Protokoll der Sitzung vom 18.04.2013

lediglich 23 Prozent sind dagegen. Daran muss ich Sie noch einmal erinnern.

[Zurufe von den GRÜNEN]

Wenn Sie mir eine neuere Umfrage zeigen, werde ich demnächst neuere Zahlen zitieren können. Aber das sind die von Ende 2011. Das ist der Sachstand. Mit diesem Sachstand müssen Sie sich einmal auseinandersetzen.

[Torsten Schneider (SPD): Die Stadtgesellschaft will die! – Zurufe von den GRÜNEN]

Bevor Sie sich noch lange aufregen, zur A 100 im Einzelnen: Der 17. Bauabschnitt zwischen Elsenbrücke und Frankfurter Allee ist bereits vom Haushaltsgesetzgeber, dem Deutschen Bundestag, in den Bundesverkehrswegeplan aufgenommen worden.

[Torsten Schneider (SPD): Sehr gut!]

Was bedeutet diese Aufnahme? Sie bedeutet, dass der Bund offenbar bereit ist, die Vollendung der A 100 zu finanzieren.

[Uwe Doering (LINKE): Aha! Die CDU!]

Bedeutet das in gleichem Maße, dass der 17. Bauabschnitt tatsächlich kommt?

[Zurufe von den GRÜNEN und von Uwe Doering (LINKE): Nein!]

Nein, weil Planungshoheit inklusive Entscheidung beim Land Berlin und beim Berliner Abgeordnetenhaus liegen.

[Harald Moritz (GRÜNE): Geld spielt auch eine Rolle!]

Liegt im Land Berlin ein planfestgestellter 17. Bauabschnitt vor? – Nein! Das bedeutet, es gibt kein Baurecht, und ohne Baurecht wird auch nicht gebaut.

[Uwe Doering (LINKE): Aber der 16.!]

Ob das Land Berlin zu einem späteren Zeitpunkt Baurecht schafft, ist noch nicht entschieden. Es gibt gute Gründe, die A 100 mit dem 17. Bauabschnitt zu vollenden. Ich verschweige nicht, dass es auch Gründe gibt, die gegen eine Verlängerung sprechen.

[Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Das muss man diskutieren. Das wird aber in diesem Haus diskutiert und nicht im Bundesverkehrsministerium. Es waren bisher die besseren Argumente der Befürworter, die sich in diesem Haus durchgesetzt und die zur Verlängerung der A 100 bis Treptow geführt haben.

[Zurufe von den GRÜNEN]

Wäre wiederum ein Verzicht auf eine Anmeldung durch das Land Berlin das endgültige Aus der A 100? Natürlich nicht. Eine spätere Anmeldung wäre nach rechtskräftiger Planreife durchaus möglich.

Meine Damen und Herren von den Grünen! Wie würden Sie also Anträge nennen, die zwar ein wichtiges Thema aufgreifen, aber keine tatsächlichen Handlungsoptionen enthalten? Wie würden Sie Anträge nennen, die Ihren

Wählerinnen und Wählern vorgaukeln, dass Sie aktiv die A 100 bekämpfen, stattdessen aber konsequenzlos sind für spätere Planungen? Wie würden Sie diese Anträge nennen? Das können Sie sich ja einmal selbst beantworten.

[Heidi Kosche (GRÜNE): Kampf!]

Nun zum zweiten Antrag, die Nahverkehrstangente in den Bundesverkehrswegeplan einstellen. Das hört sich anfänglich sehr gut an. Aber seit wann finanziert der Bundesverkehrswegeplan Nahverkehr? Das müssen Sie erklären. Regionalverkehre, Güterverkehre und Fernverkehre selbstverständlich, aber den Nahverkehr, den Ausbau der Berliner S-Bahn, so schön das auch klingen mag, finanziert der Bund nicht.

[Uwe Doering (LINKE): Ja, seitdem Sie regieren!]

