Damit sind wir bei dem zweiten Punkt. Uns wird jetzt zugemutet, 444 Millionen Euro als Blankoscheck auf Kosten der Berlinerinnen und Berliner, des Steuerzahlers, freizugeben, derweil diejenigen, die zumindest politisch die Verantwortung tragen, in diesem Aufsichtsrat und in dieser Stadt einfach weitermachen und in Amt und Würden bleiben wollen. Das ist eine Zumutung. Wenn Sie in der Lage sind, sich so klein zu machen und sich als König Parlament so vor den Versagern niederzuknien, mögen Sie das tun. Wir tun das nicht!
Das hat mit irgendwelcher strafrechtlicher Schuld – das werden wir alles noch sehen – und zivilrechtlichen Schä
den, die man vielleicht verursacht hat, um die sich der Untersuchungsausschuss vielleicht kümmern kann, gar nichts zu tun. Aber dass Herr Schwarz und Herr Wowereit bezogen auf den Flughafen und politisch in der ganzen Republik und sogar im Ausland erledigt sind und sich davon auch nicht wieder erholen werden und dass mit jedem Tag, an dem sie sagen, sie machen einfach weiter so – diese Rede, die wir heute gehört haben –, der Schaden verlängert und verschlimmert wird und es von draußen immer heißen wird, dass die Berliner nicht die Kraft zur Selbstreinigung haben, dass sie Skandal für Skandal produzieren, dass sie nichts können, außer die Hand aufzuhalten, das kriegen wir nur weg, wenn wir die Kraft zur Selbstreinigung hätten. Insofern ist dieser Nachtragshaushalt eine Vertrauensabstimmung über Herrn Wowereit und auch ein Signal an unsere Umwelt, ob wir es fertigbringen, diesen Skandal aufzuarbeiten, oder ihn schlichtweg einfach aus Gründen des Machterhalts, der Alternativlosigkeit fortsetzen.
Aber der Schaden, der Reputationsverlust und der unbezifferbare Schaden, der für den Wirtschaftsstandort Berlin entsteht, mit dem, was Investoren denken und mit dem, was wir zu hören bekommen werden, wenn wir zu dem Finanzausgleich in die Verhandlungen gehen müssen, den kriegen sie mit der Haltung: Wir bleiben sitzen und halten durch und genehmigen mal eben 450 Millionen Euro, unter anderem mit dem Scheck aus Bayern aus dem Finanzausgleich. – nicht weg, und das machen wir nicht mit. Deswegen werden wir diesem Haushalt so nicht zustimmen.
Abschließen sage ich Ihnen, dass jede Bestimmtheit in diesem Haushalt fehlt: drei Pauschalen – die Einnahmen kann man titelscharf aufdröseln, und das sollte man auch tun – und eine pauschale Ausgabe. Wir kehren gerade die eine Rücklage, das innere Darlehen für den Bankenskandal aus, 460 Millionen Euro, um einen neuen Risikoschirm in Höhe von 440 Millionen Euro zu errichten, und unterschreiben, dass diese Rücklage, die „zur Finanzierung der notwendigen Ausgaben … zur Fertigstellung des Flughafens“ in den nächsten Jahren dient.
Wo ist denn da der Haushälter – Frau Präsidentin, letzter Satz –, der darauf achtet zu sagen: Ich möchte möglichst wenig ausgeben, und ich möchte exakt wissen, wofür. Aber Herrn Nußbaum und Herrn Wowereit einfach mal eine Risikoabschirmung über 440 Millionen Euro ohne jede Kontrolle der notwendigen Ausgaben in die Hand zu
drücken, das können selbst Sie nicht wollen. Da muss eine sachliche Bestimmtheit, wie heißt das haushaltsrechtlich, ein Spezialitätengrundsatz rein.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Position der CDU-Fraktion zur Planung und Inbetriebnahme des Großflughafens BER hat unser Fraktionsvorsitzender Florian Graf vorhin schon hinreichend deutlich gemacht. Ich habe dem nichts hinzuzufügen. Wir reden jetzt hier über den Nachtragshaushalt. Herr Kollege Esser! Früher haben Sie sich noch mit Haushalt und Zahlen beschäftigt, jetzt sind Sie nur noch laut.
Bei zehn Minuten wären Sie nicht leiser, sondern nur länger laut gewesen, und das ist leider auch ein bisschen das, was wir in Ihren Stellungnahmen zur Kenntnis nehmen müssen.
