Protokoll der Sitzung vom 22.11.2012

[Zuruf von Dr. Robbin Juhnke (CDU)]

Herr Henkel hat es so gesagt. Aber dass Sie sich nicht erinnern können, spricht ja schon Bände. Sie haben im Innenausschuss auch schon gesagt, Herr Juhnke, dass in Berlin keine Akten geschreddert worden sind, nicht?

[Beifall bei den PIRATEN und der LINKEN – Uwe Doering (LINKE): Genau!]

Also, da muss man allerdings fairerweise sagen, das war, bevor dieser Aktenschredderskandal öffentlich geworden ist, was dann viel darüber aussagt, was Sie für ein Vertrauensverhältnis zum Innensenator haben.

[Dr. Wolfgang Albers (LINKE): Vertrauen!]

Wir reden heute nicht darüber, ob Herr Henkel seinen, ob Sie, Herr Henkel, Ihren Laden im Griff haben oder nicht, sondern wir reden einfach nur darüber, wie sehr Sie ihn nicht im Griff haben,

[Beifall und Heiterkeit bei den PIRATEN – Heiterkeit bei den GRÜNEN und der LINKEN]

weil Sie auf solch einer nach oben offenen Skala in diesem einen Jahr Innenpolitik in Berlin irgendwie immer neue Höchstmarken gesetzt haben. Das Problem ist, das hat mittlerweile auch schon ihr Koalitionspartner SPD erkannt, dass Sie – wie das vorhin schon von meinen Vorrednern beschrieben worden ist – hier als Oppositionspolitiker immer volle Möhre draufgehauen haben und jetzt auf einmal merken, dass Ihnen anscheinend die Kompetenz fehlt. Sie umgeben sich nur noch mit eigenen Leuten. Sie machen im Innensenat nicht mehr die Abteilungsleiterrunden und schmoren da in ihrem Topf, haben aber anscheinend auch – und das merkt man, wenn man Ihnen Nachfragen stellt und Sie nochmals Ihre Sprechzettel vorlesen müssen –

[Canan Bayram (GRÜNE): Ja! – Uwe Doering (LINKE): Ist bei Staatssekretären auch so!]

überhaupt keine Ahnung von den Sachen, von denen Sie da sprechen. Es wurde hier schon mehrfach gesagt, Klaus Kandt, den hätten Sie gerne sofort eingesetzt, wurde über die Presse lanciert. Dann haben wir hier im Haus Druck gemacht, dass es eine saubere Ausschreibung gibt. Ja, es gibt eine Ausschreibung. Und wer ist es geworden? – Klaus Kandt, ja. Jetzt sind wir alle überrascht.

Es kam die Funkzellenabfrage, die nicht individualisierte Funkzellenabfrage. Eine Riesensache in Berlin, ist noch immer nicht aufgearbeitet. Da sahen Sie auch keinen Handlungsbedarf, auch nicht, als es von Herrn Dix ein Gutachten dazu gab, wo er gesagt hat, dass die Funkzellenabfrage bei Straftaten eingesetzt wurde, bei denen man sie eigentlich gar nicht einsetzen kann, dass nicht ordentlich geprüft worden ist, dass überhaupt nicht das gemacht worden ist, was man hätte machen müssen, dass die Betroffenen nicht – wie es im Gesetz steht – informiert worden sind. Der eigentliche Witz an der Stelle ist: Herr Henkel, Sie haben es noch nicht einmal hinbekommen, Ihrem Kollegen Heilmann die Schuld dafür in die Schuhe zu schieben, denn die Staatsanwaltschaft ist Herrin des Verfahrens und ordnet dann halt – –

[Udo Wolf (LINKE): Der ist keine Frau!]

Okay, Herr Heilmann ist keine Frau. Das wurde hier zwischengerufen.

[Beifall bei der LINKEN]

Ich gebe nur das wieder, was mir andere Oppositionspolitiker mitteilen. Da können Sie mal sehen, wie gut die Kommunikation in diesem Haus funktionieren kann. – Hätten Sie es doch einfach dem Herrn Heilmann in die Schuhe schieben können, dann kümmert sich der Rechtsausschuss darum. Aber gut, anscheinend hat Ihnen bei Ihnen im Haus niemand gesagt, dass die Polizei nur dafür da ist, um dann die – – Aber das kann man ja noch nachlesen. Sie bilden sich ja gerade mit so einem Büchlein weiter. Was ist das? Berlin 2013, es geht nicht um Innenpolitik, nicht? – Hat mich jetzt auch nicht besonders gewundert.

