Harald Wolf

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Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Radvolksentscheid hat Bewegung in die verkehrspolitische Debatte in der Stadt gebracht und auch schon zu Veränderungen, zumindest verbal, innerhalb der Senatspolitik geführt. Angesichts der Ankündigung, dass man zum Beispiel mehr Mittel für die Fahrradinfrastruktur zur Verfügung stellen will – 40 Millionen Euro –, der Überlegung, die ich durchaus für diskussionswürdig halte, eine Gesellschaft zu gründen, die bezirksübergreifend für den Ausbau der Fahrradinfrastruktur notwendig ist, sieht man, dass der Fahrrad-Volksentscheid bereits jetzt wirkt, bevor das Gesetz beschlossen ist.
Ich bin der Auffassung, dass wir den Elan und den Druck, der von diesem Volksentscheid ausgeht, von Hunderttausend Menschen, die unterschrieben haben, und wenn es zu weiteren Stufen kommt, noch weitere Hunderttausend hinzukommen werden – dessen bin ich mir sicher –, und der vielen Hunderttausend, die den ÖPNV nutzen, nutzen sollten für eine wirkliche Verkehrswende, die mehr ist als das, was wir gegenwärtig haben, sondern eine klare Priorität für den Umweltverbund aus öffentlichem Personennahverkehr, Fußgängerverkehr und Radverkehr legen und die Perspektive einer Stadt verfolgen sollten, in der man ohne Automobilverkehr mobil sein kann, in der alle Zu
gang zum öffentlichen Personennahverkehr haben und die als Fußgänger und Fahrradfahrer eine sichere und gut ausgebaute Infrastruktur zur Verfügung haben. Das muss das Ziel sein.
Ich habe neulich bei einer Konferenz der BVG mit Freude zur Kenntnis genommen, dass Herr Geisel gesagt hat, wir müssten über eine Neuaufteilung der Straßen- und Verkehrsräume innerhalb dieser Stadt diskutieren. Ich finde, dass man es in der Tat ernsthaft angehen und auch bereit sein muss, die Konflikte auszutragen. Ein schlechtes Beispiel dafür ist der neue Radstreifen in der Warschauer Straße. Dort ist die Chance vertan worden, ernsthaft an die Neuaufteilung der Verkehrsräume heranzugehen. Wenn man für die Fahrradfahrer gerade einmal einen Streifen von 1,5 Metern zur Verfügung stellt, dann ist das keine wirkliche Verkehrswende und kein ernsthaftes Herangehen an die Neuaufteilung der Verkehrsräume.
Ich kann mich daran erinnern, wie es 1989/90 war, als die Busspur auf dem Kudamm eingerichtet wurde. Da gab es eine Diskussion: Um Himmels willen, nur noch eine Spur für die Autos auf dem Kudamm, das wird zum völligen Chaos führen. – Nichts ist passiert, alle haben es akzeptiert. Ich glaube, diese Diskussionen und diese Auseinandersetzungen müssen wir führen und deutlich machen: Mehr Platz, Vorrang für den öffentlichen Personennahverkehr, für Radverkehr, das ist die richtige Perspektive in dieser Stadt, das erhöht die Lebensqualität. Im Übrigen ist es auch gut für die verbliebenen Autofahrer, weil die dann auch nicht mehr zu häufig im Stau stehen.
Wir wollen in der nächsten Legislaturperiode eine wirkliche Investitionsstrategie für den öffentlichen Personennahverkehr, für den Umbau der Infrastruktur, wir wollen verbesserte Taktzeiten und wir wollen vor allen Dingen, dass das Thema Straßenbahnen ernsthaft angegangen wird, dass sowohl die Linien, die jetzt angedacht sind, wirklich gebaut werden, und dass auch die Verfahren beschleunigt werden, denn es kann nicht sein, dass man für den Neubau von vier Kilometern Straßenbahn acht Jahre Zeit braucht. Das muss sich ändern. Hier müssen die Verfahren geändert werden, und wir brauchen dringend einen Ausbau der Straßenbahn auch in den Westteil der Stadt. Die überbelasteten Metrobuslinien müssen perspektivisch durch Straßenbahnen ersetzt werden. Auch das verlangt, dass wir mehr Verkehrsraum für den öffentlichen Personennahverkehr zur Verfügung stellen.
Ich freue mich, dass der Finanzsenator den Mut gehabt hat, bei der BVG das zu tun, was Michael Müller den Aufbau eines Schattenhaushalts nennt, damit bei der BVG eine kontinuierliche Fahrzeugbeschaffung möglich
(Ole Kreins)
wird. Wir unterstützen das und werden das auch in der nächsten Legislaturperiode weiter tun, denn wir wollen Investitionen in den Umweltverbund, damit man in der Stadt ohne Auto mobil sein kann.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Bei diesem Antrag geht es uns darum, dass wir vonseiten des Abgeordnetenhauses und des Senats ein klares Signal an das Unternehmen Vattenfall aussenden, dass wir den geplanten Abbau von mehreren Hundert Arbeitsplätzen bei diesem Unternehmen nicht wollen, dass wir uns dagegen wenden und dass der Senat aktiv wird, um dem Unternehmen in den Gesprächen, die er führt, klarzumachen, dass dieser Arbeitsplatzabbau als unfreundlicher Akt betrachtet wird und wir uns dafür einsetzen, gute Arbeitsplätze, die tariflich gesichert sind, wo qualifizierte Beschäftigte arbeiten, zu erhalten.
Denn Vattenfall hat vor, den Kundenservice bis zum 31. Dezember 2018 zu schließen. Das bedeutet den Verlust von ca. 450 Arbeitsplätzen in Berlin. Vattenfall beabsichtigt, ein Outsourcingprojekt unter dem schönen Namen „Projekt Foxtrott“ ab August auszuschreiben. Das würde den Verlust von 300 Arbeitsplätzen in Berlin bedeuten. Damit nicht genug: Bei IT-Services sollen ca. 100 Mitarbeiter abgebaut werden. Werden diese Pläne umgesetzt, bedeutet das den Verlust von mehreren Hundert qualifizierten Berliner Arbeitsplätzen.
Ich habe im Juni des letzten Jahres im Abgeordnetenhaus auf die geplante Abwicklung des Kundenservices hingewiesen und die Wirtschaftssenatorin gefragt, ob ihr das bekannt sei und was sie dagegen tue. Die Antwort war: Bisher sei noch nichts unternommen worden, aber – so Zitat – „Sie können davon ausgehen, dass wir diesem Punkt nachgehen“. Da würde mich mal interessieren, worin dieses Nachgehen bestand und was seit ca. einem Jahr unternommen wurde, um das Berliner Interesse am Erhalt dieser Arbeitsplätze gegenüber Vattenfall deutlich zu machen.
Es kann nicht sein, dass ein Konzern, der wirtschaftliche Probleme hat, weil er die Energiewende verschlafen hat, weil er sich viel zu lange in der Atomenergie engagiert hat, der verteuert Nuon gekauft hat, deshalb in einer wirtschaftlichen Schieflage ist und jetzt beim Verkauf der Braunkohle in der Lausitz hohe Wertberichtigungen hinnehmen muss, diese Zeche seine Beschäftigten zahlen lässt und hier qualifizierte Arbeitsplätze abbaut.
Vattenfall ist Grundversorger und gegenwärtig noch Netzbetreiber. Damit hat Vattenfall eine besondere Verantwortung, denn der Netzbetreiber und Grundversorger hat auch eine soziale Verantwortung. Es geht u. a. darum, dass über Härtefallregelungen, Ratenzahlungen, Stundungen etc. verhandelt wird. Wir haben 15 000 Stromabschaltungen im letzten Jahr gehabt. Wollen wir, dass diese Fragen demnächst im besten Fall mit einem Callcenter in Sachsen-Anhalt oder Mecklenburg-Vorpommern verhandelt werden, im schlechten Fall mit einem Callcenter in Indien oder Rumänien? Ich glaube, hier müssen wir vonseiten des Abgeordnetenhauses klar Position beziehen.
Bei den Business-Services gibt es 160 Arbeitsplätze für das Berliner Netz. Sie sind essenziell für das Funktionieren des Netzbetriebs. Wenn wir uns alle dafür einsetzen, dass wir eine große Netzgesellschaft wollen, dann heißt das auch, dass diese Tätigkeiten in die große Netzgesellschaft integriert werden müssen. Wenn wir hier Diskussionen über Rekommunalisierung oder – wie ein Teil des Hauses – über Teilrekommunalisierung führen, frage ich: Was wollen wir rekommunalisieren, wenn das Unternehmen vorher ausgeflöht, die Qualifikation abgebaut und damit die Qualität der Dienstleistungen und all das gefährdet wird? – Deshalb ist es in unserem unmittelbaren Interesse, hier klar Position zu beziehen.
Ich sage an dieser Stelle noch mal ganz klar: Wir haben hier im Haus die Empfehlungen der Enquetekommission einmütig verabschiedet. Da haben wir auch darauf
(Fabio Reinhardt)
hingewiesen, dass die Servicegesellschaften z. B. für den Betrieb des Netzes und den Erfolg der Energiewende insgesamt wichtig sind. Ich zitiere an dieser Stelle aus dem einstimmig gefassten Beschluss. Dort heißt es, dass der Erfolg der Energiewende wesentlich davon abhängt, dass die umfassende energiewirtschaftliche Expertise dieser Beschäftigten in Berlin möglichst vollständig erhalten bleibt. Voraussetzung dafür sind geregelte Arbeitsbedingungen und eine sichere berufliche Zukunft. – Ich finde, das Abgeordnetenhaus sollte an dieser Stelle ein klares Signal für den Erhalt von Arbeitsplätzen in Berlin und der Voraussetzungen für qualifizierte Arbeit des Netzbetriebs aussenden.
Ich sage an dieser Stelle noch mal an die Adresse z. B. der CDU: Es war und ist möglich, bei dem Unternehmen Siemens eine gemeinsame Entschließung zur Sicherung von Arbeitsplätzen zu verabschieden. Und ich frage: Sind die Arbeitsplätze bei Vattenfall weniger wert als die Arbeitsplätze bei Siemens? – Ich sage: Nein! Sie sind gleich wichtig und bedeutsam für die Stadt, und deshalb bitte ich um die Zustimmung zu diesem Antrag.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Selten habe ich in einer Debatte aus sozialdemokratischem Mund, bezogen auf staatliche Steuern, Beiträge und Umlagen, so oft die Worte Zwang und Zwangsabgabe gehört.
Das bin ich ansonsten nur von Freien Demokraten gewohnt, bzw. das kenne ich aus der Kampagne der Republikaner gegen die Krankenversicherung in den USA. Ich
finde, das ist unterhalb des normalen sozialdemokratischen Niveaus.
Wir teilen bekanntlich das Ziel, perspektivisch zu einer solidarischen Finanzierung über ein Beitragsmodell für den öffentlichen Personennahverkehr zu kommen.
Wir wollen darüber ein Umsteigen vom Autoverkehr auf den öffentlichen Personennahverkehr begünstigen. Wir wollen die Attraktivität des öffentlichen Personennahverkehrs steigern, und wir wollen über eine solidarische Umlagefinanzierung den Beitrag, den jeder für den öffentlichen Personennahverkehr leisten muss, senken, damit der ÖPNV für alle zugänglich ist und keine Eintrittsbarriere mehr über den Fahrpreis existiert.
Wenn die Piraten sich auf den Antrag beschränkt hätten, mit dem sie den Senat auffordern, eine wissenschaftliche Untersuchung einzuleiten, in der die Modelle mit ihren Auswirkungen etc. geprüft werden, könnten wir die Debatte beenden. Wir würden sagen: Gut so! Das sollte in der nächsten Legislaturperiode unbedingt gemacht werden. – Ihr habt mit euren Anträgen aber quasi dem Ergebnis zumindest teilweise schon vorgegriffen, und deshalb will ich auf einige Vorschläge, die in den Anträgen enthalten sind, eingehen, bei denen ich Probleme sehe.
Ein Vorschlag lautet, eine Nahverkehrsabgabe zu erheben, ausgestaltet als Beitrag. Die Begründung dafür ist, dass alle Nutznießer des öffentlichen Personennahverkehrs zu dieser Finanzierung herangezogen werden sollen. Nun weist die Studie der Piraten darauf hin, dass man bei der Erhebung eines solchen Beitrags sehr streng auf den Gleichbehandlungsgrundsatz achten muss – das heißt also: Wer ist Nutznießer des öffentlichen Personennahverkehrs? – Auch die Studie der Piraten nennt dazu als Erstes die große Gruppe der Bürgerinnen und Bürger. Die nehmt ihr nun aus eurem Modell – aus für mich nachvollziehbaren Gründen – heraus, weil es in der ersten Phase keine finanzielle Belastung für diese Gruppe geben soll. Ich frage mich aber, ob das mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz vereinbar ist, denn: Genau in der Studie, die ihr in Auftrag gegeben habt, wird gesagt, und zwar an erster Stelle, dass das die Gruppe ist, die vom öffentlichen Personennahverkehr profitiert.
