Der Regierende ist ein Schwurbel-Meister. Wenn es darauf ankommt, verliert er sich ins Vage und Allgemeine.
Sie haben von den 54 Seiten Ausschussprotokoll gesprochen – haben Sie denn alle 56 Seiten tatsächlich gelesen?
Entschuldigung, meine Damen und Herren! Der Redner muss antworten können, man hört sonst die Antwort nicht!
Ich war dabei, ich habe es mir persönlich angehört. – Was in unseren Anträgen steht, ist eigentlich eine Selbstverständlichkeit, und ich gehe davon aus, dass unabhängig davon, wie heute über die Anträge abgestimmt wird, es ohnehin passieren wird, da es auch im Interesse des Bürgermeisters liegt. Es ist nicht so, dass die Opposition Lust am Skandalisieren hätte – glauben Sie vielleicht, uns mache das Spaß?
Die Sache läuft ja, und die Presse schreibt viele Dinge, die gerade nicht hilfreich sind. Es ist schade, dass ich meine Fragen zum Thema nicht stellen konnte, beispielsweise zur Finanzierung des Flughafens, zu den Finanzswaps, wo auch noch keine Klarheit hergestellt wurde. Was Herr Platzeck beispielsweise zu dem Thema in Brandenburg geäußert hat, stimmt in keiner Weise. Natürlich ist es normal, Zinsswaps zur Absicherung von Finanzgeschäften zu machen; was aber im Geschäftsbericht stand – Restrukturierung –, das ist ein Euphemismus für einen teilweisen Kreditausfall. Die Avalkredite, von denen die Rede war, sind auch nicht kostenlos zu haben. Hier wünsche ich mir, dass schleunigst für Klarheit gesorgt wird, denn die Banken werden diese Dienstleistungen sicherlich nicht kostenlos angeboten haben.
Zum Ombudsmannantrag der Grünen – es klang so, als habe der Regierende Bürgermeister das im Prinzip schon zugesagt. Wir halten die Einrichtung einer allgemeinen Anlaufstelle für von der Verschiebung Betroffene für sehr sinnvoll. Diese Stelle kann das notwendige Wissen aufbauen, die richtigen Kontakte herstellen und Ansprechpartner empfehlen. Natürlich tragen die Unternehmer, die sich am Flughafen engagieren, auch ein unternehmerisches Risiko. Aber wenn selbst der Aufsichtsrat so kurz vor der Eröffnung überrascht wurde, was hätten die Unternehmer machen sollen? Es geht nicht darum, als öffentliche Hand Schuld oder Verantwortung zu übernehmen, was vielleicht auch angemessen wäre, sondern es
geht jetzt darum, denjenigen ein Hilfsangebot zu unterbreiten, die in Not geraten sind, weil sie den Beteuerungen der Flughafengesellschaft Glauben geschenkt haben – es ist nur anständig, das zu tun! Ich bitte daher darum, den Anträgen der Opposition zuzustimmen. – Vielen Dank!
Vielen Dank, Herr Kollege Mayer! – Zum Antrag der Piratenfraktion auf Drucksache 17/0339 sowie zum Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf Drucksache 17/0345 wird jeweils die Überweisung an den Ausschuss für Bauen, Wohnen und Verkehr und an den Hauptausschuss empfohlen. – Ich höre keinen Widerspruch, dann verfahren wir so.
Was den Antrag Bündnis 90/Die Grünen auf Drucksache 17/0344 angeht, so wird die zusätzliche Überweisung an den Hauptausschuss empfohlen. – Auch dazu höre ich keinen Widerspruch, dann verfahren wir so. Der Vorabüberweisung an den Ausschuss für Wirtschaft, Forschung und Technologie hatten Sie eingangs bereits zugestimmt.
Der Präsident hat die Anträge vorab bereits an den Hauptausschuss überwiesen. – Ich darf feststellen, dass Sie dem nachträglich zustimmen.
Für die Beratungen steht den Fraktionen wiederum eine Redezeit von bis zu fünf Minuten zur Verfügung. Dieses Mal beginnt die Fraktion Die Linke, und mir ist der Kollege Harald Wolf benannt worden. – Bitte schön, Herr Kollege, Sie haben das Wort!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit diesem Antrag wollen wir erreichen, dass das Parlament den Senat auffordert, im gegenwärtigen Ratifizierungsprozess dem Fiskalpakt nicht zuzustimmen. Wir wollen das, weil wir der Auffassung sind, dass dieser Fiskalpakt schlecht ist für Europa, schlecht ist für die Bundesrepublik Deutschland und schlecht ist für Berlin.
