Protokoll der Sitzung vom 17.01.2013

[Lachen bei der SPD und der CDU]

Ich will an die Geschichte mit dem Maklerwesen erinnern. Da haben wir hier im August eine heftige Diskussion gehabt. Frau Spranger! Da haben Sie auch geredet. Da haben Sie uns erzählt, das sei vom Teufel, dass wir dafür sind, dass das Bestellerprinzip beim Maklerwesen eingeführt wird. Wer den Makler bestellt, der muss ihn bezahlen. Das war im August. Dann haben wir vier Monate darüber diskutiert, auch bundesweit, und im Dezember hatten wir den Regierenden Bürgermeister dahin bekommen, dass er der Presse erklärt hat, das ist ein super Vorschlag. – Das hat er nicht gemacht, weil wir das beantragt haben, das hat er auch nicht gemacht, weil Sie sich davon haben überzeugen lassen, sondern weil er mit Herrn Scholz aus Hamburg telefoniert und der gesagt hat:

Klaus! Komm, mach mit! – So einfach war das. Ich glaube, das wird bei diesen Vorschlägen auch so kommen. Da werden wir auch dahin kommen, dass das in Berlin Praxis wird. Entweder, weil Sie einsichtig werden oder weil hier ein anderer Senat kommt. Mit ist es egal wie, es kommt.

[Beifall bei den GRÜNEN – Beifall von Gerwald Claus-Brunner (PIRATEN)]

Frau Spranger! Sie möchten sicher antworten? – Bitte sehr!

[Torsten Schneider (SPD): Herr Otto wird uns hier noch lange erhalten bleiben! – Antje Kapek (GRÜNE): Von wegen, Herr Schneider!]

Verehrter Herr Otto! Ich weiß jetzt gar nicht so richtig, ob ich das toll finden würde, wenn Sie in den Bundestag einziehen würden, denn dann könnten Sie, was Bundesrecht betrifft, durchaus etwas machen.

[Katrin Schmidberger (GRÜNE): Wollen Sie kein Rot-Grün im Bund?]

Ein Großteil dessen, was wir hier haben, ist Bundesrecht. Wenn Sie die Mieterinnen und Mieter, die in eigenen Beständen der Wohnungsbaugesellschaften wohnen, nicht ernst nehmen, ist das Ihr Problem. Wir nehmen diese Mieterinnen und Mieter ernst.

[Torsten Schneider (SPD): Jawohl!]

Wir haben gesagt, wir wollen für den Bestand, für die 270 000 Wohnungen – und ich habe vorhin gesagt, 8 000 sind neu dazu gekauft worden, das heißt, wir werden irgendwann bei 300 000 Wohnungen sein –,

[Andreas Otto (GRÜNE): Gibt es einen Titel?]

weil wir wollen, dass wir das, was wir selbst steuern können, so steuern, wie wir das immer vom Bund fordern.

[Zuruf von Anja Kofbinger (GRÜNE)]

Wenn Sie es nicht ernst nehmen, wir nehmen es ernst. Die Mieterinnen und Mieter sind uns sehr lieb und auch teuer. Im Übrigen, 93 Millionen sind für Sie wahrscheinlich Peanuts, für uns nicht.

[Torsten Schneider (SPD): Geldverschwender!]

Wir haben vorhin eine Haushaltsdebatte gehabt. Da kritisierten Sie alles. Und jetzt fangen Sie an, solche Summen nicht mehr ernst zu nehmen, Herr Otto!

[Andreas Otto (GRÜNE): Gibt es einen Titel?]

Das werden wir in den Haushaltsberatungen selbstverständlich miteinander verhandeln. Das ist doch klar. Ich bin eine Fachpolitikerin, keine Haushälterin.

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der CDU – Andreas Otto (GRÜNE): Stimmt! – Özcan Mutlu (GRÜNE): Wieder so eine Ankündigung! – Oliver Höfinghoff (PIRATEN): Seien Sie doch nicht so gemein!]

Vielen Dank, Frau Spranger! – Für die Linksfraktion hat jetzt die Abgeordnete Frau Lompscher das Wort. – Bitte sehr!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Offensichtlich haben alle alle Mieter lieb, und alle wollen, dass es in Berlin allen gut geht. „Heimat in der Metropole von Welt“, so ist das erste Kapitel des SPD-Papiers überschrieben.

Also kommen wir doch zur Sache! Heute stehen Vorschläge zur Debatte und Abstimmung, die für die soziale Stadtentwicklung dringlich sind. Und da alle sagen, dass sie es im Prinzip gut finden, besteht eigentlich gar kein Grund, warum wir hier so lange reden.

