Protokoll der Sitzung vom 08.11.2012

Was die Aufgabe von haushälterischer Seriosität beim Flughafen, wie Sie sie demonstriert haben, angeht, die Taschenspielertricks, die Sie demonstriert haben, dieses Vorgebliche: wir haben für alles Mögliche kein Geld, aber jetzt haben wir gerade mal eine halbe Milliarde, ohne dass wir irgendetwas anders machen müssen, ist auch egal, woher wir es nehmen usw., da müssen Sie sich auch nicht wundern, dass man dann die Haushaltsberatungen hier wiederholt.

Ich gebe zu, ich habe auch ein Wiedergängerproblem. Beim Nachdenken über diesen Antrag habe ich gedacht, ich muss einfach ein bisschen mehr Humor entwickeln. Es ist ein lustiger Antrag. Es ist in der Tat ein bisschen ein aus der Zeit gefallener Antrag. Wir haben diese Diskussionen alle schon einmal geführt. Dann sage ich halt auch noch mal alles, was ich in den Haushaltsberatungen gesagt habe.

Es ist die falsche Diskussion. Es ist völlig falsch, dass wir unsere Energien beidseitig an der Zielzahldiskussion abarbeiten, statt uns auf die Probleme zu konzentrieren,

die Frau Bluhm hier eigentlich ganz richtig beschrieben hat. Ich gebe zu, dass ich mich wiederum, liebe Linksfraktion, schon sehr stark an meine Zeit im Bezirk erinnert habe, als ich jetzt Ihre Presseoffensive und diesen Antrag gesehen und gedacht habe: Damals, als ich für den Haushalt mitverantwortlich war in Pankow und Pankow auch keine sehr gute Haushaltssituation hatte, habe ich mich mit Jochen Esser auch mal gefetzt und angeschrieen,

[Uwe Doering (LINKE): Kann ich mir gar nicht vorstellen!]

aber wir haben noch miteinander geredet. Bei der Linksfraktion in Pankow und ihren Landeshaushältern, ihrer Linksfraktion hier im Abgeordnetenhaus – da war aber komplette Funkstille. Auf der Ebene tut es mir dann schon ein bisschen leid, dass Sie doch die Grenze zum populistischen Alarmismus überschreiten und sich mit Ihrer Presseoffensive so gerieren, als wären Sie die Retter der Nation und insbesondere die Retter der Bezirke.

[Beifall bei den GRÜNEN]

Aber bevor Sie sich jetzt, liebe Koalition, freuen, dass die Opposition sich streitet, muss ich sagen, auch nachdem, was Frau West wieder hier vertreten hat: Wenn Sie, nachdem Sie den Personalabbau beschlossen haben, hier solche Flugblätter drucken – direkt nach dem Beschluss des Personalabbaus veröffentlichen Sie hier –:

Das haben wir bereits erreicht.

Ich zitiere mit Ihrer Erlaubnis, Herr Präsident. –

Wir stärken die Bezirke mit Personal.

[Heiterkeit und Beifall bei der LINKEN und den PIRATEN]

erwarten Sie dann allen Ernstes von mir, dass ich noch ernsthaft versuche, mich hier mit jemandem darüber zu unterhalten, dass die Altersfluktuation schon in den nächsten zwei Jahren viel höher ist als das, was Sie in fünf Jahren sagen abbauen zu wollen, oder dass Sie viel zu wenige Ausbildungsplätze haben? Aber eine bloße Ausweitung der Ausbildungsplätze, könnten Sie übrigens z. B. mit den 9 Millionen Euro, die Frau Kolat gerade liegen lässt bei den Qualifizierungs- und Eingliederungsmitteln, locker finanzieren. Ja, aber, das hat Frau Bluhm auch richtig gesagt, so einfach kriegen Sie die Azubis gar nicht, weil wir auch noch ein demografisches Problem haben, für das ich so einfach auch keine Lösung habe. Aber solange wir uns nicht ernsthaft mit den Problemen auseinandersetzen wollen, und da gucke ich das ganze Haus an, sage ich: Wie stimme ich jetzt über so einem Antrag ab? Da kann man alles tun. Man kann dafür sein. Man kann dagegen sein. Man kann es melodramatisch hochstilisieren: Wir machen hier Sofortabstimmung. – Wer hier Sofortabstimmung machen will, der nimmt das Thema nicht ernst.

[Beifall bei den GRÜNEN, der LINKEN und den PIRATEN]

Wer das dann zur Gewissensnot hochstilisiert, da weiß ich auch nicht, ob ich begeistert sein soll. Das kann man nur mit Humor nehmen. Da kann ich nur sagen: Wir sind gegen Personalabbau. Wir sind für einen vernünftigen Umgang. Wir sind für ein Personalentwicklungskonzept. Da kann man nur dafür sein. Wir werden mit Ja stimmen. – Vielen Dank!

[Beifall bei den GRÜNEN, der LINKEN und den PIRATEN]

Vielen Dank, Frau Kollegin! – Für die Fraktion der CDU erteile ich jetzt der Kollegin Thamm das Wort. – Bitte sehr, Frau Kollegin!

Sehr geehrtes Präsidium! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Parameter für den Personalabbau sind vernünftig, nachvollziehbar und erfüllbar,

[Christopher Lauer (PIRATEN): Hurra!]

zumal Letzteres, denn es gibt eine verbindliche Zusage an die Bezirke, sie bei der Umsetzung bezüglich inhaltlicher und terminlicher Gestaltung zu unterstützen. Wir brauchen hinsichtlich der Anwendung und der Erfolge der Kosten- und Leistungsrechnung weder Nachhilfe noch Belehrung. Es war die CDU, die in der Vergangenheit immer wieder auf deren Bedeutung bei der Finanzierung der Bezirke hinwies.

Was die Linken verschweigen, ist aber die eklatante Ungleichheit bei der Personalausstattung in den Bezirken, und das haben sie durch ihre Bezirkspolitik in der Vergangenheit noch befördert,

[Beifall bei der CDU]

nicht zum Wohle der Bezirke, wie die Diskussionen über die Haushalte der Bezirke im Unterausschuss zeigten. Da helfen auch keine Falschinformation und keine Propaganda bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.

Wir dagegen wollen die Bemühungen der Bezirke honorieren und so weit wie möglich die Ungleichheiten nivellieren.

[Uwe Doering (LINKE): Wer stellt denn in Köpenick den Bürgermeister? – Die SPD!]

Dazu soll auch die einheitliche Budgetierung der Bezirke auf Basis der Kosten- und Leistungsrechnung erfolgen. Hier sehe ich auch die Senatsfinanzverwaltung durchaus in ihrer Pflicht. Ich sehe aber auch generell die Hauptverwaltung in der Pflicht, nun auch das Ihre zu tun, die Vorgaben aus der Koalitionsvereinbarung bezüglich des Personalabbaus zu erfüllen.

Darüber hinaus sollte auch das Hineinregieren in bezirkliches Handeln durch Verfügung über Sonderprogramme, das Ansichziehen von Entscheidungen auf ein unerlässliches Maß verringert bzw. beendet werden.

Frau Kollegin! Ich will Sie mal einen Moment unterbrechen. – Meine Damen und Herren! Dahinten sind wieder Grüppchen. Es wird geredet und geschwatzt.

[Martina Michels (LINKE): Herr Schneider!]

Seien Sie doch bitte so lieb und unterlassen diese Gespräche und folgen dem Vortrag der Rednerin! Dazu sitzen wir hier, und wer etwas besprechen will, gehe bitte raus. – So, Frau Kollegin, bitte sehr!

Vielen Dank, Herr Präsident!

Wenn ich gerade dabei bin: Lassen Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Birk zu?

Nein! Die gestatte ich nicht. Ich sehe das als eine unnötige Verlängerung.

[Beifall bei den PIRATEN]

In diesem Zusammenhang möchte ich an ein Papier der Bezirksbürgermeister aus dem Jahr 2003 erinnern: „Quo vadis Bezirke“. Darin wird deutlich, wie sehr das Verhältnis von Hauptverwaltung und Bezirken von Gegensätzlichkeit, ja sogar von Gegnerschaft und von einem Oben und Unten geprägt war. Das war und ist nicht zeitgemäß, verehrte Partei der Linken. Die großen zukünftigen Herausforderungen bedingen eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe.

Das heißt aber auch für die Bezirke, ihr Verharren in Verweigerungshaltung und Betonung ihrer Opferrolle aufzugeben. Dieser heute zur Debatte stehende Vorgang und auch die Überlassung der Schulsanierungsmittel für das Jahr 2013 an die Bezirke sollten zum Zeichen und Anlass genommen werden, das Verhältnis zwischen Bezirken und Hauptverwaltung zu ändern. In diesem Sinne sehe ich die Koalition auf einem sehr guten Weg. Den Antrag der Linken werden wir natürlich ablehnen. – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU und der SPD]

Danke schön, Frau Kollegin Thamm! – Für die Piratenfraktion hat der Kollege Claus-Brunner das Wort. – Bitte sehr, Herr Kollege!

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Senatoren beliebigen Geschlechts! Sehr geehrte Kolleginnen beliebigen Geschlechts und Mitarbeiter, die noch in den Zuschauerrängen anwesend sind! Wenn wir mit Stellenabbau mit gutem Beispiel vorangehen wollten, dann könnten wir mal in der Senatsverwaltung usw. anfangen, wenn ich schaue, wie die Arbeitsleistung und -auffassung hier gerade ist, das ist ja erkennbar.

