schaft, die in Berlin keine Perspektive mehr für sich und ihr Schaffen sehen. Offensichtlich schwappen die Streitereien der Regierung, der Regierungskoalition, auf andere Bereiche des öffentlichen Lebens über – sehr zum Schaden für unsere Stadt. Gut kann man das nicht finden.
Vieles davon kam wahrlich nicht über Nacht, vieles davon hat eine Vorgeschichte und ist überhaupt kein Zufall. Offensichtlich geraten inzwischen auch die Landesunternehmen zwischen die unübersichtlichen Fronten der rotschwarzen Streitereien und Machtkämpfe.
Wo könnte man das besser sehen als in der Liegenschaftspolitik? Vor Jahren bereits hat das Berliner Abgeordnetenhaus beschlossen, dass eine neue Liegenschaftspolitik, die sich nicht allein am Verkaufswert von Grundstücken bemessen soll, auf den Weg gebracht werden soll. Doch die Koalitionsfraktionen und der Senat waren bislang nicht in der Lage, sich zu einigen, wie das genau ausgestaltet werden soll. Der Finanzsenator signalisierte erst mal Offenheit für eine neue Liegenschaftspolitik. Als allerdings der Chef des Liegenschaftsfonds auch dementsprechend handelte, wurde er vom Finanzsenator öffentlich zurechtgewiesen und zurückgepfiffen.
Ähnlich in der Sache Holzmarktstraße: Der Finanzsenator zeigte mit dem Finger auf die BSR, der das Grundstück ja gehörte, und sagte, diese müsse handeln. Ohne eine gesetzliche Grundlage allerdings, die Sie nicht geschaffen haben, oder zumindest eine Anweisung des Eigentümers, also des Finanzsenators, konnte die BSR aber gar nicht handeln. Wieder wurde ein Landesunternehmen durch Ihre Machtstreitereien öffentlich im Regen stehengelassen.
Der Zoff um die Ausrichtung der Liegenschaftspolitik steigerte sich dermaßen, dass die Koalitionsfraktionen irgendwann alle Liegenschaftsverkäufe auf Eis legten. Nun kündigt der Chef des Liegenschaftsfonds seinen Rückzug an. Kein Wunder! – kann man dazu nur sagen. Nach all dem Gezerre hat die Koalition es tatsächlich geschafft, dass nicht einmal der Chef des Liegenschaftsfonds weiß, wie das Land Berlin seine Liegenschaftspolitik eigentlich gestalten will.
Ähnlich auch in der Kulturpolitik: Vladimir Malakhov wurde 2002 als Weltstar nach Berlin geholt und hat auch tatsächlich Großes geleistet in der Zusammenführung der Ensembles. Als Dank dafür wurde ihm zuerst das Tanzen verboten und eine Weiterführung seiner Arbeit nach Gutsherrenmanier beendet. Wie er der Onlineausgabe der Zeitung „Die Welt“ sagte – ich zitiere –:
Und plötzlich kam der Berliner Kulturstaatssekretär André Schmitz und sagte, er will mich nur noch, wenn ich nicht mehr tanze.
Irgendwann wollte er dann gar nicht mehr. Über diese Art des Umgangs bin ich schockiert. Sie amüsieren sich darüber Herr, Schneider!
[Torsten Schneider (SPD): Weil das peinlich ist, was Sie erzählen! – Oliver Friederici (CDU): Ist das eine Originalrede?]
Ebenfalls keine Perspektive mehr für sich und ihre Arbeit sieht Sasha Waltz hier in der Stadt. Kultursenator Klaus Wowereit gibt der international erfolgreichen zeitgenössischen Choreografin und ihrer Tanzcompagnie weder einen Platz in Berlin, nicht mal mehr einen Gesprächstermin hatte er für sie noch übrig. Angeblich sei kein Geld da. Das kann wirklich nur noch wie Hohn klingen angesichts der Summen, die für Lieblingsprojekte oder unternehmerisches Versagen – immer häufiger fällt das ja zusammen beim Regierenden Bürgermeister – in dieser Stadt ausgegeben werden.
