionäre im Haushaltsplan Ihrer eigenen Senatorin, die für Inklusion entsprechende Mittel vorgesehen hatte, diese gestrichen. Das ist die Tatsache.
Wenn man sich dann beispielsweise Ihre Lehrerbedarfsplanung anschaut, über die wir letztens im Ausschuss geredet haben, stellt man fest, dass für Sie Inklusion bis zum Jahr 2020 gar nicht auf der Tagesordnung ist, weil Sie kein Wort über Inklusion in dieser Lehrerbedarfsplanung erwähnen und diesbezüglich keine Planung vornehmen. Daher ist dieser Antrag von Frau Kittler und der Linken absolut richtig und vom Timing her auch notwendig. Im Übrigen schließe ich mich Frau Kittler vollumfänglich an. Hier muss was passieren, weil die Unsicherheit in der Stadt bei Eltern von Kindern mit Behinderungen und sonderpädagogischem Förderbedarf und genauso bei Eltern, deren Kinder keinerlei Behinderungen haben, ein Ende haben und endlich Klarheit geschaffen werden muss in Sachen Inklusion. Dazu sind wir im Übrigen auch gesetzlich verpflichtet, weil Deutschland die UNKonvention ratifiziert hat.
So viel zu dem Antrag!
Wenn der Herr Präsident erlaubt – es ist ja bekannt, dass das hier meine letzte Rede ist –, würde ich gerne ein paar Sätze zum Abschluss sagen: Liebe Kolleginnen und Kollegen! Verehrte Mitglieder des Senats! Das ist meine letzte Rede nach 14 Jahren. Ziemlich genau vor 14 Jahren, Oktober 1999, bin ich damals mit Direktmandat aus Kreuzberg hier in dieses Hohe Haus gewählt worden. Damals waren wir nur 14 Grüne und zwei mit Direktmandat. Heute schaut die Situation – auch wenn wir noch in der Opposition sind – anders aus. Wir sind 29 und haben 11 Direktmandate. Das können wir noch ausbauen, ohne Frage. Also, Sie können auch 2016 mit meiner Fraktion rechnen.
Seit meiner Wahl 1999 ist viel Wasser die Spree heruntergeflossen. Es waren gute Jahre, meiner Meinung nach, und teilweise auch erfolgreiche, auch wenn ich nur wenige Monate einer Regierungsfraktion angehören durfte, leider! Es waren 14 Jahre mit Tiefen, aber auch manchen Höhen. Ich verrate Ihnen kein Geheimnis, dass ich am meisten darunter gelitten habe, dass hier immer ritualhaft das Spiel von Opposition und Regierung gespielt worden ist, obwohl es auch viele Dinge gab, die richtigerweise von der Opposition als Thema gesetzt worden sind. Sie
(Dennis Buchner)
haben das, statt das anzunehmen, einfach kopiert und mit einem eigenen Namen wieder eingebracht. Aber sei es drum!
Es gab einen Moment – das werde ich nicht vergessen –, da kam einer aus Rheinland-Pfalz, und der hatte dieses Spiel von Opposition und Regierung zumindest in den Anfangszeiten für die Schulpolitik nicht so verinnerlicht. Also hat er sich dem Vorschlag der Grünen-Fraktion angeschlossen, eine Schulstrukturreform zu diskutieren. Und er hat es in der Tat geschafft, die eigene Fraktion und Koalition davon zu überzeugen, eine Idee der Opposition – in dem Fall der grünen Opposition – aufzugreifen und die größte Berliner Schulstrukturreform seit Beginn der Republik in Angriff zu nehmen.
Wir haben es alle gemeinsam geschafft, die Hauptschulen abzuschaffen. Wir haben das duale Lernen und die integrierte Sekundarschule eingeführt. Manche mögen jetzt sagen, vor allem auf dieser rechten Seite des Hauses, nicht bei den Piraten, sondern bei der CDU: Na ja, so doll war ja die ISS doch nicht. – Ich kann Ihnen sagen: Die ISS wird eine Erfolgsstory, aber dafür ist es notwendig, dass Sie als Koalition, SPD und CDU, endlich die ISS materiell, finanziell, sächlich und personell so ausstatten, dass sie tatsächlich diesen Ansatz, der in der Idee richtig ist, zum Erfolg führt und viel mehr Schülerinnen und Schülern die Möglichkeit auf Abitur, auf höhere Bildung, auf eine gute Ausbildung gibt. Das ist wichtig. Das ist Ihre Aufgabe.
Ich komme zum Schluss. Das ist meine letzte Rede. Manche von Ihnen werden, glaube ich, meine Zwischenrufe vermissen, manche weniger. Aber eines ist sicher: Herr Staatssekretär Rackles wird sich sehr freuen, weil er die Task-Force „Mutlus Kleine Anfragen“ jetzt auflösen und das Personal für andere sinnvolle Zwecke bei sich im Haus einsetzen kann.
Einige Kollegen werden sich freuen, weil jetzt bei dem Wettlauf in punkto spontane Fragen einer, der irgendwie mit dem Finger sehr schnell war, nicht mehr da ist. Sei es Ihnen gegönnt! Ich werde diesen Wettlauf mit Ihnen bei der Spontanen Fragestunde vermissen, weil es das im Bundestag nicht gibt.
Ich blicke zurück. Es waren schöne Jahre. Ich werde Sie definitiv vermissen, manche von Ihnen mehr, manche weniger. Ich denke, dass Sie eine sehr große Verantwortung tragen, alle zusammen – das ist Ihnen sicherlich bekannt –, für diese Stadt, für die Bundeshauptstadt. Ich würde mich freuen, wenn ich vom Bundestag aus auch mal lesen kann, dass hier dieses Spiel von Opposition und Regierung hin und wieder beiseitegelegt wird und man gemeinsam im Interesse dieser schönen Stadt Berlin
Dinge umsetzt, die notwendig sind, denn wir sind ein armes Land.
Einen letzten Satz zu der Parlamentsreform, die gerade diskutiert wird: Als jemand, der lange diesem Haus angehört hat und der weiß, was das für ein Pensum ist, das wir hier alle leisten müssen – wieder: manche mehr, manche weniger –, sage ich: Wenn Sie schon eine Parlamentsreform machen – und das sage ich auch in Richtung meiner eigenen Fraktion –, machen Sie keine halben Schritte! Machen Sie einen ganzen Schritt! Dieses Haus, das Abgeordnetenhaus, ist längst kein Halbtagsparlament mehr. Ich denke, wir sollten unsere Arbeit selber so wertschätzen, dass wir endlich mit diesem Halbtagsparlament Berlin Schluss machen. – Ich danke Ihnen und wünsche Ihnen viel Erfolg, eine glückliche Hand für die Geschicke der Stadt Berlin!
Ich frage die Bildungssenatorin Frau Scheeres: In den Medien war dieser Tage zu lesen, dass einige Gymnasiasten, die das Probejahr nicht bestanden haben, aufgrund der Zusammensetzung ihrer Klasse gegen die Schule geklagt haben. Und zwar hat es in ihrer Klasse einen weitaus höheren Anteil an Kindern mit Migrationshintergrund gegeben als in Parallelklassen. Wie bewerten Sie diese Praxis, und wie werden Sie dafür sorgen, dass
Gymnasien diese Ausnahme nicht zur Regel machen und Kinder mit Migrationshintergrund nicht in besonderen Klassen, die eigentlich im Gesetz verboten sind, zusammenfassen und damit reine Ausländerregelklassen schaffen?
Das ist kein Einzelfall. Ziel der Schulstrukturreform war es, mehr Chancengleichheit zu schaffen. – Sind Sie mit mir der Meinung, dass derartige organisatorische Zusammensetzungen von Klassen der Schulstrukturreform widersprechen und die ganze Schulstrukturreform ad absurdum führen? Und was wollen Sie dagegen tun? Darauf kommt es an jenseits davon, dass jetzt gerade vor Gericht verhandelt wird. Was sollen Sie gegen diese Praxis von vielen, vielen Gymnasien tun?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Thema Früheinschulung beschäftigt uns in diesem Hause schon seit geraumer Zeit. Dieser Antrag ist eine Konsequenz oder ein Ergebnis der Debatten in der Stadt, aber auch in diesem Haus. Leider hat sich die Koalition nicht unserem Antrag anschließen können, was wir außerordentlich bedauern. Warum bedauern wir das? – Weil seit Einführung der Früheinschulung in diesem Land Berlin die Zahl der Schülerinnen und Schüler, die zurückgestellt werden, von Jahr zu Jahr steigt. Warum bedauern wir diese Entscheidung der Koalition? – Weil Ihnen scheinbar die Wünsche, Bedürfnisse der Kinder, aber auch der Eltern egal sind. Wie begründe ich das?
Jetzt haben wir vor einigen wenigen Wochen in der Stadt in einer großen Berliner Tageszeitung lesen können, dass in diesem Schuljahr die Zahl der Rückstellungen auf 3 800 gestiegen ist. Das ist ein rasanter Anstieg im Vergleich zum Vorjahr. Diesen Anstieg haben wir seit Jahren permanent. 3 800 Kinder, deren Eltern der Meinung waren, dass ihr Kind nicht mit fünfeinhalb eingeschult werden soll, das ist ein Zeichen, das Ihnen zu denken geben sollte. Deshalb bedauere ich, dass Sie diesen Schritt heute nicht mitgehen.
(Fabio Reinhardt)
Berlin ist im Übrigen das einzige Bundesland, das immer noch an dieser Früheinschulung festhält. Damals, als die PISA-Studie das erste Mal präsentiert wurde, hat man verschiedene Reformen im Hauruck-Verfahren durchgeführt. Manche davon haben sich als gut erwiesen, andere wiederum nicht. Diese gehört zu den Reformen, die sich mit der Zeit nicht nur überholt haben, sondern auch als falsch erwiesen haben.
Andere Bundesländer, auch unser Nachbarland – wir reden ja immer wieder gerne von der Bildungsregion Berlin-Brandenburg – haben diesen Schritt der Früheinschulung längst zurückgenommen, weil es der Entwicklungspsychologie der Kinder widerspricht. Berlin hält aus irgendeinem Grund daran fest, was ich einfach nicht verstehe.
Ich habe heute zudem eine Erklärung der Senatorin gelesen in Bezug auf die freien Schulen. Da heißt es, es gibt nirgendwo in einem Bundesland die Tatsache, dass freie Schulen bei bewährten Trägern bezuschusst werden von Anfang an. Ich kann dann in die Richtung der Senatorin sagen, auch an dieser Stelle gibt es kein anderes Bundesland, das daran festhält. Dann nehmen Sie sich ein Beispiel an den anderen Bundesländern: Schaffen Sie diese Früheinschulung ab, die den Kindern schadet!