[Beifall bei den PIRATEN – Zuruf von der LINKEN: kw-Stellen!]

Als Mitglied des Petitionsausschusses darf ich schon heute die Folgen dieser Sparpolitik bearbeiten. In meinem Berichtsbereich gehen jede Woche gut ein halbes Dutzend Eingaben aus dem Bereich Bildung, Jugend und Familie ein, deren Ursache oft mangelhafte Personalausstattung oder Personalmittelbereitstellung in den Einrichtungen und Ämtern sind. Die Eingaben dazu sind aber nur die Spitze des Eisbergs, was die Bürger dieser Stadt hier ertragen müssen.

Durch die Kosten- und Leistungsrechnung der Bezirke stehen mir genaue Zahlen zur Verfügung, wo ich Defizite und Verstärkung vorfinden muss. Die Bezirke, die sehr effektiv dastehen in der Kosten- und Leistungsrechnung werden noch damit zusätzlich belohnt, dass sie die meisten Stellen abbauen dürfen. Wie gefährlich diese blinde Kürzerei ist, kann man auch daran erkennen, dass in den Bereichen Jugendamt und Ordnungsamt nicht einmal mehr die gesetzlich vorgeschriebene Mindestleistung erbracht werden kann. Weiterhin erzeugt der Senat eine Mehrbelastung für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Dienststellen. Vielen Ämtern werden dazu noch weitere Aufgaben zugeteilt, die von immer weniger Beschäftigten erledigt werden müssen. Die Konsequenzen sind deutlich verlängerte Wartezeiten in den Bürgerämtern, Anträge werden nicht fristgerecht bearbeitet, die Gesundheitsämter kommen ihren Überprüfungen nicht nach usw. Die Liste wäre meterlang.

Herr Kollege, ich würde Sie einen Moment unterbrechen. – Meine Damen und Herren! Ich werde zu Recht darauf hingewiesen, dass das Gemurmel wirklich laut ist. Ich bitte um etwas mehr Konzentration. Wer Mitteilungsbedürfnis hat, kann es auch draußen machen. – Bitte, Herr Kollege!

Selbst Leistungen mit individuellem Rechtsanspruch können teilweise nicht mehr erbracht werden, wodurch Bürgerinnen und Bürger in Notlagen geraten, wenn sie auf diese Leistungen angewiesen sind. Den Unmut der Betroffenen bekommen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vor Ort häufig direkt zu spüren.

Das Elektronische Bürgeramt, das in diesem Bereich Abhilfe schaffen könnte, wird hinsichtlich seiner Geld- und Personalmittel selbst Opfer der Sparwut, wo es doch klar sein müsste, dass in diesen Mitteln ein hohes Potenzial zur Lösung der Gesamtproblematik verborgen ist.

[Beifall bei den PIRATEN]

Einerseits sorgt es dafür, dass weniger Bürger persönlich zum Amt gehen müssen, und andererseits den Mitarbeitern vor Ort Entlastung verschafft wird. Hier muss investiert, eingestellt und ausgebildet werden. Die höheren Anfangskosten dürfen uns davon nicht abhalten, eine Verwaltung zu schaffen, die dem 21. Jahrhundert gerecht wird.

[Beifall bei den PIRATEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN]

Teilweise finden wir hier Strukturen und Vorgehensweisen wie zu Kaisers Zeiten vor. Wo leben wir hier eigentlich? Und wie wird uns hier der Abbau verkauft, als wenn das der Weisheit letzter Schluss wäre? – Wie gesagt, ich habe den Ansatz vorgeführt, wo man etwas machen kann. Im Petitionsausschuss werden die Eingaben nicht weniger und die Sachverhalte auch nicht.

Zum Beispiel hat der Bezirk Mitte es verpeilt, seinen Haushaltsplan rechtzeitig vorzulegen, und dadurch sind mehrere Träger ihrer Mittel entblößt worden, weil durch den Nothaushalt, der dann in Kraft getreten ist, diese Mittel nicht mehr zur Verfügung standen. Um nur einmal ein Beispiel zu nennen: Dem Schülerladen A 13 fehlen 30 000 Euro; das sind 600 Schüler, die in ihren Hausaufgabenhilfen und Sonstigem nicht unterstützt werden. Die sind davon raus, einfach nur, weil bestimmte Leute es nicht gebacken kriegen, für ihre 7 000 Euro im Monat ihre Arbeit zu erledigen. In anderen Breichen würde man da heutzutage beim Jobcenter stehen. Man würde mindestens eine Abmahnung erhalten.

Hiermit komme ich zum Schluss. – Im Übrigen bin ich der Meinung, dass Veolia aus dieser Stadt herausgeschmissen gehört.