Protokoll der Sitzung vom 07.03.2013

PIRATEN –

(Vizepräsident Andreas Gram)

über abstimmen lassen. Wer wünscht, dass die Senatorin Yzer hier anwesend ist, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Piraten, die Grünen und die Linkspartei. Wer ist dagegen? – Das ist der Abgeordnete Dregger.

[Beifall bei den Vereinzelter Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN]

Wer enthält sich? – Damit unterbreche ich die Sitzung für eine Minute. Ich bitte, dafür Sorge zu tragen, dass die Frau Senatorin Yzer in den Saal kommt. Herr Kollege Weiß! Sie dürfen hier vorn stehen bleiben. Die Zeit wird angehalten, die wird Ihnen nicht angerechnet.

[Kurze Unterbrechung]

Mir wird gerade signalisiert, dass die Frau Senatorin auf dem Weg hierher ist. Ich bitte also noch um eine kleine Unterbrechung, und dann kann Kollege Dr. Weiß mit seinem Vortrag fortfahren. – Ich weiß nicht, ob die Zwischenfrage schon beantwortet wurde. – [Zuruf: Ja, ist sie!] – Gut!

[Kurze Unterbrechung]

Willkommen, Frau Senatorin Yzer! Nehmen Sie bitte Platz!

[Beifall bei den PIRATEN]

Wir sind jetzt gerade im Vortrag des Kollegen Dr. Weiß, dem ich jetzt wieder das Wort erteile. – Sie können fortfahren.

Vielen Dank! – Vielen Dank auch für Ihr Erscheinen, Frau Yzer! Ich hoffe, Sie bleiben dann auch noch bis zur Rede des Kollegen Dregger, auch wenn er eben als einziger gegen Ihre Herbeizitierung gestimmt hat.

[Beifall bei den PIRATEN – Christopher Lauer (PIRATEN): Ein Skandal!]

Ich war in meiner Rede gerade bei Negativbeispielen, was Open Data angeht. Ein weiteres, das in letzter Zeit für einige Aufmerksamkeit gesorgt hat, ist das Datenportal des Bundes. Dort hat man vor Kurzem ein Rechtemodell für die Lizenzierung der Daten vorgelegt, das es nur konsequent erscheinen lässt, dass man gleich noch den Begriff „offen“ aus dem Portalnamen mit entfernt hat. Anstatt bewährter Standardlizenzen etwa aus dem Creative-Commons-Baukasten verwendet man dort eine Insellösung namens Datenlizenz Deutschland, was bei der Nachnutzung zu erheblicher Rechtsunsicherheit führt. Als Standard wird eine Lizenzvariante verwendet, die kommerzielle Nachnutzung verbietet, also eben nicht offen im Sinn der gängigen Definition ist. Hierzu muss man erwähnen: Solche Lizenzen verhindern nicht nur die schon angesprochene kommerzielle Verwertung, die auch ein positives Potenzial von Open Data ist, sie verhindern auch, dass Daten etwa von Projekten verwendet werden

können, die sie unter einer freieren Lizenz weiterverwenden. Als Beispiel sei einmal Wikipedia genannt.

Aus gutem Grund hat sich daher ein zivilgesellschaftliches Bündnis von der Open Knowledge Foundation über Wikimedia und Abgeordnetenwatch bis zum Chaos Computer Club gebildet, das unter dem Stichwort „notyour-govdata“ gegen diese Pläne Stellung bezieht. Die Forderung, offene Daten als Regel mit Einschränkung nur in begründeten Ausnahmefällen und offen im Sinne der gängigen Definitionen zu sehen, also keine unnötigen Einschränkungen etwa kommerzieller Nutzung, der Verzicht auf rechtliche Insellösungen und eine prioritäre Veröffentlichung besonders wertvoller Datensätze sind für Berlin ebenso wichtig.

Daher stellen wir hier diesen Antrag. Wir fordern den Senat ebenfalls auf, sich auch auf Bundesebene dafür einzusetzen, diese Prinzipien auch hier zu berücksichtigen. Wir halten das für einen wichtigen Schritt. Wir halten es für den Weg, der gegangen werden muss, jedenfalls dann, wenn die so oft beschworene Vorreiterrolle Berlins nicht dadurch erhalten werden soll, dass der Bund weiter zurückfällt. – Vielen Dank!

[Beifall bei den PIRATEN – Beifall von Thomas Birk (GRÜNE)]

Vielen Dank, Herr Kollege Dr. Weiß! – Für die Fraktion der SPD erteile ich jetzt das Wort dem Kollegen Kohlmeier. – Bitte sehr!

