Protokoll der Sitzung vom 18.04.2013

Herr Zeelen! Wenn Ihnen das Kinderkriegen so wichtig ist, dann möchte ich doch gerne im Interesse des gesamten Hauses fragen, ob Sie Ihren christdemokratischen, demografischen Verpflichtungen schon nachgekommen sind und eigene Kinder haben?

[Beifall von Antje Kapek (GRÜNE) – Vereinzelter Beifall bei den PIRATEN]

Ich bedanke mich sehr für diese Frage, vor allem meine Frau zu Hause wird sich über die Frage sehr freuen, da bin ich mir ziemlich sicher.

[Martin Delius (PIRATEN): Wo ist die Antwort? – Zurufe von der LINKEN und den GRÜNEN]

Meine Herren! Verzeihung, wenn ich an dieser Stelle noch mal kurz unterbreche, aber wenn Sie allesamt eine Auszeit brauchen, um tief Luft zu holen und das Niveau wiederzufinden, dann gönne ich Ihnen die gerne. Ich würde aber vorschlagen: Der Kollege redet jetzt zum Antrag, und wir fahren mit der regulären Befassung fort.

Ich wollte mein eigentlich ganz locker gemeintes Anfangsstatement eigentlich noch durch einen Satz ergänzen, aber ich glaube, den spare ich mir. Eigentlich wollte ich noch sagen, dass der kleine Nikolaus Bentele Gott sei Dank in einer Stadt hoffentlich groß wird, in der Sie keine Verantwortung für die Bildungspolitik tragen, sondern Gott sei Dank die Fraktionen in dieser Mitte hier.

[Beifall bei der CDU – Zuruf von Dr. Wolfgang Albers (LINKE)]

Dass der Antrag ausgerechnet von der Oppositionsfraktion gestellt wird, die sich in den vergangenen zehn Jahren Regierungsverantwortung wenig für die Gleichbehandlung der Berliner Lehrer eingesetzt hat, ist schon ein Kunststück, das wir Ihnen nicht so einfach durchgehen lassen, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen der Linksfraktion.

Der Riss zwischen verbeamteten und angestellten Lehrern verläuft mitten durch das Lehrerzimmer. Derzeit haben wir sechs unterschiedliche Sorten von Lehrern an unseren Berliner Schulen. Wenn an ein und derselben Schule sechs Lehrer das Fach Deutsch unterrichten und dafür unterschiedlich bezahlt werden, dann ist das nicht gerecht – darüber gibt es wohl auch keinen Dissens. Zur Gerechtigkeit gehört auch die Schließung der Drehtüreffekte, das ist bereits von Kollege Mutlu angesprochen worden. Hier wurde bereits ein wesentlicher Beitrag durch den Senat geleistet, um die Ungerechtigkeiten beim Lehrerstatus und damit der Besoldung zu stoppen. Wir wollen unsere jungen Lehrern nicht auch noch dafür bestrafen, dass sie sich für unsere Stadt entscheiden. Deshalb hat Senatorin Scheeres hier richtig gehandelt.

[Beifall bei der CDU und der SPD]

Ich möchte gerne auf die aktuelle Situation in Berlin eingehen, weil doch vieles durcheinandergeht. Wir haben rund 8 000 angestellte Lehrer in unserer Stadt. 2012 wurden bereits 1 172 Lehrer in Anstellungsverhältnissen eingestellt. Senatorin Scheeres hat erklärt, dass die Bildungsverwaltung insgesamt die unbefristete Einstellung von 1 439 Lehrkräften in diesem Jahr plant. Davon wurden zu Beginn des neuen Schuljahres im Februar bereits über 400 neue Lehrkräfte an Berliner Schulen begrüßt – ein wichtiger Schritt, um gerade auch der angesprochenen demografischen Situation an den Schulen gerecht zu werden.