Wir haben mit Interesse zur Kenntnis genommen, dass Sie sich hier um eine inhaltliche Aussage gedrückt haben. Sie werfen Nebel um sich, um zu erzählen, dass die Grünen natürlich nicht mitmachen. Eine Partei, die immer dagegen ist, warum sollte sie hier dafür sein? Das ist doch klar. Die Grünen haben das Problem, dass sie noch nie überzeugende Verfechter und Kämpfer für einen Flughafen waren, und dieser Spagat, diese Misslichkeit, wird hier auch deutlich. Sie beklagen, dass der Flughafen nicht rechtzeitig geöffnet wird, und Sie möchten den gar nicht haben.
Sie beklagen die Mehrkosten, Sie sind aber nicht bereit, sie zu finanzieren. Herr Esser! Was schon ein bisschen ein Tiefpunkt in Ihrer Argumentation in dieser Wahlperiode war, dass Sie sich vor die Presse gestellt und gesagt haben: Was hätte man mit den 444 Millionen Euro alles Schönes in dieser Stadt machen können.
Das nehmen wir zur Kenntnis, dass Sie diesen Weg der Haushaltskonsolidierung nicht bereit sind mitzugehen, dass Sie alle Mehreinnahmen gerne für konsumtive Ausgaben und Investitionen verwandt hätten und dass die Sanierung des Berliner Haushalts jetzt kein Anliegen von Herrn Esser mehr ist. Das ist zumindest mal eine Aus
Nein, danke! – Darauf hat der Kollege Graf auch schon hingewiesen. Wir haben natürlich den Anspruch, dass wir sagen: keine Neuverschuldung über das Notwendige hinaus, keine Neuverschuldung für BER.
Der Finanzsenator hat es dargelegt, wir sind in der Lage, dass wir das auch so umsetzen können, und das ist bei aller Misslichkeit dieses Umstandes ein Aspekt, den wir begrüßen.
Der Kollege Schneider hat zu Recht darauf hingewiesen: Es gibt eine ganze Reihe von Ausgaben, die hier zur Rede stehen, die man sowieso hätte machen müssen. Nun kann man sagen: Warum sind die uns nicht eher auf den Tisch des Hauses gelegt worden? Nur, bezahlen müssen, Herr Esser, hätten wir sie sowieso. Und wenn Sie sich jetzt hier so locker vom Acker machen und sagen: Schallschutz interessiert uns nicht, der Umstand, dass über die Inbetriebnahme des Flughafens die Planung erweitert wurde und wir ein Mehr an Flughafen bekommen und dadurch natürlich auch Mehrkosten entstehen, interessiert uns nicht, und dann alles pauschal ablehnen wollen, was jetzt zu finanzieren ist, dann ist doch das Bekenntnis von Ihrer Seite ganz klar: Sie haben an dem Flughafen und seiner Inbetriebnahme überhaupt kein Interesse. Sie haben am Schallschutz für die Menschen kein Interesse und mogeln sich hier mit pauschalen Nebelformulierungen aus Ihrer politischen Verantwortung. Was anderes haben wir von den Grünen in dieser Wahlperiode auch noch nicht gehört als die Verweigerung von Verantwortung.
Nein, wir haben nach der Geschäftsordnung die Möglichkeit, hierauf zu replizieren. Ich gestatte hier keine Zwischenfragen, Frau Präsidentin. – Vielen Dank!
Wir sind der Auffassung, dass das, was hier auf dem Tisch des Hauses liegt, eine Notwendigkeit ist, der wir uns stellen müssen. Wir sind überzeugt, dass ein Teil
dieser Ausgaben dafür notwendig ist, den Flughafen besser und leistungsfähiger in Betrieb zu nehmen. Wir möchten einen optimalen Schallschutz für die Menschen, die von dem Fluglärm betroffen sind, und wir möchten natürlich auch sicherstellen, dass der Flughafen eine Erfolgsgeschichte wird.
Die Gegenfinanzierung, das hat der Finanzsenator deutlich gemacht, ist seriös und solide. Er hat übrigens auch deutlich gemacht, dass sich bereits im Laufe dieses Jahres eine Entwicklung in diese Richtung abzeichnete, also der Vorwurf, das sei alles über Nacht und nicht nachvollziehbar gekommen, ist auch falsch, jedenfalls für die, die im Haushaltsausschuss ein bisschen aufgepasst haben. Die Koalition hat noch kurz vor der Beschlussfassung des Haushaltsgesetzes im Parlament die Neuverschuldung aufgrund der sich verbessernden Zahlen noch einmal auf unter 1 Milliarde Euro in diesem Jahr und auf 500 Millionen Euro im nächsten Jahr abgesenkt. Wir haben also diese Entwicklung schon ein Stück weit abgebildet. Dass sie sich so weit fortsetzen würde, ist aus unserer Sicht natürlich erfreulich. Dass wir das Geld hierfür statt zur Verringerung der Verschuldung einsetzen müssen, ist für die Haushälter der Wehmutstropfen. Wir bekommen allerdings dafür einen Flughafen, der leistungsfähig ist, die Wirtschaftskraft der Stadt stärken und am Ende des Tages ein Unternehmen sein wird, das sich refinanziert.
Insofern ist das etwas, was wir politisch vertreten können. Wir werden die Teildiskussion und Ihre Detailfragen, sollten Sie sie haben, sicherlich im Haushaltsausschuss diskutieren können. Aber, wie gesagt, ich finde es sehr schlecht, dass sich die Grünen an dieser Stelle einer klaren Positionierung verweigern und stattdessen in der üblichen Verweigerungshaltung verharren. Damit werden Sie hier jedenfalls niemanden überzeugen. – Vielen Dank!
Vielen Dank, Herr Goiny! – Der Abgeordnete Herr Esser hat zu einer Kurzintervention das Wort. – Bitte sehr!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kollegen von der Linkspartei! Dieser Regierung geht es schlecht. Entsprechend reden sie hier auch.
Sie haben eben gesagt: Die Neuverschuldung nicht über das Notwendige. Geplant haben Sie eine Neuverschuldung über 935 Millionen Euro, und darüber soll es nicht hinausgehen. In Anbetracht der anstehenden, eingetretenen Situation müssten Sie sich dann über die ICCSanierung oder Tierparkinvestition nicht streiten. Die könnten Sie in dem Rahmen der von Ihnen selbst geplanten und aufrechterhaltenen Neuverschuldung finanzieren. Herrn Henkels bisher nicht ausfinanzierte Polizisten könnten Sie davon, aus Ihrer Rücklage, 56 Jahre lang bezahlen. Oder die 20 000 Kitaplätze, die wir alle suchen und die uns fehlen, könnten wir wenigstens mal drei Jahre lang davon bezahlen.
Alle entstehenden Mehreinnahmen oder Minderausgaben sind grundsätzlich zur Reduzierung der Neuverschuldung und zum Schuldenabbau zu verwenden.
Es sei denn, der Regierende Bürgermeister baut Mist und ich muss ihm 444 Millionen Euro in die Hand drücken. Alles klar. Das stand da nicht mit dem „grundsätzlich“, aber das ist Ihre Politik. Dieses Versprechen halten Sie nicht ein. Sie haben gesagt, Sie wollten die ungeplanten Mehrausgaben durch echte strukturelle Sparmaßnahmen kompensieren, wenn sie auftreten. Wo sind die denn? Ich bin auf Ihre Änderungsanträge gespannt. Ich sage Ihnen nicht erst seit heute, dass ich der Meinung bin, dass wir im Augenblick über 1 Milliarde Euro in unternehmerisches Versagen drücken. 600 Millionen Euro bei der Bank im Jahr 2012 und 444 Millionen Euro jetzt hier, das ist mir zu viel. Hätten wir das nicht, hätten wir schon einen Haushaltsausgleich. Ich sage deswegen nicht erst seit heute: Auf die 140 Millionen Euro Haushaltsmittel für den Bankenskandal z. B. sollten wir verzichten. Das wäre der erste Vorschlag, den es hier überhaupt gibt, im Gegensatz zu irgendwelchen Mehreinnahmen für eine konkrete Gegenfinanzierung durch unterlassene Ausgaben und eine andere Politik. Da bin ich gespannt, ob von Ihnen irgendetwas noch kommt außer der Finanzierung aus der Haushaltswirtschaft.
Im Übrigen sage ich Ihnen: Der Haushaltsplan ist ein Schmierzettel – weil Sie sagten: Zahlen. Ich erwarte, dass die Aufteilung der Steuereinnahmen dann auch gemacht wird, die der Finanzsenator eben vorgelesen hat, auf die einzelnen Steuerarten und nicht alles irgendwie bei Umsatzsteuer 250 Millionen Euro als Platzhalter abgeladen wird. Und genauso mit der pauschalen Mehreinnahme von 109 Millionen Euro. Dann können wir ja noch mal reden, dann wird das titelscharf gemacht!
Er wollte von mir ja mal hören, was auf der Ebene von Zahlen und Haushaltspolitik an dieser Sache zu machen ist. Dasselbe gilt hier beim Finanzbedarf des Flughafens, das ist doch genauso ein Schmierzettel, diese 1,2 Milliarden Euro!