Es kommt nicht darauf an, ob Sie ein Fan des Tanzes... sind. Der Kultursenator muss nur erkennen (und... sollte danach handeln), welch eminente kulturelle Bedeutung die Truppe von Sasha Waltz für Berlin hat.
Hier geht es wahrlich nicht darum, wen Sie mögen und wen nicht. Ihr Umgang mit denjenigen, die was für unsere Stadt schaffen, ist schwer erträglich. Sie sind angehalten, zum Wohle der Stadt zu handeln und nicht nach persönlichen Sympathien bzw. sich von persönlichen Abneigungen leiten zu lassen. Es drängt sich fast der Verdacht auf, dass dieser Senat Menschen mit Profil fürchtet, wahrscheinlich weil er selber so profillos ist.
Und die Geschichte geht ja weiter, an anderer Stelle. Man überwirft sich mit Leuten, gegen die es objektiv erst mal „nix zu meckern“ gibt – sagt man in Berlin. Wie im letzten Fall, der Wellen schlug: dem Rücktritt von Joachim Bovelet von der Spitze von Vivantes. Und er ist ja nicht alleine gegangen, bei Vivantes wurde in der letzten Zeit der gesamte Vorstand ausgetauscht. Warum eigentlich, fragt man sich. Vivantes wurde in den letzten Jahren – genauso wie die Charité – von den Vorständen aus den roten Zahlen geholt. Es ist wahrlich ein Verdienst dieser Vorstände, dass beide Krankenhauskonzerne, was ja nicht gerade häufig ist in der Republik, inzwischen schwarze Zahlen schreiben. Doch der Finanzsenator geht mit diesen Vorständen um wie mit den subalternen Filialleitern irgendwelcher Fischbrathallen – oder auch Currywurstbuden von mir aus.
Die verdienten Manager verzweifeln inzwischen an der Planlosigkeit und Konzeptionslosigkeit der Politik. Auch hier hat man das Gefühl, dass jahrelanges Gezerre um Krankenhausinvestitionen, die Geschichte um das Benjamin-Franklin, die noch nicht ausgestanden ist usw., hier wieder belastend sind. Die Fragen der Krankenhausinvestitionen sind noch offen, die haben Sie ja auf Ihrer Senatsklausur nicht gelöst – wie viele andere Fragen auch nicht. Es drängt sich schon der Verdacht auf, dass diejenigen, die was geleistet haben und nun berechtigt Forderungen erheben könnten, jetzt bitte bloß nicht mehr zugegen sein sollen und keine Forderungen mehr stellen sollen. So also hat man Rot-Schwarz zu verstehen: Die roten Zahlen sitzen im roten Rathaus, und diejenigen, die schwarze Zahlen schreiben, müssen gehen.
Heute noch feiern wir steigende Touristenzahlen. Damit unsere Stadt aber auch in Zukunft attraktiv bleibt, braucht es eine andere Politik und einen anderen Umgang mit denjenigen, die hier in der Stadt auch was leisten!
Vielen Dank! – Für die Fraktion Die Linke hat jetzt der Kollege Dr. Albers das Wort. – Bitte schön, Herr Kollege!
Vielen Dank! – Herr Präsident! Meine Damen, meine Herren! Ihnen ist gerade einer der renommierten Krankenhausmanager dieser Republik abhandengekommen – um daran anzuschließen. Und der ist Ihnen nicht etwa von der Fahne gegangen, weil er anderswo ein lukrativeres Angebot hätte, der hat Ihnen die Brocken hingeschmissen, weil er schlicht und einfach – mit Verlaub – die Schnauze voll hatte. Seit 2007 im Amt, hatte er es auch unter Rot-Rot sicher nicht immer ganz einfach, aber 14 Monate Rot-Schwarz, die haben ihm nun offenbar endgültig den Rest gegeben. Das ist eine schallende Ohrfeige für Ihre Krankenhauspolitik!
Und natürlich ist das auch für Sie von hoher Aktualität: ohne Geld, ohne Geschäftsführer und letztlich auch ohne Konzept für das größte kommunale Krankenhausunternehmen dieses Landes – noch ein Problem mehr an der Backe! Da reicht Ihnen jemand die Quittung rüber für Ihre gesundheitspolitische Zechprellerei: bestellen, aber nicht bezahlen, und dann auch noch ständig reinquatschen.
Nun gut, stattdessen wollen wir heute über Pferdefleisch reden. Der Gaul ist Ihnen gerade zur rechten Zeit in die Lasagne geritten, nicht wahr? Ich wette darauf, während
Sie hier auf Ihrem Pferdefleisch rumkauen, werden Ihre getreuen Knappen gleich wieder scharenweise, wie zur großen Hofpause, Reißaus nehmen vor Ihrer eigenen Aktualität.
Aber was hätten Sie zu dem Rücktritt Bovelets hier auch sagen wollen? Herr Ludewig! Herr Isenberg! Herr Isenberg schweigt betreten, Herr Ludewig schweigt sowieso. Der Gesundheitssenator spielt derweil am kleinen Katzentisch des Senats „Nichts hören, nichts sagen, nichts sehen!“ und verschluckt dabei heimlich die rausgerissene Seite 66 seines CDU-Wahlprogramms.
Die Berliner CDU hat als einzige Partei ein langfristiges und ausfinanziertes Programm vorgelegt, das Charité und Vivantes endlich die notwendigen Investitionen … sowie Planungssicherheit ermöglicht.
Und der Finanzsenator auf seinem Ritt – Tabula rasa – durch die öffentlichen Unternehmen schnitzt eine Kerbe mehr in seinen Colt, summt dabei leise das verpönte Lied von den zehn kleinen Negerlein und lacht sich ins Fäustchen. Bei welcher Strophe sind wir da eigentlich angelangt? Ihr Schweigen ist nur die Erscheinungsform Ihrer Ratlosigkeit und sagt mehr, als es jede Ihrer Stellungnahmen könnte, waren Sie doch immer voll des Lobes, wenn es um Vivantes ging. Hier geht ja keiner, der missgewirtschaftet hat oder ein kommunales Unternehmen an die Wand gefahren hätte, sondern jemand, unter dessen Führung es gelungen ist, unter schwierigen Ausgangsbedingungen ein kommunales Krankenhausunternehmen zu konsolidieren und in die schwarzen Zahlen zu bringen – bundesweit beispielhaft! Und das, obwohl das Land seinen finanziellen Verpflichtungen gegenüber den Krankenhäusern in dieser Stadt schon seit Mitte der Neunzigerjahre nicht mehr nachkommt.
Es wäre klug gewesen, sich hier heute dazu zu erklären, auch für die 14 000 Beschäftigten bei Vivantes, die seit Jahren auf Teile ihres Gehaltes verzichten, mit ihrem Engagement ganz wesentlich zu der Konsolidierung des Unternehmens beigetragen haben und den Weg dieser Geschäftsführung – bei aller notwendigen Kritik – immer mitgegangen sind. Für diese Beschäftigten schaffen Sie – auch durch Ihr Schweigen hier – neue Unsicherheiten, denn die erinnern sich sehr wohl an Ihre letzte große Koalition, die kurz davor stand, die kommunalen Krankenhäuser zu verscherbeln. Deshalb hätten wir heute gern etwas von Ihnen gehört.
Wie ernst nehmen Sie denn in diesem Zusammenhang Ihren eigenen Koalitionsvertrag? Immerhin elf Zeilen inklusive Überschrift umfasst darin der Abschnitt „Das Land als Eigentümer von Charité und Vivantes“ auf Seite 85. Schon mal gelesen?
Vivantes ist das größte kommunale und erfolgreiche Krankenhausunternehmen in Deutschland und leistet einen erheblichen Beitrag zur Gesundheitsversorgung Berlins. Die Koalition bekennt sich zu seiner
da steht wirklich „seiner“, die Stelle hat offenbar nie jemand gegengelesen, was auch etwas über den politischen Stellenwert dieses Abschnittes sagt –
Auf dieses Bekenntnis zur Zukunft unseres öffentlichen Berliner Krankenhausunternehmens warten wir dann heute hier wohl umsonst. Fällt Ihnen da keine Parallele auf? – Vielleicht sollten wir in der Pferdefleischdebatte dann sozusagen unter Verbraucherschutzgesichtspunkten auch gleich Ihren Koalitionsvertrag mit abhandeln, denn geliefert wird auch da nicht, was draufsteht. – Vielen Dank!
