Protokoll der Sitzung vom 14.06.2012

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Senator Müller! Ich glaube Ihnen, dass Sie diese besondere parlamentarische Situation genossen haben, denn der Bildungsetat ist so etwas wie das Glückskind des Berliner Haushalts. Seit Jahren wachsen die Ausgaben für Bildung, Jugend und Wissenschaft deutlich an. Auch in den Jahren 2012 und 2013 packen wir richtig etwas obendrauf, und zwar mehr als in jedem anderen Politikbereich, über den wir heute diskutieren.

[Zuruf von Wolfgang Brauer (LINKE)]

Da kann ich dann verstehen, dass Sie, Herr Mutlu, und Sie, Frau Kittler, hier schlechte Laune statt Argumente vortragen,

[Zuruf von Özcan Mutlu (GRÜNE)]

weil Ihnen angesichts dieser klaren Priorität und der klaren Abbildung im Haushalt die Argumente ausgehen. Da muss dann die Opposition schlechte Laune vortragen, weil es im Land Berlin eben seit Jahren erfolgreich gelingt, Bildungspolitik auch als klare Haushaltspriorität umzusetzen.

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Es gibt ja gute Gründe, warum wir so viel Geld in die Bildung stecken. Zum einen sind die Herausforderungen, ja, man könnte auch freimütig sagen, die Probleme nach wie vor groß. Zum anderen ist es so, dass jeder Euro, den wir in die Bildung stecken, ganz direkt die Lebenschancen von Hunderttausenden junger Berlinerinnen und Berliner mehrt. Deshalb haben wir im Rahmen der Haushaltsberatungen klare Schwerpunkte gesetzt.

Erstens: Wir schließen die Hortlücke und schaffen Rechtssicherheit für die lebensälteren Kinder mit Behinderung. Das ist ein großer Schritt.

Zweitens: Die Mittel für die Schulsanierung werden verdoppelt. Das ist nicht nur ein großer Schritt. Das ist ein riesiger Schritt, den man zwar ganz schnell in ein Wahlprogramm schreiben kann, den man aber nur ganz schwer in der Realität umsetzen kann. Wir sind stolz darauf, dass uns das in den Haushaltsberatungen gelungen ist.

[Beifall bei der SPD und der CDU]

Drittens: Es werden Tausende zusätzliche Kitaplätze geschaffen. Nun ist es ja nicht so, dass Berlin bei den Kitaplätzen in den bundesweiten Vergleichen irgendwo auf den hinteren Plätzen rangiert, nein, wir fahren schon lange in der Spitzengruppe und geben zusätzlich noch einmal Gas. Das zeigt: Wir bauen dort, wo wir gut sind, weiter aus, weil wir wissen, dass es sich lohnt, auch dort, wo wir gut sind, immer noch ein bisschen besser zu werden.

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Jetzt sehe ich die Frau Kollegin Herrmann gerade nicht, aber wenn wir bei den missglückten fußballerischen Vergleichen des heutigen Morgens bleiben wollen, dann könnte man sagen: Die Berliner Bildungspolitik ist so etwas wie der Mario Gomez von Berlin, ein bisschen sensibel, aber sehr erfolgreich.

[Zurufe von den GRÜNEN und der LINKEN]

Für den Bereich Wissenschaft ist dieser Doppelhaushalt eine Art Zwischenhaushalt. Alle Hochschulverträge laufen. Die Sanierung der Charité läuft. Die Berliner Hochschulen sind schon für den doppelten Abiturjahrgang fit gemacht. Der Senator ist auf die beeindruckende Zahl von über 31 000 Studienanfängerplätzen eingegangen. Trotzdem haben wir im Rahmen der Haushaltsberatungen noch mal klare Akzente gesetzt.

[Zurufe von den GRÜNEN]

Wir haben ein neues Programm zur Förderung von Studierenden ohne Abitur eingeführt. Weil es uns wichtig ist, dass es viele und breite Wege an die Hochschule geben soll, fördern wir den Zugang für Menschen ohne Abitur. Zweitens haben wir das Berliner Programm für mehr Chancengleichheit in Forschung und Lehre für Frauen ausgeweitet und aufgestockt. Das ist gut für die Wissenschaftlerinnen. Das ist aber auch gut für die Berliner Studierenden, weil so zusätzliche Studienplätze und zusätzliche Kapazitäten geschaffen werden.

