Protokoll der Sitzung vom 07.03.2013

[Beifall bei den PIRATEN]

Wir wollen es uns vor allem deshalb nicht gefallen lassen, weil wir in den anstehenden Haushaltsdebatten zum Haushalt 2014/2015 wieder über Geld reden werden, das in dieses Endlosprojekt Großflughafen hineingepumpt werden soll. Jeder Parlamentarier sollte sich dafür einsetzen, bei Zahlungen in dieser Größenordnung so gut wie möglich informiert zu sein.

Was der Antrag vorsieht, ist im Übrigen auch kein Hexenwerk. Wir wollen einen vierteljährlichen Bericht über den aktuellen Stand der Bauarbeiten und die damit verbundenen Kosten, über Rücklagen und Bürgschaften und über den Stand diverser Gerichtsverfahren und die Verhandlungen mit der EU. Das ist ganz einfach. Dass solch eine Art der regelmäßigen Berichterstattung möglich ist, hat der regelmäßige Quartalsbericht zum Risikoabschirmungsgesetz gezeigt. Es funktioniert also an dieser Stelle.

Außerdem weiß ich auch gar nicht, was gegen diesen Antrag sprechen könnte, denn es ist unsere Aufgabe, den Senat zu kontrollieren. Um mehr geht es bei diesem Punkt gar nicht. Deswegen bin ich jetzt auch gespannt, welche Scheinargumente, Versprechungen und Beschwichtigungen die Vertreter der Koalition wieder ins Feld führen werden.

[Torsten Schneider (SPD): Ich bin nur höflich!]

Als wir im Hauptausschuss darüber gesprochen haben, wurde geschwiegen. Wortlos, ohne Debatte, wurde der Antrag einfach vom Tisch gewischt. Dass im Hauptausschuss zu diesem Antrag kein einziges Wort von der Koalition kam, ist schon ein Armutszeugnis, auch, dass sie ihn jetzt vermutlich wieder ablehnen werden.

[Beifall bei den PIRATEN – Torsten Schneider (SPD): Heute!]

Die SPD und die CDU halten es anscheinend wieder für unnötig, das Haus eingehend über die Zustände beim BER zu informieren. Das Fass ohne Boden, das Herr Wowereit dort angerichtet hat, soll also nach dem Willen

der Koalition nach wie vor nicht unter parlamentarische Kontrolle kommen. Ich bin einmal so frei und unterstelle, dass Sie den Antrag bis zu diesem Zeitpunkt nicht einmal gelesen haben. Mit diesem Prinzip der drei Affen – das kennen Sie bestimmt: nichts sehen, nichts hören, nichts sagen ist ein wenig schwer zu zeigen – degradieren Sie das Parlament zu einem Abnickverein. Ich finde, dass es an dieser Stelle eine ganz schöne Frechheit ist.

[Lars Oberg (SPD): Die Frechheit ist Ihre Behauptung!]

Dass der Senat irgendwann über diese Dinge berichten muss, ist doch allen klar. Die Frage ist doch nur, wann wir diese Information bekommen. Es sollte doch unser Interesse sein, diese Informationen so schnell wie möglich zu erhalten.

[Beifall bei den PIRATEN]

Entweder macht dies der Untersuchungsausschuss. Da dauert es eine ganze Weile, bis dieser über die aktuellen Vorkommnisse berichten muss. Bei der EU-Kommission muss er noch mehr zeitnah berichten, weil die nächsten Verhandlungen mit der EU garantiert noch kommen werden, wenn wir hier über Gelder bestimmen. Über kurz oder lang wird man an diesem BER nichts mehr verschleiern können. Das werden auch SPD und CDU noch früh genug lernen. Wenn Sie wenigstens ein bisschen parlamentarischen Mut besitzen, stimmen Sie diesem Antrag jetzt zu. Um mehr als einen Kontrollantrag handelt es sich an dieser Stelle nicht. Dass man dem Senat an der Stelle nicht blind vertrauen kann, traue ich sogar Ihnen zu. – Danke schön!

[Beifall bei den PIRATEN]

Vielen Dank! – Für die SPD-Fraktion hat jetzt der Kollege Nolte das Wort. – Bitte schön!

[Torsten Schneider (SPD): Sei lieb zu ihm! Er ist ganz vernünftig!]

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Herberg! Es wird in der Tat so sein, dass wir Ihren Antrag hier heute ablehnen werden, genauso, wie wir es im Hauptausschuss getan haben. Wenn Sie den Wunsch haben, eine Begründung dafür zu hören, bekommen Sie diese natürlich.