Die zweite Gruppe, die ihr ausnehmt, sind die Immobilien- und Grundstücksbesitzer, auch mit dem nachvollziehbaren Argument, dass das auf die Miete umgelegt würde. Damit würden also die Mieterinnen und Mieter belastet. Ihr versucht, das zu kompensieren, indem ihr sagt: Dafür erhöhen wir den Hebesatz der Grunderwerbsteuer. – Das löst aber das Problem nicht, denn rechts
(Oliver Friederici)
systematisch muss die Gleichbehandlung bei der Beitragserhebung erfolgen. Das kann nicht dadurch kompensiert werden, dass man parallel dazu eine Steuererhöhung vornimmt, die mit dem Beitrag als solchen nichts zu tun hat, abgesehen davon, dass ich die Grunderwerbssteuer dafür für nicht tauglich halte, denn: Sie fällt nur beim Kauf und Verkauf einer Immobilie an, zudem zahlt der Großteil der Spekulanten keine Grunderwerbsteuer, da sie Gesellschaftshüllen, Anteile kaufen und mit diesem Modell des Share Deals außerhalb der Steuerpflicht bleiben. Deshalb rege ich an, über diesen Punkt noch einmal nachzudenken.
Letzter Punkt – da teile ich, was Kollege Gelbhaar angesprochen hat: Das freiwillige Solidarmodell habe ich nicht verstanden. Während man beim Semesterticket die Möglichkeit hat, durch die verfasste Studentenschaft über ein Organ zu verfügen, das Verträge für die gesamte Studentenschaft verbindlich abschließen kann, hat man das in der Schule nicht, hat man das in Betrieben nicht, und damit ist man letztendlich bei dem Modell eines erweiterten Jobtickets.
Wie wenig attraktiv dieses Ticket ist, hat man gesehen. Hier sollte noch einmal nachgebessert werden. Wie gesagt: Dem ersten Antrag, eine Studie zu erstellen, die nach meiner Kenntnis übrigens auch der Beschlusslage eines SPD-Landesparteitages entspricht, können wir zustimmen. Das andere halten wir für noch nicht ausgereift. – Ich danke für die Aufmerksamkeit!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Was an den Anträgen der Grünen gut ist, ist, dass das Thema Wirtschaftsverkehr wieder aufgerufen wird, weil wir seit dem Wirtschaftsverkehrskonzept von 2005 keine Aktualisierung dieses Konzepts vorliegen haben. Wenn wir darüber reden, dass wir die Stadt CO2-frei machen, dass wir Klimaneutralität erreichen und Autoverkehr zurückdrängen wollen, dann müssen wir zentral über den Wirtschaftsverkehr reden und brauchen ein neues Konzept dafür.
Nun zu den Anträgen im Einzelnen: Wenn vorgeschlagen wird, dass wir Pilotprojekte für die City-Logistik entwickeln und einen Wettbewerb ausschreiben sollen, will ich an dieser Stelle darauf hinweisen, dass wir im Rahmen des Schaufensters Elektromobilität gegenwärtig fünf Projekte haben, die sich mit dem Güterverkehr beschäftigen, unter anderem das Projekt DisLog, in dem es um die Erprobung elektrisch und hybrid angetriebener Nutzfahrzeuge für den innerstädtischen Güterverkehr geht, einschließlich E-Bikes und E-Lastenfahrrädern, mit der Zielsetzung, ein Logistikkonzept zu entwickeln, das auf andere Standorte und unterschiedliche Branchen übertragen werden kann. Ich würde es für sinnvoll erachten, erst einmal eine Auswertung dieser Projekte – wenn ich es richtig im Kopf habe, soll das Projekt 2016 abgeschlossen werden – vorzunehmen und zu gucken, was übertragen werden kann, um danach in die Umsetzung zu gehen, wenn eine Übertragbarkeit gewährleistet wird.
Zweitens: Ich glaube, dass das eingebettet sein muss in ein integriertes, in eine Neuauflage des Wirtschaftsverkehrskonzepts. Wir diskutieren gegenwärtig über eine Neuauflage des Stadtentwicklungsplans Verkehr. Ich glaube, dass hierin ganz zentral die Themen Neuorganisation des Wirtschaftsverkehrs, Logistikkonzepte und in dem Zusammenhang auch Elektromobilität und Lastenfahrräder eine zentrale Stellung haben müssen. Wir müssen das aber in ein Gesamtkonzept integrieren. Das Problem, das ich bei den Anträgen der Grünen sehe, ist, dass sie einzelne Aspekte herausgreifen, ohne dass wir gegenwärtig über ein Gesamtkonzept diskutieren. Deshalb lautet mein Vorschlag: Lassen Sie uns gemeinsam die Modellprojekte im Rahmen des Schaufensters Elektromobilität auswerten, dann Konsequenzen ziehen und im Rahmen der Diskussion über den Stadtentwicklungsplan Verkehr auch ein integriertes Konzept entwickeln.
Was ist richtig finde, ist die kritische Anmerkung zur Kaufprämie für Elektroautos. Ich halte das für den völlig falschen Weg. Ich glaube, das Geld wäre zum Beispiel für die Elektrifizierung noch nicht elektrifizierter Bahnstrecken besser eingesetzt oder für den Ausbau der
(Frank Jahnke)
Straßenbahnen. Das wäre eine Form von Elektromobilität, die allen nutzen würde und nicht nur diejenigen privilegiert, die meinen, sie müssten sich ein schickes und hippes Elektromobil als Zweitwagen anschaffen. Den öffentlichen Fuhrpark auf Elektromobile umzustellen, das ist etwas, was auch wir als Ziel teilen. Was allerdings eine Kaufprämie in Höhe von 1 000 Euro für Elektrolastenfahrräder bringen soll, die gegenwärtig ca. 6 000 Euro kosten, weiß ich nicht. Dann könnte sich der Fahrradkurier das Lastenrad auch nicht leisten. Ich glaube, man müsste das von der Gesamtkonzeption her diskutieren. Es muss eine Infrastruktur aufgebaut werden, damit wir da insgesamt einen Drive hineinbekommen. Insofern sollten wir das im Ausschuss intensiv diskutieren und auch gucken, was mögliche Zwischenergebnisse aus den Projekten im Rahmen des Schaufensters Elektromobilität sind. Aber abstimmen würden wir das heute noch nicht, sondern sagen, dass das im Ausschuss genauer diskutiert werden muss.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch wenn der Antrag heute nicht abgestimmt, sondern in die Ausschüsse verwiesen wird, sollte die Botschaft dieses Antrag mitgenommen werden sowohl bei der Diskussion der Sonder-MPK als auch bei den weiteren Verhandlungen der EEG-Novelle in den Bund-Länder-Gremien.
Herr Kollege Schäfer hat es schon gesagt, die EEGNovelle in der gegenwärtigen Form bremst die Energiewende aus und sieht vor, dass es einen Deckel für die Windkraft von 2 500 Megawatt brutto gibt. Dazu muss man wissen, 2 500 Megawatt brutto beinhaltet auch Repowering, also alles das, was erneuert wird. Netto sind das 1 500 Megawatt. Das kann bedeuten, dass bis 2021 der Nettozubau nahezu null ist, weil dann das Kontingent erschöpft ist. Mit einem solchen Ausbaukorridor, der eher eine Ausbaubegrenzung ist, werden wir die Klimaziele nicht erreichen.
Das Gleiche gilt für die 45 Prozent bei den erneuerbaren Energien. Wir haben bereits jetzt einen Anteil an erneuerbaren Energien von 33 Prozent. Die 45 Prozent können wir rasch erreichen. Dann soll es einen Stopp geben, oder was? Das kann doch nicht das Ziel sein. Die Bundesregierung konterkariert auf die Art und Weise ihre eigenen Klimaziele.
Für Photovoltaik soll es einen Deckel von 52 Megawatt geben. So lautet jedenfalls die Information, die ich habe. Dass das jetzt bei dem Gespräch zwischen Staatssekretär Baake aus dem Bundeswirtschaftsministerium und Altmaier aus dem Bundeskanzleramt die neue Einigung sein soll, halte ich für völlig kontraproduktiv.
Der andere wesentliche Punkt bei der EEG-Novelle ist der Übergang zum Ausschreibungsmodell. Ich halte das für grundsätzlich falsch. Auch die Argumentation, die vonseiten der Bundesregierung kommt, es hätten sich zwei Bürger-Energie-Genossenschaften durchsetzen können, verkennt, dass sich beide Genossenschaften, die sich durchsetzen konnten, ihre Projekte schon projektiert hatten, also die Vorlaufkosten gar nicht mehr eingegangen sind, und deshalb billig anbieten konnten. Dieses Projekt der Ausschreibung führt dazu, dass Bürger
(Daniel Buchholz)
Energie-Projekte, dass kleine genossenschaftliche Projekte ausgebremst werden, die bisher die Energiewende vorangetrieben haben. Das Ausschreibungsmodell ist ein Modell im Interesse der großen Energieversorgungsunternehmen und von Großinvestoren, aber nicht der Energiewende und der Dezentralität von unten. Deshalb wenden wir uns grundsätzlich gegen diese Form der Ausschreibung.
Nun gibt es innerhalb des Bundesrats und der Länder die Aufforderung, eine De-minimis-Regelung zu ermöglichen, die die Ausschreibung nicht notwendig macht. Unserer Ansicht nach müsste die Grenze für diese Deminimis-Regelung mindestens ein Megawatt sein. Herr Regierender Bürgermeister! Ich halte das für zentral, dass diese De-minimis-Regelung als Mindestbedingung bei der Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes durchgesetzt wird, weil nur so eine Dezentralität und der gesamte Impuls der Energiewende, der von unten kommt, der aus der kommunalen Ebene kommt, der von dezentralen Aktivitäten kommt, nicht ausgebremst werden.
In diesem Sinne, auch wenn wir es heute nicht abschließen, von unserer Seite ein klares Votum: Was gegenwärtig an EEG-Novelle vorliegt, taugt nichts. Es muss novelliert werden. An dieser Stelle die Deckel weg, die die Energiewende ausbremsen, und bei den Ausschreibungen mindestens eine De-minimis-Regelung, die dann eine Rechtschance für die dezentrale Energiewende ermöglicht!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage: Wie bewertet der Senat den Sachverhalt, dass der Bundesverkehrswegeplan, der den Weiterbau der A 100 bis zur Storkower Straße beinhaltet, ohne Beteiligung der Bundesumweltministerin aufgestellt wurde und diese, wie in der Presse nachzulesen war, erklärte, es gehe dem Bundesverkehrsminister anscheinend „nicht um Öffentlichkeitsbeteiligung, sondern um Klüngelwirtschaft“ und der Plan – wiederum Zitat der Bundesumweltministerin – solle offensichtlich „gegen Veränderungen immunisieren“? Kann der Senat diese Bewertung nachvollziehen?
Nun, ich finde, es sollte auch den Umweltsenator interessieren, inwieweit vonseiten der Bundesregierung bei einem Planwerk, das auch Berlin tangiert, das Umweltministerium involviert worden ist. Aber zu meiner Frage: Nun ist ja der 17. Bauabschnitt der A 100 entgegen der ursprünglichen Anmeldung des Senats als eigenständiger Bauabschnitt nicht mehr als eigenständiger Bauabschnitt enthalten, sondern mit dem 16. Bauabschnitt zu einem Projekt zusammengefasst worden – mit der Folge, dass kein Projektdossier existiert, keine gesonderte Umweltbewertung, keine raum- und städteplanerische Bewertung vorliegt, auf die sich Bürgerbeteiligung beziehen kann. Können Sie nachvollziehen, oder wie bewerten Sie das denn, dass jetzt Umweltinitiativen von Anwohnern auch der Auffassung sind, dass auf diese Art und Weise Bürgerbeteiligung ausgehebelt und der Verkehrswegeplan und der Bau der A 100 gegen Veränderung immunisiert werden kann, um die Worte von Frau Hendricks noch einmal zu verwenden?
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich glaube, wir sind uns hier im Haus alle darüber einig, dass der beste Lärmschutz für Tegel die Fertigstellung des BER wäre. Nur die Realität – wir haben es gerade heute wieder gehört – ist, dass es momentan keinen gesicherten Fertigstellungstermin für den BER gibt. Damit laufen wir in ein rechtliches und dadurch auch finanzielles Risiko. Man kann sich jetzt darüber streiten – der Streit wird ab dem 1. Januar 2017 sicherlich vor Gericht ausgetragen werden –, ob der 1. Januar 2017 der Stichtag ist, mit dem die Übergangsregel für Tegel ausläuft, oder ob es der 1. Januar 2019 ist. Die Frage aber, ob vonseiten des Senats und vonseiten des Landes etwas unternommen wird, zum Beispiel die entsprechenden Untersuchungen für die Ausweisung von Lärmschutzbereichen oder die Neufestlegung von Lärmschutzbereichen vorzunehmen, sollte so beantwortet werden, dass man damit jetzt beginnen werde, was aus meiner Sicht die Rechtssicherheit für das Land Berlin erhöhen würde.
Ich rede nicht davon, dass man die vom Kollegen Stroedter genannten Milliarden Euro in die Hand nimmt, um Schallschutz zu installieren. Wir reden auch nicht darüber, dass Maßnahmen umgesetzt werden, die den Einwohnern von Tegel, von Pankow und darüber hinaus wirklich bei der Lärmminderung helfen, denn so schnell werden die nicht umgesetzt und auch nicht umgesetzt werden können. Es geht aus meiner Sicht allein um die Frage: Schafft man größere Rechtssicherheit für das Land und reduziert man das Prozessrisiko und damit auch mögliche Kosten, die anfallen könnten.
Deshalb lautet mein Plädoyer, in Maßen und schrittweise mit vorbereitenden Untersuchungen zu beginnen und ansonsten energisch an der Fertigstellung des BER zu arbeiten, damit der BER möglichst schnell ans Netz gehen kann und die versprochene Entlastung vom Fluglärm in Tegel und im Berliner Norden endlich Wirklichkeit wird. Das ist der entscheidende Punkt. Aber die Frage, wie man das rechtliche Risiko minimieren kann und dass man sich nicht nach dem 1. Januar 2017 ellenlang vor Gerichten mit Bürgern und Bürgerinitiativen darüber
streiten muss, die halte ich für entscheidend, nachdem heute wieder erklärt worden ist, dass wir keinen definitiven Fertigstellungstermin für den Flughafen BER haben und dass das damit bis weit in das Jahr 2018 hinein
oder bis 2019 hinauslaufen kann, wodurch das Prozessrisiko immer größer wird. Deshalb mein Plädoyer, mit vorbereitenden Untersuchungen zu beginnen, denn dann hat man vor Gericht auch bessere Chancen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Nach Tschernobyl und Fukushima ist auch in der Bundesrepublik fast dem Letzten – noch nicht dem Allerletzten – klar, dass die sogenannte friedliche Nutzung der Atomenergie unverantwortlich ist, sowohl für die gegenwärtige als auch für zukünftige Generationen. Der Antrag der Grünen nimmt eine Reihe von Punkten auf, wo wir – ich glaube, die Rede des Kollegen Buchholz hat das gezeigt – einen großen Konsens haben,
nämlich das Einsetzen dafür, dass europaweit der Ausstieg aus der Atomenergie stattfindet und z. B. die Subventionen der Europäischen Kommission für das britische Atomkraftwerk beendet werden. Ich glaube, das ist ein völlig falscher Weg. Dagegen muss auch Position bezogen werden.
(Daniel Buchholz)
Es ist ein absurder Zustand, wenn man Fernsehberichte sieht, dass in der Stadt Aachen Jodtabletten ausgegeben und Schulungen für den Katastrophenfall gemacht werden, weil hinter der belgischen Grenze dieser Schrottreaktor mit seinen Rissen immer noch läuft, statt abgestellt zu werden. Ich glaube, da kann man dem Grünen-Antrag nur zustimmen, dass wir auch über die deutschen Grenzen hinaus dafür arbeiten müssen, dass der Atomausstieg vorangeht.
Katastrophenschutz ist angesichts der Atomkraftwerke, die im Umkreis von Berlin entweder existieren oder auch in Planung sind, ein richtiges Anliegen. Deshalb bedauere ich es, dass wir das heute anscheinend nicht direkt abstimmen können, aber wenn es die Zusage gibt, dass man das in der Ausschussberatung positiv vorantreibt und die Grundintention teilt, ist das ja erst einmal gut.
Ein weiterer Punkt, wo man sehen kann, wie unverantwortlich die sogenannte friedliche Nutzung der Atomenergie ist, sieht man an dem Kompromiss, der gestern geschlossen worden ist. Der „Spiegel“ titelt „Der letzte Sieg der Atomindustrie“. 17 Milliarden Euro Rückstellung sollen in den Fonds gehen, plus 6 Milliarden Euro zusätzlich ohne Nachschussverpflichtung, dann heißt das, die Endlagerung, die ganzen Risiken der Atomenergie, die der Kollege Buchholz angesprochen hat, für die wir keine Lösung haben, werden auf die Allgemeinheit abgewälzt. Wenn man sieht, dass die Atomindustrie in der Vergangenheit dreistellige Milliardengewinne verbucht hat, dass diese Rückstellungen, die sie gebildet hat, letztendlich steuerfrei waren, weil das der Abzug vom Gewinn, eine Kriegskasse für die Atomkonzerne war – zwei Bundesfinanzminister sind daran gescheitert – unter dem Druck der Atomlobby –, sowohl der Finanzminister Waigel als auch Oskar Lafontaine als Bundesfinanzminister, an dieses Thema ranzugehen –, dann macht das deutlich, wie sehr sich die Atomlobby hier durchgesetzt hat.
Dass heute diese Kommission, die eingesetzt wurde, und Jürgen Trittin erklären mussten, ja, wir konnten nicht mehr machen, weil sonst die Insolvenz dieser Energieversorgungsunternehmen gedroht hätte, dann kann ich sagen, das ist ein weiterer Fall von „too big to fail“. An dieser Stelle hätte ich mir gewünscht, dass man auch einmal darüber diskutiert, ob es nicht sinnvoll gewesen wäre, diese Atomkonzerne unter diesen Bedingungen in öffentliches Eigentum zu überführen, weil wir dann auch von der Rendite profitiert hätten, die sie jetzt und in Zukunft möglicherweise machen.
Und man hätte kontrolliert den Umstieg auf erneuerbare Energien vornehmen können, statt sie freizustellen, die Aktionäre jubeln an dieser Stelle schon wieder, und statt dass wir wieder die Risiken auf die Steuerzahler ablasten, das noch an dieser Stelle als Anmerkung dazu. Die Folgekosten der Atompolitik der Vergangenheit werden wir und die Generationen nach uns noch lange zu tragen haben.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das war wieder mal eine Debatte, bei der keiner hier aus der Rolle gefallen ist.
Alle haben das geredet, was sie schon immer reden zu dem Thema, aber es ist heute noch nicht gesagt worden, deshalb musste es noch mal erklärt werden. Ich stelle mir auch die Frage, Herr Friederici, was das Nachtflugverbot mit dem Bau des Flughafens zu tun hat. Das ist ja keine Baufrage. Ich möchte bei der Gelegenheit noch einmal daran erinnern, dass es irgendwie eine Fraktion und eine Partei gab, die heftig für die Offenhaltung von Tempelhof und auch von Tegel gekämpft hat und damit das Projekt BER gefährdet hat. Das konnte erfolgreich abgewehrt werden.
So viel zu dem Vorspruch, den man zu der allgemeinen Debatte hier machen kann.
Ich möchte jetzt gerne auf den Antrag des Kollegen Mayer eingehen. Über den Antrag hätte man ernsthaft diskutieren können in den Jahren 2004, 2005. Vielleicht hätte man darüber auch noch mal Anfang 2012 diskutieren können, aber heute macht das keinen Sinn mehr, weil in der gegenwärtigen Phase eine Umorganisierung der Gesellschaft vorzunehmen, da stimme ich dem Kollegen Friederici zu, nicht wirklich sinnstiftend ist, sondern das Projekt nur noch weiter verzögern würde. Das Grundproblem besteht auch nicht wirklich in der Frage, ob die Zuständigkeiten für Bau und Betrieb getrennt sind. Diese Trennung hatten wir schon einmal in etwas karikierter Form, nämlich in Gestalt des Duos Schwarz-Körtgen, wo Körtgen für den Bau zuständig war und Schwarz sich nicht darum gekümmert hat. Insofern hat diese Arbeitsteilung funktioniert, war allerdings nicht sehr erfolgreich.
Deshalb sage ich rückblickend, das zentrale Problem dieses Projekts BER bestand und besteht darin, dass die Flughafengesellschaft – wie auch immer das organisiert ist, ob das gesellschaftsrechtlich getrennt ist oder nicht – über keine eigene Baukompetenz verfügt hat und deshalb vollständig auf externe Dienstleister angewiesen ist. Externe Dienstleister muss man kontrollieren, das heißt, man braucht auch selbst eigenständige Kompetenzen, wenn man externe Dienstleister wirklich kontrollieren und auch anleiten und führen will. Das hat nicht existiert und das kriegt man auch nicht geregelt, indem man jetzt gesellschaftsrechtliche Umorganisierungen vornimmt, sondern es ist in der Tat so: Das Kind ist in den Brunnen gefallen, jetzt geht es um Muddling-Through, und ich hoffe, dass die Fehler, die jetzt auf der technischen Seite, auf der Bauseite erkannt worden sind, systematisch abgearbeitet werden.
Es tauchen immer wieder neue Probleme auf. Das ist wohl so, aber man kann das Rad nicht zurückdrehen, also auf die Reset-Taste drücken, hilft in diesem Falle nichts. Deshalb sage ich an dieser Stelle, dieser Antrag ist vielleicht gut gemeint, kommt aber zum falschen Zeitpunkt und wird heutzutage kein Problem lösen. Das ist eher ein Thema, das man rückblickend vielleicht im Abschlussbericht des Untersuchungsausschusses aufgreifen kann, aber nicht als Problemlösung für die Jetztzeit, sondern das gehört eher in den Teil der historischen Aufarbeitung.
(Oliver Friederici)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dieses Gesetz ist ein kleiner Schritt für die Menschheit, aber offensichtlich ein großer Schritt für diese Koalition.
Ich habe schon mehrfach darauf hingewiesen, dass dieses Gesetz wenig ambitioniert ist. Es ist im Wesentlichen
eine Selbstbindung der öffentlichen Verwaltung, und eigentlich hätte man erwarten können, dass auch ohne eine gesetzliche Selbstbindung der Verwaltung vonseiten einer Landesregierung in Sachen Klimaschutz mehr Aktivitäten unternommen werden, als es diese gegenwärtige Koalition getan hat.
Ich will das an einem Beispiel verdeutlichen. Wenn man sich die Studie „Klimaneutrales Berlin“ ansieht, hat man darin die Zielvorgabe, dass wir perspektivisch bis zu 24 Prozent der Dachflächen Berlins für Photovoltaik oder Solarthermie nutzen sollen.
Jetzt gucken wir uns die Realität der letzten fünf Jahre an: Seit 2010 hatten wir 300 Dachsanierungen bei öffentlichen Gebäuden in den Bezirken. Das hätte die Möglichkeit geboten, Dachsanierung mit der Installierung von Photovoltaikanlagen zu verbinden. Was wurde installiert? – Von 2010 bis heute wurden bei 300 Dachsanierungen lediglich elf Solaranlagen installiert. Das ist ein Armutszeugnis.
Wenn man sich die Installation von Solaranlagen im Vergleich zur Periode 2006 bis 2011 – das war nach meiner Erinnerung eine andere Regierung – ansieht: Damals hatten wir immerhin 47 Solaranlagen, die installiert worden sind, und von 2011 bis 2015 sind insgesamt sechs Solaranlagen installiert worden. Es ist in dieser Legislaturperiode mit dem Klimaschutz und dem Ausbau erneuerbarer Energien nicht vorangegangen, sondern es ist ein deutlicher Rückschritt zu verzeichnen. Das muss sich dringend ändern.
Der Kollege Buchholz, war es, glaube ich, der die Klimaschutzvereinbarung gelobt hat. Ich stelle mal die Frage: Wie viele Klimaschutzvereinbarungen sind denn in dieser Legislaturperiode neu abgeschlossen worden? – Ich beantworte sie: keine einzige. Alle Klimaschutzvereinbarungen im Land Berlin sind in der letzten Legislaturperiode abgeschlossen worden, in dieser keine einzige. Das verweist auf die klima- und energiepolitische Untätigkeit in dieser Legislaturperiode.
