gen, Schätzungen und Hochrechnungen zur Größenordnung. Im Bericht der Süssmuth-Kommission von 2011 wird von 200 000 bis zu 1 Million Menschen ohne legalen Aufenthaltsstatus in Deutschland gesprochen. Berliner Wohlfahrtsverbände gehen von etwa 100 000 Papierlosen in der Stadt aus. Eine Studie über Berlin aus dem Jahr 2001 schätzt ihre Zahl auf 100 000 bis 250 000. Allein diese Spannweite macht deutlich, dass wir kaum gesicherte Erkenntnisse über die Größenordnung haben.
Was wissen wir nun über Illegalisierte in Berlin? – Illegalisierte leben in ständiger Unsicherheit. Sie müssen Angst davor haben, von der Polizei entdeckt, inhaftiert und abgeschoben zu werden. Über die konkreten Lebens- und Arbeitsbedingungen der Illegalisierten wissen wir nicht viel. Sie sind zu Teilen nicht in das deutsche Sozialleistungs- und Gesundheitssystem integriert und müssen befürchten, von ihrem Arbeitgeber oder Vermieter ausgebeutet zu werden, weil sie nicht auf die normalen Schutzmechanismen des Arbeitsrechts oder des Mietrechts zurückgreifen können. Mietwucher oder ausbeuterische Arbeitsverhältnisse in der Schattenwirtschaft sind die Folge. Eine Stadtstudie aus Hamburg zeigte, dass Illegalisierte sehr oft in beengten Wohnverhältnissen mit geringem Wohnkomfort zu überhöhten Quadratmeterpreisen leben. Arbeitsmärkte für Illegalisierte gibt es in nahezu allen Branchen. Sie arbeiten in privaten Haushalten, in der Gastronomie oder im Reinigungs- und Hotelgewerbe oftmals zu einem Hungerlohn.
Werden Menschen ohne Papiere krank, sind sie vom regulären Gesundheitssystem ausgegrenzt. Ihnen ist der Zugang zum Gesundheitssystem versperrt, da Kostenträger juristisch verpflichtet sind, Menschen ohne gültigen Aufenthaltsstatus, die medizinisch behandelt werden, zu melden. Aus Angst vor einer Registrierung und Abschiebung gehen viele Papierlose selbst dann, wenn sie schwer krank sind, nicht zum Arzt. Im Moment werden Menschen ohne legalen Aufenthaltsstatus in Berlin von verschiedenen Initiativen anonym medizinisch behandelt. Dies sollte man – das ist bereits angesprochen worden – in Zukunft weiterhin und verstärkt unterstützen.
Viele weitere Maßnahmen für Berlin sind schon angesprochen worden, denen wir so bedingungslos zustimmen können. Jedoch sollte man überlegen, ob man eine grundsätzliche Lösung für dieses Problem finden kann. Das ist etwas, was man vor allem auf Bundesebene regeln kann. Um das Problem zu lösen, fordern die Piraten eine Amnestie für alle Papierlosen. Das Land Berlin kann sich über den Bundesrat dafür einsetzen. Wir treten für eine bundesweite Amnestie für die Menschen ein, die sich ohne gültige Aufenthaltsgenehmigung in der Bundesrepublik befinden. Die Amnestie ist in der Form eine Legalisierung der illegalisierten Menschen in Deutschland. Sie umfasst auch eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis und eine Arbeitserlaubnis für alle Amnestierten.
Ziel dieser Amnestie ist es, den Papierlosen – d. h. den Menschen, die wegen ihres ungeregelten Aufenthaltsstatus rechtlos sind – ihre Würde zurückzugeben, der Marginalisierung eines Teils der Gesellschaft entgegenzutreten und den Solidaritätsgedanken zu fördern. Die genauen Regelungen für eine Amnestie – z. B. die Dauer des Aufenthalts, um in den Genuss der Amnestie zu kommen –, könnten z. B. durch eine Expertenkommission erarbeitet werden.
Die Ergebnisse wären vorteilhaft: Viele Menschen hätten wieder die Chance, sich ein gutes und sicheres Leben aufzubauen. Die Verringerung der Ausbeutungsmechanismen auf dem Wohn- und Arbeitsmarkt für die bis dahin Illegalisierten wäre die Folge. Außerdem wäre unter Umständen auch ein Anstieg der Steuereinnahmen zu verzeichnen. Ich kann mir vorstellen, dass Sie das wünschen. Insgesamt wäre es aber eine gesicherte Zukunft für die Würde der Menschen, die heute schon hier leben – in all ihren Facetten –, die uns bereichern und an der Gesellschaft teilhaben lassen.