Kennzeichnungspflicht: Wir hatten neulich die schöne Powerpoint-Präsentation im Innenausschuss. Es wird sichtbar, dass es da Verstöße gibt. Auf die mehrfache Nachfrage auch von Herrn Wolf, inwieweit das – –

[Zuruf]

Stimmt, ich glaube, da waren Sie gar nicht da. Sie hatten Hundehaarallergie. Okay. – Der Punkt ist: Um die Kennzeichnungspflicht kümmern Sie sich auch nicht richtig.

Herr Juhnke hat es vorhin gesagt: Die Videoüberwachung wurde ausgeweitet. Wo wurde sie nicht ausgeweitet? – Am Alexanderplatz. Was ist am Alexanderplatz passiert? – Die Geschichte mit Jonny K. Und was sagt uns Herr Heilmann heute? – Vierter Verdächtiger hat sich gemeldet, weil der Aufklärungsdruck so groß war. – Aha! Aha! Es geht in dieser Stadt auch ohne Videokameras.

[Beifall bei den PIRATEN, den GRÜNEN und der LINKEN]

Und das Zynische daran ist ja, dass, selbst wenn wir ein Video davon hätten, wie Jonny K. zu Tode geprügelt wird, niemandem geholfen gewesen wäre, weil das Aufzeichnungen sind, und niemand kommt der Person, die da in Not ist, zu Hilfe. Herr Juhnke! „Stunde der Not“, fand ich auch sehr bemerkenswert, dass Sie das hier vorhin gesagt haben. Das ist also sehr gut.

Die 250 Polizisten hatten wir schon. Informationspolitik am 1. Mai, Herr Henkel: Da ging es zuerst um gefährliche Rohrbomben, die eine Gefahr für alles Mögliche waren. Dann waren es nicht funktionstüchtige Rauchbomben.

Wir erleben hier im Abgeordnetenhaus, dass der AxelSpringer-Verlag die polizeiliche Kriminalstatistik schon in Teilen abdruckt, bevor die Abgeordneten darüber sprechen können. Denn wir bekommen es in einem Umschlag, auf dem steht „bitte vertraulich, Sie dürfen nicht darüber reden“. Das ist Ihre Informationspolitik. aber auch damit setzen Sie sich nicht auseinander, auch da sagen Sie nicht: Nein, ich möchte, dass aus meiner Verwaltung nicht erst Informationen irgendwie an die Presse gehen bzw. an bestimmte Teile der Presse, bevor Abgeordnete die Möglichkeit haben, das in einer parlamentarischen Beratung politisch zu bewerten.

Die polizeiliche Kriminalstatistik hatte dann das Ergebnis, dass vor allen Dingen die Diebstähle und Einbrüche gestiegen sind. Da hatten Sie dann auch sofort versprochen: Ja, jetzt wollen Sie etwas machen. Ich weiß ja nicht, wie weit sich CDU-Minister irgendwie miteinander austauschen, aber hat Herr Schäuble als Bundesfinanzminister Sie schon mal gefragt, wie das sein kann, dass bei ihm eingebrochen wird in Berlin, wo Ihnen bekannt ist, dass das mit den Einbrüchen hier ein großes Problem ist und Sie versprochen hatten, etwas gegen diese Einbrüche zu tun? – Ich weiß nicht, vielleicht macht dem Herrn

Schäuble das Spaß, dass bei ihm eingebrochen wird. Das ist ja auch nur der Bundesfinanzminister.

Gut, bei den Autobrandstiftungen haben Sie früher immer herumgeschrieen. Dann stellte sich heraus, ja gut, das war ein frustrierter, verwirrter Typ in Mitte. Jetzt brennen aber noch immer Autos. Wo schreien Sie denn da herum: Die Linksextremen, die alle Autos anzünden? Wo ist denn da Ihr Konzept? Wo ist es denn? – Gibt es auch nicht.

Hungerstreikende Flüchtlinge auf dem Pariser Platz, hatten wir vorher auch schon. Da muss dann also erst ein Verwaltungsgericht kommen, um Ihnen zu sagen, dass es bei Wind und Wetter nicht okay ist, wenn die Polizei den Leuten da die Schlafsäcke und Pappen wegnimmt. Wenn aber dann das Verwaltungsgericht das sagt – Herr Höfinghoff hat da nachgefragt –, wenn da eine Nazidemo stattfindet und die Flüchtlinge zu Recht Angst um ihre körperliche Unversehrtheit haben müssen, dann ist die Polizei nicht da.