Ich sage das auch als jemand, der das nicht bei seinem eigenen Kind, aber bei den Kindern, die mit meinem Kind eingeschult worden sind, begleitet hat. Meine Tochter wurde damals auch mit fünfeinhalb eingeschult, und sie hatte viele, viele Freundinnen und Freunde in der Klasse, die ebenso mit fünfeinhalb eingeschult worden sind. Viele dieser Kinder sind nicht nur Verweiler geworden, sondern die meisten von denen haben Dinge verloren in der Zeit am Anfang wegen der Früheinschulung, die sie später nicht mehr eingeholt haben. Und viele dieser Kinder haben auch später keine Gymnasialempfehlung bekommen, sondern eher eine Sekundarschulempfehlung. Das sind Indizien dafür, dass diese Früheinschulung schädlich ist, den Kindern schadet. Deshalb sagen wir nochmals: Kommen Sie zur Vernunft, auch wenn Sie unseren Antrag im Ausschuss abgelehnt haben! Stimmen Sie dem heute zu, damit wir endlich den Weg dafür ebnen, die Früheinschulung abzuschaffen!
Mir bleibt nicht mehr so viel Zeit, deshalb will ich kurz etwas zu dem Antrag der Piraten sagen. Auch der will etwas an dem Einschulungsalter ändern. Ich bezweifle aber, dass diese Flexibilisierung der Einschulung, die über zwei Jahre gestreckt werden soll, einen Sinn macht, weil das das Problem der Früheinschulung nicht löst.
Das ist auch absolut unpraktikabel deshalb, weil du einfach ein Datum haben musst, wann du die Kinder ein
schulst. Wenn die Kinder nach Belieben zwei Jahre früher oder ein Jahr später eingeschult werden sollen, dann frage ich mich, wie das denn in den Schulen organisiert werden soll. Dann hast du schon in der ersten Klasse Kinder – –
Das kannst Du gleich sagen, Martin! Kommst ja gleich ran! –
Dann haben wir dieses Chaos erst recht, und wir wollen eben kein Chaos, wir wollen Ruhe, wir wollen, dass die Kinder ihrem Alter entsprechend gefördert werden können und sagen deshalb: Früheinschulung abschaffen, und ich hoffe auf Ihre Vernunft.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gute Bildung ist der Schlüssel für ein friedliches Miteinander und für den Zusammenhalt der Gesellschaft. Gute Bildung ist auch wichtig für die gesellschaftliche Integration und gegen braune Rattenfänger. Gute Bildung ist auch wichtig für das Individuum, aber auch für den Wohlstand unseres Landes. Deshalb, sagen wir, hat dieses Thema nicht nur heute Aktualität, sondern über dieses Thema Bildung in diesem Land Berlin können wir nicht oft genug reden.
Dafür gibt es auch viele Gründe. In dem Koalitionsvertrag der Koalition steht etwas von einem Schulfrieden. Machen wir einmal einen Faktencheck. Zahl der Rückstellungen, heute in der Zeitung zu lesen, angestiegen auf 3 800. Das ist ein Anstieg von 45 Prozent. Zahl der Rückläuferinnen und Rückläufer: 770, gestiegen um 10 Prozent. Wir haben wieder etliche Rückläuferklassen. Der Unterrichtsausfall ist unvermindert, auch im neuen Schuljahr, bei ca. 11 Prozent, wovon ca. 8 Prozent vertreten werden.
Wir haben immer noch eine Mehrklassengesellschaft in den Lehrerzimmern, und zu Recht gehen auch Lehrerinnen und Lehrer auf die Straße, um gegen die Ungleichbehandlung zu demonstrieren.
Wenn man sich dann anguckt, wie es bei unseren Schulgebäuden und Sportanlagen ausschaut, kann man konstatieren, dass diese öffentlichen Gebäude zu den schäbigsten Gebäuden dieser Stadt Berlin gehören. Das sind Gründe, warum wir über Bildung reden müssen.
Das, liebe Koalition aus SPD und CDU, ist kein Schulfrieden, das ist ein Stillstand! In dieser Stadt Berlin können wir uns in Anbetracht der desaströsen PISAErgebnisse, VERA-Ergebnisse, IGLU-Ergebnisse – national wie international stehen wir ganz schön schlecht da – einen Stillstand in der Bildungspolitik nicht leisten.
Man hat das Gefühl, dass man hier eine Kopf-in-denSand-Politik betreibt. Überhaupt fragt man sich, wer macht denn im Land Berlin die Bildungspolitik? Ist es die Bildungssenatorin? Oder ist es der Finanzsenator, der, ohne fachliche Hintergründe zu untersuchen und zu prüfen, den Rotstift ansetzt? Zum Beispiel beim Kinderkünstezentrum in Neukölln, das ein ganz wichtiges Projekt ist. Oder ist es der Fraktionsvorsitzende der SPD, der gerne reist und sehr eifrig im Eiltempo in die Fußstapfen von dem HB-Männchen in Neukölln wachsen will? Man fragt sich, wer macht hier die Bildungspolitik, und ich kann Ihnen sagen: 13 Jahre Bildungspolitik in dieser Stadt – so lange bin ich schon hier in diesem Hause tätig – so viel Konzeptlosigkeit, so viel Ideenlosigkeit wie in dieser Zeit habe ich noch nicht erlebt.
Da fordert ein SPD-Fraktionsvorsitzender ohne Rücksprache mit seiner zuständigen Bildungssenatorin salopp die Kitapflicht. Und als er erfährt, dass dies eigentlich dem Grundgesetz widerspricht, kommt er mit einer Mogelpackung: Wir könnten es ja bei denen machen, die den Sprachstand nicht bestehen. Die Schulsenatorin möchte am liebsten schon bei Kindern mit drei Jahren überprüfen, wie gut sie Deutsch können. Warum nicht gleich in der Krippe? Oder warum nicht gleich bei der Geburt?
(Joachim Krüger)
Es gibt so viele wissenschaftliche Studien, die belegen, dass bei Dreijährigen eine Sprachstandsfeststellung absolut invalide ist und absolut keine Aussage darüber trifft, ob ein Kind fähig ist, Sprache zu sprechen oder nicht.
Und dann schaut man in die Richtung des anderen Koalitionspartners, der CDU. Sie möchte am liebsten wieder eine olle Kamelle aus der Mottenkiste herausholen, die Vorschulklasse. Wie wäre es denn, wenn Sie sich mal gemeinsam an einen Tisch setzen und über Qualität in unseren Bildungseinrichtungen reden und darüber, wie Sie es schaffen wollen, dass es in Berlin mehr Lehrer und Lehrerinnen, mehr Erzieher und Erzieherinnen gibt, dass der Ansatz Qualität auch in der Kita gilt, dass auch in der Schule wieder Qualität herrscht? Das alles ist der richtige Weg. Sie gehen einen falschen Weg, und deshalb, liebe Koalitionäre von der SPD und der CDU, ist es wichtig, dass wir wenige Wochen nach dem Schulstart über Bildung reden. Denn Stillstand in der Bildung kann sich diese Stadt nicht leisten. Sie fördern den Stillstand. Kommen Sie zurück zur Vernunft, machen Sie endlich Bildungspolitik!
Frau Senatorin! Danke für die Informationen! Wir haben damals von vorneherein gesagt, dass es notwendig ist, die Klassenfrequenz klein zu halten. Dieser Schritt ist richtig. Meine Frage ist dahin gehend, ob die Reduzierung um einen Schüler pro Klasse ausreichen wird, um die Zahl der Rückläufer und Rückläuferinnen, die wir in den letzten Jahren vermehrt feststellen konnten, unterzubringen und sogenannte Rückläuferklassen oder – wie in Schöneberg-Tempelhof geschehen – sogar eine ganze Rückläuferschule zu verhindern. Ist es ausreichend, die Klassenfrequenz nur um einen Schüler zu reduzieren, oder müsste da nicht noch mehr gemacht werden?
Herr Präsident! Meine Frage richtet sich an die Bildungssenatorin Frau Scheeres: Wie in einer Berliner Tageszeitung die Tage zu lesen war, ist das Thema Inklusion und Einführung der Inklusiven Schule anscheinend auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschoben, weil Sie in den Eckdaten zum Doppelhaushalt 2014/2015
wohl keinerlei Mittel eingestellt haben, um die Inklusion schrittweise einzuführen. Meine Frage – –
(Präsident Ralf Wieland)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage den Senat:
1. Warum kommt die Senatsverwaltung für Finanzen ihrer Mitzeichnungspflicht nicht nach und bestätigt die von der Senatsbildungsverwaltung im Februar 2013 berechneten Personalkostendurchschnittssätze als Grundlage für die Zuschussberechnung, damit die Schulen in freier Trägerschaft das kommende Schul
jahr 2013/14 tatsächlich mit belastbaren Zahlen planen können?
2. Wann können die Schulen in freier Trägerschaft tatsächlich mit den Bescheiden für das Kalenderjahr 2013 rechnen, und wie kann der Vorgang beschleunigt werden, damit die Schulen in freier Trägerschaft künftig mit aktuellen, verlässlichen Zahlen planen können?
Herr Präsident! Unabhängig von der politischen Entscheidung, wie die künftige Finanzierung oder Bezuschussung freier Schulen geschehen soll – worauf die freien Schulen seit Jahren warten –, wiederhole ich meine Frage. Sie sagten gerade, dass innerhalb von acht Wochen die freien Schulen Bescheide kriegen sollen, und die
acht Wochen sind bekanntlich um. Deshalb meine Frage: Können Sie erklären, warum Ihr Kollege, Finanzsenator Nußbaum, sich bisher nicht veranlasst sah, Ihre „soliden und verlässlichen“ Berechnungen gegenzuzeichnen, damit die Schulen das nächste Schuljahr unabhängig von Abschlagszahlungen planen können?
Herr Senator! Jenseits der Grundsatzfrage teile ich Ihre Einschätzung völlig und gänzlich, dass dieser Zaun niemandem etwas bringt. Da aber diese Fläche aber sehr wohl eine wichtige Naherholungsfläche für ganz Berlin und nicht nur eine Angelegenheit des Bezirks Mitte ist, frage ich Sie, ob Sie in irgendeiner Weise mit den bezirklichen Verantwortlichen vor Ort und mit dem Bürgermeister, der auch ein SPD-Parteibuch hat, diesbezüglich Gespräche führen, um diese unsinnige Maßnahme, die der Bezirk anstrebt, der nicht gerade mit Haushaltsüberschüssen glänzt, sein zu lassen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Kollege hat von Plattitüden geredet.
Mehr als Plattitüden haben wir jetzt gerade von ihm nicht gehört – leider! Kein Wort von Prävention! Kein Wort davon, wie Sie jenseits von technischen Hilfsmitteln tatsächlich Sicherheit vor Ort erreichen wollen. Das ist bedauerlich.
Und es ist bedauerlich, dass die SPD so etwas mitmacht.
Ich zitiere aus dem Antrag: „Hundertprozentige Sicherheit kann es nicht geben“. – Richtig, es sei denn, Sie wollen aus Schulen Hochsicherheitstrakte machen, wie Sie es mit diesem Antrag versuchen.
Sie werden mit Gegensprechanlagen und Hausmeisterassistenten, die nichts anderes zu tun haben werden, als acht bis neun Stunden vor einem Videobildschirm zu sitzen und zu gucken, wer da hinein- und hinausgeht – ob das eine würdige Arbeit ist, wage ich zu bezweifeln –, nichts erreichen außer Pseudosicherheit.
Ich denke, die Berliner Schülerinnen und Schüler, die Berliner Schulen brauchen keine Pseudosicherheit, sondern sie brauchen Prävention.