Da können Sie anmelden, was Sie wollen. Dafür gibt es Regeln, und Wunder passieren in diesem Land nur noch selten. Das wissen wir beide.

Wenn Sie eine funktionierende Nahverkehrstangente haben wollen, müssen Sie im Vorfeld sowohl das Bahnkreuz Wuhlheide als auch den Kreuzbahnhof Karow geplant und gebaut haben, sonst macht das nämlich keinen Sinn, auch nicht als Nahverkehrstangente. Beide Investitionen sind in diesem Land für den Bundesverkehrswegeplan angemeldet. Insofern gehen wir da gemeinsam den richtigen Schritt. Im Übrigen sind weiterhin noch Nordbahn, Stettiner Bahn, Dresdner Bahn in Teilstücken im Bundesverkehrswegeplan angemeldet.

In meiner letzten Minute Redezeit will ich noch einmal darauf hinweisen und ganz deutlich benennen, dass der Ausbau der Nahverkehrstangente nicht gegen die TVO stehen kann. Sie können den Anwohnerinnen und Anwohnern in Friedrichsfelde, in Karlshorst, in Biesdorf, Mahlsdorf und Kaulsdorf nicht erklären, dass sie mit mehr Güterverkehr auf der bestehenden Trasse – mitunter mit Bestandsschutz für den mangelnden Lärmschutz – mehr Ruhe für die Anwohner organisieren, anstatt eine Lärmschutzwand zu bauen, die 2,50 Meter hoch ist und die Anwohner vom Straßen- und Bahnlärm abschirmt. Das müssen Sie den Anwohnern selbst erklären. Ich lade Sie ein nach Biesdorf! Diskutieren Sie, dass Sie gegen die TVO sind, eines der wirtschaftlichsten und ökologischsten Projekte in dieser Stadt!

Sie müssten zum Ende kommen, Herr Kollege!

Wir machen natürlich als Sozialdemokraten Politik für eine Mehrheit in dieser Stadt. Genau das Entgegengesetzte, was Sie machen

[Heidi Kosche (GRÜNE): Das zeigen ja auch die Zahlen!]

für die Bedürfnisse dieser Menschen. – Vielen Dank!

[Beifall bei der SPD]

Danke sehr, Herr Kollege Kreins! – Für die Fraktion Die Linke hat jetzt der Kollege Harald Wolf das Wort. – Bitte schön, Herr Kollege, Sie haben das Wort!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber Kollege Kreins! Die Tatsache, dass Sie eine Umfrage haben, dass 62 Prozent die A 100 begrüßen, sagt noch nichts über die Sinnhaftigkeit dieses Projekts aus.

[Vereinzelter Beifall bei der LINKEN]

Ich erinnere daran, dass es nach dem Augsburger Parteitag der SPD eine Umfrage gibt, dass nur 17 Prozent Peer Steinbrück als Bundeskanzler haben wollen. Das sagt nach Ihrer Ansicht ja auch nichts darüber aus, welche Qualität der Mann hat.

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN]

Insofern sollte man hier keine Umfragewerte diskutieren, wenn es um die Frage geht, was sinnvoll ist und was nicht.

[Torsten Schneider (SPD): Wie viel soll er denn haben als Kanzlerkandidat?]

Nun zum Thema A 100 und 16. Bauabschnitt: Darüber haben wir schon mehrfach diskutiert. Insofern wäre alles, was man dazu sagt, nur Wiederholung und würde auch von Ihrer Seite nur Wiederholungen provozieren. Wenn wir über den 17. Bauabschnitt reden – nachdem Sie viele Gemeinsamkeiten zwischen den beiden Projekten aufgezählt haben, die in den Anträgen der Grünen erwähnt sind –, komme ich zu den Unterschieden. Das eine Projekt ist sinnvoll, das ist die Schienennahverkehrstangente, und das andere Projekt ist nicht sinnvoll, nämlich die Verlängerung der A 100 im 17. Bauabschnitt.

