Protokoll der Sitzung vom 31.01.2013

Die Diskrepanz zwischen dem, was die SPD sagt, und dem, was sie wirklich tut, ist so groß wie das Tempelhofer Feld.

[Zuruf von Dr. Manuel Heide (CDU)]

Die Mieterinnen und Mieter haben es aber verdient, dass ihre Landesregierung alles dafür tut, den rechtsfreien Raum der Neuvertragsmieten zu beenden. Oder sollen die Leute weiterhin Mietsprünge von 30 bis 40 Prozent hinnehmen? Wollen Sie das den Leuten wirklich zumuten?

Wir Grünen wollen die zunehmende Spaltung der Stadt in Arm und Reich aufhalten. Wir kämpfen für bezahlbaren Wohnraum. Und im Gegensatz zu diesem Senat stehen wir zu unseren grünen Forderungen morgen im Bundesrat. – Vielen Dank!

[Beifall bei den GRÜNEN und den PIRATEN]

Vielen Dank, Frau Schmidberger! – Für die SPDFraktion hat jetzt die Abgeordnete Frau Spranger das Wort. – Bitte sehr!

[Zuruf von den GRÜNEN: Warum redet denn nicht Herr Saleh? – Sven Kohlmeier (SPD): Weil Frau Spranger dafür zuständig ist! – Zuruf von den GRÜNEN: Er muss demonstrieren gehen! Iris Spranger (SPD): Verehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ganz einfach: weil ich dafür zuständig bin. Ich würde mir das Thema auch nicht nehmen lassen. Herzlichen Dank! [Beifall bei der SPD]

Frau Schmidberger! Warum geht ein SPD-Landesvorsitzender demonstrieren? – Ganz einfach: weil das ganz klar die Meinung der SPD ist. Wir treten für Mieterinnen und Mieter ein. Aber Sie waren eben schon lange nicht mehr in einer Regierung, deshalb tun Sie so, als ob der Wille der SPD nicht zum Ausdruck käme.

[Zurufe von den GRÜNEN]

Sowohl zum Antrag „Nein zum unsozialen Mietrechtsänderungsgesetz“ als auch zum Antrag „Mietrechtsänderungen der Länder unterstützen – Vermittlungsausschuss im Bundesrat anrufen“ noch mal ganz klar: Das sind genau die Anträge, die wir als SPD uneingeschränkt unterstützen könnten – haben Sie zugehört, Frau Schmidberger? –,

[Katrin Schmidberger (GRÜNE): Ich höre immer zu!]

und das sind auch die Inhalte, die die SPD vertritt. Sie haben völlig richtig gesagt, unser Kanzlerkandidat sagt es. Aber es ist nun einmal so – und das habe ich an dieser Stelle schon mehrfach gesagt –: Mitrecht ist Bundesrecht.

[Zuruf von Stefanie Remlinger (GRÜNE)]

Selbstverständlich erwarten wir vom Bund ein Mietrechtsänderungsgesetz, das nicht so ist wie das am 13. Dezember vom Bundestag beschlossene. Denn es ist nicht sozial ausgewogen. Wir hätten uns gewünscht, dass das genau für uns, für Berlin, für die Stadtstaaten, für die Ballungsgebiete und natürlich auch für die großen Städte anders gemacht wird. Aber in einer Regierung ist es nun mal so: Wenn wir zwei unterschiedliche Parteien haben – und die SPD und die CDU ist eine unterschiedliche Partei

[Zurufe: Sind!]

mit unterschiedlichen Inhalten –, dann haben wir uns – auch unter Rot-Rot, auch das haben Sie immer kritisiert –

selbstverständlich zu enthalten. Sie können es ja anders machen, Frau Schmidberger, wenn Sie dann in der Bundesregierung sind.