Die Millionen, die Sie in diese Pseudosicherheit investieren wollen, werden dieses Ziel, das Sie erreichen wollen, eben nicht erreichen; denn wir haben jetzt schon an etlichen Schulen Gegensprechanlagen und teilweise auch Kameras. Diese Kameras und Gegensprechanlagen wer
den nicht genutzt. Teilweise sind sie gar nicht intakt, weil das Geld für die Wartung nicht da ist oder weil das Personal nicht da ist, das vor diesen Gegensprechanlagen oder Bildschirmen stehen sollte. Daher sage ich: Das, was Sie hier von sich geben, sind Plattitüden.
Wir sind der Meinung, dass diese Millionen viel besser in die Prävention investiert werden sollten. Diese Millionen sollten in mehr Sozialarbeiter, in mehr Schulpsychologen, in mehr Lehrkräfte investiert werden, für mehr Aufsicht auch in der Schule. Das ist viel effizienter und bringt vor Ort viel mehr, als wenn Sie jede Kamera mit Gegensprechanlagen und die Türen mit Schließanlagen und Kameras ausstatten.
Ich würde Ihnen raten, Aussagen von Schulleitern und Schulleiterinnen, die sich öffentlich mutig äußern und sagen, Schulen seien keine Hochsicherheitstrakte – im Übrigen ist das auch die Meinung vieler Eltern –, anzuhören und sich zu fragen, warum sie das sagen. Wenn Sie mal in eine Schule gingen, wo solche Anlagen vor Jahren installiert worden sind und heute verstauben, dann wüssten Sie vielleicht, dass diese Investition eine Fehlinvestition ist.
Wir sind der Auffassung, dass vor Ort sicherlich mehr für die Sicherheit getan werden muss. Im Übrigen wird in Ihrem Antrag zu diesen Sexualtätern oder zu diesen schrecklichen Taten gar nichts gesagt. Wenn Sie sich vor Ort bei den Fachleuten erkundigten, wie man das verbessern kann, dann würden Sie erfahren, dass nahezu alle Berliner Schulen, vor allem Grundschulen, bereits Kooperationsverträge mit der Polizei haben, und zwar funktionierende. Sie formulieren in Ihrem Antrag etwas, was einerseits schon existiert. Andererseits erwecken Sie den Eindruck, als würden Schulen nicht mit den Sicherheitskräften oder der Polizei oder den örtlichen Jugendhilfeträgern zusammenarbeiten, als wollten die Schulen das nicht. Auch das geht an der Realität vorbei. Aus diesem Grunde hoffe ich – ich habe bedauert, dass heute die Schulsenatorin nicht anwesend ist –, dass wir im Fachausschuss eine sachliche Diskussion, einen fachlichen Austausch darüber führen und am Ende vielleicht die SPD als größere Koalitionspartnerin merkt, dass die Millionen Euro, die in die Pseudosicherheit investiert werden sollen, einfach nur Murks sind.
Vielleicht werden Sie im Rahmen der Debatte zu dem Schluss kommen, dass wir vor Ort Prävention brauchen, dass wir mehr Lehrkräfte brauchen, dass wir vor Ort mehr Sozialarbeiter und Schulpsychologen brauchen, vor allem auch eine verstärkte Elternarbeit, aber nicht solche technischen Instrumente, die einfach eine Fehlinvestition darstellen.
Herr Präsident! Ich frage den Senator für Finanzen, Herrn Nußbaum. – Sehr geehrter Herr Nußbaum! Sie haben vor über einem Jahr – ich frage aus aktuellem Anlass wegen des Lehrerstreiks – in einer Berliner Tageszeitung die Perspektivlosigkeit für angestellte Lehrkräfte moniert und festgestellt, dass es demotivierend ist und deshalb Anreizstrukturen für angestellte Lehrkräfte nötig sind und dass der Senat daran arbeitet. Was haben Sie in diesen letzten 13, 14 Monaten in konkreten Schritten und Maßnahmen unternommen, um die Situation der angestellten Lehrkräfte zu verbessern?
Herr Senator, danke erst mal für die ausführliche Antwort! Aber sie ist nicht zufriedenstellend, TdL-Klausel hin und her. Fakt ist, wir haben eine Mehrklassengesellschaft in den Lehrerzimmern. Lehrerinnen und Lehrer werden für die gleiche Arbeit in mehreren unterschiedlichen Stufen bezahlt. Fakt ist aber auch, dass die Lehrerinnen und Lehrer, die jetzt den vierten Tag streiken, das nicht aus Jux und Tollerei machen. Daher meine Frage an Sie konkret: Werden Sie sich mit der GEW und anderen Lehrerverbänden endlich an einen Tisch setzen, damit man diese unsägliche Situation, die im Endeffekt auch dazu führen könnte, dass die Schülerinnen und Schüler die Leidtragenden sind, die am wenigsten dafür können, dass das endlich mal beendet wird bzw. man einen gemeinsamen Weg findet, den der Senat in Anbetracht der Haushaltslage, aber auch die Gewerkschaften und Lehrer mitgehen können, einen Weg, der beide Seiten zufriedenstellt?
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kollegen! Ja, es wäre eine schöne Überraschung gewesen, wenn Herr İlkin Özışık mal auf eine Kurzintervention reagiert hätte, aber das hat er bisher noch nicht geschafft. Aber das kommt ja vielleicht noch.
Als meine Kollegin Frau Kittler geredet hat, habe ich mir gedacht, eigentlich brauche ich nur nach vorne gehen und sagen, ich schließe mich dem allen an und muss diese Rederunde nicht umsonst in die Länge ziehen, weil der Antrag nicht nur richtig, sondern notwendig ist.
Beim Redebeitrag des Kollegen Özışık aber, der Vertreter der Regierungskoalition ist – und zwar der größeren Fraktion –, habe ich am Anfang gedacht, er halte eine Oppositionsrede. Dann aber hat er immer wieder davon geredet, wie sehr sich die SPD mit diesem Thema beschäftigt – sie beschäftigt sich angeblich seit Jahren damit, haben wir gehört. Da frage ich mich: Verdammt noch mal, wenn Sie sich seit Jahren mit diesem für Berlin so wichtigen Thema beschäftigen – wo sind denn Ihre Konzepte? Wo sind Ihre Lösungsvorschläge? Was tun Sie für die Tausenden angestellten Lehrerinnen und Lehrer, die sich – zu Recht – in dieser Stadt über die Mehrklassengesellschaft in den Lehrerzimmern beschweren? Wel
che Lösungsvorschläge haben Sie? Erzählen Sie mal davon, statt davon, wie sehr Sie sich angeblich bemühen! Das reicht nicht.
Sie sind – wie vorhin auch meine Kollegin Schillhaneck in Richtung Ihres Fraktionsgeschäftsführers festgestellt hat – in der Verantwortung, Sie sind gewählt, in dieser Stadt endlich mal was gegen die Probleme zu tun, statt zu quasseln und so zu tun als ob. Wir haben das Problem der Mehrklassengesellschaft in den Klassenzimmern, wir haben das Problem der Drehtürverbeamtung. Die Senatorin hat sich dieses Problems glücklicherweise angenommen, der Koalitionspartner macht da noch Probleme, mal gucken, was da noch passiert. Herr Nußbaum hat schon vor einem Jahr gesagt, dass das nicht gehen kann, dass angestellte Lehrerinnen und Lehrer für die gleiche Arbeit weniger Geld bekommen – auch da warten wir seit einem Jahr auf Lösungsvorschläge. Wir wissen, dass jedes Jahr nahezu 1 400 Lehrerinnen und Lehrer in Pension gehen, die Berliner Unis aber nicht so viele Lehrerinnen und Lehrer ausbilden. Wir wissen, dass der Standort Berlin noch attraktiv ist. Wenn man aber bedenkt, dass die Lohnunterschiede zwischen Berlin und anderen Bundesländern immer größer werden, als Folge
dann keine Lehrer aus anderen Bundesländern mehr nach Berlin kommen, haben wir ein großes Problem. Wir haben das Problem, dass wir keine Stellen besetzen können. Der Unterrichtausfall, der derzeit bei 11 Prozent liegt und seit Jahren stagniert, wird ansteigen. Ihnen scheint das egal zu sein, Sie wollen lieber reden – wir wollen Taten! Wir wollen, dass Sie endlich handeln und nicht nur reden!
Wir wollen auch – und deshalb ist der Antrag der Linken richtig – endlich mal hören, was Sie für die jungen Lehrkräfte tun wollen, was Sie für die älteren Lehrkräfte tun wollen, was Sie endlich in punkto Arbeitszeit und Arbeitszeitgerechtigkeit in den Berliner Schulen tun wollen. Seit Jahren ist das Thema nicht aufgegriffen worden. Wir haben eine sehr umfangreiche Schulstrukturreform vorgenommen, aber die Arbeitszeiten sind seit 1999 unverändert, die letzte Arbeitszeitreform ist nämlich ewig her. All das sind Probleme, die einer dringenden Antwort bedürfen – neben den vielen Baustellen, die wir in punkto Bildung in Berlin haben. Deshalb verlange ich von dem Vertreter der Regierungsfraktion mehr als leere Worthülsen. Ich verlange von ihm, dass er endlich mal sagt, wohin die Reise geht und sich nicht immer hinter der Opposition versteckt und sagt: Opposition, tu mal! – Ihr werdet dafür bezahlt, dass ihr endlich die Probleme angeht, nicht wir alleine!
Wir sind auch der Meinung, dass in punkto Öffnung der Schulen viel mehr getan werden kann: Öffnung für Seiteneinsteiger bzw. auch für pädagogisches Personal, das nicht unbedingt ein zweites Staatsexamen hat, sondern die Schule unterstützt, weil die Schule viele Aufgaben übernimmt, sie viele Anforderungen erfüllt, die an sie gestellt werden. Aus dem Grunde ist der Antrag richtig. Wir werden das im Schulausschuss vertieft erörtern, und ich hoffe, da können Sie was lernen, Herr Özışık! Ich hoffe auch, dass Sie endlich mal handeln, statt immer nur leere Worthülsen von sich zu geben.
Sehr geehrte Frau Senatorin! Jenseits von irgendwelchen Personalentscheidungen und dieses Einzelfalles: Können Sie sich in Anbetracht der Personalsituation an Berliner Schulen und etlicher unbesetzter Funktionsstellen an Berliner Schulen grundsätzlich vorstellen, dass Lehrkräfte oder auch Schulleiter, die kostenfrei und auf freiwilliger Basis ihr Kollegium unterstützen wollen, die Möglichkeit dazu bekommen?
Liebe Frau Kollegin! Ich weiß, dass Sie in den letzten elf Jahren nicht an der Regierung waren, aber Ihre Fraktion schon. Wer oder was hat Sie daran gehindert, in den vergangenen elf Jahren dieses Dilemma, dieses Problem zu lösen – finanziell wie materiell und personell?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zunächst einmal ist es richtig und wichtig, dass wir die Mehrklassengesellschaft in Berliner Lehrerzimmern aufheben und der Vergangenheit angehören lassen. Dazu müssen wir alle gemeinsam an einem Strang ziehen, ohne Frage. Deshalb war auch der Protest der Lehrkräfte und der Erzieher letzte Woche als Signal richtig und wichtig. Wir solidarisieren uns auch mit ihnen. Aber man darf hier nicht so
tun, als ginge es den Lehrerinnen und Lehrern und den Erzieherinnen und Erziehern nur um Geld. Es ging ihnen nicht nur ums Geld, sondern sehr wohl darum, dass sie bessere Arbeitsbedingungen bekommen, dass sie auch vernünftige Arbeitszeiten haben und dass es wieder einmal gute Bildung in den Berliner Schulen gibt. Ich finde dahin gehend haben sie alle unseren Beifall und unsere Solidarität verdient.