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir stellen fest: Berlin hat eine Plattform, auf der Daten und Datensätze der Verwaltung anderen Nutzern zugänglich gemacht werden. Dies finden Sie alles im Internet auf daten.berlin.de. Sie finden als Nutzer auf diesem Portal Ausschreibungen, das Straßenverzeichnis von Lichtenberg, Jugendeinrichtungen in MarzahnHellersdorf, Standorte von Altlastcontainern in Charlottenburg, eine Übersicht der Berliner Finanzämter, Arbeitslosenstatistik und Volksfeste. All diese beispielhaft genannten Daten stehen unter einer freien Lizenz, können also von dritten Personen frei genutzt werden.

Und was macht man mit solchen Datenangeboten? – Man kann sich entweder als Bürger selbst informieren, oder aber viel interessanter sind die Möglichkeiten, die sich durch Anwendungen oder sogenannte Apps für Smartphones ergeben, die die Daten nutzen und auswerten. Unternehmen nutzen diese Daten, um spannende, interessante, faktenreiche Apps zu programmieren.

Kollege Kohlmeier! Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Dr. Weiß?

Herr Dr. Weiß hat doch gerade gesprochen. Ich würde erst einmal weiterreden. Dass er schon eine Frage hat, wenn ich gerade erst begonnen habe, wundert mich eigentlich.

Und dann am Ende vielleicht?

Vielleicht am Ende, Herr Dr. Weiß, ja?

Einverstanden?

Dr. Weiß ist einverstanden, schön! – Einige Beispiele, die programmiert wurden und die Sie auf dieser einen Datenplattform finden: Sie finden die Wahlergebnisse von der „Berliner Morgenpost“ grafisch aufgearbeitet, Sie finden ein Ozonsonar, das aktuelle Ozonwerte anzeigt, Sie finden eine Fluglärmkarte der „taz“ oder eine Anwendung, die rollstuhlgerechte Orte in Berlin anzeigt. Berlin schafft mit diesem Portal ein Datenportal, welches besser als das Bundesdatenportal ist. Berlin schafft mit diesem Portal Kreativität und neue und vielfältige Nutzungsmöglichkeiten, und dies, liebe Kollegin und liebe Kollegen von den Piraten, nicht erst, weil Sie diesen Antrag eingebracht haben, sondern weil sich die rot-rote Koalition in der letzten Legislaturperiode entschieden hat, dieses Datenportal einzurichten, und weil der rot-schwarze Senat das Portal jetzt konsequent weiter ausbaut. Dieses Portal ist deshalb so gut, weil es Kreative und Unternehmen gibt, die die Daten des Portals nutzen und die Daten weiterveredeln. Dafür kann man den Unternehmen nur herzlichen Dank sagen.

Insofern geht Ihr Antrag von falschen Voraussetzungen aus, denn es werden ja bereits freie Daten unter einer freien Lizenz zur Verfügung gestellt. Ich habe mir die Mühe gemacht zu verstehen, was Sie mit dem Antrag wollen. Lieber Kollege Weiß! Wir hatten ja auch Kontakt dazu gehabt, damit Sie mir im Vorfeld schon erklären, was Sie meinen. Ich habe nämlich festgestellt, dass es eine Divergenz zwischen der Begründung und dem Antragstext gibt. In der Begründung schreiben Sie, das Open-Data-Portal des Landes Berlin sei schon sehr weit. Da stimme ich Ihnen selbstverständlich zu. Sie schreiben in der Begründung weiter, dass es ein öffentliches Interesse an freiem Zugang zu staatlichen Informationen gebe.

Auch da, lieber Kollege Weiß, stimme ich Ihnen selbstverständlich zu. Sie schreiben in der Begründung, dass freie Daten auch Wirtschaftsförderung seien. Auch da, lieber Kollege Weiß, muss ich Ihnen zustimmen. Ich frage mich nur, warum Sie es nicht in den Antragstext hineingeschrieben haben. Sie gehen von der falschen Voraussetzung aus, dass die Probleme beim Bundesportal auch in Berlin bestünden. Aber wie Sie selbst erkennen, ist dem nicht so. Berlin ist bei dem Datenportal Spitze.

Gestolpert bin ich bei Ihrem Antrag über einige Dinge: Sie wollen das Portal ausrichten auf die wertvollsten und nützlichsten Daten, die prioritär veröffentlicht und genutzt werden sollen. Ich frage mich zuerst, wie „wertvoll“ und „nützlich“ definiert wird. Aber viel mehr irritiert mich, wer entscheiden soll, welche Daten eigentlich wertvoll und nützlich sind. Gerade die Piratenpartei fordert doch immer wieder, dass es keine Priorisierung von Daten und keine Zensur durch eine Auswahl von Daten gibt.

Diese Koalition wird es garantiert nicht mitmachen, dass irgendjemand entscheidet, welche von den Daten dort prioritär, welche wertvoll und welche nützlich sind. Wir möchten, dass alle Daten in diesem Portal zur Verfügung stehen und der Nutzer oder die Unternehmen selbst darüber entscheiden können, ob die Daten für sie wertvoll sind oder nicht. Denn je nach Verwendung können für den Einzelnen Daten wertvoller oder weniger wertvoll sein. Wir werden den Nutzern garantiert nicht vorschreiben, welche Daten wertvoll sind und welche nicht. Wir wollen eine Offenheit des Portals bewahren.

Ich hätte mir gewünscht, dass Sie ehrlich zu uns und zu den Bürgern sind und uns sagen, was Sie eigentlich mit dem Antrag wollen. Meine Mutmaßung ist ja, dass Sie die Sorge haben, dass auf einmal zu viele Daten in dieses Datenportal eingestellt werden. Aber es ist doch gerade Aufgabe dieses Datenportals, möglichst viele Daten der Berliner Verwaltung dort unterzubringen und einzustellen. Und dann, liebe Kollegen, müssen Sie sich meines Erachtens entscheiden: Entweder will man alle Daten im Internet verfügbar haben, dann hat man tatsächlich das Risiko, dass es auch einmal unübersichtlich werden kann, oder man will nicht alle Daten im Internet verfügbar haben, wie Sie offenbar, dann verlieren Sie möglicherweise leicht den Überblick. Diese Koalition wird das Open-Data-Portal zu einem führenden Datenportal in Deutschland weiter ausbauen. – Herzlichen Dank!

[Beifall bei der SPD und der CDU]

Und ich habe noch fünf Sekunden, wenn die Zwischenfrage noch erlaubt wird.

Herr Kollege! Der Kollege Dr. Weiß hat sich gerade entschlossen, aus der Zwischenfrage eine Kurzinterven

(Vizepräsident Andreas Gram)

tion zu machen. – Dann bedanke ich mich erst einmal bei Ihnen und erteile jetzt dem Kollegen Dr. Weiß das Wort.

Erst einmal: Ich glaube eigentlich nicht, dass ich den Unterschied zwischen Priorisieren und Filtern erklären muss. Es ist auch nicht so, dass es irgendwie zur Entscheidung steht, ob es eine Priorität der Veröffentlichung gibt, die ergibt sich aus der Reihenfolge der Veröffentlichung.

[Torsten Schneider (SPD): Zensurfilter!]

Moment! – Wenn es so wäre, dass Sie sagen, nächste Woche ist das Open-Data-Portal voll mit allen Daten, die man veröffentlichen könnte, bin ich der Letzte, der irgendetwas dagegen sagt.

[Torsten Schneider (SPD): Immer noch Zensurfilter!]

Zweitens, zu der Frage, die ich eigentlich noch stellen wollte: Sie haben ja das Straßenverzeichnis von Lichtenberg erwähnt. Sie wissen auch, dass das, was Sie aufgezählt haben, gar nicht so sehr beispielhafte Aufzählungen waren, sondern einfach Beispiele, die da sind.

[Zuruf von Torsten Schneider (SPD)]

Das, was wir jetzt haben, ist kein Open-Data-Portal im Regelbetrieb – ich rede erst einmal! –,

[Torsten Schneider (SPD): Ja, ja! Ich höre!]

sondern sind Beispiele für Inhalte eines Open-Data-Portals. Sie finden darin das Straßenverzeichnis von Lichtenberg, Sie finden aber nicht das Straßenverzeichnis der elf anderen Bezirke. Das nur noch einmal zur Einordnung.

[Beifall bei den PIRATEN]

Danke schön! – Möchten Sie erwidern, Herr Kollege Kohlmeier? – Nein!

[Alexander Morlang (PIRATEN): Nichts zu sagen!]

Dann erteile ich jetzt dem Kollegen Gelbhaar für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort. – Bitte sehr!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Präsident! Ich möchte die Gelegenheit nutzen, um zum Anfang einen Gedanken zur Entwicklung von Open Data in der Bundesrepublik zu äußern. Ich finde, es ist nicht nachzuvollziehen, weshalb die Bundesregierung so viel Zurückhaltung an den Tag legt. Aus dem ursprünglichen Open-Data-Portal des Bundes ist jetzt govdata.de geworden, und dass das Wort „open“ dabei fehlt, ist kein Zufall, das ist Programm. Noch immer scheint der Bund für sich eines nicht geklärt zu haben: Sind durch Steuergelder finanzierte Datensätze