[Beifall bei der LINKEN, den GRÜNEN und den PIRATEN – Uwe Doering (LINKE): Genau!]

Die Koalition redet allerdings nur, der zuständige Senator kündigt an, sein Staatssekretär auch, substanzielle Vorschläge sind bisher nur von der Opposition gekommen. Heute besteht die Gelegenheit, das vermeintliche kollektive Wollen in politisches Handeln umzusetzen. Die Koalition könnte ihrem Senator endlich die notwendige Rückendeckung geben, um gegen zunehmende Verdrängung und soziale Spaltung in der Stadt vorzugehen. Oder will die Koalition das vielleicht gar nicht? Warum hat sie es in den Ausschüssen abgelehnt, das bundesrechtlich zulässige Vorkaufsrecht in Sanierungs- und Milieuschutzgebieten endlich gezielt zu nutzen, die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen zumindest in Milieuschutzgebieten unter Genehmigungsvorbehalt zu stellen und warum verweigert die Koalition den von Umwandlung betroffenen Mieterinnen und Mietern einen besseren Kündigungsschutz – statt bisher sieben Jahre in sechs Bezirken zehn Jahre in der ganzen Stadt? Das müssen Sie erklären.

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN und den PIRATEN]

Im Übrigen sind das alles Vorschläge, die auf geltendem Bundesrecht und auf guten Erfahrungen anderer großer Städte in diesem Land beruhen. So folgt unser Vorschlag für die Umwandlungsverordnung dem Hamburger Beispiel. Eine Anhörung im Bauausschuss ergab schon im März 2011, dass Hamburg damit gute Erfahrungen macht

und die Zahl der Umwandlungen zurückgegangen ist. Mit einer solchen Umwandlungsverordnung erhalten Milieuschutzgebiete einen zusätzlichen Schutzmechanismus und zweifelhafte Akteure des Wohnungsmarktes ein ganz klares Signal gegen Mietervertreibung.

Bereits am 16. Mai haben wir das im Ausschuss besprochen. Die Koalition hat den Antrag vertagt, um ihn zu prüfen. Am 14. November, also ein halbes Jahr später, lehnt sie ihn einfach ab. Wenige Tage später lädt dann die Senatsverwaltung zu einem Fachgespräch mit dem Titel „Welchen Beitrag kann die Umwandlungsverordnung für die sozialen Erhaltungsgebiete in Berlin leisten?“ ein. Ergebnis: Die Kombination von Milieuschutz und Umwandlungsverordnung hilft rechtssicher, die Bevölkerung vor Verdrängung zu schützen und negative städtebauliche Entwicklungen abzuwenden. Verwaltungs- und Personalaufwand sind überschaubar. Fazit: Eine Umwandlungsverordnung ist ein sinnvoller Baustein eines Gesamtpakets, an dem der Senat nach eigener Aussage ohnehin arbeitet. Vor diesem Hintergrund appelliere ich an die Koalition, sich heute zu korrigieren. Berlin hat schon zu viel wertvolle Zeit verloren.

Ein verlängerter Kündigungsschutz bei Umwandlungen wiederum hat den Vorteil, dass er auch außerhalb von Milieuschutzgebieten den Mieterschutz verbessert. Bisher sind sechs Bezirke besonders geschützt, das ist hier schon gesagt worden. Das war eine Leistung von Rot-Rot. Nicht dabei sind allerdings Neukölln, Lichtenberg oder Treptow-Köpenick, obwohl gerade hier in den letzten Jahren das Umwandlungsgeschehen angezogen ist.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage der Abgeordneten Schmidberger? – Bitte!

Vielen Dank! – Frau Kollegin! Teilen Sie mit mir die Meinung, dass es sehr ärgerlich ist, dass der komplette Senat bei dieser Debatte fehlt,

[Zurufe von der CDU: Stimmt nicht! Herr Czaja ist da!]

und dass es den Anschein erweckt, dass der Senat kein Interesse an dieser Debatte hat?

Das ist ja nichts Neues. Da der nette Herr Gothe ja da ist, kann er den Herren vom Senat Bescheid sagen.

[Zuruf]

Wie gesagt, noch einmal zur Kündigungsschutzklauselverordnung: Manchmal hilft ja auch Aufklärung in der Sache. Die Linke wollte seinerzeit schon alle Bezirke einbeziehen. Die SPD war dagegen. Die aktuelle Verord

nung ist im August 2011 erlassen worden, mit der klaren Absicht, sie präventiv weiterzuentwickeln. Das heißt im Übrigen, sie dann zu haben, wenn das Problem noch lösbar ist, und nicht erst dann, wenn die Messen schon gesungen sind. Das heißt, wir brauchen jetzt eine Ausweitung der Kündigungsschutzklauselverordnung.