Wir erwarten, dass mit dem Berliner Energie- und Klimaschutzprogramm ein Programm vorgelegt und in dieser Legislaturperiode noch verabschiedet wird, das nicht nur auf dem Papier steht wie so viele andere gute Vorsätze dieses Senats, sondern dass es konkrete Handlungsanweisung ist und dann auch umgesetzt wird. Die Enquete
(Dr. Michael Garmer)
Kommission hat durchaus Instrumente vorgeschlagen, wie das nachhaltig umgesetzt werden kann, und dafür werden wir in der nächsten Legislaturperiode arbeiten.
Wir haben gemeinsam mit den Grünen drei Änderungsanträge gestellt. Das Thema Kohleausstieg ist schon genannt worden. Ich sage hier noch mal: Wir haben es in der Enquete-Kommission beschlossen – und wenn man sagt, man dürfe das nicht im Gesetz normieren: Natürlich kann man das im Gesetz normieren, denn dieses Gesetz ist an vielen Stellen voll von Sollbestimmungen und „man könnte und man müsste mal“. – Wenn es darum geht, dass man das Signal gibt: Wir wollen bis 2030 aus der Kohle aussteigen –, dann ist das ein klarer Handlungsauftrag an den Senat, und wir wissen, dass durch politisches Handeln zum Beispiel der Bau eines Kohlkraftwerks in Klingenberg verhindert worden ist, und wir wollen, dass der Senat den Auftrag bekommt, sich dafür einzusetzen, dass in Berlin bis 2030 aus der Kohle ausgestiegen wird.
Sie machen einen Rückschritt, indem Sie das Verbot der elektrischen Heizung aufheben. Die sind völlig ineffizient, haben einen Primärenergienutzungsgrad von 40 Prozent, und Nachtspeicher- bzw. Direktheizungen führen dazu, dass die Höchstlast im Winter gesteigert wird und dadurch zusätzliche Speicherkapazitäten notwendig sind. Das ist energie- und klimapolitisch eine unsinnige Regelung. Deshalb wollen wir diese Regelung wieder in das Gesetz aufnehmen.
Zur Neutralität Bruttowarmmiete: Gucken Sie sich doch mal an, was Sie beantragt haben! Das ist noch nicht mal für Wohngebäude spezifiziert. Was ist, wenn in öffentlichen Gebäuden die Bruttowarmmiete steigt? Wollen Sie die dann ausnehmen? Das macht alles keinen Sinn, deshalb haben wir gemeinsam mit den Grünen einen präzisen Änderungsantrag gestellt, denn das Ziel teilen wir, die Verpflichtung, Förderprogramme aufzulegen, mit denen die Bruttowarmmietenneutralität erreicht werden kann, muss in dieses Gesetz.
Da wir aber auch jeden kleinsten Schritt, sei er auch noch so klein, wenn er in die richtige Richtung geht, unterstützen, werden wir diesem Gesetz unsere Zustimmung geben, und es würde uns freuen, wenn die Koalition zu später Einsicht gelangt und unsere guten Änderungsanträge annimmt.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber Kollege Kreins! Zu erklären, dass unter diesem Senat die Verkehrswende vorangebracht wurde, scheint mir eine neue Form der Realitätsverweigerung zu sein.
Zu sagen, wir geben Milliarden für neue S-Bahnzüge aus, aber dabei zu unterschlagen, dass aufgrund der Politik der Koalition und des Senats diese S-Bahnzüge erst vollständig im Jahr 2023 zur Verfügung stehen, ignoriert die Wirklichkeit. Zu sagen, wir haben die Verkehrswende vorangebracht, und zu ignorieren, dass seit fünf Jahren Busse und Bahnen immer langsamer werden und damit mehr Fahrzeuge benötigt werden, die Umlaufzeiten sich erhöhen, dass es mehr kostet etc., ist eine Form von Realitätsverweigerung.
Und zu einer Radverkehrsstrategie zu sagen, wir haben jetzt acht Modellprojekte, die wir bis 2017 auf den Weg bringen wollen, und davon sind gerade mal vier begonnen – das ist die Realität dieses Senats, und das ist der Grund, weshalb es ein Volksbegehren zur Radverkehrsentwicklung und zur Radverkehrsstrategie gibt. Dieser Volksentscheid ist Ergebnis Ihrer Politik und des Nichthandelns in den letzten Jahren!
Und wenn dann als Reaktion vonseiten des Senats gesagt wird, wir machen doch keine Verkehrspolitik per Gesetz – dazu hat der Kollege Gelbhaar schon einiges gesagt –, dann sage ich: Wenn Sie das nicht wollen, dass jetzt über Volksentscheid ein Gesetz vorangebracht wird, dann
(Ole Kreins)
müssen Sie mal eine Schippe drauflegen! Dann müssen Sie zulegen; dann muss auch wirklich etwas umgesetzt werden und nicht nur Papier bedruckt werden, auf dem gute Ziele stehen, aber das Handeln findet nicht statt! Und das Handeln wird eingeklagt mit diesem Volksentscheid und diesem Volksbegehren.
Und wenn gesagt wird, wenn das Gesetz kritisiert wird – na gut, das ist ja nun die einzige Möglichkeit, wie man verbindliche Regelungen über einen Volksentscheid durchsetzen kann. Es reicht ja nicht aus, wenn man – wie der Senat das immer gern macht – Bemühenszusagen per Volksentscheid abstimmen lässt. Nein, das ist die einzige Möglichkeit, da die Verbindlichkeit herzustellen! Und wenn Sie das Gesetz nicht wollen, dann begeben Sie sich in die Verhandlungen und machen Sie deutlich, was Sie in der nächsten Zeit umsetzen wollen. Aber so viel Zeit bleibt Ihnen ja nicht mehr – insofern, glaube ich, werden wir diesen Volksentscheid bekommen, und es wird die Möglichkeit geben über diesen Volksentscheid, dass sich die Menschen artikulieren, die die Realität auf den Berliner Straßen und Plätzen tagtäglich erleben.
Und wenn dann vonseiten des Verkehrssenators argumentiert wird, wir müssen alle Verkehrsmittel gleich behandeln, und der Kollege Kreins eben noch mal mehrfach in seinem Beitrag von Partikular- und von Einzelinteressen spricht, dann will ich mal darüber reden, wie die Realität aussieht und welche Interessen bevorzugt werden und welche Einzelinteressen sich in der Verkehrspolitik und in der verkehrlichen Realität auf den Straßen und Plätzen durchsetzen.
Wir haben gegenwärtig nur an 3 Prozent der Straßen Wege, auf denen der Fahrradverkehr sicher und abgetrennt vom Autoverkehr stattfinden kann. Wir haben – das ist bereits gesagt worden – einen Radverkehrsanteil von 13 Prozent an den Wegen, im Innenstadtbereich liegt er deutlich höher, bei 20 Prozent oder mehr. Gleichzeitig werden 58 Prozent der Verkehrsfläche durch den motorisierten Individualverkehr beansprucht – bei nur 30 Prozent an den Wegen. Er hat 19 Mal mehr Fläche im Stadtraum zur Verfügung als der Radverkehr. Das ist eine Ungleichbehandlung. Wir müssen an die Neuverteilung der Verkehrsräume in der Stadt herangehen – das haben Sie gesagt –,
wobei es nicht um Gleichbehandlung, sondern um die Frage Priorität für den Umweltverbund aus Fußgänger-, Rad- und öffentlichem Personennahverkehr geht.
Wenn ich lese, dass im Berliner Energie- und Klimaschutzprogramm vorgesehen ist, dass bis zum Jahr 2050 1 400 Kilometer Fahrradverkehrsanlagen hergestellt wer
den sollen und der motorisierte Individualverkehr auf 17 Prozent abgesenkt werden soll, was ist das anderes als das Verlangen nach einer klaren Prioritätensetzung, nach einem Vorrang des Umweltverbundes und damit auch dem Zurückdrängen des motorisierten Individualverkehrs in der Stadt, im Stadtraum? Ich finde, wir müssen uns endlich dazu verständigen, dass wir diese klare Prioritätensetzung nicht nur in unverbindliche Programme schreiben, sondern dass sie sich auch in der Realität durchsetzt.
Wir wissen, dass wir einen Engpass in der Verwaltung haben. Die Mittel für den Radverkehr, die in der Vergangenheit bescheiden waren, jetzt etwas erhöht worden sind, müssen jetzt endlich verausgabt werden. Wenn ich mir ansehe, dass einerseits gesagt wird: Wir wollen in jedem Bezirk eine Ingenieurstelle für den Radverkehr.
Ja, ja, Kollege Kreins, das ist die Zukunftsperspektive, ich rede erst einmal nur von einer Stelle. Gerade einmal im Bezirk Tempelhof-Schöneberg gibt es das. In den anderen Bezirken gibt es das in dieser Form nicht. Das macht deutlich, dass wir hier einen Engpass haben. Hier muss schleunigst etwas geschehen. Hier ist die Möglichkeit, durch Handeln des Senats, durch die Verbesserung der Personalausstattung dafür zu sorgen, dass das, was im Haushalt bescheiden genug für dieses Thema steht, auch wirklich umgesetzt werden kann.
Wir brauchen ein dichtes, zusammenhängendes Radwegenetz, das auch auf Zuwachs ausgebaut sein muss, denn der Radverkehr wird auch in der Zukunft weiter zunehmen. Wenn man das BEK ernst nimmt, das in Ihrem Haus bearbeitet wird, werden wir eine deutliche Zunahme des Fahrradverkehrs innerhalb der Stadt haben. Die Fahrradwege und Fahrradstreifen müssen breit genug sein, damit auch überholt werden kann, sie müssen breit genug sein, damit auch in der Zukunft Lastenfahrräder aufgenommen werden können, sie müssen breit genug sein, damit auch dem Zuwachs an Elektromobilität im Fahrradverkehr Rechnung getragen werden kann, und an den Kreuzungen muss eine verkehrssichere Lösung geschaffen werden, damit die Zahl der Unfälle reduziert wird. Konzeptionen dafür gibt es. Sie müssen, verdammt noch mal, endlich umgesetzt werden.
Wenn wir den Fahrradverkehr ausbauen wollen, dann brauchen wir auch entsprechend sichere Fahrradabstellplätze. Kollege Kreins, es ist richtig, das geht zulasten von Autoparkplätzen und muss zulasten von Autoparkplätzen gehen. Darüber muss natürlich in der Stadt diskutiert werden, es muss die Auseinandersetzung darüber
geführt werden. Aber wer eine wirkliche Verkehrswende will, muss diese Konflikte aushalten und darüber diskutieren, ob in der Stadt für die Verkehre, die nicht über den Umweltverbund abgewickelt werden können, nicht Modelle von Car-Sharing wesentlich effektiver wären.
Das würde die Situation, dass die Autos in der Regel 95 Prozent der Zeit rumstehen und städtischen Raum blockieren, deutlich verändern. Deshalb sagen wir: Da muss deutlich mehr geschehen.
Es ist klar, man muss Prioritäten setzen. Für uns ist eine wichtige Priorität, dass wir das Radwegenetz und die Radstreifen auf den Hauptverkehrsstraßen durchgängig ausbauen. Das hat für uns Priorität, ebenso wie die Forderung, dass die Fahrradstellplatzanlagen ausgeweitet werden und dass wir an den wichtigen Bahnhöfen ausreichende Stellplätze haben. Wenn man sich die Realität anguckt, stellt man fest, dass diese völlig überfüllt sind. Die Fahrräder werden irgendwo, an Laternen oder anderswo angeschlossen, und tragen dazu bei, dass sich die organisierte Kriminalität an ihnen zu schaffen macht, sich nämlich die Fahrraddiebstähle häufen. Das heißt, wir brauchen auch sichere Fahrradabstellanlagen, und wir brauchen an den wichtigen Bahnhöfen und Kreuzungen auch Fahrradservicestationen. Das muss die Zukunft sein. Insofern ist es richtig, wenn dieser Volksentscheid Druck macht.
Kollege Gelbhaar hat es schon angesprochen: Wir brauchen auch Kontrollen. Es ist wunderbar, wenn man einen Fahrradstreifen hat, aber sich die Autofahrer immer noch nicht daran gewöhnt haben, dass das keine freie Parkfläche ist, sondern eine Fläche, die für Radfahrer reserviert ist. Deshalb müssen die Kontrollen intensiviert werden, muss, wer auf einem Fahrradstreifen parkt, auch mit einer Strafe rechnen bzw. die Fahrzeuge müssen dann auch abgeschleppt werden. Das ist ein wichtiger Punkt der Verkehrserziehung, den man endlich einmal durchsetzen muss.