Worin besteht dieser Fiskalpakt im Wesentlichen? – Dieser Fiskalpakt verordnet die deutsche Schuldenbremse in verschärfter Form für ganz Europa, und er führt dazu, dass es eine synchronisierte Austeritätspolitik in ganz Europa gibt. Die öffentlichen Haushalte – europaweit! – werden drastisch heruntergefahren mit dem Effekt, dass die gesamtwirtschaftliche Nachfrage zurückgeht. Das führt zu weiteren Wachstumsverlusten und damit zur Verschärfung der wirtschaftlichen Krise, obendrein auch noch – weil die Wachstumsverluste in den südeuropäischen Krisenländern dramatisch sein werden – zu einer Verstärkung der Ungleichgewichte im Euroraum zwischen den Nordländern und den Südländern und ist damit keine Lösung der Eurokrise, sondern wird sie verschärfen.
Das Institut für Makroökonomische Studien bei der Hans-Böckler-Stiftung hat mit Partnerinstituten in Österreich und Frankreich eine konservative Simulation der Auswirkungen dieses Fiskalpaktes vorgenommen und kommt zu dem Ergebnis, dass man – über vier Jahre kumuliert – für die Krisenländer zu einem Wachstumsverlust von 10 Prozent kommt, für Griechenland sogar von 25 Prozent. Das vor dem Hintergrund, dass gegenwärtig in Griechenland das allgemeine Lohnniveau schon um 25 Prozent abgesenkt ist und dass wir in einem Land wie Spanien eine Jugendarbeitslosigkeit von 55 Prozent haben! Wer glaubt, dass man auf dieser Grundlage Europa voranbringen und auf dieser Grundlage ein friedliches und soziales Europa aufbauen kann, der träumt. Diese Politik ist verheerend, und sie wird die Gefahr mit sich bringen, dass der Euro-Raum auseinanderbricht – mit allen Folgen für die europäische Einigung und dem Wiederentstehen von Nationalismus. Deshalb sagen wir: Das ist der falsche Weg. Man darf diesem Fiskalpakt so, wie er gegenwärtig vorliegt, nicht zustimmen.
Es wird in der öffentlichen Diskussion immer wieder behauptet, das sei nichts anderes als das, was wir in Deutschland schon haben, nämlich die Schuldenbremse. Jenseits der Frage, ob die deutsche Schuldenbremse sinnvoll ist – – Berlin hat erfreulicherweise dieser Schuldenbremse nicht zugestimmt, und zwar nicht nur, weil die Linke darauf bestanden hat, sondern weil auch der Regie
Das wird jetzt auf ganz Europa übertragen und dann noch einmal verschärft. Denn der Fiskalpakt sieht vor, dass nur noch ein Defizit von 0,5 Prozent des Bruttoinlandprodukts zulässig ist. In der deutschen Schuldenbremse hat sich die Bundesregierung ja schon 0,35 Prozent für ihre Verschuldung reserviert. Das heißt, es bleiben 0,15 Prozent für alle Gebietskörperschaften, für alle Bundesländer und alle Kommunen in Deutschland übrig, die sich verschulden dürfen. Der Finanzminister aus NordrheinWestfalen – Herr Walter-Borjans, SPD – hat das mal ausgerechnet. Das sind gegenwärtig 4 Milliarden Euro für alle Länder und für alle Kommunen in Deutschland, die sich überhaupt noch verschulden dürfen. Ich sage: Das ist Irrsinn. Das kann und wird nicht funktionieren.
Es kommen noch andere Argumente hinzu, denn hier wird auch haushaltspolitische Souveränität aufgegeben. Der Sozialdemokrat Kurt Beck hat unlängst im Bundesrat dazu Stellung genommen. Wer Kurt Beck kennt, weiß, dass er in der Regel relativ staatsmännisch und besonnen argumentiert.
Intern vielleicht nicht immer, ich weiß! Bei euren Vorbesprechungen geht es anders zu, aber wenn er in offiziellen Gremien auftritt, dann ist das alles sehr staatsmännisch.
Er hat von einem Ende des Föderalismus gesprochen – durch den Verlust der Haushaltssouveränität –, und er hat sogar den Begriff des organisierten Staatsstreichs in den Mund genommen. Ich sage: All das sind gute Gründe, diesem Fiskalpakt in seiner gegenwärtigen Form nicht zuzustimmen, sondern die Chance zu nutzen, die gegenwärtig existiert. – Mit der neuen Präsidentschaft in Frankreich!
Ich bin am Schluss. – Mit der Tatsache, dass es in Griechenland keine Mehrheit für eine Fortsetzung dieser brutalen Austeritätspolitik gibt, die das Land immer weiter in den Abgrund reißt! Wenn die Sozialdemokraten in Deutschland die Möglichkeit nutzen, den Fiskalpakt zu blockieren, um ihn neu zu verhandeln und um Eurobonds
und Wachstumsperspektiven durchzusetzen, so wäre das eine Tat für Europa und für die Bundesrepublik. Das würde auch Berlin guttun. Nutzen Sie die Chance! Darum bitten wir Sie.