[Vereinzelter Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN]

Natürlich haben Sie recht: die Entscheidung wird hier gefällt. – Herr Kreins, Sie wollen eine Zwischenfrage stellen.

Kollege Wolf! Gestatten Sie eine Zwischenfrage von Herrn Kreins?

Gestatte ich!

Bitte schön!

Habe ich Sie richtig verstanden: Sie würden die Nahverkehrstangente der TVO vorziehen und damit Anwohnerinnen und Anwohner in Karlshorst nicht entlasten?

Das ist ein typisch sozialdemokratischer Irrtum, dass das alternativ ist. Es ist additiv.

[Uwe Doering (LINKE): So denken die aber nicht!]

Nur beides zusammen macht Sinn. Natürlich brauchen wir, weil wir beim Autoverkehr nicht auf null kommen werden, die Tangentialverbindung Ost für den Autoverkehr. Das ist eine klare Position von meiner Seite und auch vonseiten meiner Partei. Da werden wir gemeinsam noch einmal über die Frage der Linienführung und darüber diskutieren, welchen Ausbaustandard wir haben. Aber wenn wir gleichzeitig das Ziel verfolgen – was zumindest von der SPD immer verbal erklärt wird –, dass der öffentliche Personennahverkehr Priorität haben soll und dass wir die infrastrukturellen Voraussetzungen dafür schaffen müssen und wollen, dass der Anteil des öffentlichen Personennahverkehrs gegenüber dem motorisierten Individualverkehr sowohl was Individualverkehr als auch Güterverkehr angeht, Priorität hat, dann muss man dafür auch die infrastrukturellen Voraussetzungen schaffen.

Deshalb sage ich: Wir brauchen auch die Schienentangente, die übrigens auch im Stadtentwicklungsplan Verkehr als Absicht formuliert ist. Herr Kreins! Sie haben schon selbst formuliert, was alles für Voraussetzungen notwendig sind und woran gearbeitet wird. Die Grünen machen in ihrem Antrag nur deutlich, sie möchten nicht, dass der 17. Bauabschnitt für den Bundesverkehrswegeplan angemeldet wird. Sie tun dies, wie ich finde, mit völlig richtigen Argumenten, weil dann nämlich die Probleme, die wir mit dem 16. Bauabschnitt haben, einfach noch einmal bis zur Frankfurter Allee weitergeschoben werden und verkehrsmäßig nichts gelöst wird, sondern mit immensen verkehrlichen und logistischen Problemen verbunden ist. Und da wir ja schon mit der A 100 eine Rekordausgabe haben, was die Kosten pro Autobahnkilometer angeht, sage ich, das wird sich mit dem 17. Bauabschnitt, wenn jemand so verrückt ist und den ernsthaft realisieren wird, noch mal potenzieren. Und wenn man sich dann anguckt, wenn man mal über den Berliner Tellerrand hinausblickt und sich anguckt, dass Peter Ramsauer liebend gerne Autobahnen eröffnet, aber das Geld dafür nicht hat und das über PPP-Projekte finanziert, damit die Lasten in die Zukunft verschiebt und wir hier 400 Millionen für den 16. Bauabschnitt verbuddeln und dann möglicherweise meinen, wir brauchen auch noch einen 17. Bauabschnitt mit den doppelten

Kosten, sage ich, das ist absurd, das ist Kirchturmspolitik, die nicht guckt, wie man die Mittel überhaupt sinnvoll prioritär verteilt in der Verkehrspolitik, was den Bundesverkehrswegeplan angeht. Und zum Zweiten ist es absurd, weil es Stadtstruktur zerstört. Das ist nach wie vor die Planung der A 100 aus der Vorstellung der autogerechten Stadt aus den Siebzigerjahren. Und bei aller Wertschätzung für Willy Brandt: An dieser Stelle sollte man sich an seinen alten Zeiten nicht orientieren und auch nicht an Harry Ristock.