Wir werden noch gemeinsam die Diskussion mit den Initiatoren des Volksentscheids führen. Ich glaube, dass die eine oder andere Forderung zeitlich betrachtet etwas überambitioniert ist. Aber das muss man im Detail diskutieren. Auf jeden Fall ist es richtig, dass sich Menschen artikulieren, ihre Interessen deutlich machen – nicht im Gegensatz zu anderen –, sondern sagen: Es muss in Berlin eine Verkehrswende stattfinden, und eine wichtige Rolle spielt dabei der Radverkehr innerhalb der Stadt. Das muss endlich in die Köpfe und nicht nur in die Köpfe, es muss sich auch in politischem Handeln umsetzen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich freue mich, dass der Regierende Bürgermeister in guter Gesellschaft mit einem Beschluss des Landesparteitags der Linken ist,
der nämlich beschlossen hat, dass alle Abgeordneten mit ihren Wahlkreisbüros und auch alle Geschäftsstellen des Landesverbands der Linken Kunde des Stadtwerks werden sollen.
Es ist in Arbeit, weil es Kündigungsfristen gibt. – Du hast es ja auch noch nicht gemacht!
Das bleibt allerdings alles weit hinter dem zurück, was die SPD-Fraktion mal gewollt hat. Auch die 20 000 Kunden bleiben weit hinter dem zurück.
Lieber Kollege Buchholz! Wir haben es ja gemeinsam in der Enquete-Kommission beschlossen, dass die unsinnige Entwicklungsbremse des Stadtwerks, die auch gleichzeitig eine Investitionsbremse ist, aus dem Gesetzentwurf raus muss. Ich hoffe, dass wir nach dem 18. September hier im Hause die Mehrheiten haben, damit man das auch endlich beschließen kann und wir nicht über 20 000
(Michael Schäfer)
reden, sondern über die wirkliche Entwicklung eines starken Stadtwerks, das auch einen Beitrag zur Energiewende leisten kann. Dann ist es ziemlich egal, ob der Regierende Bürgermeister dabei ist oder ob eine Geschäftsstelle der Linken dabei ist, sondern es geht darum, dass wir ein Stadtwerk haben, das wirklich in die Energiewende investiert, sowohl in Erzeugungsanlagen als auch in Energieeinsparung und Energieeffizienz.
Die Kritik an dem Grünen-Parteitag, dass der Antrag seit drei Jahren abgehangen ist, ist sicherlich zutreffend. Ob das Schuld der Grünen oder derjenigen ist, die das nicht auf die Tagesordnung in den Ausschüssen gesetzt haben, ist etwas anderes. Aber was man Ihrem Energiewendegesetz nicht vorwerfen kann, ist, dass es drei Jahre alt ist. Das hätte uns gefreut, wenn wir sagen könnten, das Energiewendegesetz ist drei Jahre alt, das ist vor drei Jahren verabschiedet worden, im Jahr 2013. Es ist mir nach wie vor schleierhaft, weshalb dieses Gesetz, das gegenüber den ursprünglichen Entwürfen eines Klimaschutzgesetzes in der letzten und der vorletzten Legislaturperiode relativ unambitioniert ist, insofern als es nur eine Selbstbindung der öffentlichen Hand beinhaltet, so lange gedauert hat. Und weshalb das jetzt noch mal vertagt werden muss, nachdem wir schon mal Einigkeit hergestellt haben, ist in der Tat nicht nachvollziehbar,
vor allen Dingen, lieber Kollege Buchholz, da mit den Stimmen der Koalition und damit auch der SPD in der Ausschussberatung unser Antrag abgelehnt wurde, dass u. a. auch die Sozialverträglichkeit bei energetischen Sanierungsmaßnahmen nachgewiesen werden muss. Dieser Änderungsantrag ist damals abgelehnt worden. Jetzt ist offensichtlich die SPD-Fraktion darauf gekommen, dass man sich doch mal darum kümmern muss. Da sage ich, schönen Dank, aber ich hoffe, dass euch die zwei Wochen ausreichen, um zwei Sätze zu formulieren, damit wir das endlich verabschieden können.
Und dann wollen wir vor allen Dingen sehen, dass nach dieser Legislaturperiode das Berliner Energie- und Klimaschutzprogramm endlich verabschiedet wird, so wie wir das hier vereinbart haben, damit zumindest die Grundlage für die nächste Legislaturperiode gelegt worden ist. Die Zeit ist knapp. Bis zur Sommerpause haben wir nur noch wenige Sitzungen. Unser Interesse ist es – und ich glaube, auch das Interesse der gesamten Opposition und hoffentlich auch der Koalition –, dass wir das in diesem Hause noch verabschieden können, damit für mögliche Koalitionsverhandlungen nach der nächsten Abgeordnetenhauswahl und eine mögliche Senatsbildung ein klarer Handlungsauftrag besteht.
Niemand hat den Senat daran gehindert, auch wenn das Energiewendegesetz und das Energie- und Klimaschutzprogramm noch nicht verabschiedet sind, in dieser Legislaturperiode etwas zu tun. Ein Beispiel: In der Machbarkeitsstudie wird gesagt, Photovoltaik wollen wir perspektivisch ausbauen, dass 25 Prozent des Strombedarfs über Photovoltaik in Berlin gedeckt werden. Wenn man sich anguckt: Ich habe gerade neulich eine Schriftliche Anfrage dazu gestellt, was real passiert. Da finden Dächersanierungen im Land Berlin statt, wunderbar! Wie viele Photovoltaikanlagen werden darauf errichtet? – So gut wie keine! Das ist das, wie hier gehandelt wird, nämlich auf der einen Seite wird geredet, werden Programme entwickelt, und in der Realität wird nichts umgesetzt. Das muss sich ändern.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das ist ein Antrag, der eine Vielzahl von Themen berührt, in dem sozusagen alles Schöne, Wahre und Gute noch einmal aufgelistet ist. Das macht es schwierig, ihn zu diskutieren.
Ich glaube, es wäre sinnvoller gewesen, diese zehn Punkte, die hier angesprochen sind, in Einzelanträgen zu formulieren, denn dann könnte man sie im Ausschuss im Detail diskutieren. Ich glaube, jeder dieser Punkte hätte es verdient, im Detail diskutiert zu werden. In der Form des Sammelantrags wird dies nicht geschehen.
Ich gehe auf einige Punkte ein. Der erste Punkt, den Sie ansprechen, ist die Frage des Berliner Fuhrparks. Es ist völlig richtig, mit 0,6 Prozent Elektromobilität und fast 98 Prozent Diesel- und Benzinfahrzeugen, mit einigen Hybridfahrzeugen, kann man nicht behaupten, dass das Land Berlin an dieser Stelle eine Vorreiterrolle einnimmt. Das Thema Schaufenster Elektromobilität müsste sich eigentlich auch an dieser Stelle dokumentieren. Es würde sich in der Tat lohnen, wenn ich jetzt höre, dass der Senat eine neue Beschaffungsrichtlinie hat, diese im Detail zu diskutieren: Welche Möglichkeiten es gibt, welche Kosten etc. und wie künftig der Fuhrpark aussehen soll, was möglich ist und was realisierbar.
Zweiter Punkt: öffentlichen Personennahverkehr stärken. Das Thema öffentlichen Personennahverkehr stärken könnte man allein in zehn Unteranträge aufgliedern, weil wir hier eine Vielzahl von Maßnahmen haben.
Sie sprechen das Thema Verkehrsbeschleunigung zu Recht an, was wir hier schon zig Mal diskutiert haben, die Tatsache, dass von den Ampelschaltungen, bei denen es möglich wäre, sie auf Vorrangschaltung umzustellen, gerade einmal etwas mehr als die Hälfte auf Vorrang stehen. Das ist nicht akzeptabel. Das ist sowohl verkehrspolitisch nicht sinnvoll, das ist ökologisch nicht sinnvoll und es ist obendrein für die BVG betriebswirtschaftlich nicht sinnvoll, weil das dazu führt, dass mehr Fahrzeuge in den Umlauf geschickt werden müssen. Das ist teurer und damit ist der Schadstoffausstoß auch höher.
Was ich allerdings nicht verstanden habe – das muss ich zugeben –, ist die Forderung in dem Antrag, dass die BVG ihre Busse bis zum Jahr 2020 auf Euro-6-Standard umrüsten soll. Die BVG sieht in ihrer Planung vor, alle Fahrzeuge bis 2021 auf Euro-6-Standard umzurüsten. Ich
glaube, diese Radikalisierung der Forderung um ein Jahr ist an dieser Stelle nicht notwendig gewesen.
Was Sie weiterhin ansprechen: Radverkehr, Haushaltsmittel verdreifachen. Das ist ein Anliegen, das wir grundsätzlich teilen. Aber der Kollege Buchholz hat zu Recht darauf hingewiesen, dass wir schon gegenwärtig Schwierigkeiten haben, die Haushaltsmittel zu verbauen, die derzeit im Haushaltsplan eingestellt sind. Deshalb muss der Flaschenhals – Personalengpass, zu wenig Leute, die in den Bezirken diese Planungen machen, weshalb auch die Umsetzung nicht vorankommt – angegangen werden. Auch das hätte noch einmal eine detailliertere Diskussion in einem eigenen Antrag verdient.
Nächster Punkt: Ausweitung der Umweltzone. Auch das ist ein diskussionswürdiges Thema. Wie gesagt, ich befürchte, dass diese Einzelthemen in diesem Sammelantrag allesamt untergehen werden, man wird sie nicht im Einzelnen diskutieren.
Ich will nicht auf die diversen anderen Themen eingehen: Reisebuskonzept und anderes. Es ist ein Antrag, der eine Vielzahl von Konzeptionen, von Einzelmaßnahmen erfordert. Insofern fürchte ich, werden wir, so wie ich unsere Ausschüsse kenne, die Themen, die zu Recht in diesem Antrag angesprochen sind, nicht wirklich diskutieren, sondern das wird innerhalb von 20 Minuten abgehandelt und mit Koalitionsmehrheit abgelehnt werden. Vielleicht sollte man sich überlegen, wie man das für die nächste Legislaturperiode im Detail aufbereitet. In dieser Legislaturperiode wird mit diesem Senat ohnehin bei all diesen Themen nichts Einschneidendes mehr passieren.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Klimagipfel in Paris hat nicht nur das Ziel bekräftigt, die Erderwärmung auf 2 Grad gegenüber dem vorindustriellen Zeitalter zu begrenzen, sondern das Ziel sogar noch mal ambitionierter ausgestaltet; jetzt wird von 1,5 Grad gesprochen. Allein um dieses 2-Grad-Ziel zu erreichen, müssten 80 Prozent der heute bekannten fossilen Lagerstätten für Kohle, Öl und Gas in der Erde bleiben. Gegenwärtig passiert allerdings das genaue Gegenteil. Die großen Energiekonzerne, die internationalen Konzerne versuchen, immer mehr Lagerstätten zu erschließen, immer neue Lagerstätten zu entdecken, und das heißt nichts anderes, als dass sie damit versuchen, indem sie sagen, wir haben soundsoviel Lagerstätten zur Verfügung an fossilen Energien, ihren Aktien-, ihren Börsenwert zu steigern. Das ist völlig diametral zu all dem, was auf diesen internationalen Klimagipfeln vereinbart wird. Deshalb gibt es auch eine internationale Bewegung des Divestment, die sagt, wir müssen raus aus diesen Anlagen, wir müssen raus aus Investitionen, aus Aktien, aus Fonds, die diese internationalen Konzerne bei der Ausbeutung der Vorräte von fossilen Energien begünstigen und unterstützen.
Wir sind der Auffassung, dass Berlin sich an dieser internationalen Bewegung beteiligen soll, sich den Städten, den Institutionen, die sich schon für Divestment entschieden haben, anschließen sollte. Das hat einen gewissen symbolischen Wert. Wir haben schon darüber gesprochen; es ist erwähnt worden. Wir reden im Moment über etwa 10 Millionen Euro, die in fossilen Unternehmen investiert sind. Es ist ein wichtiges Signal aus der deutschen Hauptstadt zu sagen: Wir investieren nicht mehr in diese Bereiche. Wir sollten eine Stadt wie Münster nicht allein lassen, sondern an dieser Stelle sagen: Berlin nimmt seine Verantwortung wahr und proklamiert nicht nur den Kohleausstieg, sondern tut auch das, was es
(Clara Herrmann)
konkret tun kann, und setzt dieses Zeichen, hier aus diesen Investitionen auszusteigen.