V-Leute wurden schon angesprochen. Wenn ich heute zum Berliner LKA gehen würde und sage, ich kenne drei untergetauchte Neonazis, die wegen Sprengstoff- und Waffenbesitz per Haftbefehl gesucht werden, bin ich mir sicher, würde irgendjemand im Berliner LKA sagen: So, Herr Lauer, dann bleiben Sie mal sitzen, nehmen Sie Platz, wir trinken Kaffee, dann reden wir mal darüber und geben die Anzeige auf. – Wenn eine V-Person das innerhalb eines Gesprächs sagt, dann passiert nichts. Warum auch? Man wirbt die V-Person ja an, um Informationen über die Szene zu bekommen. Warum sollte man sie dann benutzen? Das wäre zu konsequent.

Eine Sache noch zu Claudia Schmid, weil meine Zeit gleich vorbei ist, – –

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Es sagt viel über Ihre parlamentarische Kultur, wenn Sie anfangen zu klatschen,

[Beifall bei den PIRATEN und der LINKEN]

wenn ein Oppositionspolitiker sagt, dass er keine Redezeit mehr hat. Das freut mich sehr von Ihnen, meine Damen und Herren von den Koalitionsfraktionen. Da hätte ich auch nichts anderes erwartet. Aber wir können das vielleicht mal als Zwischenfrage werten, dann habe ich noch 30 Sekunden. – Die Frau Schmid konnte man wenigstens anrufen. Sie gab Auskunft. Ich kann mir tatsächlich gut vorstellen, dass Frau Schmid so nicht abgehen wollte und dass sie das auch gern noch mal aufgeklärt hätte. Dass sie um Versetzung gebeten hat, stelle ich mal infrage.

Es wäre sehr schön – ich komme zum Schluss, Herr Henkel –, wenn Sie wenigstens sagen würden: Ja, es ist meine

(Bürgermeister Frank Henkel)

Verantwortung, ich möchte mich irgendwie bessern. – Auch das ist bis jetzt nicht passiert. Das ist sehr schade. Es wird leider wahrscheinlich so weitergehen. – Vielen Dank!

[Beifall bei den PIRATEN, den GRÜNEN und der LINKEN]

Vielen Dank, Herr Kollege Lauer! – Ich erteile jetzt dem Herrn Innensenator das Wort. – Bitte, Herr Henkel!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich fange mal mit Ihnen an, Herr Kollege Lauer. Ich glaube nicht, dass Sie irgendeinen Grund haben, hier über irgendjemanden zu richten, nach dem, was am Dienstag in Ihrer Fraktionssitzung vorgefallen ist, als ich mit dem designierten Polizeipräsidenten in Ihrer Fraktion war. Wenn eine offenbar persönliche Mitarbeiterin während der Sitzung den Abgeordneten per Twitter auffordert: „Zünd’ den an, solange er noch da ist“, dann ist ein unerträgliches, ein menschenverachtendes Maß erreicht, das Maß, das jede Gesprächsgrundlage mit den Piraten nimmt, solange Sie das nicht ausräumen.

[Anhaltender Beifall bei der CDU und der SPD]

Nun zu Ihnen, Herr Abgeordneter Lux! Sie stellen meine Eignung in Frage. Das habe ich mittlerweile zur Kenntnis genommen.

[Zuruf von den GRÜNEN: Wir alle!]

Ja, Sie alle. Denn die Grünen spotten in ihrer Selbstgerechtigkeit und Selbstüberschätzung ohnehin gerne mal über das Personal anderer Parteien. Sie sehen sich als Regierung im Wartestand. Um Himmels willen! Wer drängt sich eigentlich bei Ihnen auf? Glauben Sie ernsthaft, irgendjemand von Ihnen könnte dem Regierenden Bürgermeister auch nur annähernd das Wasser reichen?

[Uwe Doering (LINKE): Sie aber! – Beifall bei der CDU und der SPD]

Glauben Sie ernsthaft, Herr Lux, Sie hätten das Format, eine Innenverwaltung zu führen?

[Heiterkeit bei der CDU]

Herrn Ratzmann hätte ich eine solche Aufgabe ja vielleicht noch zugetraut, aber den haben Sie ja weggemobbt.

[Beifall bei der CDU und der SPD]

Und wenn diese grüne Therapiegruppe ein Feindbild braucht, um wieder auf die Beine zu kommen, dann werde ich das gerne aushalten, da können Sie sicher sein. Aber Sie sind ja schon mit Ihren 29 Abgeordneten heillos überfordert. Also erzählen Sie mir nichts darüber, wie man große Organisationen führt!

[Beifall bei der CDU und der SPD – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN]