Ich finde es nicht richtig, dass Sie Ihre Verantwortung immer auf die Bundesebene schieben. Das ist nicht richtig.
Schauen Sie sich bitte an, was viele ostdeutsche Bundesländer gemacht haben, nämlich dass sie ihre Sparkassen dazu verpflichtet haben, dass jede Frau und jeder Mann ein Girokonto haben kann! Dem Beispiel sollte Berlin, sollte Ihre Regierung auch folgen.
Ich freue mich, dass die Piraten mit diesem Antrag eine Forderung aufgegriffen haben, die meine Fraktion bereits 2006 bei der Umwandlung der Landesbank Berlin in eine Aktiengesellschaft gestellt hat. Leider haben die Piraten unseren damaligen Antrag nicht aufmerksam genug oder gar nicht gelesen, weiß ich nicht,
sonst hätten sie vielleicht erkannt, dass wir für ein P-Konto zunächst ein Girokonto für jede Frau, aber auch für jeden Mann brauchen. Wir haben einen Änderungsantrag geschrieben. Mit diesem Antrag geben wir dem richtigen Anliegen der Piraten eine sinnvolle Form.
Seit 2010 sind Banken und Sparkassen gesetzlich verpflichtet, ein Girokonto auf Antrag in ein P-Konto umzuwandeln. Seit dem 1. Januar 2012 wird der gesamte Kontopfändungsschutz nur über das P-Konto abgewickelt. Ebenfalls im vergangenen Jahr hat der Bundesgerichtshof klargestellt, dass diese Umwandlung kostenlos erfolgen muss. Es gibt jedoch nur ein Recht auf Umwandlung eines bereits bestehenden Kontos. Ein Anspruch auf ein Girokonto folgt daraus noch nicht. Das ist es aber, was wir brauchen.
Einen solchen Anspruch auf ein Girokonto könnte und sollte das Land Berlin zumindest für seine Sparkassen regeln, wie ich vorhin gesagt habe, wie es auch alle anderen ostdeutschen Bundesländer bereits getan haben. Die Selbstverpflichtung der Berliner Sparkasse ist zwar begrüßenswert, sie schafft aber nicht die erforderliche Rechtssicherheit und Rechtsklarheit. Vergessen wir nicht, dass wir es hier in der Regel mit Betroffenen zu tun haben, die nicht die nötigen Mittel haben, um ihren Anspruch auf ein Konto vor den Gerichten durchzusetzen. Das Recht auf ein Girokonto bei einer Sparkasse muss eine Selbstverständlichkeit werden.
Wir sind uns wohl alle darin einig, ein Leben ohne Girokonto ist schwierig und teuer, da zusätzliche Gebühren fällig werden. Von den Schuldnerberatungsstellen erfahren wir, dass sich die Situation in den letzten Monaten
verbessert hat. Dies ändert jedoch nichts an dem nach wie vor bestehenden Regelungsbedarf. Unser Änderungsantrag sieht eine gesetzliche Verpflichtung der Sparkasse vor, auf Antrag für alle Berlinerinnen und Berliner ein Girokonto zu führen. Ausnahmen von dieser Pflicht sollen nur dort bestehen, wo z. B. Leistungen missbraucht wurden.
Es ist nicht einzusehen, warum nur die Sparkassen in die Pflicht genommen werden. Berlin sollte daher im Bundesrat alle Initiativen unterstützen, die einen Rechtsanspruch auf Führung eines Girokontos auch gegenüber allen Banken einführen wollen.
Wenn nötig, muss der Senat hier auch selbst aktiv werden, nicht immer die Verantwortung auf EU-, Bundes- oder irgendwelche Ebenen schieben. – Vielen Dank!
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir werden ebenso, wie Frau Köhne zum Ausdruck gebracht hat, die Anträge der Piratenfraktion und auch den Änderungsantrag ablehnen. Ich darf dazu folgendes ausführen: Die von Ihnen gewünschte Gesetzesänderung für das Land Berlin zur Einführung genereller Pfändungsschutzkonten läuft auf eine absolute Verpflichtung des Berliner Bankinstituts hinaus. Das bedeutet, dass die Berliner Sparkasse bei jedem Eröffnungsantrag eines x-beliebigen Kunden einem Vertragsabschlusszwang unterläge. Dem können wir nicht zustimmen.