[Zurufe von den GRÜNEN]

Das Land Berlin hat – auch das möchte ich noch mal erwähnen – in den Ausschüssen Städtebau, Wohnungswesen und Raumordnung Anträge gestellt, natürlich mit den Zielsetzungen, Mieterhöhungen von bis zu 20 Prozent innerhalb von drei Jahren nicht zuzulassen, sondern diese innerhalb von vier Jahren auf bis zu 15 Prozent zu begrenzen – die sogenannte Kappungsgrenze –, das Gesetz dahin gehend zu überarbeiten, dass die Mieterhöhungen bei Wiedervermietung auf maximal 10 Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete begrenzt werden, soweit die Wohnungen bereits mehr als zehn Jahre dem Wohnungsmarkt zur Verfügung stehen, und natürlich die in § 559 – auch hier wieder BGB, das betrifft alles den Bund – vorgesehene Mieterhöhung bei Modernisierung von 11 auf 9 Prozent zu senken. Wir wollen, dass wir das in Berlin auch so haben. Es ist aber Bundesrecht. Wenn wir eine neue Bundesregierung haben – ich hoffe sehr, dass es Rot-Grün wird –, werden wir das selbstverständlich in Angriff nehmen und ein anderes Mietrecht schaffen.

[Zuruf von Michael Schäfer (GRÜNE)]

Wir haben hier in Berlin, wenn Sie sich die Punkte anschauen, genau dieses Bündnis mit den Wohnungsbaugesellschaften geschlossen. Insofern können Sie der SPD nicht vorwerfen, dass sie keine Mieterpartei ist. Und Wahlbetrug machen wir auch nicht. Wir sprechen hier von der Landesregierung und nicht von der Bundesregierung. – Danke schön!

[Beifall bei der SPD – Zuruf von den GRÜNEN: Ganz großen Stuss erzählen Sie hier!]

Vielen Dank, Frau Spranger! – Das Wort zu einer Kurzintervention hat die Abgeordnete Frau Schmidberger. – Bitte sehr!

Liebe Frau Spranger! Noch mal: Alle rot-grün regierten Landesregierungen stimmen morgen im Bundesrat dem Vermittlungsausschuss zu.

[Zurufe von der SPD]

Und Sie als Berliner verhindern morgen eine erfolgreiche Anrufung des Vermittlungsausschusses. Sie machen sich morgen mitschuldig, wenn wir keine Verbesserung im Mietrecht bekommen. So!

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Beifall von Gerwald Claus-Brunner (PIRATEN)]

Und um noch mal auf Herr Stöß zu kommen, ja: Ich habe mir seine Antrittsrede angehört. Er ist dafür angetreten, sozialdemokratische Politik umzusetzen, für die Landesregierung und nicht im Bund. Und es tut mir echt leid, aber wenn der Mann morgen demonstrieren geht, das ist doch nichts mehr als ein Eingeständnis seines Scheiterns.

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN – Beifall von Wolfram Prieß (PIRATEN)]

Bitte erzählen Sie uns nicht jedes Mal, wie erfolgreich das Mietenbündnis ist! Sie wissen haargenau, das betrifft nur die landeseigenen Wohnungen. Das sind 15 Prozent des Wohnungsmarkts. Das reicht den anderen 85 Prozent nicht. So! Ich kann Ihnen nur sagen: Der Lack der Mieterschutzpartei bei der SPD ist wirklich bald ab. Das glaubt Ihnen da draußen langsam keiner mehr.

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN – Beifall von Gerwald Claus-Brunner (PIRATEN) – Zuruf von der SPD]

Es reicht nicht, wenn man immer nur auf den Bund verweist, aber als Landesregierung ständig versagt. Es reicht einfach nicht. Und deswegen: Sie konnten uns hier immer noch nicht erklären – und es reicht auch nicht zu sagen, wir stimmen nur nicht zu, weil alle rot-schwarzen bzw. schwarz-roten Landesregierungen sich immer enthalten, ja, das reicht nicht, das reicht den Mieterinnen und Mietern da draußen nicht. Davon kann sich keiner was kaufen.

[Beifall bei den GRÜNEN]

Vielen Dank! – Sie möchten antworten? – Bitte schön!