Dazu möchte ich Ihnen zwei Punkte nennen. Zum einen schreiben Sie in der Begründung des Antrags – Sie haben es hier auch noch einmal wiederholt –, dass sich der Senat bei den von Ihnen geforderten Vierteljahresberichten zum Flughafen BER an den Vierteljahresberichten zur Risikoabschirmung für das Immobiliendienstleistungsgeschäft der Bankgesellschaft Berlin orientieren soll. Das ist dann auch die Grundlage, um beurteilen zu können, ob

Ihr Berichtswunsch sinnvoll ist. Wir müssen uns dazu einmal in Erinnerung rufen, wie es zu dem damaligen Berichtsauftrag kam. 2002 wurde von der SPD und den Linken eine Risikoabschirmung für das Immobiliendienstleistungsgeschäft der ehemaligen Bankgesellschaft Berlin in Höhe von maximal 21,6 Milliarden Euro beschlossen. Aber nicht nur das: 2002 wurde von den damaligen Regierungsfraktionen auch die BCIA eingerichtet, eine mit weitreichenden Kontroll- und Prüfungsrechten ausgestattete Landesgesellschaft. Das Parlament beschloss 2002 auch, sich regelmäßig über die Entwicklung der Risikoabschirmung und die Prüfungsergebnisse der BCIA berichten zu lassen. Das ist dann auch über zehn Jahre erfolgt.

Im letzten Jahr sind die verbliebenen Immobilien in die Berlinovo Immobiliengesellschaft übertragen worden. Die neue Gesellschaft wurde mit einer Landesbürgschaft von 3,8 Milliarden Euro ausgestattet. Die BCIA wird sukzessive aufgelöst. Folgerichtig sind auch die regelmäßigen Berichte eingestellt worden.

Herr Nolte! Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Herberg?

Nein. Lassen Sie mich die beiden Punkte erst einmal ausführen – nachher vielleicht. – Die berlinovo ist jetzt eine normale Beteiligung Berlins und wird so behandelt, wie Beteiligungen behandelt werden. Daraus folgt mein zweiter Punkt. Im Fall des BER gibt es bereits eine Gesellschaft., die Flughafen Berlin Brandenburg GmbH mit den Gesellschaftern Berlin und Brandenburg, jeweils zu 37 Prozent, und der Bundesrepublik Deutschland zu 26 Prozent. Diese Gesellschaft hat eine Geschäftsführung und einen Aufsichtsrat. Die Aufgaben, die die Piratenfraktion in ihrem Antrag aufgeschrieben hat, sind Aufgaben, die die Organe der Gesellschaft wahrzunehmen haben und nicht das Parlament. Das Abgeordnetenhaus hat zu prüfen, ob die Vertreter des Landes Berlin im Aufsichtsrat der Flughafen Berlin Brandenburg Gesellschaft ihren Pflichten nachkommen und alles tun – das ist uns besonders wichtig –, dass es mit dem Bau des Flughafens weiter geht und Licht am Ende des Tunnels erkennbar ist.

Das hat das Abgeordnetenhaus in der Vergangenheit getan und wird es auch in Zukunft tun, und zwar in den dafür vorgesehenen Ausschüssen, im Hauptausschuss, im Unterausschuss „Vermögensverwaltung“, im Unterausschuss „Beteiligungsmanagement und -controlling“ und darüber hinaus im Untersuchungsausschuss „BER“. In diesem Zusammenhang erinnere ich mich allerdings an eine Äußerung Ihres Fraktionskollegen Delius. Er hat sich einmal öffentlich beschwert, dass der Untersuchungsausschuss zu viel Material bekommt. Insofern ist

nicht ganz verständlich, dass Sie jetzt beklagen, die Oppositionsfraktionen bekämen zu wenig Material.

Allein im Hauptausschuss war der Flughafen BER seit den letzten Haushaltsberatungen fünfmal im Jahr 2012 und dreimal im Jahr 2013 Thema. Wenn Sie das nachlesen wollen – 2012 war es am 23. Mai, am 6. Juni, am 29. August, am 26. September und am 7. November, und im Jahr 2013 war es am 16. Januar, am 30. Januar und am 20. Februar. Wann immer er konnte, stand übrigens auch der Regierende Bürgermeister als Aufsichtsratsvorsitzender der Flughafen Berlin Brandenburg GmbH den Abgeordneten Rede und Antwort. Wir wollen bei diesem Verfahren bleiben und werden Ihren Antrag auf zusätzliche Berichte deshalb ablehnen. – Ich weiß nicht, ob Herr Herberg jetzt fragen will, ich habe noch ein bisschen Zeit.

[Beifall bei der SPD und der CDU]

Er will jetzt eine Kurzintervention machen.

[Heiko Herberg (PIRATEN): Ich habe nur eine Frage!]

Nein, jetzt machen wir das so.

[Joachim Esser (GRÜNE): Das haben Sie jetzt davon, Herr Nolte!]

Ja, es dauert immer alles länger, wenn man so einen Blödsinn macht. – Ich nehme wohlwollend zur Kenntnis, dass die Flughafengesellschaft über den Regierenden Bürgermeister ab und ab mal bei uns im Hauptausschuss vorbeischaut. – Eine Sache, die Sie erwähnt haben ist: Da ist ein Aufsichtsrat, der dafür zuständig ist, das alles zu kontrollieren, damit alles reibungslos läuft. Hat super funktioniert, absolut spitze! Vielleicht sollten wir jetzt unsere Verantwortung wahrnehmen – weil der Aufsichtsrat anscheinend nicht in der Lage ist, diese Verantwortung zu übernehmen – und zusätzlich kontrollieren. Es kann nicht schaden, wenn wir als Abgeordnete dort ebenfalls reinschauen. Deshalb ist es wichtig, dass wir in regelmäßigen Abständen bestimmte Sachen zur Verfügung gestellt bekommen.