Aber viel mehr, denke ich, braucht man jetzt an dieser Stelle nicht zu sagen, weil dieser Antrag der Linken gut gemeint ist, ohne Frage, aber es laufen Tarifverhandlungen zwischen den Parteien. Und die nächsten Gespräche finden im März statt. Ich weiß nicht, ob ein Antrag mit ganz konkreten Forderungen, der eine bestimmte Gruppe herausnimmt, die Lehrerinnen und Lehrer, und der sagt, so muss das sein und nicht anders, uns dem Zusammenhang und in dieser Zeit weiterbringt. Ich finde, wir sollten sehr wohl lieber auf beide Seiten, die gerade aufeinander zugehen, die auch bestrebt sind, Lösungen zu finden, warten, als dass wir jetzt mit solchen Anträgen die Gespräche eventuell behindern. Ich habe vorgestern lesen können, dass auch der Senat Interesse hat, den Forderungen der Lehrkräfte entgegenzukommen. Ich hoffe, dass es zur Zufriedenheit der Lehrkräfte ist.
Wir werden diesen Antrag sicherlich im Ausschuss noch behandeln. Bis dahin haben wir auch hoffentlich erste Ergebnisse von den Gesprächen. Wenn es so kommt, dass der Senat sich nicht bewegen möchte, dann müssen wir ihn als Abgeordnetenhaus dazu treiben, hoffentlich mit Mehrheit des gesamten Hauses, aber so weit sind wir noch nicht. Deshalb sage ich: im Ausschuss beraten und dann abwarten, was kommt! …
Meine Frage richtet sich auch an Herrn Regierenden Bürgermeister Wowereit.
Verehrter Herr Regierender Bürgermeister! Mir liegt es wirklich fern, einen Keil in Ihre Koalition zu treiben.
Was würde ich mir denn einbilden!
Und meine Frage dahin gehend: Habe ich Ihre langen Ausführungen – damit es auch im Protokoll steht – richtig verstanden, dass Sie in der Frage der Verbeamtung nicht klein beigeben werden?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe mich gefragt: Warum verlagern wir diese Diskussion nicht in den Fachausschuss und führen sie dort.
Aber die Kollegen wollten reden. Aber nach dem Redebeitrag von Herrn Özışık frage ich mich, wie oft wir noch darüber reden sollen. – Herr Kollege! Sie haben scheinbar nichts verstanden. Ihre Aufgabe ist es nicht, zu appellie
ren und zu vermitteln. Sie bilden hier die Regierungskoalition. Sie müssen handeln und auf die Bedürfnisse, die die Lehrerinnen und Lehrer haben, in irgendeiner Art und Weise antworten. Sie sind Teil der Regierungsfraktion, nicht irgendein Abgeordneter!
Ich kann nur sagen: Gott sei Dank ist viel mehr Sachverstand in der Senatsschulverwaltung, und ich bin optimistisch, dass die Senatsschulverwaltung, nachdem sie die Eckpunkte für den Haushalt aufgestellt hat, eine hoffentlich einvernehmliche Lösung mit den Betroffenen finden wird. Das ist wichtig, das ist notwendig. Wenn das nicht geschieht, wenn es da kein Entgegenkommen gibt, dann ist es in der Tat ein Vertragsbruch, der sich nach so vielen Jahren eben derart darstellt, dass Lehrerinnen und Lehrer, die jahrelang in diese Arbeitszeitkonten eingezahlt haben, jetzt plötzlich diese Stunden nicht mehr nutzen können.
Wir reden auch nicht über die Vergangenheit, sondern über die Zukunft. Hier wurde gesagt – und ich zitiere noch einmal Herrn Özışık –: Leider wurde bei den Lehrerinnen und Lehrern diese Arbeitszeiterhöhung nicht zurückgenommen. – Das „leider“ hat er betont. – Herr Kollege! Sie können dieses „leider“ wieder aus der Welt schaffen, indem Sie bei den anstehenden Haushaltsberatungen dafür sorgen, dass die Lehrerinnen und Lehrer diese Mehrarbeit durch die Hintertür endlich bezahlt bekommen oder diese Stunden zurückgenommen werden. Das können Sie tun!
Keiner hindert Sie daran. Keiner hindert auch Ihren Koalitionspartner daran, dass diese Stunden, die damals bei den Lehrerinnen und Lehrern nicht zurückgenommen worden sind, jetzt zurückgenommen werden oder eine Lösung gefunden wird und es eine Win-win-Situation für beide Seiten gibt – für die Verwaltung wie für die betroffenen Lehrerinnen und Lehrer. Das ist ganz wichtig, und daran sollten wir gemeinsam arbeiten. Wir sollten auch die Chance nutzen, uns im Fachausschuss darüber auszutauschen. Vielleicht kann uns auch die Senatsverwaltung bis dahin erklären, was sie denn als Angebot an die Gewerkschaft in der Tasche hat. Hoffentlich ist es ein Angebot, mit dem beide Seiten leben können. Das ist ganz wichtig.
Ich muss aber auch etwas zu Rot-Rot sagen, weil Frau Kittler jetzt quasi mit der Fahne voran als Retterin der Lehrerinnen und Lehrer nach vorne marschiert. Man muss sich dann fragen: Sie waren doch in den letzten zehn Jahren in der Regierung. Warum haben Sie denn diese Mehrarbeit, die Sie den Lehrerinnen und Lehrern auferlegt und bei den Beamten zurückgenommen haben, nicht auch bei den Lehrern zurückgenommen? Wer hat Sie denn daran gehindert?
Kommen Sie also nicht mit solchen scheinheiligen Anträgen, sondern leisten Sie Ihren Beitrag auch in der Opposition, um eine Lösung zu finden! Ich bin der Meinung – und die letzte Minute nutze ich noch dafür –, dass wir jeden Schritt unterlassen sollten – wir alle zusammen, auch die Exekutive –, mit dem der Arbeitsplatz für Lehrerinnen und Lehrer in Berlin an Attraktivität verliert und mit dem die Lehrerinnen und Lehrer, die in Berlin ausgebildet werden, diesem Bundesland den Rücken kehren. Auch die Arbeitszeitkonten sind ein Teil davon.
Lassen Sie uns gemeinsam daran arbeiten, dass die Lehrerinnen und Lehrer, die in der Berliner Schule gute Arbeit leisten, auch in Zukunft dies tun können!
Ich weiß gar nicht, was dein Problem ist, mein Lieber! Ich höre deine Sprüche nicht, da musst du schon lauter werden! – Ich finde, wir sollten gemeinsam daran arbeiten, dass der Arbeitsplatz für Lehrerinnen und Lehrer ein attraktiver bleibt, dass unsere Lehrerinnen und Lehrer hierbleiben und dass andere Lehrerinnen und Lehrer weiterhin nach Berlin kommen. Da sollten wir nicht dieses Spielchen von Opposition und Regierung betreiben.
Das ist ja schön, dass Sie lachen! Aber da hätten Sie bei Ihrem Kollegen viel länger lachen müssen, weil der nämlich nichts verstanden hat. – Danke sehr!
Wenn ich Lehrer wäre, würde ich bei dieser Rederunde nicht nach vorne kommen.
Aber das ist ein anderes Thema. – Liebe Frau Kollegin Kittler! Da Sie diesem Haus in den letzten zehn, zwölf oder dreizehn Jahren nicht angehört haben, kann ich Ihnen eines sagen: Es ist ja schön und gut, dass Sie diese Mehrarbeit in der Vergangenheit kompensiert haben. Das war auch richtig, das war auch wichtig. Aber warum haben Sie denn nicht die Voraussetzungen in den acht Jahren von 2003 bis 2011 geschaffen, damit eben so etwas, wie wir es jetzt in Zeiten der Haushaltsnot haben, nicht passiert? Warum haben Sie diese Mehrarbeit, die Sie verordnet haben, nicht einfach zurückgenommen und auf irgendwelche Kompensationen verzichtet?
Wir können für die Lehrerinnen und Lehrer nur hoffen, dass sich Herr Nußbaum an dieser Stelle bewegt und den Lehrerinnen und Lehrern diese Kompensation weiterhin gewährt. Aber der richtige Weg wäre gewesen, 2003 das, was bei den Beamten passiert ist, auch bei den Lehrerinnen und Lehrern durchzuführen, damit wir heute nicht über Kompensation und Lehrerarbeitszeitkonten diskutieren und streiten müssten. Das ist nachhaltige Politik, Frau Kollegin Kittler, und nicht das, was Sie hier von sich geben!
Meine Frage richtet sich an den Innensenator Herrn Henkel. – Am 5. November dieses Jahres hat der Fußballclub BAK 07, der uns sehr erfolgreich im DFB verteidigt hat, indem er Hoffenheim aus dem Turnier gekickt hat, rassistische Briefe mit übelstem volksverhetzendem Inhalt bekommen. Meine Frage an Sie in Anbetracht der aktuellen Debatte um NSU und Rechtsextremismus im Allgemeinen: Wie schätzen Sie die Gefahrenlage für den Klub und die Fußballspieler ein? Was werden Sie als Sport- und Innensenator tun, um BAK 07 – wie aber auch andere Vereine in Berlin – vor rechtsextremistischen Angriffen, Pöbeleien und Beleidigungen, die volksverhetzenden Inhalts sind, zu schützen?
Herr Senator! Der BAK leistet große Arbeit in Sachen Integration, aber auch für die Jugend, und er ist in diesem Bereich so erfolgreich wie auch unser Kreuzberger Verein Türkiyemspor. Daher meine konkrete Frage, was Sie in diesem Fall zu tun gedenken, damit Spieler und Vertreter des Vereins, wenn sie zum Poststadion gehen, nicht Angst haben müssen, angegriffen zu werden. Hier in dem Brief steht z. B. – ich zitiere –:
Man versteht schon überhaupt nicht, dass so ein primitiver Abschaum in der Liga spielt. Ihr Barbaren habt hier gar nichts zu suchen.
Und dann steht hier:
Verschwindet, sonst Ofen!
Das sind schon harte Worte, die nicht auf die leichte Schulter genommen werden können und dürfen. Also einerseits ist die strafrechtliche Verfolgung notwendig – ohne Frage –, aber was tun Sie im konkreten Fall zum Schutz der Spieler und der Fans des Vereins, die zum Sportstadion gehen?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Berlin hat im Reformeifer von PISA vor sieben Jahren die sogenannte Früheinschulung per Gesetzesänderung eingeführt. Das war eine ganz banale Änderung des Stichtags zur Einschulung, und damit waren am Ende fünfeinhalbjährige Kinder schulpflichtig. Wir haben damals diesen Schritt begrüßt, weil wir der Meinung waren, dass es durchaus notwendig ist, die Kinder so früh wie möglich an die Schule heranzuführen.