Seit 2013 ist Berlin wieder Mitglied in der Tarifgemeinschaft der Länder. Die Zulage der Erfahrungsstufe 5 hat die Senatsverwaltung für junge angestellte Lehrerinnen und Lehrer in Berlin trotz Beitritts in die TdL bis zum 31. Dezember 2017 gesichert. Solch eine Zulage zahlen die anderen Bundesländer wohlgemerkt nicht. Ein Junglehrer mit zwei Fächern verdient ca. 4 400 Euro brutto. Das ist für einen jungen Berufseinsteiger kein schlechtes Gehalt, wenn man es mit anderen Berufen vergleicht. Mit dieser Regelung hat sich das Land Berlin auf die Zahlung eines überdurchschnittlich hohen Einstiegsgehalts festgelegt.

Die GEW hat die angestellten Lehrkräfte zum Streik aufgerufen, um eine Steigerung von 6,5 Prozent Gehalt im Rahmen der TdL

[Zuruf von Regina Kittler (LINKE)]

sowie die tarifliche Absicherung der Entgeltordnung bundesweit durchzusetzen. Der Berliner Streik vom 18. Dezember war der offizielle Auftakt der dezentralen, aber bundesweiten Warnstreiksaktionen im Zuge der TdL-Verhandlungen. Es geht also um die bundesweiten Tarifsteigerungen sowie um die Entgeltregelungen auch über Berlin hinaus.

Das Land Berlin hat sich, nachdem es wieder dem Tarifvertrag der Länder beigetreten ist, verpflichtet, seinen Angestellten bis 2017 100 Prozent des Bundesniveaus zu

zahlen. Gegenwärtig zahlt Berlin 97 Prozent. Insofern ist in den nächsten vier Jahren ein Aufwuchs von 3 Prozent zu erwarten.

Regierungsverantwortung zu übernehmen, heißt auch, Kompromisse zu akzeptieren. Das unterscheidet die CDU beispielsweise von den Grünen. In den Koalitionsverhandlungen mit der SPD konnte sich die CDU bei der Verbeamtung von Lehrern leider nicht durchsetzen. Mit unserer Forderung nach einer Verbeamtung könnten in Berlin nicht nur Schulfrieden, sondern vor allem auch Lehrerfrieden hergestellt werden. Lehrer sind unsere Partner bei allen Bemühungen, das Berliner Schulsystem weiter zu verbessern und zu stärken. Wir wollen die besten Lehrer für unsere Kinder. Das steht im Vordergrund unserer politischen Bemühungen. Tausende Lehrer in unserer Stadt leisten eine herausragende Arbeit unter nicht immer leichten Bedingungen. Auch das sei an dieser Stelle erwähnt. Ihnen danke ich im Namen meiner Fraktion ganz ausdrücklich.

[Beifall bei der CDU]

Die aktuellen Streikankündigungen für den 23. April, dem Tag der Abiturprüfung im Leistungsfach Biologie, halten wir aber für das falsche Signal. Dieser Konflikt darf nicht auf den Schultern von jungen Menschen ausgetragen werden, die unmittelbar vor den wichtigsten Prüfungen ihres bisherigen Lebens stehen. Deshalb appellieren wir an alle Parteien, sich wieder an den Verhandlungstisch zu setzen, um gemeinsam nach Lösungen zu suchen.

[Regina Kittler (LINKE): Das sagen Sie mal Herrn Nußbaum!]

Der vorliegende Antrag wird im Bildungsausschuss weiter besprochen werden. Ich bin mir aber sicher, dass sich die Berliner Lehrerinnen und Lehrer von Ihren Schaufensterinitiativen nicht hinter das Licht führen lassen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

[Beifall bei der CDU und der SPD]

Vielen Dank, Herr Zeelen! – Für die Piratenfraktion hat jetzt das Wort der Abgeordnete Herr Delius.

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Liebe Kollegen! Ich könnte jetzt ähnlich anfangen wie Herr Mutlu. Ich werde aber trotzdem noch mal aufzählen, was ich mir so aufgeschrieben habe, um das nach der Rede von dem Kollegen Zeelen noch mal ins Gedächtnis zu rufen. Es mag ja sein, dass in der TdL jetzt eine leichte Tariferhöhung ist. Es mag ja sein, dass neue Lehrerinnen und Lehrer eingestellt werden. Das zeigt, dass zumindest die Senatorin erkannt hat, dass es ein Problem gibt. Das ist schon mal löblich.

Am Anfang stand die politische Entscheidung, keine Lehrkräfte mehr zu verbeamten.

[Lars Oberg (SPD): Gute Entscheidung!]

Die SPD nennt das ein Alleinstellungsmerkmal. Ich nenne das ein Problem.

[Zuruf von Lars Oberg (SPD)]

Von dem Zeitpunkt an wird mit dem Problem – Herr Oberg, das wissen Sie ganz genau, wir haben so viele Podiumsdiskussionen, gestern hatten wir eine, da waren nur die Oppositionsvertreter anwesend, allerdings eine ganze Menge Lehrer, die uns die Probleme geschildert haben – nicht konsequent umgegangen. Es gibt kein Konzept, das mit dem Problem der Unattraktivität von Angestelltenstellen in Berliner Schulen umgeht. Das gibt es nicht.

[Zuruf von Lars Oberg (SPD)]

Der Antrag fordert genau dieses Konzept, und ich verstehe es gar nicht so genau, weil Herr Özışık erst so klang, als würde er das grundsätzlich ablehnen, dann hat er aber erklärt, warum genau so ein Konzept notwendig ist. Und am Ende hat er wieder gesagt, er lehnt es dann doch ab, ein Konzept zu entwickeln.

[Regina Kittler (LINKE): Eigentlich sollen wir es machen!]

Ja, wir sollen es machen! – Ich bin ja dafür, dass die Koalition Handlungsfähigkeit beweist und den Senat bei der Aufgabe, dieses Problem zu lösen, unterstützt. Das ist, glaube ich, auch im Einklang mit dem Linken-Antrag, den wir unterstützen. Ich muss Ihnen nicht erzählen, was die Probleme sind. Dass wir mit 100 Prozent Bedarfsdeckung an Berliner Schulen, was die Lehrkräfte angeht, in der nächsten Zeit nicht klarkommen werden und auch jetzt schon nicht klarkommen, das wissen wir alle. 1 200 dauerkranke Lehrkräfte kosten – das hat Herr Esser gestern schon im Hauptausschuss gesagt – 65 Millionen Euro im Jahr. Und es werden mehr werden und nicht weniger. Mit dem Wegfall der Arbeitszeitkonten und keiner ausreichenden Altersermäßigung und Stundenreduzierung wird auch die Situation mit den Dauerkranken und dem damit verbundenen Stundenausfall nicht besser werden.

Wir müssen Druck auf angestellte Lehrkräfte bzw. auf unsere ausgebildeten Lehrkräfte ausüben, um den Drehtüreffekt zu verhindern. Das ist sicherlich eine Initiative, die sinnvoll ist, Frau Senatorin! Aber schlussendlich ist sie auch nicht das Konzept, das dafür sorgt, dass wir bei den steigenden Bedarfen, bei den Entlassungen – 1 400, ich hatte mir 1 300 aufgeschrieben, pro Jahr altersbedingt – in irgendeiner Art und Weise nah an das kommen, was eine auskömmliche Ausstattung an den Schulen betrifft.

Wir haben jetzt das Problem, dass Leitungs- und Funktionsstellen nicht besetzt werden, und zwar in einer wirk

lich großen Größenordnung. Und dass das der Grund für die mangelnde Attraktivität von Mehrarbeit an den Schulen ist, brauche ich auch keinem zu erzählen. Auch dafür gibt es kein Konzept. Auch darauf gibt es keine Antwort. Ich bezweifle stark, dass Sie Ihr Ziel erreichen werden, die 1 400 Lehrkräfte in diesem Jahr einzustellen.

Um es jetzt nicht ganz so lang zu machen: Wir unterstützen auch die Forderung der Linken in dem Antrag, die Beschlüsse der KMK umzusetzen und in ein Konzept zu verwandeln, die Einordnung in ein vernünftiges Dienstrecht der angestellten Lehrkräfte.