Und es ist vor allen Dingen wichtig, dass diese Punkte vorher genannt werden. Dann hat man Vergleichswerte. Wenn man nämlich in bestimmten Abständen zu bestimmten Punkten einen Bericht bekommt, kann man viel einfacher Analogien feststellen. Wenn wir es aber so haben, wie wir es jetzt haben, dass die Flughafengesellschaft über Herrn Wowereit ab und zu mal in den Ausschuss kommt und mal über das berichtet und mal über jenes, sitzen wir im Ausschuss da und sagen: Okay, okay, gut! – aber das Gesamtbild erschließt sich überhaupt nicht. Und am Ende sitzen wir wieder in den Haus

haltsberatungen und müssen wieder beschließen, dass wir wieder einen Milliardenbetrag in den Flughafen hineinjagen müssen.

Herr Schneider hört schon wieder nicht zu, das ist dann auch egal, als haushaltspolitischer Sprecher ist er am Ende derjenige, der seine Fraktion davon überzeugen muss, wieder Geld in diesen Flughafen zu pumpen. Vielen Dank dafür! Am Ende werden Sie es verantworten müssen. Wir können dagegen stimmen, uns ist es dann egal, am Ende werden Sie die Verantwortung dafür tragen müssen, dass dieser Flughafen wieder eine Milliarde Euro oder noch mehr hineingeschossen bekommt. In den Haushaltsberatungen 2016/2017 werden wir mit großer Wahrscheinlichkeit wieder darüber reden. – Danke!

[Beifall bei den PIRATEN]

Herr Nolte! Bitte schön! Sie haben die Möglichkeit, dazu Stellung zu nehmen!

Herr Herberg! Wir sollten uns nicht über Dinge streiten, bei denen wir uns einig sind! Darin, dass das Parlament, die Flughafengesellschaft und die Vertreter des Landes Berlin in den Organen kontrollieren soll, sind wir uns völlig einig. Und das machen wir auch gemeinsam. Die Frage ist doch hier: Sie beantragen zusätzliche Vierteljahresberichte, viermal im Jahr einen Bericht zusätzlich zu den ganzen Tagesordnungspunkten, die sonst anberaumt werden. Und da sagen wir – in der Verantwortung auch dafür, die Verwaltungen, denen wir deutliche Personaleinsparungen aufdrücken, nicht mit überflüssigen Aufgaben zu belasten –: Diese Berichte, die Sie fordern, sind entbehrlich. Die parlamentarische Kontrolle ist völlig im Konsens, die wollen wir genauso wie Sie.

[Beifall bei der SPD und der CDU – Christopher Lauer (PIRATEN): Wo findet die denn statt?]

Vielen Dank! – Für die Grünen hat jetzt der Kollege Otto das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich bin sehr erstaunt, auf welcher technokratischen Ebene hier diskutiert wird, insbesondere von Herrn Nolte. Fühlten Sie sich gut informiert über die Bauverzögerung? Fühlten Sie sich gut informiert über die Mehrkosten? Fühlten Sie sich gut informiert über die grauenhaften Zustände, die Herr Amann dem Bau attestiert hat? Wissen Sie vielleicht, wo der Lichtschalter ist? – All das

hat hier niemand erfahren! Wir sind überhaupt nicht informiert worden!

[Beifall bei den GRÜNEN und den PIRATEN]

Das Einzige, was man an diesem Antrag vielleicht kritisieren könnte, ist: Vierteljährlich ist zu selten.

[Heiterkeit bei den GRÜNEN]

Am besten, wir würden jeden Monat den Status bekommen. Ich weiß nicht, was da draußen passiert. Das Ding muss irgendwann fertig werden. Wir müssen da als Parlament offensichtlich stärker eingreifen. Das Anliegen ist richtig, und das unterstützen wir.

[Beifall bei den GRÜNEN und den PIRATEN – Zurufe von der SPD]

Ich bin sehr erstaunt, dass hier niemand darüber geredet hat, welches Schauspiel uns gerade die Ministerpräsidenten von Berlin und Brandenburg liefern, dass Ministerpräsident Platzeck sich für das Volksbegehren und eine Nachtflugregelung erwärmt hat, dass daraufhin unser Regierender Bürgermeister – er ist gerade nicht an seinem Platz –

[Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit: Aber hier!]

den Wirtschaftsfreund gibt und den Berliner Großkotz und die Brandenburger mal ordentlich abbürstet. Dieser Streit – ich weiß nicht, ob er abgesprochen oder inszeniert ist – soll nur dem jeweiligen Ministerpräsidenten dazu dienen, in seinem Bundesland etwas besser dazustehen, als es vorher der Fall war. Der Regierende Bürgermeister möchte in der Beliebtheitsumfrage der „Berliner Zeitung“ vom Piratenniveau wieder etwas aufsteigen. Ich weiß nicht, ob das gelingt, indem man Brandenburg beschimpft.

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei den PIRATEN]