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei den PIRATEN]

Ich frage: Wie lange will sich die scheinbar geläuterte SPD eigentlich noch von der CDU ausbremsen lassen? Die CDU, das ist nun wiederum nicht ungewöhnlich, vertritt massiv Eigentümer- und Renditeinteressen, wenn sie hier weiter blockiert. Die SPD, die offensichtlich ihren Vorzug als Mieterpartei wiederentdecken will, muss hier endlich klare Entscheidungen treffen, damit sie glaubwürdig wird.

Das Vorkaufsrecht, darüber ist hier schon gesprochen worden, ist ein weiteres Instrument auf der Grundlage des Bundesrechts. Es kann im Übrigen auch zugunsten Dritter ausgeübt werden, das sagt § 28. Für das beliebte Finanzierungsargument verweise ich auf unseren Vorschlag eines Sondervermögens Wohnraumförderung und auf die Möglichkeit einer Abwendungsvereinbarung. Allein der angedrohte Vorkauf kann mitunter das Ziel erreichen, weswegen man es anwendet.

Ich will nicht weiter über Details reden. Was will die Koalition? Was tut dieser Senat eigentlich für eine soziale Stadt Berlin, wenn er nicht einmal den bundesrechtlichen Rahmen ausschöpft, von einer Lösung der Probleme für den alten sozialen Wohnungsbau und einen Neustart der neuen sozialen Wohnraumförderung ganz zu schweigen? Es ist ein Trauerspiel, das hoffentlich bald beendet wird. – Vielen Dank!

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei den PIRATEN]

Vielen Dank! – Für die CDU-Fraktion hat jetzt Herr Abgeordneter Dr. Heide das Wort. – Bitte sehr!

[Dr. Gabriele Hiller (LINKE): Herr Heide! Nicht auf Mallorca?]

Leider nicht, Frau Kollegin. Leider nicht! – Lange Rede, kurzer Sinn, Frau Lompscher! Ich bedaure es außerordentlich, dass ich Ihr Feindbild zum Teil korrigieren muss. Immerhin war es die Koalition auf Bundesebene, die es erreicht hat, dass die Mietsteigerungen in bestimmten Brennpunktgebieten auf diese 15 Prozent in vier Jahren gesenkt werden dürfen.

[Katrin Lompscher (LINKE): In drei Jahren! So steht es in Ihrem Gesetz!]

Ich gehe davon aus, dass das Land Berlin entsprechend dieser Vorgaben demnächst eine Festsetzung vornehmen wird.

Lassen Sie mich kurz etwas zu den einzelnen hier angesprochenen Punkten sagen. Erstens: das Thema Vorkaufsrechte. Wir wissen, dass Vorkaufsrechte heutzutage möglich sind. Sie sind durch die Bezirke wahrzunehmen. Sie können auch heute schon wahrgenommen werden. Es macht nur niemand, und zwar aus dem einfachen Grund, weil Vorkaufsrecht immer bedeutet, dass sie zu dem Preis einsteigen, der in dem anderen Vertrag beurkundet worden ist. Das heißt mit anderen Worten, wenn es jemanden geben sollte – – Sie schütteln den Kopf, so ist es aber nun einmal. So steht es leider in diesen Vorkaufsrechten drin. – Das heißt: Sie bezahlen dann natürlich auch die Renditeerwartung, die ein unredlicher Investor hat, mit. Die zahlt dann also auch der Bezirk mit. Deshalb ist es kein Zufall, dass man bislang in Bezirken wie FriedrichshainKreuzberg vor diesen Maßnahmen zurückgescheut ist.

Ich darf ferner daran erinnern, dass wir einmal eine Zeit hatten, in der es eine Vielzahl von bezirkseigenen Wohnhäusern gegeben hat, die zum Schluss in einem Zustand gewesen sind, dass die landeseigenen Gesellschaften diese noch nicht einmal geschenkt haben wollten, und es des sanften Drucks des Senats bedurfte, dass diese übernommen worden sind, weil es sich gezeigt hat, dass der Bezirk, der Staat, kein Wohnungseigentümer ist. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Genossenschaften und Wohnungsbaugesellschaften ohne Weiteres bereit sein werden, diese Wohnungen oder Objekte zu dem Preis, der beurkundet worden ist, zu übernehmen.