Protokoll der Sitzung vom 08.11.2012

Sie waren es nicht allein, Herr Nolte war es auch!

Als dritte Anforderung habe ich den Umgang mit dem Parlament benannt. Diesbezüglich haben wir tatsächlich eine neue Qualität zu vermelden. Der Entwurf des Senats zum Nachtragshaushalt ist im September eingebracht worden. Die Drucksache trägt das Datum vom 11. September. Danach: acht Wochen Ruhe. Am 1. November gibt Herr Senator Nußbaum eine Presseerklärung heraus, dass die Steuerschätzungen für Berlin ganz gut aussähen. Am 7. November um 13 Uhr erhalten wir im Hauptausschuss eine rote Nummer der Finanzverwaltung mit den konkreten Berliner Zahlen der Steuereinnahmen 2012. Zugleich erhalten wir einen Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen zum Nachtragshaushalt, der die Zahlen der Steuerschätzung übernimmt und die Mehreinnahmen zur Senkung der Nettokreditaufnahme verwendet. Und immerhin erhalten wir dann als Oppositionsfraktionen eine Stunde Zeit, um uns mit der roten Nummer und dem Antrag zu befassen und gegebenenfalls eigene Anträge zu stellen.

[Uwe Doering (LINKE): Unerhört!]

Auch wir wollen uns ja beteiligen. Heute nun soll der Nachtragshaushalt im Parlament verabschiedet werden. Mit Seriosität hat das nichts zu tun, überhaupt nichts!

[Beifall bei der LINKEN, den GRÜNEN und den PIRATEN]

Ich fasse zusammen: Der Nachtragshaushalt 2012/2013 entspricht nicht den inhaltlichen Anforderungen der Flughafenentwicklung, er lässt jedwedes politische Herangehen an die drängendsten Probleme dieser Stadt vermissen und er ist in einem Politikstil verhandelt worden, der nicht toleriert werden kann und darf.

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN und den PIRATEN]

Genau darum werden wir diesen Nachtragshaushalt ablehnen!

[Beifall bei der LINKEN]

Vielen Dank, Frau Dr. Schmidt! – Für die CDU-Fraktion hat jetzt der Herr Abgeordnete Goiny das Wort. – Bitte sehr!

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Kollegin Dr. Schmidt! Von allen Ausreden, die wir heute gehört haben, weshalb man nicht zustimmt, haben Sie sich die schwächste geleistet. Das war wirklich konstruiert und zeigt ein bisschen, wie Sie sich in diesem Land Finanzpolitik vorstellen. Wir haben hier heute nicht zu entscheiden, was die Ursachen für die Verzögerung bei der Nichteröffnung des Flughafens BER waren, denn dafür haben wir gemeinsam einen Untersuchungsausschuss eingesetzt. Wenn wir die Arbeit dort ernst nehmen, dann gehen wir auch davon aus, dass dort die Analyse seriös stattfindet und dann hier berichtet wird.

[Zurufe von Uwe Doering (LINKE)]

Ich verstehe, Herr Doering, dass Sie Interesse daran haben, dort mitzuarbeiten. Vielleicht können Sie das in Ihrer Fraktion noch sicherstellen. Sie scheinen ja beim Thema Untersuchungsausschuss sehr engagiert zu sein.

[Uwe Doering (LINKE): Bin ich auch!]

Heute geht es darum, dass wir den Nachtrag beraten und beschließen, dass wir also darstellen, wie wir mit den Mehrkosten umgehen.

Da darf ich zunächst einmal darauf hinweisen – der Kollege Schneider hat das auch schon gemacht –, dass ein erheblicher Teil der Kosten, die hier zu Buche schlagen, Kosten sind, die auch bei einer pünktlichen Eröffnung des Flughafens angefallen wären, nämlich die Frage des Lärmschutzes

[Uwe Doering (LINKE): Wer hat denn den Lärmschutz reduziert?]

und der Umstand, dass wir ein Mehr an Flughafen bekommen, als wir zunächst vorhatten zu bauen, und dass es um 110 Millionen Euro geht, die tatsächlich bisher als Verzögerungsschaden in Rede stehen, in Streit stehen.