Es ist schon angesprochen worden. Es ist auch durchaus ökonomisch sinnvoll, weil die Anlagen in Unternehmen, die ein wesentliches Geschäft im Bereich der fossilen Energien betreiben, durchaus risikobehaftet sind. Wenn man sich den Kursverfall der großen Energieunternehmen in Berlin von E.ON und RWE anschaut, von denen inzwischen Leute aus der Branche sagen, dass diese demnächst staatlich gerettet werden müssten, ist völlig klar, dass das keine sinnvolle Anlagestrategie für die Zukunft ist. Deswegen sagen auch wir, dass es sowohl ökologisch als auch ökonomisch geboten ist, aus diesen Investitionen auszusteigen.
Ich bin dafür, dass man im Hauptausschuss genau diskutiert, in welchen Fristen das geschehen kann, wie diese Anlagestrategie gegenwärtig aussieht, inwieweit hier vertragliche Bindungen existieren. Deswegen haben wir auch klar formuliert, dass wir hier schnellstmöglich aussteigen wollen. Man muss sich einmal ansehen, was die Stadt Münster diskutiert hat. Sie hat das Thema sehr genau untersucht und festgestellt, dass man durchaus rentabel und sicher aus den fossilen Anlagen aussteigen und ökologisch sinnvoll mit stabilen Renditen investieren und damit nachhaltig auch etwas für die Ökologie tun kann. Deshalb schlagen wir vor, dass das Parlament der Enquete-Kommission folgt und nicht nur eine Empfehlung zur Kenntnis nimmt, sondern aus dieser Empfehlung durch Beschlüsse Konsequenzen zieht. – Ich danke für die Aufmerksamkeit.
Sehr geehrter Herr Dr. Garmer! Ihrem Schlusssatz, „Lassen Sie uns das nutzen, was wir schon haben!“, kann ich mich nur anschließen.
Lassen Sie uns die Instrumente nutzen! Wir haben diese Investitionen, und wir können sie umswitchen auf ökologisch verträgliche und rentable Investitionen. Um nichts anderes geht es.
Sie haben mit Nebelkerzen geworfen. Sowohl im Antrag als auch in der Empfehlung der Enquete-Kommission heißt es, man solle aus Investitionen rausgehen, die den Zielen des Klimaschutzes entgegenstünden. Sinnvolle Anwendung von Gas im Rahmen der Energiewende, z. B. in dezentralen Kraft-Wärme-Kopplungskraftwerken, widerspricht diesen Zielen nicht. Was diesen Zielen widerspricht, ist z. B. Fracking. Das sind die Themen, um die es geht. Und es geht um die Konzerne, die in diese Bereiche investieren und die immer noch in Kohle investieren – um nichts anderes. Das heißt, es geht darum, dass wir aus Investitionen in Aktien von RWE rausgehen, aus Investitionen in Aktien von Gaz de France, in Aktien von Repsol und wie sie alle heißen, diese ganzen Konzerne. Um nichts anders geht es. Das sind die Instrumente, die wir haben.
Und wenn Sie, Herr Garmer, davon sprechen, dass das eine Idee der Kampagnenindustrie sei – die mir bisher noch nicht untergekommen ist; es wird alles immer industrieller; es gibt schon Finanzindustrie, wo ich mich frage, was sie überhaupt produzieren; jetzt gibt es eine Kampagnenindustrie.
Ich frage: Gehört die deutsche Allianz Aktiengesellschaft zu dieser Kampagnenindustrie, die aus der Kohle ausgestiegen ist? Das ist alles hanebüchener Unsinn, das ist eine Nebelkerze.
Ich erinnere Sie an den Konsens, den wir mal in der Enquete-Kommission gehabt haben. Nichts anderes ist hier beantragt; das ist der Wortlaut dessen, was wir in der Enquete-Kommission gemeinsam beschlossen haben, das wird hier beantragt, als Beschluss des Abgeordnetenhauses festzuhalten. Deshalb bitte ich die CDU-Fraktion, zu diesem Konsens zurückzukehren, dass wir das hier gemeinsam machen können. Wenn das das Zeichen dafür ist, wie wir bei anderen, gesellschaftlich wesentlich kon
flikthafteren Themen der Energiewende, die in diesen Empfehlungen der Enquete-Kommission enthalten sind – wenn wir so weitermachen, dann ist der Konsens zumindest mit Ihnen nichts wert.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch wenn es zu spät kommt, auch wenn es längst überfällig war: Wenn man hier im Parlament einmal die seltene Gelegenheit erhält zu sagen, dass eine Senatsentscheidung vernünftig war, dann sollte man das tun. Ich sage: Die Gründung dieser Fahrzeugfinanzierungsgesellschaft bei der BVG ist ausgesprochen vernünftig, ist eine gute Entscheidung, auch wenn sie überfällig war. Mit dieser Entscheidung hat die BVG die Möglichkeit, ihr seit Langem vorliegendes Konzept zur zukunftssicheren Fahrzeugbeschaffung, zur Erneuerung ihres Fahrzeugparks und zur Ausweitung ihres Fahrzeugparks – was alles notwendig ist, um die gestiegenen Anforderungen und die gestiegene Nachfrage nach Leistungen des öffentlichen Personennahverkehrs zu erfüllen – auch umsetzen und finanzieren zu können, und vor allen Dingen wegzukommen von dem bisherigen Verfahren, dass Fahrzeuge bei der BVG entweder aus den Strafzahlungen für die Schlechtleistung der S-Bahn – finanziert worden sind – das kann man mal machen. Aber das kann keine Zukunftsstrategie sein, die Finanzierung bei der BVG davon abhängig zu machen, dass die S-Bahn schlechte Leistungen erbringt – oder durch das Stop-andGo aus Haushaltüberschüssen, die man einmal hat und einmal nicht.
Jetzt ist Planungssicherheit vorhanden, jetzt ist eine kontinuierliche Finanzierung vorhanden. An dieser Stelle will ich mich ausdrücklich bei Frau Nikutta für ihr beharrliches Nachhaken bedanken, und beim Finanzsenator für die Innovation, die er auf den Weg gebracht hat. Herzlichen Dank, dass wir einen Finanzsenator haben, der nicht nur über Kürzen redet, sondern der auch einmal eine politische Idee hat und in der Lage ist, die Schuldenbremse zu umgehen und Finanzierung und Investitionen in dieser Stadt zu ermöglichen.
(Oliver Friederici)
3 Milliarden Euro Investitionen, da stimme ich Herrn Friederici zu, sind nicht nur gut für den öffentlichen Personennahverkehr und die BVG, sondern auch für die wirtschaftliche Entwicklung in dieser Stadt. Wir haben Kompetenzen im Bereich der Nahverkehrstechnik. Diese Investitionen werden zum Großteil in die Region gehen und damit auch wirtschaftliche Impulse und Impulse für die Beschäftigung geben.
Wir würden uns allerdings wünschen, dass das, was jetzt für die BVG gewährleistet ist,
nämlich eine zukunftssichere Investitionsstrategie, eine Planungssicherheit, auch für die Investitionen, die wir ansonsten im Land Berlin zu schultern haben, gewährleistet wird,
und dass der Senat, der einmal angetreten ist als Infrastruktursenat – wir sind am Ende der Legislaturperiode –, jetzt auch einmal eine klare Strategie vorlegt, wie die Investitionen in der Zukunft aussehen sollen für die vielen Bereiche, in denen wir einen Instandhaltungsstau haben, in denen wir einen Investitionsstau haben: in der öffentlichen Infrastruktur, in der sozialen Infrastruktur – bei Schulen, bei Kindertagesstätten, bei der Krankenhausfinanzierung und anderem mehr. Dafür würde ich mir eine ähnliche Planungssicherheit wünschen wie für die BVG, um das einmal am Rande anzumerken.
Ich glaube, dass auch an dieser Stelle der Verweis auf den Stabilitätspakt und die Schuldenbremse nicht wirklich zieht. Sie haben mit der Finanzierungsgesellschaft gezeigt, dass es möglich ist, sinnvolle Investitionen zu finanzieren – ich rede von der Finanzierung von Investitionen. Investitionen über Kredite zu finanzieren, ist sinnvoll, anders als konsumtive Ausgaben über Kredite zu finanzieren. Ich warte zum Beispiel auf einen Fonds für die energetische Sanierung der öffentlichen Gebäude, wofür man ähnliche innovative Finanzierungsinstrumente nutzen kann. Das sind sinnvolle Investitionen, und dabei kann man auch die Refinanzierung über die Einsparungen, die man anschließend aufgrund der Energieeffizienz hat, zumindest teilweise gewährleisten. Ich glaube, es ist notwendig, dass wir eine solche Diskussion in der Zukunft führen.
Wir begrüßen es auch, dass es jetzt eine Vereinbarung gibt, den Letter of Intent, dass im Rahmen des InhouseVerfahrens die Verkehrsleistungen auch in Zukunft verbindlich an die BVG vergeben werden sollen. Ich kann mich daran erinnern, als erstmalig ein solcher Verkehrsvertrag im Rahmen der Inhouse-Vergabe an die BVG vergeben wurde, gab es von der damaligen Opposition in diesem Haus heftige Kritik und heftigen Widerstand. Ich
sage: Wir haben das durchgesetzt, mittlerweile sind alle dafür, das ist gut so. Wir müssen dann darüber reden, wie der Verkehrsvertrag konkret ausgestaltet ist.
Und da komme ich zu einem Thema, das ich im Letter of Intent gesehen habe, und darüber müssen wir insgesamt noch einmal reden, nämlich dass der Eigenanteil der BVG von gegenwärtig 57 Prozent auf 62 Prozent gesteigert werden soll. Nun mag das und kann das ja sinnvoll sein. Aber ich glaube, man muss sehr genau darüber reden, wie diese Steigerung des Eigenanteils realisiert werden kann und soll. Ich sage ganz klar für unsere Fraktion: die Steigerung des Eigenanteils kann und soll nicht gewährleistet und finanziert werden durch die Fortsetzung der permanenten Politik der Fahrpreissteigerung, wie wir sie seit einigen Jahren haben.
Denn irgendwann ist die Grenze erreicht. Man sieht es jetzt auch schon, dass man sich bei dem ABC-Ticket krampfhaft bemühen musste, bei 99,90 Euro rauszukommen, damit man die symbolische 100-Euro-Grenze nicht überschreitet. Ich sage, diese Politik der permanenten Fahrpreissteigerungen muss gestoppt werden. Die Verbesserung der Einnahmesituation der BVG muss über die Gewinnung zusätzlicher Fahrgäste erfolgen, um darüber die Einnahmen zu erhöhen, und nicht durch eine Politik permanenter Fahrpreissteigerungen. Deshalb werden wir auch darüber reden, wie diese Erhöhung des Eigenanteils erfolgen soll. Wir sagen: nicht über die permanenten Fahrpreissteigerungen.
Zweiter Punkt: Wenn ich die Effektivität dieses Unternehmens verbessern will – der Kollege Gelbhaar hat es schon angesprochen –, dann muss ich dafür sorgen, Herr Verkehrssenator, dass wirklich diese Blockade des öffentlichen Personennahverkehrs durch die Verkehrslenkung Berlin, durch zugeparkte Busspuren, dadurch, dass die Busse permanent im Stau stehen, endlich gelöst wird. Wir brauchen durchgängig den Vorrang für den öffentlichen Personennahverkehr und kein Puzzle aus kurzfristiger Vorrangschaltung, und an der nächsten Ampel steht der öffentliche Personennahverkehr wieder. Das muss jetzt wirklich organisiert werden, dass das durch die ganze Stadt funktioniert, dass wir durchgängig die Vorrangschaltung haben. Das verringert die Umlaufzeiten, das verringert Kosten und erhöht damit den Eigenfinanzierungsgrad der BVG. Das ist ein Weg, den wir unterstützen würden. Der nutzt auch den Fahrgästen, steigert die Attraktivität des öffentlichen Personennahverkehrs und ist auch finanziell sinnvoll.
Ich will noch zu einem anderen Punkt kommen. Im Titel der Aktuellen Stunde kommt es nicht vor, aber wenn wir über öffentlichen Personennahverkehr reden, müssen wir auch über die S-Bahn reden. Ich finde, es ist ein absolutes Unding, dass wir ein ellenlanges Verfahren haben, das sich lange hingezogen hat, das offensichtlich hochkompliziert war, wo am Ende kein Wettbewerb existiert hat, sondern nur noch ein Bieter übrig war, wo das Land Berlin tief in die Tasche greifen muss, wo die SPD-Fraktion, als ausgeschrieben wurde, noch kraftvoll erklärt hat, das Ganze stehe unter einem Parlamentsvorbehalt, den sie dann im Hauptausschuss verschlafen hat, indem sie die entsprechende verbindliche Erläuterung und die Sperre weggenommen hat, und wir diskutieren bis heute nicht im Parlament über diesen Vertrag, und der Vertrag ist dem Parlament nicht vorgelegt. Herr Geisel! Sie sind zwar nicht rechtlich verpflichtet, durch diese Trickserei und die Dusseligkeit der Koalitionsfraktionen, das vorzulegen. Aber ich möchte, dass dieser Vertrag dem Parlament vorgelegt wird, damit wir darüber diskutieren können, was die Konditionen sind, welche Leistungen wir im Konkreten bekommen und wofür wir eigentlich zahlen.
Und da sage ich, die SPD-Fraktion, die immer mit diesen Parlamentsvorbehalten jahrelang herumgelaufen ist: Verlangt das endlich auch mal, dass wir diesen Vertrag vorgelegt bekommen, damit wir auch über die Konsequenzen für die nächsten beiden Teillose diskutieren können! Es ist doch elementar, dass das Parlament hier seine Verantwortung wahrnimmt und nicht alles an die Exekutive delegiert und sagt: Die Genossen werden sich schon was dabei gedacht haben. Ich dachte, diese Zeiten sind vorbei, wo man so agiert und alles wegdelegiert und keine Verantwortung mehr übernimmt.
Und deshalb, Kollege Geisel, legen Sie den Vertrag dem Parlament vor! Machen Sie ihn öffentlich, damit wir ihn diskutieren können! Und dann will ich sehen: Was sind die Konsequenzen für die nächsten Ausschreibungen? Und ich sage an dieser Stelle: Die Überlegung, eine Finanzierungsgesellschaft aufzubauen, bietet doch eine gute Voraussetzung, eine Diskussion darüber zu führen, wie wir insgesamt einen kommunalen Fuhrpark für den öffentlichen Personennahverkehr aufbauen können.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich werde in diesem Beitrag nicht das wiederholen, was ich schon in vielen Redebeiträgen gesagt habe: Das Thema Stadtwerk funktioniert nicht. Ich werde nicht wiederholen, was ich gesagt habe, obwohl neulich in einer Runde Vertreter aller Fraktionen gesagt haben, dass die Ausschreibung für die Netze, für das Stromnetz, auf null zurückgesetzt werfen muss, der Senat dies aber trotzdem – obwohl es offensichtlich der Wille aller Fraktionen ist – nicht tut. Darauf will ich jetzt nicht näher eingehen.
Ich will auch nicht näher auf die Bitte meines Kollegen Uwe Doering eingehen, der mich gebeten hat, in meinem Beitrag noch einmal intensiv die Sanierung der Allendebrücke und der Langen Brücke anzusprechen, weil er die Furcht hat, dass er demnächst nicht mehr aus Köpenick nach Berlin-Mitte kommen kann. Auch das werde ich an dieser Stelle nicht weiter ausführen.
Ich will zu dem Thema sprechen, zu dem wir noch keine Möglichkeit hatten, länger zu reden, nämlich dem aktuellen Thema der S-Bahnausschreibung. Der Kollege Gelbhaar hat es schon angesprochen, da wurde stillschweigend der Haushaltsvorbehalt kassiert.
(Stefan Gelbhaar)
Ich erinnere daran, dass im Jahr, ich glaube 2012, als es die intensive Diskussion bei der SPD gab, ob man in die Ausschreibung geht oder ob man in Form einer Direktvergabe rekommunalisiert, in Form der Inhouse-Vergabe, dann groß beteuert wurde, auch wenn ausgeschrieben werde, hätten wir als Haushaltsgesetzgeber, wir als Parlament den Finger drauf, wir hätten einen Haushaltsvorbehalt. Deshalb wurde auch in die Ausschreibung geschrieben:
Die Auftraggeber weisen darauf hin, dass die im Haushalt vorgesehenen Verpflichtungsermächtigungen qualifiziert gesperrt sind. Der Hauptausschuss des Abgeordnetenhauses wird über die Aufhebung der Sperre nach Vorlage einer anonymisierten Fassung des für den Zuschlag vorgesehenen Finanzierungsmodells entscheiden. Werden die Haushaltsmittel nicht freigegeben, behalten sich die Auftraggeber vor, das Vergabeverfahren aufzuheben. Kosten und Aufwendungen werden in diesem Falle nicht erstattet.
So weit der Ausschreibungstext und so weit das, was die SPD-Fraktion damals meinte, durchgesetzt zu haben. Ich frage: Welcher Teufel hat euch geritten, von diesem Recht des Parlaments Abstand zu nehmen, sodass wir vor Zuschlagserteilung noch nicht einmal über die Finanzierungsstruktur, über die Auswirkungen dieses S-Bahnvertrags als Parlament, und sei es im Datenraum, Auskunft bekommen und Einblick nehmen können?
Das ist ein Blindflug, das ist ein Blankoscheck. Das ist eine Entmachtung des Parlaments! Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD! Einmal mehr habt ihr euch selbst entmachtet. Ihr seid an dieser Stelle wirklich nicht mehr ernst zu nehmen. Lauthals Ankündigungen machen und anschließend null und nichts!
Dann frage ich: Weiß jemand wirklich, was dieses Ding kostet?
Der Kollege Geisel sagt: 370 Millionen Euro Mehrkosten. Ich frage: Mehrkosten gegenüber was? Wie sind die Mehrkosten kalkuliert? Was kosten die Interimsverträge? Niemand weiß, was sie kosten, weil sie noch nicht abgeschlossen sind. Aus den VEs, die im Haushalt stehen, kann man nichts entnehmen, weil sich die verschiedenen Phasen überlappen: Wann die Neufahrzeuge in Betrieb gehen, welche Zeiträume noch im Rahmen dieser Interimsverträge abgearbeitet werden müssen, nichts ist klar, nichts ist deutlich, niemand weiß, was finanziert werden muss und was die Kosten sind. Ich finde, es ist ein Armutszeugnis für dieses Parlament und diese Koalition, dass sie sich darüber noch nicht einmal Rechenschaft ablegt.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Friederici! Keine Sorge – wir werden diesen Antrag unterstützen!
Denn es geht um ein wichtiges Berliner Unternehmen; es geht um Tausende von Arbeitsplätzen, und es geht auch um die perspektivische Frage der Wirtschaftlichkeit des BER. Ich stelle mir allerdings die Frage, wozu ein solcher Antrag hier im Berliner Abgeordnetenhaus kurz vor Toresschluss nötig ist,
weil das eigentlich das tägliche Brot des Senats ist. Ich möchte wissen, was die Wirtschaftssenatorin gegenüber der Bundesregierung unternommen hat, ich möchte wissen, was der Verkehrssenator gegenüber seinen Kollegen im Bund unternommen hat,
um die Interessen Berlins und die Interessen des Unternehmens und des Standortes hier zu gewährleisten und zu sichern. Das wäre eine interessante Information, eine interessante Auskunft. Ich sehe, dass beide zuständigen Senatoren gegenwärtig gar nicht auf der Bank sitzen.
Vielleicht führen Sie ja die Gespräche woanders.
(Oliver Friederici)
Ich bitte um Entschuldigung! Ich habe auf Ihren üblichen Platz gesehen und sehe jetzt, dass sie das Thema intensiv mit ihrem Staatssekretär bespricht. Das freut mich!
Ich glaube aber, dass die Sache nicht ganz so einfach ist, wie sie hier in manchem Debattenbeitrag dargestellt worden ist. Es ist in der Tat so, dass die Frage der Codeshareflüge in dem Luftverkehrsabkommen mit den Vereinigten Arabischen Emiraten nicht geregelt ist, dass auch immer klar war, dass die Genehmigung, die es bisher gegeben hat, keine endgültige, sondern eine befristete ist.
Ja, es ist über vier Jahre geduldet worden, und es ist auch vor einem Jahr gesagt worden, dass jetzt letztmalig verlängert werde, und es gibt Verhandlungen. In Verhandlungen gibt es unterschiedliche Interessen. Es ist richtig darauf hingewiesen worden, dass man den Verdacht haben muss, dass der bayerische oder der aus Bayern stammende Bundesverkehrsminister auch über die Maßen bayerische Standortinteressen vertritt. Dafür gibt es einige Indizien. Es ist gleichzeitig so, dass das deutsche Unternehmen Lufthansa unter einem starken Wettbewerbsdruck steht und es deshalb ein Interesse seitens der Bundesregierung gibt, an dieser Stelle auch die Interessen der Lufthansa zu wahren. Gleichzeitig ist es aber auch ganz offensichtlich, dass Etihad und die Vereinigten Arabischen Emirate die Situation von Air Berlin – dass die Existenz von Air Berlin unter anderem an diesen Codeshareflügen hängt, neben allen anderen unternehmerischen Fehlern, die in der Vergangenheit gemacht worden sind – nutzt, um sozusagen Air Berlin in diesen Verhandlungen zu nehmen, um ein Maximum an Interessen für die Vereinigten Arabischen Emirate durchzusetzen und dabei herauszuholen. Das muss man auch berücksichtigen. Es kann nicht sein, dass das Abgeordnetenhaus von Berlin – einige Redebeiträge gingen in diese Richtung – einfach sagt: Liebe Bundesregierung! Erfülle alle Forderungen von Etihad und der Vereinigten Arabischen Emirate, die das Interesse haben, ihr Luftdrehkreuz in Abu Dhabi zu stärken und auszubauen – zulasten des deutschen Standortes. Das kann auch nicht die Position sein, liebe Kolleginnen und Kollegen!
Wie gesagt, wir unterstützen diesen Antrag, weil wir der Meinung sind, dass die Bundesregierung in diesen Verhandlungen keine Münchner Lobbyinteressen zu vertre
ten hat, sondern dass sie versuchen muss, ein Ergebnis zu erzielen, mit dem dann auch die Interessen von Air Berlin gewahrt werden und damit eine wirtschaftliche Perspektive für Air Berlin entsteht. Aber ich sage: Es sind noch mehr Themen abzuwägen als nur die Interessen von Air Berlin. – Ich danke für die Aufmerksamkeit!
Lieber Kollege Buchholz! Wir sind uns doch darüber einig, dass es notwendig ist, eine Regelung zu finden, die das Unternehmen Air Berlin und die Arbeitsplätze sichert. Darüber sind wir uns einig, deshalb stimmen wir diesem Antrag auch zu.
Ich habe nur auf eines hingewiesen und da unterliegen Sie einem Irrtum: Bei den Codeshareflügen geht es nicht einfach darum, dass die alle unter dem gleichen Kennzeichen fliegen, sondern es geht um die Frage, ob für Umsteigebeziehungen durchgebucht werden kann. Das ist im Interesse der Arabischen Emirate und des Luftdrehkreuzes in Abu Dhabi. Darum geht es bei dieser Angelegenheit.
Etihad versucht und die Vereinigten Arabischen Emirate versuchen, ihre Interessen zu vertreten. Darauf habe ich hingewiesen.
Ich kenne das doch auch. Sie erinnern sich vielleicht, vor ein paar Jahren hatten wir die Diskussion mit Emirates wegen der Direktflüge von Berlin. Da gab es auch ein Luftverkehrsabkommen. Dabei ging es um die Frage, ob Emirates bereit ist, Direktflüge von anderen Standorten, die sie genehmigt bekommen hatten, abzugeben, und dann von Berlin aus zu fliegen. Dafür hätte es die Genehmigung der Bundesregierung gegeben. Insofern findet gegenwärtig das gleiche Spiel statt, leider auf dem Rücken von Air Berlin. Darauf wollte ich hinweisen, dass die Interessenlage nicht so eindeutig ist, dass man sagen könnte, jetzt gebt einfach mal den Vereinigten Arabischen Emiraten und Emirates das, was sie wollen, sondern die Interessenlage ist etwas komplizierter. Deshalb glaube ich, dass das ganze Problem nur so gelöst werden kann, dass man ein neues Luftverkehrsabkommen mit den Vereinigen Arabischen Emiraten schließt, in dem ein Interessenausgleich stattfindet. Es kann jedoch nicht sein, dass man einfach sagt, jetzt gebt Etihad und den Vereinigten Arabischen Emiraten das, was sie schon seit langem verlangen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Auch ich möchte mich zu Beginn dem allgemeinen Dank an die Expertinnen und Experten, an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Abgeordnetenhauses und der Fraktionen und an den Vorsitzenden der Enquete-Kommission anschließen. Ich schließe mich dem Lob für seine Verhandlungsführung an und dass er von Anfang an durchgesetzt hat, dass in dieser Kommission nicht entlang von Koalitions- oder Fraktionsgrenzen diskutiert wurde, sondern entlang der Sache. Anders hätten wir dieses Ergebnis in dieser Form nicht zustande gebracht.