Dem allem liegen eine klare Handschrift und eine klare Linie zugrunde. Wir arbeiten daran, dass mehr Menschen eine Chance auf echte Bildung in Berlin haben. Unser Ziel ist es, allen Menschen den Zugang zu Bildung und einen Aufstieg durch Bildung zu ermöglichen.

Auch wenn dies ein Zwischenhaushalt im Bereich der Wissenschaft ist, liegen die großen Probleme und die großen Herausforderungen klar auf dem Tisch. Lassen Sie mich die kurz benennen:

Erstens wird es um die Sicherung der Grundfinanzierung für die Hochschulen gehen. Mit den Hochschulvertragsverhandlungen, die in diesen Wochen beginnen, werden wir uns dafür einsetzen, dass die Grundfinanzierung der Hochschulen auf eine solide Grundlage gestellt wird.

Zweitens werden wir uns dafür einsetzen, das Angebot der Masterstudienplätze auszubauen, damit diejenigen, die in Berlin einen Bachelorabschluss gemacht haben, auch die faire Chance haben, einen Masterstudienplatz zu bekommen.

Und drittens werden wir weiter gezielt in die Qualität der Lehre investieren, denn wir können es nicht dabei bewenden lassen, die Quantitäten auszubauen. Nein, wir wollen an den Hochschulen auch die Qualitäten ausbauen.

Alles das führt dazu, dass die heutige Verabschiedung des Doppelhaushaltes für uns ein Zwischenschritt ist und der Startschuss, alle diese Dinge anzugehen. Wir werden in den kommenden Wochen viele wichtige Diskussionen im Bereich der Wissenschaft führen. Ich freue mich, dass die Solidarität der Abgeordneten aus allen anderen Politikbereichen für den Bildungsbereich so besonders groß ist und es uns sicherlich gelingen wird, im nächsten Doppelhaushalt den besonderen Schwerpunkt Wissenschaft mit den neuen Hochschulverträgen dann auch abzubilden. – Vielen Dank!

[Beifall bei der SPD und der CDU]

Vielen Dank, Herr Oberg! – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat jetzt die Abgeordnete Frau Burkert-Eulitz das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lieber Herr Oberg! Wir messen Sie hier an Ihren Taten und an den Ergebnissen, und schlechte Laune habe ich nicht. Wenn Sie die haben, ist es schade.

[Wolfgang Brauer (LINKE): Weil er seine Ergebnisse kennt!]

Genau! – In Ihrer Koalitionsvereinbarung erklären Sie:

Unser Leitbild ist die kinder-, jugend- und familiengerechte Stadt.

Schauen wir uns mal an, wie sich das im Haushalt widerspiegelt.

Zum Thema Kinderschutz: Rot-Schwarz verspricht, das Netzwerk Kinderschutz weiterzuentwickeln. Im Haushalt finden sich dazu keinerlei zusätzliche Mittel. Sie handeln Ihren Ankündigungen zuwider. Mit dem neuerlichen Zwang der Personalreduzierung in den Bezirken wird das Netzwerk Kinderschutz nur noch löcheriger. Guter Kinderschutz braucht Fachkräfte, die genug Zeit haben, passgenaue Hilfen gemeinsam mit den Familien zu entwickeln, diese Hilfen zu begleiten und immer wieder bedarfsgerecht anzupassen. Die neuerliche Personalausdün

nung in den Bezirken gefährdet das Wohl der Kinder in dieser Stadt.

[Beifall bei den GRÜNEN]

Nächster Punkt: Familienbildung. Da sagen Sie auch immer ganz viel dazu, dass Sie das wichtig finden. Seit Jahren verharren die Mittel für die Familienbildung auf dem gleichen Stand. Inzwischen sind Mieten und Personalkosten deutlich angestiegen, sodass die Angebote für die Familien bei gleichen Mitteln automatisch schrumpfen müssen. Trotzdem wollten die Koalitionsfraktionen unseren Anträgen, die Mittel wenigstens so weit aufzustocken, dass der aktuelle Stand der Projekte gesichert werden kann, nicht folgen. Das ist sehr schade.

[Beifall bei den GRÜNEN]

Die Familienzentren: Hier ist im Haushalt die Schaffung einer Mogelpackung verankert worden. Mit den eingestellten Mitteln sind Familienzentren, die diesen Namen auch verdienen, nicht einzurichten. Es reicht höchstens für etwas verstärkte Elternarbeit in den wenigen Kitas.

Kommen wir zu den Kitaplätzen: Um den Rechtsanspruch auf Betreuung ab dem ersten Lebensjahr im nächsten Sommer zu erfüllen, fehlen ca. 20 000 Kitaplätze. Um sie zu schaffen, müssten allein die Investitionsmittel im Haushalt doppelt so hoch sein wie eingestellt. Vorsorge für die zusätzlich laufenden Kosten oder gar für Ersatzansprüche von Eltern, denen Berlin keinen Kitaplatz bieten kann, finden sich in Ihrem Haushaltsplan überhaupt nicht. Aber in der Koalitionsvereinbarung wird erklärt:

Die bedarfsgerechte Versorgung mit Kitaplätzen hat für uns höchste Priorität.

Die Kitaplatzlücke ist offenkundig für alle, die sehen wollen: Was wollen Sie machen, wenn die Klagewelle wütender Eltern im nächsten Jahr rollt? Beim Kitapersonal herrscht die gleiche Ahnungslosigkeit.

Sie kappen auch weiterhin die Jugendförderung. Die Koalitionsfraktionen wollten unseren Vorschlägen, die Bezirke besser auszustatten und ihnen statt 50 Millionen Euro 70 Millionen Euro mehr zur Erfüllung ihrer Aufgaben zuzugestehen, nicht erfüllen. Es zeichnet sich ab, dass die Einrichtungen und Projekte im Jugendfreizeitbereich wieder der Kürzungsorgie unterliegen werden. Von Ihrem Leitbild des Ausbaus einer kinder-, jugend- und familienfreundlichen Stadt bleiben nur warme Worte.

Wir sind aber trotzdem dankbar, dass Sie auf unsere Initiative hin 50 000 Euro mehr für das so wichtige Präventionsprojekt „berliner jungs“ eingestellt haben. Wir freuen uns auch, dass wenigstens 75 000 Euro für die Fortbildungsprojekte „Sexuelle Vielfalt“ eingestellt wurden. Besser wären 100 000 Euro gewesen, damit nicht nur in Pankow Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter fortgebildet werden können, sondern auch in Spandau.

[Beifall bei den GRÜNEN – Beifall von Martin Delius (PIRATEN)]

Vielen Dank für die gute Zusammenarbeit vor allem mit den Kolleginnen und Kollegen von der Opposition, aber auch in kleinen Punkten ist die Koalition auf uns zugekommen. Das war gut. Es muss noch mehr werden. – Vielen Dank!

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN und den PIRATEN]

Vielen Dank, Frau Burkert-Eulitz! – Für die CDUFraktion hat der Abgeordnete Herr Simon das Wort. – Bitte sehr!

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Im Koalitionsvertrag setzen wir auch bei der Jugend- und Familienpolitik die richtigen Prioritäten. Frau Burkert-Eulitz! Wir sind noch nicht am Ende der Legislaturperiode, da kommen noch einige Haushaltsjahre.

[Beifall bei der CDU – Dr. Wolfgang Albers (LINKE): Aber am Ende Ihres Lateins!]

Diese Prioritäten finden sich auch im Doppelhaushalt für die Jahre 2012 und 2013 wieder. Einige – in Ergänzung zu den Dingen, zu denen der Kollege Eggert und der Kollege Oberg schon ausführlich gesprochen haben – möchte ich nennen:

Angefangen von der Erzieherausbildung, die unter anderem in den Einrichtungen des Pestalozzi-Fröbel-Hauses stattfindet und wo die Koalition gegenüber dem Haushalt 2011 475 000 Euro im Jahr 2012 und weitere 280 000 Euro im Jahr 2013, also in beiden Jahren erheblich mehr Geld, zur Verfügung stellen wird.

Zentral – und dafür ist die Aufstockung der Mittel bei der Erzieherausbildung gut und wichtig – ist für die rotschwarze Koalition die bedarfsgerechte Erhöhung der Zahl der Kitaplätze. Im Jahr 2012 werden 7 000 Plätze neu geschaffen. Dafür sind 4 Millionen Euro mehr vorgesehen. Bis Ende der Legislaturperiode insgesamt 19 000 Plätze. Um hier gut voranzukommen, sind im Jahr 2013 weitere 16 Millionen Euro vorgesehen. Insgesamt sind im Doppelhaushalt also 20 Millionen Euro für die Erhöhung der Zahl der Kitaplätze geplant. Ein großer und wichtiger Schritt, damit der Rechtsanspruch, den jedes Kind mit Vollendung des ersten Lebensjahres auf Förderung in einer Kindertageseinrichtung oder in der Tagespflege ab dem 1. August 2013 bekommt, auch erfüllt werden kann.