Vielen Dank, Herr Präsident! – Sehr geehrten Damen und Herren! Die Piratenfraktion würde heute gerne über den Warnstreik an Berliner Schulen reden, die alle Abgeordneten mit schulpflichtigen Kindern oder auch über die Presse am Montag mitbekommen haben sollten. Es ist die Aufgabe des Landes Berlins, einen geordneten, zuverlässigen und wertvollen Schulbetrieb sicherzustellen. Punkt erst mal!
Das Land Berlin versucht dies derzeit über verbeamtete Lehrer auf der einen Seite und angestellte Lehrer auf der anderen Seite. Das klappt mehr oder weniger gut, darüber unterhalten wir uns immer im Bildungsausschuss. Jetzt haben wir die angestellten Lehrer, die gerade auf der Straße sind und für einen gerechteren Lohn kämpfen. Als Mitglieder in der Gewerkschaft ist das auch ihr gutes Recht, und davon haben sogar 5 000 Gebrauch gemacht. Das ist mehr, als man an der Stelle erwartet hat. In der Presse konnte man lesen, dass der Herr Wowereit im Haushalt 2014/2015 den angestellten Lehrern was angeboten hat – ich frage mich, wie er das anbieten kann. Weil die Koalition aus SPD und CDU noch die Mehrheit hat in diesem Haus und irgendwie darüber entscheiden muss an der Stelle? – Mal sehen, was sie dann machen
wird. Auch die Ansage, die Sie getroffen haben, 2017 werde es ein bundeseinheitliches Niveau geben – die angestellten Lehrer hören das wahrscheinlich in der letzten Zeit zum ersten Mal neu, aber die verbeamteten Lehrer können davon schon ein Liedchen singen, die haben das schon ein paar Jahre länger gehört.
Berlin ist Mitglied der Tarifgemeinschaft der Länder und hat damit gegenüber den angestellten Lehrern auch eine gewisse Verantwortung. Ohne in die Tarifautonomie einzugreifen, kann das Land Berlin trotzdem die Weichen für gleichberechtigte Verhandlungen stellen. Die Landeselternsprecherin hat das z. B. schon getan. Die hat nämlich verkündet, dass die Mehrzahl der Eltern den Protestierenden den Rücken gestärkt und gesagt hat, sie finden das in Ordnung, wenn die Leute für ihr Recht eintreten.
Auch wenn die Koalition heute hier über Pferdefleisch reden will – was nebenbei echt lecker ist, bei uns in Lichtenberg kann man das auch auf dem Wochenmarkt kaufen, nur als Information! –, dann können Sie sich am 8. März noch mal mit allen Lehrern unterhalten, weil die dann hier ganz in der Nähe sind, am Potsdamer Platz stehen die und werden dort protestieren. Am 8. März, das ist ein Freitag nach dem Plenum, da haben nur ich und der restliche Sportausschuss eine Ausschusssitzung. Dementsprechend haben die anderen alle frei und könnten dann da hingehen und sich mit den Lehrern unterhalten. – Vielen Dank!
Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich lasse nun abstimmen, und zwar zunächst über den Antrag der SPD. Wer diesem Thema zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Koalitionsfraktionen. Gegenstimmen? – Das sind Die Linke und die Piraten. Enthaltungen? – Bei den Grünen. Damit rufe ich dann das Thema „Pferdefleisch-Skandal – was unternimmt der Senat?“ für die Aktuelle Stunde unter dem Tagesordnungspunkt 3 auf. Die anderen Anträge für eine Aktuelle Stunde haben damit ihre Erledigung gefunden.
Ich mache Sie auf die Ihnen vorliegende Konsensliste sowie auf das Verzeichnis der Dringlichkeiten aufmerksam. Ich gehe davon aus, dass allen eingegangenen Vorgängen die dringliche Behandlung zugebilligt wird. Sollte dies im Einzelfall nicht Ihre Zustimmung finden, bitte ich um eine entsprechende Mitteilung.