Auch die Hinweise in Ihrer Begründung des Antrags und gerade der Hinweis auf die Empfehlung des zentralen Kreditausschusses der Kreditwirtschaft vermögen in keiner Weise zu überzeugen. Hier geht es um ein Pfändungsschutzkonto, jedenfalls nach dem Antrag der Piraten, das sogenannte P-Konto.
Wie ist die Lage dazu? – Seit der Gesetzesreform von 2010 kann ein Girokonto in Berlin in ein P-Konto umgewandelt werden. Aber die Berliner Sparkasse der Landesbank Berlin ist bereits seit 1995 – und das hat der Vorredner eben auch erwähnt – eine Selbstverpflichtung eingegangen, eine Selbstverpflichtung, die justizfest und öffentlich gemacht worden ist, wonach sie sich nämlich zur Führung von Girokonten – und damit ist auch der Änderungsantrag gemeint – auf Guthabenbasis festgelegt hat. Nur bei sogenannten strafrechtlichen Implementierungen wird ein solches Konto abgelehnt.
Es ist mithin in Berlin jedem Bürger und jeder Bürgerin möglich, bei der Berliner Sparkasse ein Girokonto zu eröffnen. Die inzwischen erheblich gestiegenen Zahlen, die hier bisher gar nicht eingeführt worden sind, von ca. 20 000 im Jahr 2004 gestiegen auf über 70 000 im Jahr 2013 belegen, dass diese Selbstverpflichtung der Berliner Sparkasse von den Bürgerinnen und Bürgern der Stadt angenommen worden ist. Die Berliner Sparkasse verfährt bei der Einrichtung eines Girokontos in der Weise, dass das jeweilige Konto als sogenanntes P-Konto gekennzeichnet wird, und dies unentgeltlich. Es ist jederzeit möglich, in dieser Stadt bei der Berliner Sparkasse ein Girokonto zu eröffnen und es dann als sogenanntes P-Konto zu nutzen. Da dies also bereits Realität ist, wird von unserer Seite kein Erfordernis für eine Gesetzesinitiative, die Sie ja wollen, gesehen.
Wir sind jedoch bereit, an anderer Stelle den Intentionen dieser Antragsbegründung entgegenzukommen, und ich knüpfe insoweit an die Ausführungen von Frau Köhne an. Es gibt die Empfehlung der EU-Kommission, für alle europäischen Bürger ein sogenanntes Basiskonto zu schaffen. Dies geht jedoch nicht allein für Berlin oder für ein einzelnes Bundesland, sondern ist auf nationaler und auf europäische Ebene zu verwirklichen. Wir werden dazu eine Initiative starten. – Danke sehr!
Vielen Dank! – Für die Linksfraktion hat jetzt das Wort der Abgeordnete Herr Dr. Lederer. – Bitte sehr!
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bei Frau Köhne hatte ich gerade ein Dejà-vuErlebnis: Sozialdemokratische Eigenverantwortlichkeit in Berlin ist ganz, ganz wunderbar! Wir legen hier im Parlament einen Antrag zur Begrenzung der Dispokreditzinsen vor. Was sagen die Sozialdemokraten, Frau Köhne, im Ausschuss? – Das regelt der Markt.
Kurze Zeit später finde ich einen Antrag der SPDBundestagsfraktion in meinem Fach: Deckelung der Dispokreditzinsen durch Gesetz. Und heute erklärt der Problem-Peer Steinbrück in der Öffentlichkeit, er wird sich jetzt ganz doll dafür stark machen, dass die gesetzliche Begrenzung von Dispokreditzinsen erfolgt.
Wissen Sie, Frau Köhne, Verantwortung immer da anmahnen, wo man sie selbst nicht hat, das ist zu billig.
Statt zu sagen, die anderen sind zuständig, wäre es mal Zeit für einen Aufstand der Zuständigen in dieser Koalition.
Herr Jupe! Alles schön und gut, nur war es alles so ein bisschen widersprüchlich: Erst zu erklären, warum so eine gesetzliche Regelung die Sparkasse vor unlösbare Widersprüche stellt, um danach festzustellen, dass es gänzlich unnötig sei, weil die Sparkasse ja eine Selbstverpflichtungserklärung eingegangen ist, das passt nicht zusammen. Das ist widersinnig. Das ist absolut widersinnig.