Herr Esser! Insofern stimmt ja auch Ihr Beispiel schon gar nicht. Wenn ich als Häuslebauer dauernd mehr beauftrage, darf ich mich am Ende auch nicht wundern, dass es mehr kostet.

[Uwe Doering (LINKE): Der Häuslebauer muss sich an Gesetze halten! Das ist der Unterschied!]

Aber so ist das eben, wenn Grüne Häusle bauen, das wird vielleicht auch nicht so richtig etwas. So war jedenfalls mein Eindruck.

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Herr Esser! Jedenfalls sind Sie die Antwort auf die Frage meines Kollegen Dietmann, wie die Grünen denn nun tatsächlich zum Flughafen und zur Weiterfinanzierung, zum Weiterbau stehen, schuldig geblieben. Das haben Sie nicht gesagt. Sie haben das rhetorisch geschickt in Ihr Redemanuskript untergepflügt, aber in der Sache haben Sie sich nicht positioniert. Das verwundert auch nicht, da die Grünen noch nie überzeugte Kämpfer für einen Flughafen waren.

[Zuruf von den PIRATEN: Skandal!]

Das merkt man auch an dieser Stelle. Sie versuchen sich hier in einer Skandalisierung über die Folgen und Ursachen der Verzögerung, aber ein Bekenntnis zum Flughafen und zu den Notwendigkeiten, einen jetzt größeren Flughafen zu finanzieren und den Schallschutz für die Menschen zu finanzieren: Da eiern Sie nach wie vor herum.

Ihre Taktik ist auch ansonsten nicht sonderlich aufgegangen. Sie haben am Anfang erzählt: Ja, jetzt kommt der Nachtrag, das wird die Neuverschuldung hochtreiben, und da werden unglaublich viele Investitionen in dieser Stadt gestrichen werden müssen.

[Ramona Pop (GRÜNE): Das hat nie einer gesagt!]

Da merken Sie, dass das so nicht richtig funktioniert und dass es Steuermehreinnahmen gibt.

[Uwe Doering (LINKE): Warum müssen wir jetzt Geld nachschießen?]

Und dann haben Sie uns gesagt: Statt der Mehrkosten für den Flughafen könnte man so viel schöne Sachen in dieser Stadt bauen – und haben uns eine ganze Liste von Ausgabenwünschen gezeigt. Das wundert mich natürlich bei einem Haushälter mit Erfahrungen, wie Sie sie haben, Herr Esser, besonders, dass Sie in der finanziellen Lage, in der das Land Berlin ist, die Ausgabenkiste aufmachen wollen, anstatt sich weiter auf das Notwendige zu beschränken.

[Zuruf von Joachim Esser (GRÜNE)]

Aus unserer Sicht ist die Finanzierung der Mehrkosten für den Flughafen etwas Notwendiges.

[Uwe Doering (LINKE): Warum müssen wir das denn jetzt machen?]

Nachdem wir Ihnen nun präsentieren können, dass wir in diesem Jahr aufgrund der wirtschaftlichen Entwicklung und der finanziellen Lage dieser Stadt nicht nur den Flughafen aus Mehreinnahmen finanzieren, sondern auch noch die Neuverschuldung absenken können, da bricht Ihre Argumentation an dieser Stelle völlig zusammen, und das entlarvt auch ein bisschen Ihre Taktik. Dass Ihnen heute nichts anderes übrigbleibt, als das ein bisschen ins Lächerliche zu ziehen, das ist natürlich ein bisschen selbstverschuldet, Herr Esser!

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Delius?

Nein! Er kann sich danach im Rahmen einer Kurzintervention melden, wenn er möchte. Dann haben wir die Möglichkeit, uns da noch mal auszutauschen, wenn Sie möchten.

[Uwe Doering (LINKE): Sagen Sie, warum wir das Geld nachschießen müssen!]

Nein, das ist auch – das hat der Kollege Schneider auch schon gesagt – ein Erfolg der Haushalts- und Konsolidierungspolitik. Wir setzen eben die Haushaltskonsolidierung an Platz eins. Ich bin dem Finanzsenator auch dankbar dafür, dass er darauf immer ein waches Auge hat. Bei über 2,3 Milliarden Euro Zinsen, die wir jedes Jahr ausgeben, kann jeder Fachpolitiker und jede Fachpolitikerin in seinem oder ihrem Bereich sich angucken, was man an Ausgaben in dieser Größenordnung alles finanzieren könnte. Das ist eine Last, eine Belastung, und wenigstens das Anwachsen dieses Zinsblockes müssen wir verhindern. Mit dem, was uns jetzt möglich ist, sieht es so aus, als ob wir möglicherweise schon vor 2016 die Neuverschuldung in diesem Land stoppen können. Das ist ein großer haushaltspolitischer Erfolg dieser Koalition.

[Beifall bei der CDU und der SPD]

Das Ganze ordnet sich natürlich auch ein. Wir wollen Infrastruktur in dieser Stadt finanzieren. Deshalb bekennen wir uns zum Flughafen. Wir wollen angesichts der wirtschaftlichen Entwicklungen, die auch Ausfluss der Politik der Bundesregierung in diesem Land ist und die hier in Berlin eine entsprechende Ergänzung findet, auch die Entwicklung für eine wirtschaftlich bessere Zukunft dieser Stadt stärken.

Ich fand es auch gut, was unsere Wirtschaftssenatorin heute dazu in der Fragestunde ausgeführt hat. Da gibt es nämlich Einiges, was die Koalition auch auf den Weg gebracht hat. Sie konnten dieser Tage lesen, dass wir im Bereich der Kooperation von Wirtschaft und Wissenschaft – Zusammenarbeit MDC und Charité – wichtige Beispiele geleistet haben,

[Dr. Wolfgang Albers (LINKE): Das ist doch nicht auf Ihrem Mist gewachsen! Das war Zöllner!]

dass wir in der Zusammenarbeit zwischen der BeuthHochschule und dem Flughafen Tegel als Nachnutzung auch in die Stärken dieser Stadt investieren, dass wir im Bereich der Wirtschaft und der Kreativwirtschaft, Internet- und Digitalszene ein unglaubliches Potenzial für diese Stadt haben, das wir entwickeln können, und dass wir in dieser Stadt auch auf den Mittelstand setzen.

Das heißt, für uns hängt diese Politik miteinander zusammen: die Haushaltskonsolidierung und die Ent

wicklung der Wirtschaft in dieser Stadt. Wir werden auch zum Thema Industriestadt in Berlin entsprechende Initiativen starten, und wir werden auch versuchen, den Mittelstand zu fördern. Mit dem Handwerkerparkausweis und der Änderung des Vergaberechts hat die Koalition in diesem einen Jahr auch schon richtungsweisende Initiativen gestartet.

Insofern kann ich Ihnen nur sagen: Das, was wir hier machen, ist eine nachhaltige Politik, es ist eine haushaltspolitisch verantwortliche Politik, die wir hier betreiben.

[Uwe Doering (LINKE): Sie haben immer noch nicht gesagt, warum wir nachschießen müssen!]

Wir bekennen uns zum Flughafen und der Notwendigkeit, ihn zu finanzieren. Ein erheblicher Teil dieser Kosten wäre auch ohne die Verzögerung entstanden. Die Opposition drückt sich hier vor der Entscheidung, ob sie sich an dieser Verantwortung beteiligen möchte. Außer Zwischenrufen und originellen Geschichten ist bisher nicht viel gekommen. Ich nehme stark an, dass wir jetzt noch eine originelle Geschichte von den Piraten hören werden, die naturgemäß als Hobbyseefahrer mit dem Thema Luftfahrt ohnehin nicht viel am Hut haben werden.

[Zurufe von den PIRATEN: Oh!]

Insofern kann ich Ihnen nur sagen: Die Koalition wird die Wirtschaft in dieser Stadt weiter stärken. Wir werden dafür sorgen, dass mehr Menschen in Berlin Arbeit finden, dass damit auch die Sozialbedürftigkeit in dieser Stadt sinken wird. Das ist auch die beste Sozialpolitik, die wir in dieser Stadt machen können. Dafür ist diese Koalition angetreten.

[Uwe Doering (LINKE): Schlechte Rede!]