Allerdings sind seither Jahre vergangen, und wenn man sich anguckt, wie sich das entwickelt hat, wie sich die Zahl der Kinder entwickelt hat, die z. B. in der Schulanfangsphase länger verweilen, und wie sich die Zahl der Kinder entwickelt hat, die auf Elternwunsch hin zurückgestellt werden, muss man schon konstatieren: Diese Reform scheint nicht den Erfolg gebracht zu haben, den wir uns hier in diesem Haus gewünscht haben.
Ich finde, wir sollten Reformen, die sich als nicht erfolgreich erwiesen haben, wieder zurücknehmen, und das ist das Ziel dieser Gesetzesänderung. Hierzu bitte ich um Ihre Zustimmung.
Berlin hat damals diese Reform gemacht, und Berlin war nicht das einzige Bundesland, das diese Reform durchgeführt hat. Mehrere Bundesländer sind diesen Weg gegangen, aber zwischenzeitlich ist Berlin das einzige Bundesland, das an dieser Regelung festhält. Kein anderes Bundesland hat eine Einschulung mit fünfeinhalb Jahren, und unser Nachbarland Brandenburg hat wie viele andere Bundesländer auch den Stichtag auf den 30. September zurückgelegt. Wir sind der Meinung, auch im Interesse der gemeinsamen Bildungsregion Berlin-Brandenburg sollte in Berlin dieser Schritt ebenfalls gegangen werden, sodass die Kinder, die bis zum 30. September des Jahres schulpflichtig werden, in die Schule kommen und die anderen, die nicht in die Schule kommen, weiter in der Kita bleiben können.
Das bedeutet, dass wir mehr Kitaplätze schaffen müssen – ca. 6 000 zusätzliche Kitaplätze. Das ist eine Aufgabe für uns alle. Das bedeutet aber auch, dass wir aufgrund der Veränderung des Stichtages vermutlich einen leichten Personalüberhang in der Schule haben werden. Diesen leichten Personalüberhang sollten wir wohlwollend annehmen und im Schuletat belassen. Das ist unsere Auffassung. Wir sollten diesen leichten Überhang in den Bereichen einsetzen, wo der Bedarf am größten ist und Hilfe und Unterstützung am nötigsten sind. Das ist in den sogenannten sozial benachteiligten Gebieten der Fall, in den Schulen, die mit Problemen behaftet sind. Die freuen sich über jede weitere Lehrerstunde, über jeden weiteren Lehrer und über jede weitere Lehrerin.
Liebe Kollegen von der SPD und von der CDU! In der Presse habe ich wiederholt gelesen, dass Sie auch diese Früheinschulung kritisch sehen. In dem Sinne hoffe ich, dass Sie dieses Angebot, das wir Ihnen mit der Stichtagsänderung bzw. dieser Gesetzesänderung machen, annehmen und diesen Weg mitgehen und vielen Eltern und vielen Schülerinnen und Schülern, aber auch den Schulen diese Last nehmen. Eltern und Schulen beschweren sich, dass Kinder viel zu früh in die Schule kommen, und Schulen beschweren sich, dass sich Lehrerinnen und Lehrer aufgrund der verschiedenen Reformen der letzten Jahre überhaupt nicht auf diese ganz jungen Kinder einstellen können.
Sicherlich gibt es Kinder, die mit fünfeinhalb so gut sind und vom Intellekt her dem Unterricht folgen und gleich einsteigen können, aber für überaus viele Kinder ist das ein Problem. Das sehen wir auch anhand der Zahlen der Kinder, die länger in der Schulanfangsphase verweilen, wie ich anfangs gesagt habe. Bei der Einführung der Früheinschulung lag die Zahl der Kinder, die länger in der SAPh, also der Schulanfangsphase, bleiben mussten, bei 230. In der Zwischenzeit reden wir von 3 300 Kindern, die ein Jahr länger in der Schulanfangsphase bleiben müssen – Tendenz steigend. Dasselbe gilt für die Zahl der Rückstellungen. Die Zahl der Rückstellungen ist
in den letzten Jahren immer wieder angestiegen – im letzten Schuljahr auf insgesamt 2 300 Schülerinnen und Schüler, auch hier Tendenz steigend. Es sind nahezu zehn Prozent der Schüler, die die Rückstellungsmöglichkeit in Anspruch genommen haben.
Meine Damen und Herren von der Koalition! Das sollten für uns Signale sein, dass diese Reform, die sich nicht als erfolgreich erwiesen hat, zurückgenommen wird.
Ich komme zum Ende. – Ich kann meinen Appell an Sie wiederholen: Lassen Sie das Spiel von Opposition und Regierung! Lassen Sie uns gemeinsam im Interesse der Eltern, der Schulen und der Schülerinnen und Schüler an dieser Stelle eine Reform erneut reformieren und Zustände schaffen wie in allen anderen Bundesländern auch! – Ich danke Ihnen!
Herr Präsident! Lieber Herr Kollege Özışık! Ich habe einfach nicht verstanden, was Ihr Problem ist. Sie haben entweder meiner Rede nicht zugehört oder haben den Antrag nicht gelesen. Können Sie mir bitte sagen, wer die SPD, die seit 1995 in diesem Land die Bildungssena
torinnen oder Bildungssenatoren stellt, daran gehindert hat, eine solche Maßnahme zu evaluieren? Warum hat sich diese Senatsverwaltung oder haben Sie sich als Vertreter der Regierungskoalition bislang nicht die Mühe gemacht, sich die Entwicklung der Schülerschaft und derjenigen, die mit fünfeinhalb eingeschult worden sind, anzuschauen? Das ist ein ganz banaler Vorgang. Man muss sich nur die Statistiken anschauen und die Schülerakten auswerten, um zu sehen, welche Schüler mit fünfeinhalb eingeschult wurden, ob sie eine Gymnasialempfehlung erhielten, ob sie bei VERA 3 erfolgreich waren oder ein Jahr länger in der Schuleingangsphase geblieben sind. Man kann alle diese Daten kurzerhand erfassen und evaluieren. Dann wissen wir, ob diese Aussage, die Sie hier tätigen, richtig ist oder nicht. Aber warum tun Sie das nicht, gottverdammt?
Warum tun Sie das nicht? Wer hindert Sie daran? Das ist Ihre Senatorin. Das ist Ihre Koalition. Im Übrigen müssen Sie noch Ihren Koalitionspartner überzeugen. Der ist auch nicht davon überzeugt, was Sie hier erzählen. Das, was Sie über die Ganztagsschule gesagt haben, haben wir seit Jahren gesagt. Es hat nur den Effekt, dass weiterhin die Zahl der Sitzenbleiber, Verweiler und Rücksteller steigt. Das muss doch irgendeine Ursache haben. Bevor Sie etwas abkanzeln, wissentlich oder unwissentlich, sollten Sie es sich genauer durchlesen und informieren. Dann können wir gern weiter darüber reden.
Frau Kollegin! Sie haben aufgezählt, was wir alles wissen.
Was wir nicht wissen? Aber Sie wissen, was wir wissen, nämlich dass Berlin in verschiedenen Grundschuluntersuchungen wie IGLU oder VERA und auch jetzt bei der jüngsten IQB-Studie immer zu dem Schlusslicht der Bundesländer gehört hat. Das wissen wir, das sind Fakten. Meinen Sie nicht, dass all diese Fakten irgendwie mit dem Berliner Schulsystem und auch vielleicht ein wenig mit der Früheinschulung zu tun haben könnten?
Andere Bundesländer, die nicht mit fünfeinhalb Jahren einschulen – –
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! – Danke für diesen guten Zwischenruf, Herr Kollege! Ich habe vorhin auch einen Zwischenruf gemacht. Ich habe, als der Kollege Langenbrinck geredet hat, dazwischengerufen und gefragt: Welches Parteibuch hast du?
Er hat gesagt: SPD. Ich habe mich gefragt: Wie kopflos ist die SPD inzwischen, dass jeder hierher kommen kann und im Namen der SPD so einen Quatsch verbreiten darf?
Es ist unglaublich! Das, was ich gehört habe, haut mich vom Hocker. Ich bin seit zwölf Jahren Mitglied dieses Hauses,
aber einen SPD-Abgeordneten solche Maßnahmen fordern zu hören, Law and Order bis zum Geht-nicht-mehr, am besten gleich nach der ersten Fehlstunde in den Knast, also das haut mich um.
Ich gucke in Richtung Senatorin und in Richtung des Staatssekretärs, der aus Kreuzberg kommt, und frage: Ist das die SPD, von der auch Sie reden? – Ich habe meine Zweifel. Ich habe meine Zweifel aus ganz einfachen Gründen. Der Kollege Langenbrinck hat mehrere Fragen aneinander gereiht, ganz ohne Begründung. Als ich sie las, dachte ich: Na ja, vielleicht kommt ja etwas bei der Debatte. Ich habe aber konkrete Maßnahmen, Ideen und Vorschläge vermisst. Außer eines: Denjenigen, die nicht in die Schule gehen, die fünf Tage Schule schwänzen, kommen wir am besten gleich mit der Polizei und dem Jugendgericht. Leute, wo leben wir?
Ihre Anfrage, lieber Kollege Langenbrinck, vom Sommer dieses Jahres, die zu meiner Überraschung sehr ausführlich von der Senatsverwaltung beantwortet worden ist, ganz akribisch – wie viele Kinder in welchen Bezirken der Schule fern bleiben –, hat eines gezeigt: dass der Bezirk Neukölln, aus dem auch Sie kommen, dreimal so viele Schulschwänzer oder schuldistanzierte Kinder hat wie die anderen Bezirke. Ihr Law-and-Order-Mann, das HB-Männchen Buschkowsky, hat in Neukölln alle möglichen Register gezogen – Polizei nach Hause geschickt,
Bußgelder verhängt –, und trotzdem haben Sie dreimal mehr schuldistanzierte Kinder als zum Beispiel der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg,
wo nicht gleich die Polizei nach Hause geht. All diese Dinge müssten Ihnen doch zu denken geben. All diese Dinge müssten Sie darüber nachdenken lassen, weshalb diese Maßnahmen nicht greifen. Ich kann Ihnen das sagen, es ist ganz einfach: Mit solchen Maßnahmen kriegen Sie die Eltern nicht. Mit solchen Maßnahmen beeindrucken Sie auch die Schüler nicht. Die denken: Okay, dann werde ich eben mit der Polizei zur Schule gebracht – und nach drei Wochen ist es das gleiche Problem.
Nein, die Senatorin hat recht: Wir brauchen Prävention. Wir brauchen Prävention vor Ort, die auch tatsächlich den Namen Prävention verdient, und nicht nur irgendwelche Allgemeinplätze, die ich bisher gehört habe. Wir müssen uns Gedanken darüber machen, warum die Kinder nicht zur Schule gehen. Das hat natürlich etwas mit den Eltern zu tun. Ich bin da ganz bei Ihnen, Frau Senatorin. Die Eltern haben die Verantwortung. Die Eltern haben die Aufgabe, dafür zu sorgen, dass ihre Kinder eine gute Bildung bekommen und dass sie auch jeden Morgen um 8 Uhr in der Schule sind.