Auch von mir an Sie, Herr Özışık, der jetzt gerade geht, das Thema ist für ihn ja auch durch, nein, okay, jetzt hören Sie mir wieder zu, finde ich gut: Auch wir haben Ideen, die wir gerne einbringen, aber der Aufschlag muss doch von Ihnen kommen, der Aufschlag muss doch von dieser Koalition kommen. Wir haben doch genügend Erfahrungen mit sinnvollen Ideen der Opposition gemacht, die hier ins Plenum eingebracht wurden. Solange kein Aufschlag der Koalition kommt, gibt es dafür auch keine Mehrheit. Das kennen wir doch. Das haben wir jetzt gelernt. Also warten wir darauf, und es warten auch die angestellten Lehrkräfte in dieser Stadt darauf, dass Sie einen Aufschlag machen, dass Sie ein Konzept vorlegen, und nicht nur Sie, wenn Sie es nicht können, dann Ihr Senat. Und das fordert der Antrag der Linken.

Die Vorschläge, die Frau Kittler jetzt schon in ihrer Kurzintervention angebracht hat, brauche ich nicht mehr zu wiederholen. Die sind in Anträgen schon ergangen, die Sie abgelehnt haben oder in irgendwelchen Ausschussberatungen verschleppen. Ich, wie gesagt, unterstütze die Aufforderung an den Senat, ein Konzept vorzulegen. Allein, Frau Kittler, ich glaube nicht daran, dass das helfen wird. Wahrscheinlich werden wir das Problem vor 2016 nicht lösen können. – Danke schön!

[Beifall bei den PIRATEN – Beifall von Regina Kittler (LINKE)]

Vielen Dank, Herr Delius! – Das Wort zu einer Kurzintervention hat der Herr Abgeordnete Oberg. – Bitte sehr!

Frau Präsidentin! Meine Damen, meine Herren! Herr Kollege Delius! Das Wunderbare an der Bildungspolitik ist ja, dass sie Landesangelegenheit ist. Und da kann man dann ganz prima immer für das eigene Land sprechen und die Situation skizzieren, um sie dann, so wie Sie es eben getan haben, auch zu qualifizieren mit so einem ganz einfachen Satz wie: Die Situation der angestellten Lehrerinnen und Lehrer in Berlin ist schlecht. – Ja, das Schöne am Föderalismus ist, dass man nicht über den eigenen Tellerrand hinausschauen muss. Das Schöne ist, dass man

die Wirklichkeit nur ganz isoliert, so wie früher Berlin eine Insel war, auch heute noch als Insel betrachten kann und dann so eine wunderbare Aussage trifft wie Sie, und das können Sie gerne nachlesen, das haben Sie gesagt: Die schlechte Situation der angestellten Lehrerinnen und Lehrer in Berlin.

[Zuruf von Martin Delius (PIRATEN)]

Vergleichen Sie es doch bitte mal mit anderen Ländern! Und dann werden Sie feststellen, dass das Elend in Berlin ein sehr relatives ist. Erstens: Berlin stellt Lehrerinnen und Lehrer in großer Zahl ein. Viele andere Bundesländer tun das nicht. Dort gibt es Hunderte, ja Tausende Referendarinnen und Referendare, die ganz sicher überall hingehen werden, nur nicht in ihren Beruf, weil sie schlicht keine Berufsperspektiven haben. Das gibt es in Berlin nicht.

Zweitens: Berlin bezahlt seine Lehrer heute schon extrem gut. 4 500 Euro verdient ein Lehrer in Berlin. Dieses Elend muss ein relatives sein und kann sich nur erklären, wenn man den eigenen Kollegen, die Beamte sind, die höheren Gehälter neidet und sagt: Wir machen ja die gleiche Arbeit, wir wollen genauso viel netto haben.

[Beifall bei der SPD – Zurufe von den GRÜNEN, der LINKEN und den PIRATEN]

4 500 Euro netto sind wahnsinnig viel Geld. Eine Erzieherin im Land Berlin verdient weniger als die Hälfte und ein Erzieher auch.

[Beifall bei der SPD – Zurufe von den GRÜNEN, der LINKEN und den PIRATEN]

Deshalb sind die Forderungen absolut nachvollziehbar, dass eine Berufsgruppe für sich versucht, das Maximum an Geld herauszuholen. Absolut nachvollziehbar! Wir tragen aber Verantwortung für das ganze Land Berlin. Wir tragen Verantwortung für alle Beschäftigten im Land Berlin.