Ich meine, ich habe Sie ja nun schon kennengelernt, dass Sie ab und zu mal populistisch sind. Das merke ich auch immer im Ausschuss.

[Özcan Mutlu (GRÜNE): Bleiben Sie mal sachlich!]

Sie verstehen es einfach nicht. Noch mal sehr klar: Die SPD würde diesen Anträgen zustimmen.

[Zurufe von den GRÜNEN]

Die CDU stimmt diesen Anträgen nicht zu. Also wird daraus eine Enthaltung. Das ist nun mal Brauch in Regierungen. Das haben Sie als grüne Landesregierung auch schon gemacht. Auch rot-grüne Landesregierungen enthalten sich bei dem einen oder anderen Punkt, wenn sie sich inhaltlich nicht einig sind.

[Beifall von Daniel Buchholz (SPD) – Zurufe von den GRÜNEN]

Und da, Frau Schmidberger, lasse ich Sie nicht raus. Solange man in keiner Koalition ist, kann man wunderbar danach rufen und das alles an Aussagen hier so hinstellen, wie Sie das machen.

[Zurufe von den GRÜNEN]

Die SPD hätte befürwortet, und die CDU macht es nicht. Also wird sich das Land Berlin enthalten müssen, denn anders als Sie vermuten, werden wir daraus keine Koalitionskrise machen. Den Gefallen werden wir Ihnen nicht tun. – Danke schön!

[Beifall bei der SPD und der CDU – Zurufe von den GRÜNEN]

Vielen Dank, Frau Spranger! – Für die Linksfraktion hat jetzt das Wort der Abgeordnete Herr Doering. – Bitte sehr!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir haben es gestern über die Medien und heute im Rahmen der Fragestunde erfahren müssen, dass das Land Berlin morgen im Bundesrat das Mietrechtsänderungsgesetz nicht stoppen und die Anrufung des Vermittlungsausschusses nicht unterstützen wird. Das ist ein Armutszeugnis des Regierungshandelns in der Mieterstadt Berlin.

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN]

Das sogenannte Mietrechtsänderungsgesetz der Bundesregierung ist in Wirklichkeit ein Mietrechtsverschlechterungsgesetz. Die Linksfraktion fordert den Senat deshalb eindringlich auf, im Bundesrat der Anrufung des Vermittlungsausschusses zuzustimmen. Der Vermittlungsausschuss soll angerufen werden, um das Gesetz im Sinne eines besseren Interessenausgleichs zwischen Vermietern und Mietern zu verändern. Eine Enthaltung im Bundesrat ist nichts und wirkt, wie Frau Schmidberger es beschrieben hat, wie eine Ablehnung. Die Mieterstadt Berlin kann nicht am Rande stehen, wenn andere Bundesländer den Vermittlungsausschuss anrufen wollen.

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei den PIRATEN]

Die SPD hat in der Vergangenheit – und Frau Spranger gerade auch wieder – immer gerne darauf hingewiesen, dass Mietfragen Bundesrecht sind und das Land Berlin nicht viel machen kann. Nun gibt es einen konkreten Vorschlag im Bundesrat, der eins zu eins den mietenpolitischen Positionen der SPD entspricht. Und nun? Ich möchte die SPD daran erinnern, dass Rot-Rot bereits 2010 eine Bundesratsinitiative gestartet hat, die wesentliche Elemente von dem enthält, was jetzt im Bundesrat zur Abstimmung steht. Ich möchte die derzeitige rotschwarze Koalition daran erinnern, dass sie die rot-rote Bundesratsinitiative zur Begrenzung der schnell anstei

genden Mieten übernommen haben. Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie Herr Brauner zu Anfang dieser Wahlperiode auf die Koalitionsvereinbarung verwies, in der viele Punkte aus der vergangenen Legislaturperiode – gemeint war die rot-rote Bundesratsinitiative – erneut detailliert aufgegriffen worden seien. Und jetzt, wo die Forderungen aus Berlin endlich im Bundesrat zur Abstimmung stehen, wollen Sie gegen Ihre eigenen Forderungen stimmen.