Aber was ist denn, wenn diese Eltern ihrer Verantwortung nicht nachkommen? Stecken wir sie in den Knast?
Verhängen wir Bußgelder, die die Eltern überhaupt nicht bezahlen können, weil sie in den meistens Fällen HartzIV-Empfänger sind.
Jemand, der eine leere Tasche hat, den kann man doch nichts mehr aus der Tasche nehmen. Mit solchen Maßnahmen werden Sie die Eltern nicht beeindrucken. Ich bin auch der Auffassung, dass eine SMS, die ein Vater oder eine Mutter jeden Morgen kriegt: Ihr Kind ist nicht in der Schule – einem Elternteil, dem die Bildung des Kindes egal ist, egal sein wird. Damit bekommen Sie auch kein mehr Kind in die Schule.
Ich sagen Ihnen: Prävention ist das richtige Stichwort,
aber Prävention bedeutet erstens mehr Personal, mehr Sozialarbeiter, mehr Schulpsychologen, mehr Familienhelfer, die auch in die Familien gehen, zum Beispiel auch muttersprachliche Familienhelfer und muttersprachliche Schulsozialarbeiter, die einen leichteren Zugang zu den Eltern haben. Aber all das haben Sie nicht getan.
Kollege Langenbrinck! Sie sind erst seit, glaube ich, einem Jahr Mitglied in diesem Haus. Weil ich seit 12 Jahren hier bin, weiß ich, dass in diesem Bundesland seit 1995 – und ich wiederhole: seit 1995 – SPD-Bildungssenatorinnen und -senatoren dieses Amt bekleiden. Wer hat sie denn daran gehindert, diese Maßnahmen zu ergreifen, mehr Schulsozialarbeit zu betreiben, mehr Schulsozialpädagogen, mehr Sozialarbeiter, mehr Schulpsychologen einzustellen?
Wer hat Sie denn dabei gebremst?
Die „bösen“ Linken werden gleich reden. – Aber ich glaube, das Problem liegt nicht bei den Linken, sondern es liegt bei Ihnen, und es ist in Ihrem Kopf.
Ich denke, es tut auch not, das Klima vor Ort zu verändern. Schulen und Bildungseinrichtungen müssen wieder zu Orten werden, wo man gern hingeht. Wenn in Schulen – bei Sanitäranlagen angefangen und bei der Kantine höre ich auf – desolate Zustände vorherrschen und auch noch den Elternhäuser schnuppe ist, ob das Kind etwas lernt, dann gehen diese Kinder ungern zu solchen Orten. Schulen müssen attraktiv gemacht werden, auch von der Gestaltung her. Der Raum, heißt es, ist der vierte Pädagoge. Vielleicht wissen Sie das nicht, aber ich sage es Ihnen hier.
Tun Sie mal etwas dafür, dass sich vor Ort etwas ändert, dass die Schülerinnen und Schüler auch gern in die Bildungseinrichtung gehen, weil sie wissen, dass sie dort eine personelle und materielle wie auch räumliche Ausstattung vorfinden, bei der ihnen das Lernen Spaß macht. Lernen heißt: Es muss eine Umgebung existieren, die auch lernfördernd ist. Lernen muss Spaß machen! Wenn Sie mit solchen Law-and-Order-Maßnahmen kommen, sage ich Ihnen: Es wird sich nichts verändern, und das ist genau unser Problem. Da müssen wir ansetzen, und da müssen wir uns auch fragen, ob Ihnen tatsächlich etwas an der Bildung liegt.
Sie haben über Nacht 444 Millionen Euro zusätzlich im Rahmen eines Nachtragshaushaltes für den Flughafen BER aus dem Hut gezaubert. Aber wenn wir über Unterrichtsausfall reden, wenn wir über zusätzliches Lehrpersonal reden, wenn wir sagen, dass an Schulen in sozial benachteiligten Gebieten – dazu zählt auch Neukölln – kleinere Lerngruppen eingerichtet werden sollen, dass dort mehr Personal eingestellt wird, dann haben Sie dafür kein Geld. Genau das ist unser Problem, Kollege Langenbrinck.
Ich kann Ihnen sagen: Wenn Sie ernsthaft an diesem Thema dran sind, dann setzen Sie genau dort an. Sorgen Sie das nächste Mal bei den Haushaltsberatungen mit uns gemeinsam dafür – da vergessen wir mal das Spielchen von Opposition und Regierung –, dass es genug Mittel für die Schulsozialarbeit gibt, dass die Schulen endlich zu Orten werden, wo das Lernen befördert wird und wo Schülerinnen und Schüler gern hingehen. Wenn es dann nicht klappt, können wir gern weiter reden, warum es nicht klappt. – Ich danke Ihnen!
Als der Kollege – die Allzweckwaffe Oberg – nach vorne marschierte, dachte ich, jetzt kommt etwas Konkretes. Aber er hat nichts anderes gesagt als vorhin.
Kollege! Es gibt einen Unterschied zwischen mir und Ihnen. Ich bin ein Abgeordneter der Oppositionsfraktion, und Sie sind ein Abgeordneter der Regierungsfraktion. Sie haben den Auftrag bekommen, hier etwas zu tun und nicht Fragen zu stellen. Die Fragen sollte vielleicht die Opposition stellen, aber Ihre Aufgabe – Sie stellen die Regierung – ist es zu handeln. Reden Sie nicht nur, sondern handeln Sie! Sie erzählen mir: Wir wollen den Eltern, bei denen aus den begründeten Fällen die Kinder nicht in die Schule gehen, mit Law-and-OrderMaßnahmen begegnen. – Diese Menschen leben doch schon am Existenzminimum! Was wollen Sie denn noch mit Zwangsmaßnahmen erreichen?
Hören Sie doch einfach mal zu: Stecken Sie mehr Geld in die Bildung! Sorgen Sie dafür, dass es mehr Personal gibt! Sorgen Sie dafür, dass die Räumlichkeiten so ausgestattet sind, dass Kinder gern zur Schule gehen, und
reden Sie auch zwischendurch vielleicht einmal mit Ihren Staatssekretärinnen, die ich beide sehr gut kenne, und Ihrer Bildungssenatorin, die ich auch sehr schätze! Vielleicht können Sie von ihr etwas lernen. Sorgen Sie dafür, dass die Legislative, sorgen Sie dafür, dass der Senat den Bildungsetat entsprechend mit Mitteln ausstattet, dass diese Fragen, die Sie hier gestellt haben, eben nicht nur als Fragen und Phrasen im Raum stehen bleiben, sondern dass gehandelt wird! Das sollten Sie sich merken. Sie müssen handeln. Ich darf Fragen stellen, aber Sie nicht.
Frau Senatorin! Jenseits dieses Einzelfalls und der Tatsache, dass nicht jede Gemeinschaftsschule und nicht jede Sekundarschule eine eigenständige Oberstufe haben kann, gibt es in Anbetracht der Tatsache, dass wir in zwei Jahren die ersten Schüler der Sekundarschulen haben, die in die Oberstufen kommen – subjektiv oder nicht – und der Befürchtung von Eltern, dass Sekundarschulen ohne Oberstufe qualitativ „schlechter“ sind, was Nonsens ist, eine Strategie, um diesen Ängsten zu begegnen? Unabhängig davon möchte ich wissen, welche Maßnahmen Sie ergreifen, um den Eltern die Ängste zu nehmen und ihnen deutlich zu machen, dass eine Zusammenarbeit mit Oberstufenzentren und anderen Gymnasien sehr wohl befruchtend und erfolgreich sein kann und die Schüler nicht immer eine Sekundarstufe II am selben Standort haben müssen.
Meine Frage richtet sich an Bildungssenatorin Scheeres. – Wie wir der Presse entnehmen konnten, ist die Zahl der schuldistanzierten Kinder im letzten Schuljahr auf 2 900 angestiegen – eine Anfrage eines Kollegen. Den Vogel hat der Bezirk Neukölln mit 777 abgeschossen – doppelt so hoch wie alle anderen Bezirke.
Ich würde gern von Ihnen, Frau Scheeres, wissen, wie Sie bewerten, dass das HB-Männchen Buschkowsky mit seinen Law-and-order-Maßnahmen – die meisten Bußgelder wurden in Neukölln verhängt – keinen Erfolg hat. Wie wollen Sie dieser Problematik begegnen?
Frau Senatorin! Sie haben gesagt, Berlin sei Vorreiter in der Sprachförderung. Deshalb meine Frage: Wie erklären Sie, dass bei dem Vorreiter in der Sprachförderung, dem Land Berlin, seit Jahren bei Kindern, die eingeschult werden sollen, Sprachdefizite in einem Anteil von 15 bis 18 Prozent festgestellt werden – trotz mehrjährigen Kitabesuchs? Wie erklären Sie es, wenn wir solch ein Vorreiter sind, dass wir so viele Kinder nicht erreichen können?
Ich frage den Senator für Inneres: Nach dem brutalen Übergriff auf den Rabbi, der auch in den Medien breit diskutiert worden ist, und antisemitische Pöbeleien gegen eine Schulklasse, ist jetzt der Generalsekretär des Zentralrats der Juden in unserer Hauptstadt bedroht worden. Die Häufung antisemitischer Angriffe und Bedrohungen ist offensichtlich. Was tun Sie und Ihre Behörde, damit der
artige antisemitische Bedrohungen und Übergriffe in dieser Stadt endlich zurückgehen?
Als Innensenator und Bürgermeister sitzen Sie ja am Senatstisch. Es ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, da haben Sie völlig recht. Welche Konsequenzen werden Sie mit Ihrer Kollegin Scheeres zusammen zum Beispiel für die Präventionsarbeit daraus ziehen, insbesondere für die Jugendarbeit und für die Bildungsarbeit, damit sich derartiges antisemitisches Gedankengut in unserer Gesellschaft nicht breit machen kann?
Frau Senatorin! In diesem Zusammenhang habe ich die Frage: Sind Ihnen ähnliche Fälle aus Berlin bekannt, und warum wurden in den letzten zehn Jahren – schließlich war dieser Lehrer S. schon früher auffällig – keine Konsequenzen daraus gezogen und das Disziplinarrecht oder -verfahren so angepasst, dass Derartiges schnell und nachhaltig geahndet werden kann?
Herr Kollege Otto! Wie bewerten Sie denn den Umstand, dass die Senatsbänke alle leer sind, der Fraktionsvorsitzende der sogenannten Mietenpartei SPD nicht im Raum ist
Wo denn? Ach, jetzt kommt er gerade, sehr gut! – und ansonsten auch die Sitze der Koalition relativ licht sind?
Frau Senatorin! Danke, dass Sie Ihre Ausführungen, die Sie letzte Woche vor dem Schulausschuss gemacht haben, noch einmal wiederholt haben, damit der Kollege das auch versteht. Ich komme nun zu meiner Frage: In Anbetracht der Tatsache, dass etwa 1 500 Lehrerinnen und Lehrer dauerkrank sind – die Schwangerschaftsurlaube sind dabei nicht berücksichtigt –, und in Anbetracht der Tatsache, dass wir 950 Schülerinnen und Schüler in Berlin haben, die das Gymnasium als Rückläufer verlassen mussten, von denen 98 das Gymnasium freiwillig verlassen haben, frage ich Sie, ob Sie immer noch ruhigen Gewissens sagen können, dass das Schuljahr gut angelaufen ist, vor allem wenn man berücksichtigt, dass wir in Berlin inzwischen sogar eine Rückläuferschule haben.