Wir haben ja den Antrag der Piratenfraktion im Rechtsausschuss tatsächlich intensiv diskutiert. Meine Fraktion hat sich seinerzeit enthalten, weil wir es einerseits zwar richtig finden, eine Kontodienstleistungsversorgung für alle Bürgerinnen und Bürger einzuführen – das ist die klassische Daseinsvorsorge. Dazu hat sich Frau Köhne ja auch bekannt, allerdings konsequenzlos –, andererseits das Problem aber nicht ausschließlich auf die PKonten konzentrieren wollten.
Jetzt haben wir im Rechtsausschuss schon darüber diskutiert, in welche Richtung es gehen müsste. Da kam dann seinerzeit schon von den Grünen, von uns, auch von Seiten der Piraten die Anregung, man könnte ja tatsächlich in die Richtung gehen, das Berliner Sparkassengesetz zu ändern, das so zu machen, wie es jetzt im Änderungsantrag der Grünen und von Herrn Dr. Altug hier vorgelegt worden ist. Ich habe seinerzeit auch schon gesagt: Ja, klar, das ist der richtige Weg. Ich finde es vernünftig, in diesem Sinne zu verfahren, und unsere Fraktion würde das dann auch unterstützen.
Liebe Frau Köhne! Natürlich meine ich, dass die Versorgung der Bevölkerung mit Konten und auch mit PKontendienstleistungen bundes- oder sogar europaweit unterschiedslos für alle Kreditinstitute geregelt werden müsste. Na klar! Aber so lange das nicht so ist, so lange es keinen allgemeinen Kontrahierungszwang für Kontodienstleistungen auf bundes- oder europäischer Ebene gibt, haben eben die öffentlich-rechtlichen Kreditinstitute eine besondere Verantwortung. Dafür haben wir sie doch!
Ich verstehe nicht, warum die SPD sich in Berlin gegen etwas wehrt, was in jedem anderen sozialdemokratisch geführten Bundesland oder in jeder anderen sozialdemokratisch geführten Kreissparkasse gang und gäbe ist, nämlich ein Rechtsanspruch, dass jede Bürgerin und jeder Bürger dort ein Konto einrichten kann. Ihre sozialdemokratischen Werte sind ganz schön dünnluftig.
Insofern unterstützen wir den Antrag zur Änderung des Ursprungsantrags, den die Grünen hier vorgelegt haben. Ich freue mich, dass die Piraten das genauso sehen. Da die Sparkasse in Berlin, also die Landesbank, eine Selbstverpflichtungserklärung eingegangen ist, dürfte es eigentlich überhaupt kein Problem geben. Ich frage mich, worum wir hier eigentlich überhaupt streiten. An der Stelle frage ich noch einmal – Herr Kollege Goiny hat vorhin erklärt, dass die Koalitionsabgeordneten, die gerade mal wieder nicht so zahlreich da sind, viel zu viel zu tun haben, als sich um Politik in diesem Abgeordnetenhaus kümmern zu können –,
warum Sie es bis heute nicht geschafft haben, Ihren vollmündig angekündigten Antrag hier auf den Tisch zu legen. Das erklären Sie mal der Welt. – Danke!
Wir kommen nun zu den Abstimmungen. Zunächst lasse ich über den Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Drucksache 17/0231-1, abstimmen. Wer dem Änderungsantrag zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen, die Linksfraktion und die Piratenfraktion. Gegenstimmen?
Darf ich noch einmal kurz nach den Gegenstimmen fragen? – Ich sehe keine Gegenstimmen. Gibt es Enthaltungen? – Es enthalten sich die SPD-Fraktion, die CDUFraktion und so weit ich sehe der fraktionslose Abgeordnete. Damit ist der Änderungsantrag angenommen.
Zum Gesetzesantrag Drucksache 17/0231 empfiehlt der Rechtsausschuss mehrheitlich gegen Piraten bei Enthaltung der Linksfraktion und der Hautpausschuss mehrheitlich gegen Piraten bei Enthaltung Grüne und Linke die Ablehnung. Wer dem Antrag dennoch in der soeben geänderten Fassung zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen, die Linksfraktion und die Piratenfraktion. Gegenstimmen? – Das ist die Fraktion der SPD und die CDU-Fraktion damit ist das abgelehnt.