Wir wären damit nicht allein. Frankreich, Polen oder die USA haben in periodischer Weise schon solche Amnestien durchgeführt. Auch mehrere südeuropäische Länder wie Spanien haben bereits mehrfach Legalisierungen durchgeführt. Polen hat das 2011 beschlossen. Als Stichtag – rückwirkend – wurde festgelegt: Es gilt für alle Menschen, die seit 2007 illegal in Polen leben. Davon waren schätzungsweise 5 500 Menschen betroffen. Auch Spanien– das wurde schon vom Kollegen Taş angesprochen – hatte 2005 eine solche Maßnahme beschlossen. Da war der Zeitraum etwas früher: Alle Menschen, die seit sechs Monaten in Spanien lebten, wurde legalisiert.
Ich kann mich den Ausführungen der Kollegen von der anderen Oppositionsseite nur anschließen. Wir haben hier die Chance, Menschen ein legales Leben zu geben und Menschen in Berlin zu unterstützen, die in der Illegalität und am Rande der Gesellschaft leben. Lassen Sie uns diese Menschen in die Mitte der Gesellschaft führen, sie unterstützen und nach Maßnahmen suchen, wie wir für sie da sein können! – Vielen Dank!
Weitere Wortmeldungen liegen nicht. Die Große Anfrage ist damit begründet, beantwortet und besprochen.
Diese Große Anfrage soll heute vertagt werden. Gibt es hierzu Widerspruch? – Das ist nicht der Fall. Dann verfahren wir so.
Auch diese Große Anfrage soll heute vertagt werden. Gibt es hierzu Widerspruch? – Das ist nicht der Fall. Dann verfahren wir auch hier so.
a) Betrügerischen Handel mit Schrottimmobilien erschweren, Verbraucherinnen und Verbraucher besser schützen
Beschlussempfehlung des Ausschusses für Verfassungs- und Rechtsangelegenheiten, Verbraucherschutz, Geschäftsordnung vom 19. September 2012 Drucksache 17/0532
Beschlussempfehlung des Ausschusses für Verfassungs- und Rechtsangelegenheiten, Verbraucherschutz, Geschäftsordnung vom 19. September 2012 Drucksache 17/0533
Für die Beratung steht den Fraktionen jeweils eine Redezeit von bis zu fünf Minuten zur Verfügung. Es beginnt die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Das Wort hat der Abgeordnete Herr Dr. Altug. – Bitte sehr!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir freuen uns darüber, dass inzwischen nicht nur der Senat, sondern auch die Koalition die Notwendigkeit erkannt hat, den betrügerischen Handel mit Schrottimmobilien zu erschweren und die Verbraucherinnen und Verbraucher besser zu schützen.
Im Januar bei der ersten Beratung des Antrags hatten wir unsere Bereitschaft betont, im Interesse des Verbraucherschutzes eine gemeinsame Lösung zu finden. Nach einer Anhörung von Sachverständigen und einer konstruktiven Diskussion im Rechtsausschuss, für die ich mich an dieser Stelle bei allen Beteiligten bedanken möchte, ist es nun zumindest zum Teil gelungen.
Da seit der ersten Beratung nun schon einige Monate vergangen sind, möchte ich den Inhalt unseres Antrags noch einmal kurz in Erinnerung bringen. Unser Ziel ist es, die Gefahr, die von sogenannten Schrottimmobilien für Verbraucherinnen und Verbraucher ausgehen, wirksam zu bekämpfen. Auf die Darstellung der Ereignisse aus dem Jahr 2011 möchte ich an dieser Stelle verzichten. Damit Verbraucherinnen und Verbraucher in Zukunft ausreichend Zeit haben, sich vor dem Immobilienkauf mit den Vertragsbedingungen zu beschäftigen, wollten wir die Warnfunktion der notariellen Beurkundung verbessern. Die Geschäfte mit Schrottimmobilien funktionieren nur, wenn beide Beurkundungen die Zweiwochenfrist in § 17 dieses Beurkundungsgesetzes mit allerlei Tricks umgehen.
Unser Anliegen, den Verbraucherschutz in der Wirkung des Notarbesuchs sicherzustellen, greift der Senat in einer Bundesratsinitiative auf, mit der er dieses Gesetz entsprechend ändern will. Auch unser Vorschlag, Notarinnen und Notare, die wiederholt gegen diese Vorgaben verstoßen, ihres Amtes zu entheben, wurde vom Senat übernommen. Gern haben wir den Vorschlag der Koalition aufgenommen, die Beurkundung eines Immobilienkaufvertrages davon abhängig zu machen, dass vorher eine unabhängige Beratung stattfinden muss.
Darf ich Sie ganz kurz unterbrechen? – Sie haben das schon richtig verstanden, meine Herren Kollegen! – Fahren Sie bitte fort.
Mein soeben erfolgter verfahrensleitender Hinweis war deutlich genug. Ich schlage jetzt vor, dass der Redner das Wort hat und alle anderen sonst nicht. – Bitte!
Sehr geehrte Damen und Herren! Es gibt jedoch weiterhin Schutzlücken, die zu schließen die Koalition nicht bereit ist. Zur Stärkung der Verbraucherrechte haben wir vorgeschlagen, die Banken zu verpflichten, den Kundinnen und Kunden die Immobilienberatungen schriftlich
vorzulegen, die sie im Rahmen der Finanzierung ohnehin durchführen. Weiterhin wollen wir die künstliche Trennung zwischen dem Immobilienkaufvertrag und der Kreditfinanzierung aufheben. Dadurch können besondere Vorschriften für Verbraucherverträge im Bürgerlichen Gesetzbuch auch auf Immobiliendarlehensverträge Anwendung finden. So könnten die Banken von den Geschädigten leichter in die Haftung genommen werden. Wenn die Banken aber in ihrer Finanzierung sorgfältiger wären, weil sie für bestimmte Risiken haften müssten, würden viele dubiose Verträge über Schrottimmobilien nicht zustande kommen. Diese wichtigen Schritte zur Verbesserung der Transparenz bei der Kreditverhandlung und für mehr Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher auch im Immobilienhandlung hat die Koalition im Rechtsausschuss leider verhindert.
Es bleibt uns auch unverständlich, warum sich die Koalition nicht dazu durchringen konnte, unserem zweiten Antrag zuzustimmen, mit dem die Notaraufsicht in Berlin den Anforderungen angepasst werden sollte. Diese haben sich aus der Debatte um den Vertrieb von Schrottimmobilien ergeben. Dazu zählt insbesondere die regelmäßige Prüfung, ob es zu einer gehäuften Aufspaltung von Grundstückskaufverträgen in Angebot und Annahme oder zu vermehrten Beurkundungen außerhalb der gewöhnlichen Geschäftszeiten kommt. Hier besteht weiterhin dringender Handlungsbedarf, denn nur wer im Namen der Aufsicht hinsieht, kann auch etwas erkennen. – Vielen Dank!
Vielen Dank, Herr Dr. Altug. – Mir ist eben signalisiert worden, dass die anderen Fraktionen auf die Beratung verzichten. Darf ich einmal in den Raum fragen, ob das so richtig ist? – Ja! Dann stelle ich jetzt fest, dass weitere Wortmeldungen nicht vorliegen.
Wir kommen also zu den Abstimmungen. Wer dem Änderung Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 17/0532-1 zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Das ist die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und eine Stimme bei den Piraten. Gegenstimmen? – Das sind die Fraktionen der SPD und der CDU. Enthaltungen? – Das sind die Fraktion der Linken und die übrigen Mitglieder der Piratenfraktion. Damit ist der Änderungsantrag abgelehnt.
Zu dem Antrag Drucksache 17/0109 – Stichwort Schrottimmobilien – empfiehlt der Rechtsausschuss einstimmig mit allen Fraktionen die Annahme in geänderter Fassung. Wer dem Antrag in neuer Fassung im Wortlaut der Beschlussempfehlung Drucksache 17/0532 zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Soweit ich sehe, sind das alle Fraktionen und der fraktionslose Abgeordnete. Gibt es Gegenstimmen? – Ich sehe
keine Gegenstimmen. Enthaltungen? – Bei einer Enthaltung aus der Piratenfraktion ist das so beschlossen.