In dem Zusammenhang, Frau Senatorin: Wir haben in den Statistiken das Merkmal „Kinder nichtdeutscher Herkunftssprache“. Das wird auch im Schulporträt im Internet dargestellt. Immer mehr Eltern nutzen dieses Instrument, um Schulen quasi dann, wenn der Anteil sogenannter „Kinder nichtdeutscher Herkunftssprache“, wovon viele, sehr viele deutsche Staatsbürger sind, hoch ist, zu meiden. Das führt meiner Ansicht nach dann zu einer Stigmatisierung der Schulen. – Sind Sie der Auffassung, dass dieses Instrument zeitgemäß ist und dass Kinder aus Familien, die in dritter, vierter Generation deutsche Staatsbürger sind, hier leben, immer noch als „Kinder nichtdeutscher Herkunftssprache“ ausgewiesen werden und dadurch die Schulen in eine Abwärtsspirale gezogen werden, wenn deren Anteil zu hoch ist?
Sehr geehrter Herr Dregger! Eine Frage: Sie wissen sicherlich, dass es die Bundeskanzlerin, Frau Merkel, war, die das Amt des Integrationsbeauftragten beziehungsweise der Integrationsbeauftragten in die Zentrale, ins Kanzleramt geholt hat, und Frau Böhmer den Rang einer Staatsministerin bekommen hat. Weshalb sind Sie der Auffassung, dass das, was auf Bundesebene richtig und wichtig ist, nicht auch für Berlin gelten sollte und der Integrationsbeauftragte oder die -beauftragte auch einen entsprechend höheren Rang innerhalb der Senatsverwaltung bekommen sollte, eine Funktion zum Beispiel in der Senatskanzlei?
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es fällt mir sehr schwer, das Lachen zurückzuhalten. Wenn das Thema nicht so ernst wäre!
Ich habe langsam das Gefühl, wir sind im Kindergarten. Was ist denn hier los? Wir reden über ein ernsthaftes Thema, und der bildungspolitische Sprecher der SPDFraktion, einer Regierungsfraktion, kommt hier nach vorne und hat überhaupt keine Meinung, als der Opposition Willkür vorzuwerfen. Das Thema ist sehr ernst. Sie sind seit Jahren an der Regierung. Die Essensversorgung in den Schulen ist miserabel. Sie haben genug Zeit gehabt, endlich etwas zu tun. Kommen Sie mir nicht mit irgendwelchen Konzepten und Berichten und Untersuchungen, die Sie irgendwann bekommen wollen! Handeln Sie! Dafür werden Sie bezahlt.
Das Schulobstprogramm der EU gibt es schon seit 2008. Die EU stellt dafür insgesamt 90 Millionen Euro bereit. Deutschland bekommt davon 20 Millionen Euro per anno. Neun Bundesländer beteiligen sich inzwischen an diesem Programm, Tendenz steigend. Da kann ich nicht nachvollziehen, warum man sich hier hinstellt und sagt, wir können das nicht organisieren, das Obst muss doch gewaschen werden, wie bringen wir denn dieses Obst an die Kinder, bla, bla, bla.
Es geht darum, die Kinder mit einer gesunden Verpflegung, mit Obst zu versorgen und dafür zu sorgen, dass vor allem Kindern, die nicht täglich frisches Obst zu Hause bekommen – aus welchen Gründen auch immer, oft sind es auch finanzielle Gründe – zu helfen. Da können Sie sich nicht hinter irgendwelchen Zuständigkeiten verstecken. Ich finde das beschämend für dieses Parlament und für Sie als Abgeordneten.
Wir werden diese Anträge im Ausschuss beraten. Ich hoffe, dass wir trotz der Meinungsverschiedenheiten – ich hoffe, dass Sie nicht für die SPD-Fraktion in Gänze sprechen – eine Lösung finden, Herr Kollege Özışık, weil ich denke, wir haben hier noch viel zu tun. Es geht nicht nur um das Schulobstprogramm. Nein, es geht darum, dass die Berliner Kinder endlich vor Ort in den Schulen täglich ein gesundes, qualitativ gutes Mittagessen bekommen.
Wenn Sie sich als SPD-Politiker irgendwo anmelden und sagen, wir kommen und essen einmal mit den Kindern, ist das ja eine schöne Idee, aber ich weiß nicht, ob man für 1,97 Euro täglich Essen für Kinder bekommen kann. Das ist eine Zumutung für die Kinder. Wenn Sie glauben, für 1,97 Euro qualitativ gutes Essen zu bekommen, dann glauben Sie auch an den Weihnachtsmann. Ich kann Ihnen nur sagen: Lassen Sie uns gemeinsam an einem Strang ziehen! Verstecken Sie sich nicht hinter irgendwelchen Zuständigkeiten! Sorgen wir alle zusammen dafür, dass die Kinder täglich gesundes, gutes Essen bekommen – ich denke, das sollten wir schaffen – und nicht irgendeinen Fraß von irgendwelchen Kantinen den Kindern vorsetzen, der einfach aufgrund der Preisspanne nicht gut sein kann.
Viele Kinder nehmen das nicht mehr an und essen mittags gar nicht in der Schule. Auch das ist ein großes Problem. Insofern ist das auch eine pädagogische Frage, vor Ort in den Schulen dafür zu sorgen, dass die Kinder mit gutem gesundem Essen nicht nur versorgt werden, sondern sich überhaupt mit dem Thema gute gesunde Essensversorgung auseinandersetzen. Da können wir gerne zusammenarbeiten.
Zwischenfrage? – Ja, Herr Oberg, bitte sehr!
Das ist ja ein schöner Trick, von sich abzulenken, sehr gut.
Ja, sehr wohl haben wir verlangt, dass die Essensversorgung endlich geregelt wird,
dass die Schulen endlich genügend und auskömmlich Mittel bekommen, dass die Kinder gutes Essen erhalten.
Ja, haben wir. Wir können gerne nachher darüber reden. Wir können Ihnen auch gerne die Anträge vorzeigen.
[Beifall bei den GRÜNEN, der LINKEN und den PIRATEN – Wolfgang Brauer (LINKE): Der Herr Oberg tut nur rumstänkern! – Zuruf von Lars Oberg (SPD) – Wolfgang Brauer (LINKE): Jetzt verhält er sich unparlamentarisch! – Ramona Pop (GRÜNE): Jetzt?]
Mein Geschäftsführer hat mir gesagt: Denk an deine Redezeit! – Ich hätte gerne auf all diesen Schwachsinn reagiert, aber ich lasse es mal.
Ich entschuldige mich, Frau Präsidentin, für diese Wortwahl. – Ich habe nur eine Minute. Deshalb fasse ich mich kurz.
Ich freue mich, dass diese Lücke endlich geschlossen ist nach jahrzehntelanger Arbeit in diesem Land Berlin und nach jahrzehntelanger Regierung oder Mitregierung der SPD, die nach Jahrzehnten endlich die Einsicht gezeigt hat, dass diese Lücke geschlossen werden muss, um die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu ermöglichen. Guten Morgen, SPD! Aber tun Sie bitte nicht so, als hätten Sie das selbst gemacht. Ich lobe da an dieser Stelle die Senatorin, die wirklich gekämpft hat, um die Mittel bereitzustellen, aber ich sage Ihnen eines: Wenn die Eltern, die Verbände, die betroffenen Schülerinnen und Schüler nicht auf der Matte gewesen wären, wenn die nicht mit etlichen E-Mails, Briefen und Protesten Sie dazu getrieben hätten, hätten wir heute immer noch eine Lücke in der Hortbetreuung in Klasse 5 und 6, und es wäre eine Schande für diese Stadt gewesen.
Aber egal, sei es drum! Ich freue mich auch über Ihre späte Einsicht. Ich freue mich, dass wir endlich ge
meinsam als Haus bei einem wichtigen Problem an einem Strang ziehen und diese Lücke schließen. Aber das ist ein erster Schritt, weitere müssen folgen. Der weitere Schritt ist nämlich, dass wir endlich auch die Bedarfsprüfung abschaffen. Da würden wir euch gerne prüfen, liebe SPD, und dann sehen wir, ob Ihr es ernst meint. In dem Sinne, die Eltern freuen sich, und ich danke auch all den Eltern, die sich da wirklich tatkräftig dafür eingesetzt haben.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! „Bildung hat Priorität“, heißt es unisono von der Koalition. Ich glaube, niemand hier würde dem widersprechen. Aber wir beschließen heute den Doppelhaushalt 2012/2013. Wenn ich mir genauer ansehe, was im Haushalt steht, insbesondere im Einzelplan 10 – der Kollege von der SPD hat es gerade gesagt –: Familienzentren, Kitaausbau und Lückenschließung. Zum Kitaausbau wird meine Kollegin gleich noch etwas sagen. Das sind gesetzliche Aufgaben, die Sie erfüllen müssen, wenn Sie die Kitafreiheit schaffen. Zum Thema Hortlückenschließung für die Fünft- und Sechstklässler mussten diese Stadt, die Eltern und die Opposition Sie treiben. Wenn ich mir den Einzelplan 10 weiter ansehe, stelle ich fest, dass Sie das Schul- und Sportanlagensanierungsprogramm aufgestockt haben. Auch das ist etwas, wozu die Opposition Sie treiben musste.
Ich sage nach wie vor, dass die 32 Millionen Euro nur ein erster Schritt sein können angesichts des Sanierungsbedarfs in den Schulen und Kitas im Umfang von über 1 Milliarde Euro. Das reicht nicht.
Wenn man sich dann anguckt, welche Notwendigkeiten in der Bildung in dieser Stadt bestehen, stellen wir fest: Berlin belegt immer noch einen der letzten Plätze bei vielen nationalen und internationalen Studien. Was tun Sie dagegen? – Keine Bildungsoffensive für Schulen in besonderen Problemlagen, keine zusätzlichen Lehrerinnen und Lehrer für Schulen in schwierigen Lagen. Wenn man bedenkt, dass Berlin seit Jahren einen Unterrichtsausfall von 11 Prozent hat, was zur Vertretung anfällt, und dass Berlin seit Jahren eine steigende Zahl dauerkranker Lehrkräfte hat – aktuell sind es 1 550 –, fragt man sich, wo Ihre Akzente im Haushalt sind. Wo sind Ihre Pläne, damit Sie das Problem des Unterrichtsausfalls angehen können, wo sind Ihre Pläne zur Gesunderhaltung der Lehrkräfte und zur Gesundheitsprävention? Jedes Jahr, wenn wir Einschulungen haben, werden solche Dinge wie Einschulungs- und Sprachtests durchgeführt. Jedes Jahr im November stellen wir dann fest, dass ein Fünftel bis ein Viertel der Schülerinnen und Schüler – es variiert immer – der deutschen Sprache nicht genügend mächtig sind, um in die Schule zu kommen. Da ist es egal, ob es sich um Kinder nichtdeutscher oder deutscher Herkunftssprache handelt. Wo haben Sie im Haushalt Mittel dafür bereitgestellt, um endlich diesen hohen Anteil von Schülerinnen und Schülern oder besser gesagt von Kindern, die nicht der deutschen Sprache mächtig sind, zu reduzieren? Ich sehe davon nichts im Haushalt.