Der Bericht der Enquete-Kommission listet eine Vielzahl von Maßnahmen auf, wie Berlin das Ziel der Klimaneutralität erreichen kann. Er macht auch deutlich, dass wir vor einem grundlegenden Umbau der energiewirtschaftlichen Strukturen in diesem Land und in dieser Stadt stehen. Energieproduktion und Energiekonsumtion werden sich grundlegend ändern. Es wird nicht mehr so sein wie in der Vergangenheit, dass wir aus großen, zentralisierten Kraftwerken den Strom beziehen, sondern wir werden eine Vielzahl von Akteuren haben. Und ich sage an dieser Stelle: Auch aus dem Bericht der Enquete-Kommission ergibt sich, dass die Geschäftsmodelle der großen, alten, fossilen Energieversorger nicht mehr funktionieren werden, dass sie obsolet sind. Die Tatsache, dass wir in den letzten Tagen von allen Energieversorgern große Wertberichtigungen und Abschreibungen mitgeteilt bekommen haben, zeigt, dass die Ära dieser fossilen Saurier zu Ende geht.
Zweitens: Wir brauchen Verbindlichkeit bei der Umsetzung der Energiewende. Denn im Land Berlin – das wissen wir alle – gibt es nicht einen Mangel an Papier, sondern einen Mangel an Verbindlichkeit und Konsequenz in der Umsetzung. Deshalb hat die Enquete-Kommission hier auch klare Mechanismen vorgeschlagen, nämlich dass zu Beginn einer jeden Legislaturperiode ein klarer Maßnahmenplan verabschiedet wird, der auch verbindlich gemacht und in der Umsetzung kontrolliert wird, und wenn eine Maßnahme ausfällt, muss sie durch eine andere ersetzt werden. Ich glaube, dass die Tatsache, dass wir diesen Bericht jetzt fraktionsübergreifend mit 97 oder 95 Prozent verabschiedet haben, eine gute Grundlage ist, eine solche Verbindlichkeit herzustellen.
Aber wir können auch in dieser Legislaturperiode noch einiges tun. Der Bericht formuliert unter anderem die Vorreiterrolle der öffentlichen Hand. Wir wissen alle, dass da vieles im Argen liegt. Wir wollen bis zum Jahr 2030 eine klimaneutrale Verwaltung erreichen. Der
(Daniel Buchholz)
Kollege Schäfer hat es schon gesagt: Das verlangt Investitionen, und die Gelegenheit für Investitionen besteht mit dem Landeshaushalt. Es gibt Anträge für diesen Landeshaushalt für die Energiewende, für die Umsetzung energetischer Sanierung zusätzliche Mittel bereitzustellen. – Das wird ein Prüfstein sein, ob sich das, was wir fraktionsübergreifend als gute Absicht formuliert haben, in der Tat in diesem Haushalt wiederfindet. Und das wird, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Koalition und der SPD, sich nicht nur darin ausdrücken, ob man einen Merkposten von 1 000 Euro einsetzt, sondern ob man als wirklichen Beginn einen zweistelligen Millionenbetrag einsetzt. Deshalb mein Appell an dieser Stelle: Den Worten müssen jetzt auch Taten folgen!
Wo wiederum Taten folgen müssen, ist beim Thema Stadtwerk. Die Enquete-Kommission formuliert für das Stadtwerk umfassende Aufgabenstellungen, die auch wieder Investitionen und Eigenkapital erfordern. Vor allem – Sie haben es schon angesprochen – erfordern sie, dass die gesetzlichen Restriktionen, die durch einen irrationalen Koalitionskompromiss zustande gekommen sind, endlich aufgehoben werden. Eine riesige Mehrheit in diesem Haus will, dass dieser Zustand aufhört, dass dieses Stadtwerk nur ein Bonsai-Stadtwerk ist. Wenn der Kollege Buchholz jetzt auch einen Stromliefervertrag mit diesem Stadtwerk hat, muss man dazu sagen: Das ist gegenwärtig Bückware. Die dürfen dafür nicht werben, das kann man nur unter dem Ladentisch erwerben. Ich will aber, dass dieses Stadtwerk allen Berlinerinnen und Berlinern bekannt ist und dass jeder Berliner und jede Berlinerin einen Vertrag bekommen. Deswegen muss diese gesetzliche Restriktion weg.
Eine weitere wichtige Erkenntnis dieser EnqueteKommission ist die Tatsache, dass wir in der Energiezukunft ein zunehmendes Zusammenspiel von Strom, Gas und Fernwärme einschließlich der Nahwärmenetze haben werden. Wir werden eine Situation haben, in der wir in zunehmenden Maße erneuerbaren Überschussstrom haben, den wir für die Produktion von Wärme im Rahmen von Power to Heat nutzen, womit Überschussstrom kurzzeitig zwischengespeichert werden kann. Wir werden zukünftig eine Situation haben, in der Überschussstrom genutzt wird, um Gas durch die Power-to-GasTechnologie zu erzeugen, das Gasnetz darüber auch zu einem Gasspeicher wird von erneuerbarem Gas und damit auch die Möglichkeit besteht, dann auch dezentrale Anlagen zu befeuern. Das macht deutlich: Diese verschiedenen Medien konvergieren, sie wachsen zusammen. Deshalb haben wir auch die Schlussfolgerung gezogen: Wir brauchen perspektivisch einen integrierten Netzbetrieb für Strom, Gas und Fernwärme aus einer Hand. Ein solcher integrierter Netzbetrieb kann nur in kommunaler Hand geführt werden.
Deshalb war ich doch sehr erstaunt – erstaunt eigentlich nicht, man musste es befürchten – über den Senatsbeschluss vom letzten Dienstag. Mit dem, was Sie da vorschlagen – 50 Prozent am Stromnetz, 51 Prozent am Gasnetz, 51 Prozent an der GASAG, die man aber nicht dauerhaft halten will, 25 Prozent an der Netzbetriebsgesellschaft – wird man keinen integrierten Netzbetrieb hinbekommen. An dieser Stelle schon einmal eine klare Missachtung der Empfehlung der Enquete-Kommission vonseiten des Senats.
Zweitens sagt die Enquete-Kommission sehr eindeutig: Es ist ordnungspolitisch nicht erwünscht, dass der Grundversorger, konkret Vattenfall, bestimmenden oder mitbestimmenden Einfluss auf das Stromnetz hat. Was beschließt der Senat? – Wir wollen das Stromnetz aufteilen – fifty, fifty zwischen Vattenfall und dem Land Berlin, auch hier eine klare Missachtung des Beschlusses der Enquete-Kommission. Der Kollege Schäfer hat es schon gesagt, auch die Enquete-Kommission empfiehlt 100 Prozent am Stromnetz.
Nun weiß ich, dass man manchmal politische Ziele nicht in einem Schritt erreichen kann und dass man möglicherweise Zwischenschritte gehen muss. Aber das ist kein Zwischenschritt, sondern das ist schlichtweg Murks.
Es ist kein energiewirtschaftlicher Sinn darin zu erkennen, wenn Sie auf der einen Seite bei der GASAG 51 Prozent des Netzes nehmen, ihr damit die Hälfte des Cashflows wegnehmen, und dann mit 51 Prozent oben einsteigen. Was ist der Sinn davon? Das muss mir mal jemand erklären.
Drittens: Dann sagen Sie, wir wollen eine Option auf die 100 Prozent oder mehr Prozent im Jahr 2023. Ich glaube, es wird lange im Senat ausgekegelt worden sein, wie diese Jahreszahl zustande gekommen ist – irgendwie muss ja ein Kompromiss zustande kommen, vielleicht war die CDU bei 2030 und die SPD hat sich durchsetzen können mit 2023, das ist jetzt auch nicht so essenziell. Ich sage nur: Wenn dieser Senatsbeschluss umgesetzt wird, zementieren Sie energiewirtschaftliche Strukturen auf die nächsten zehn oder fünfzehn Jahre. Ich bemerke an dieser Stelle auch ganz persönlich: Wir haben einmal eine vermurkste Teilprivatisierung einer großen Koalition anschließend als Erbe übernehmen, uns zehn Jahre damit herumärgern und einen hohen Preis dafür zahlen müssen.
Ich sage ganz klar: Wir haben keine Lust, eine vermurkste Teilrekommunalisierung als Erbe zu übernehmen.
Ein letzter Satz: Ich habe mit Freude die Skepsis aus der SPD-Fraktion, sowohl gestern Abend als auch heute in der Rede des Kollegen Buchholz, zur Kenntnis genommen. Ich weiß auch, wie schwierig es ist, wenn man einen uneinsichtigen Koalitionspartner hat und nicht alles durchsetzen kann. Das kenne ich aus eigener Erfahrung.
Aber es gibt einen Punkt, bei dem die Sozialdemokraten nicht auf ihren Koalitionspartner angewiesen sind – und das ist die Vergabestelle. Da hat nämlich die CDU nicht mit hineinzureden. Die Vergabestelle ist für das Vergabeverfahren ohne politische Beeinflussung verantwortlich. Wenn die Vergabestelle zu der Erkenntnis kommen würde, dass es zur Herstellung des vom Energiewirtschaftsgesetz geforderten Wettbewerbs geboten ist und auch geboten ist aufgrund der rechtlichen Fehler, die im Stromnetzverfahren gemacht worden sind, dieses Verfahren auf null zurückzusetzen, um dann auch die Möglichkeit zu nutzen, Berlin-Energie bieterfähig auszustatten und als Unternehmen aufzustellen und damit auch die eigene Verhandlungsposition gegenüber Vattenfall zu stärken. Das wäre eine Entscheidung, die die Sozialdemokraten mit ihrer Finanzverwaltung aus eigener Kraft treffen könnten, ohne einen Koalitionspartner dafür zu brauchen.
Da braucht man auch keine Angst haben. Die Aufforderung des Regierenden Bürgermeisters, doch einfach zu gehen, wird nicht befolgt werden. Die bleiben bis zum Ende der Legislaturperiode sitzen. Ihr habt jede Möglichkeit, die exekutiven Möglichkeiten und Chancen, die ihr habt, an dieser Stelle zu nutzen. Deshalb: Denkt noch einmal darüber nach, ob das die richtige Lösung ist, was der Senat beschlossen hat! – Ich danke für die Aufmerksamkeit!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lieber Herr Kollege Schäfer! Sie haben in Ihrem Beitrag viel Richtiges gesagt. Aber Sie haben einiges vergessen. Deshalb will ich das gern ergänzen. – Herr Senator Geisel! Sie haben in Ihrem Beitrag gesagt, mit dem, was der Senat beschlossen hat, würde man die unternehmerische Führung in Sachen Gasnetz anstreben, wenn man 51 Prozent des Gasnetzes hat. Ich darf Sie korrigieren: Der Senatsbeschluss sagt: 25,1 Prozent in der Betreibergesellschaft. Und ich frage Sie: Wo ist die unternehmerische Führung? Bei den Assets oder in der Betreibergesellschaft? – Selbstverständlich, wenn ich antworten darf, in der Betreibergesellschaft. Sie haben keine unternehmerische Führung mit dieser Konzeption beim Gasnetz.
Zweiter Punkt: Sie machen die Rechnung ohne den Wirt. Wer kommt denn auf die Idee, dass Vattenfall, die gerade mit Engie einen Konsortialvertrag geschlossen haben, der zwei Ziele verfolgt, nämlich erstens die Verhandlungsposition gegenüber dem Land Berlin zu stärken, und zweitens den Wettbewerber Eon aus dem Berliner Markt zu drängen, wie kommen Sie auf die Idee, dass es eine Bereitschaft von Vattenfall gäbe, Ihnen eine industrielle Partnerschaft mit Eon zu ermöglichen und damit einem Wettbewerber eine Eintrittskarte zu besorgen? Ich sage Ihnen, das Gegenteil wird passieren. Die werden alles
(Michael Schäfer)
tun, um den Markteintritt von Eon über die GASAG zu blockieren. Auch an dieser Stelle machen Sie wieder eine Rechnung ohne den Wirt, und das wird nicht funktionieren.
Und dann haben Sie die vage Hoffnung formuliert für das obskure Jahr 2023, von dem mir bisher keiner hat erklären können, wie das zustande gekommen ist,