Wir haben Ihnen mehrere Vorschläge gemacht, die Sie alle bis auf einige wenige abgelehnt haben. Wir haben Anträge gestellt, dass Schulen in besonderen Problemlagen 12 Millionen Euro zusätzlich für mehr Sozialarbeiter, mehr Lehrerinnen und Lehrer, mehr Erzieherinnen und Erzieher erhalten sollen. Was haben Sie getan? – Sie haben noch nicht einmal darüber geredet, weil Sie keine Meinung zu den Problemen in der Stadt haben. Sie haben die Anträge einfach abgelehnt. Wir haben 2 Millionen Euro zusätzlich für die Förderung von Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf gefordert und auch zusätzliche Schulhelferstellen. Was haben Sie gemacht? – Sie haben im Fachausschuss wieder nicht darüber diskutiert, sondern den Antrag einfach abgelehnt. Nur bei den Schulhelferstunden haben Sie, weil der Bedarf wirklich riesig ist, den Ansatz geringfügig erhöht. Das reicht jedoch bei Weitem nicht.
Ich kann nur sagen, „Bildung hat Priorität“ heißt für mich etwas anderes. „Bildung hat Priorität“ bedeutet für mich, dass man im Haushalt entsprechende Weichenstellungen vornimmt und finanziell unterfüttert, was man im Koalitionsvertrag festlegt. Davon sind Sie weit entfernt. Wir werden Sie mit unserer Arbeit hier im Haus dazu treiben, dass Sie endlich das tun, was in der Stadt notwendig ist, nämlich eine bessere Bildung für jedes Kind, das in dieser Stadt zur Schule geht!
Danke, Herr Präsident! – Ich habe eine Frage an den Finanzsenator, Herrn Nußbaum: Wie Sie sicher aus den Medien wissen, beschweren sich die Lehrerinnen und Lehrer immer wieder über eine Mehrklassengesellschaft im Lehrerzimmer. Um den Arbeitsplatz in der Berliner Schule für angestellte Lehrkräfte attraktiv zu machen, hat Berlin vor einigen Jahren beschlossen, die neuen angestellten Lehrer in der höchsten Vergütungsgruppe einzustellen. Vor sechs Wochen haben Sie in der „Berliner Zeitung“ gesagt: – –
Ich zitiere, und dann kommt die Frage. – In der „Berliner Zeitung“ haben Sie diesbezüglich gesagt:
Diese Lehrer haben deshalb kaum Perspektiven bei der Vergütung. Das wirkt demotivierend. Deshalb müssen wir die Anreizstruktur für Lehrer verbessern. Daran werden wir als Senat arbeiten.
Das war vor sechs Wochen. Ich frage Sie als zuständigen Finanzsenator, da wir in Haushaltsberatungen stecken: Haben Sie diesbezüglich im Senat schon irgendwelche Schritte beschlossen oder Maßnahmen geplant, um diese Ungleichbehandlung zu beenden?
Sehr geehrter Herr Senator! Was heißt perspektivisch? Sie sind wahrscheinlich – hoffentlich nicht – noch vier Jahre an den Regierung. Haben Sie dafür einen Zeitplan?
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kollegin Bentele! Ich nehme den letzten Satz gern auf. Ich bin gespannt, was Sie in den Beratungen in dem zuständigen Fachausschuss von sich geben werden. Denn das, was hier als Drucksache vorliegt, ist weder halbgar noch gekocht, es ist einfach eine Mogelpackung. Deshalb bin ich gespannt, ob Sie im Fachausschuss auch tatsächlich die Kritik der Verbände, der Eltern und der Schulen aufnehmen und die vollständige Lückenschließung tatsächlich auch erbringen werden. Diese Gesetzentwurf entspricht dem nämlich nicht.
Ich gehöre seit 1999 diesem Hohen Hause an, und ich kann mich an etliche Diskussionen erinnern, wo wir das Thema der Lückenschließung immer wieder behandelt haben. Wir Grüne haben in jeder Legislaturperiode mindestens einen Antrag gestellt, dass diese Lücke zwischen den Klassen 5 und 6 endlich geschlossen wird. Auch unter Rot-Rot hatten wir leider keinen Erfolg.
Jetzt hat die große Koalition das im Koalitionsvertrag festgehalten, und wir haben uns darüber gefreut. Der Gesetzentwurf wird aber meiner Ansicht nach nicht Ihrem Koalitionsvertrag gerecht. Das betrifft tatsächlich die Ferienbetreuung in der Klasse 5 und 6. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf verschlechtern Sie die Situation, und ich kann nur hoffen, dass Sie das in der Beratung im Gesetz ändern. Wir werden auch mit Änderungsanträgen das Ganze begleiten. Zwei Fraktionen sind ja sogar eifrig gewesen und haben bereits zur ersten Lesung, was ungewöhnlich ist, Änderungsanträge eingebracht. Aber im Sinne der Eltern, der Verbände und der Schulen ist es allemal. Deshalb unterstützen wir die Änderungsanträge der Piraten und der Linken. Wir werden unsere Anträge ebenfalls stellen. Ob Sie es aber ernst meinen, liebe Kollegen von der großen Koalition, das werden wir gleich in der Abstimmung im Anschluss sehen. Wir haben hier nämlich eine Drucksache als Beschlussempfehlung zur Abstimmung, die genau dieses Problem benennt, die ganz konkret die vollständige Schließung der Hortlücke in 5/6 fordert. Und wenn Sie das ernst meinen, lassen Sie das Spiel von Opposition und Regierung, stimmen Sie unserem Antrag zu,
damit dieses Haus in Gänze ein Signal aussendet in die Stadt und sagt: Ja, wir wollen alle gemeinsam dieses Problem lösen. Ihr Gesetzesantrag tut es nämlich nicht.
Ich bin auch gespannt darauf, ob Sie in der Schlussabstimmung des Berliner Haushalts für die Jahre 2012 und 2013 tatsächlich die Mittel dafür bereitstellen. In der gestrigen Sitzung des Hauptausschusses habe ich ganz genau zugehört – die Frau Senatorin ist nicht da – und mit Freude festgestellt, dass das auf ihrer Agenda ist. Aber bevor der Haushalt nicht besiegelt ist und bevor diese Drucksache und ihre Macken nicht korrigiert sind, stimmen wir Ihrem Antrag nicht zu und werden weiterhin für die vollständige Schließung der Hortlücke kämpfen.
Ich bin auch bei Ihren Aussagen hellhörig geworden, Frau Kollegin Bentele, Sie haben ja nahezu das wiederholt, was die Senatorin gestern im Hauptausschuss gesagt hat. Und deshalb hoffe ich, dass Sie dabei bleiben. Und ich hoffe auch, dass Sie mit uns gemeinsam und mit den Eltern und den Kindern gemeinsam an einem Strang ziehen und diese Drucksache 17/0333 entsprechend verändern, damit tatsächlich eine vollständige Lückenschließung erfolgt und wir nicht eine Lücke in der Lückenschließung aufreißen, wie ein geschätzter Kollege von der CDU einmal hier vom Pult gesagt hat. In dem Sinne lassen Sie uns das Spielchen von Opposition und Regierung sein! Lassen Sie uns gemeinsam an einem Strang ziehen! Stimmen Sie unserem Antrag, der heute zur Abstimmung steht, zu! Zeigen Sie, dass Sie es ernst meinen! Dieses Signal brauchen die Eltern und die Schüler, damit die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, eine Überschrift, die auch die SPD immer wieder gern verwendet, tatsächlich gewährleistet wird. In dem Sinne danke ich Ihnen für die Aufmerksamkeit.
Lieber Kollege Allwissend oder Sprecher für alle Fachpolitikbereiche!
Oder Allzweckwaffe – keine Ahnung. Ich verstehe nicht, warum Ihr bildungspolitischer Sprecher da hinten steht und Sie stattdessen hier sprechen. Aber egal, ich reagiere gern darauf.
Die Überschrift unseres Antrags lautet: Bessere Bildung, Ganztagsbetreuung für alle, keine Lücke in Klassenstufe 5 und 6. Da ist klar benannt, worum es geht. Ja, wir meinen es ernst, wir wollen keine besondere Bedarfsprüfung mehr, weil sie einfach unsinnig ist. Und wir wollen auch nicht das, was Sie in Ihrer Drucksache haben, dass Eltern den besonderen Bedarf nachweisen müssen, z. B. Eltern, die Hartz-IV-Bezieher sind, deren Kinder eine Nachmittagsbetreuung sehr wohl aus bildungspolitischen, pädagogischen Gründen in Anspruch nehmen müssten. Die können keinen Nachweis bringen, weil sie zu Hause sind und diesen Bedarf in dem Sinne, wie Sie es defi
nieren, gar nicht haben. Also daher keine Taschenspielertricks: Wenn Sie es ernst meinen mit der Lückenschließung, dann stimmen Sie unserem Antrag zu. Und dann können wir auch gemeinsam schauen, dass wir voranschreiten.
Aber eines möchte ich dennoch feststellen: Ich bin froh darüber, dass nach jahrelanger akribischer Arbeit vieler Eltern, Verbände, Schulen in diesem Bereich und der Grünen-Fraktion, die dieses Thema immer wieder auf die Tagesordnung gesetzt hat, jetzt die große Koalition einsichtig ist. Wir werden gucken, wie einsichtig Sie sind und wie weit Sie gehen. Ich hoffe, dass Sie es ernst meinen. In dem Sinne: Wir werden uns im Fachausschuss austauschen. Mal schauen, wie Sie da reagieren, Herr Kollege!
Meine Frage richtet sich an Frau Senatorin Scheeres. – Dieser Tage war in den Zeitungen zu einem Thema, das wir hier mehrfach diskutiert haben, nämlich die Ferienbetreuung in den Klassen 5 und 6 der Horte, zu lesen, dass diese gesichert sei. Das war mir bisher nicht bekannt. Ich würde gerne von Ihnen wissen, ob diese Aussage eines SPD-Politikers der Wahrheit entspricht. Haben Sie tatsächlich – trotz Ablehnung unserer Anträge in den Haushaltsberatungen – Mittel im Haushalt bereitgestellt? Wurde die Ferienbetreuung der Klassen 5 und 6 generell
abgesichert, oder betrifft das nur die Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf? Wann bekommen wir die Gesetzesvorlage zur Hortbetreuung zur Beratung vorgelegt?
Hat die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft die Absicht, die Lücke in der Ferienbetreuung vollständig und für alle Kinder zu schließen, oder wollen Sie nur die Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf in den Ferien in den Horten betreuen?
Meine Frage richtet sich an die Frau Bildungssenatorin Scheeres. Eigentlich wollte ich heute nicht fragen, aber jetzt muss ich es doch tun. – Was gedenken Sie disziplinarrechtlich gegen einen Schulleiter zu tun, der entgegen bezirklichen wie auch schulaufsichtlichen Abmachungen und Vereinbarungen Eltern Schulklassen an grundständigen Gymnasien verspricht und Sie in derartige Situationen bringt, dass Sie im Nachhinein eine Absage wieder zu einer Zusage ändern müssen?