Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die erste Antragsdebatte, die ich hier im Plenum mitgemacht habe, war die zum Schultrojanervertragsentwurf. Letzteren konnten wir zum Glück verhindern, allerdings nicht, dass dem ohnehin schon sehr gut verdienenden Schulbuchverlagsoligopol trotz weiter bestehendem Digitalisierungsverbots zusätzlich noch eine halbe Million Euro zugeschoben wurde, damit es die Finger von den Schulrechnern lässt.
Wir haben es hier also mit einer Marktform zu tun, bei der wenige große Schulbuchverlage – ich glaube, es sind nur vier – vielen kleinen Nachfragern, nämlich den Schulen, gegenüberstehen. Dieses Oligopol ist noch dazu gut mit Politik und Verwaltung vernetzt, und die Gewinnspanne stimmt. Warum sollten die Verlage also etwas ändern? Warum sollten sie Möglichkeiten schaffen, die Lehrerinnen und Lehrer unterstützen, sich zu vernetzen, gemeinsam Unterrichtseinheiten zu planen und Materialien auszuarbeiten? Es gibt für sie eigentlich keinen Grund, außer sie bekämen nicht mehr genug Kunden; denn das ginge ihnen ans Geld. Also halten sie die Füße und den Geist des Neuen ruhig.
Der Antrag versucht nun völlig berechtigt, frischen Wind in die Lehr- und Lernmaterialdebatte zu bringen, indem der Senat aufgefordert wird, Modelle und Konzepte zu prüfen und – ich möchte ergänzen – zu entwickeln; denn in Deutschland gibt es noch nicht viel zu finden; andere Staaten sind da schon viel weiter, man könnte ja übersetzen lassen.
Eine schnelle Beratung noch vor den Haushaltsberatungen im Ausschuss wird sicher klappen, denn dazu – Sie werden es nicht glauben – gibt es einen SPD-Parteitagsbeschluss.
Aber es gibt auch in Deutschland schon massenhaft von Lehrerinnen und Lehrern selbst erstelltes Unterrichtsmaterial, nur niemanden oder keine zentrale Stelle, wie etwa Wikipedia eine ist, der bzw. die es erfasst, ordnet und, mit Lizenzen versehen, zugänglich macht. Dieses Material gibt es in den verschiedensten Formen, analog und digital. So habe ich schon vor Jahren, z. B. im Rahmen des Sinus-Modellversuchs zur Steigerung der Effizienz des mathematisch-naturwissenschaftlichen Unterrichts mit Kolleginnen und Kollegen anderer Schulen zusammengearbeitet und dabei etwa in der Bettina-von-ArnimOberschule selbst entwickelte Mathe-Bücher kennengelernt, die gleichzeitig Arbeitsheftcharakter hatten. Es gibt die Regale bei Wikibooks, in denen man sich bedienen kann, aber das ist noch nicht der Weisheit letzter Schluss.
Warum kann es nicht beispielsweise einen Stab von Schulmaterialentwicklern geben, in dem innovative Fort- und Weiterbildner genauso ihren Platz haben wie stundenweise abgeordnete Lehrkräfte aus der schulischen Praxis oder Lehramts- und Informatikstudenten und -studentinnen? Ich bin mir ziemlich sicher, dass die nötige Kompetenz unter den Genannten schon vorhanden ist.
Neben der Möglichkeit, sich ständig weiterentwickelndes Material zur Verfügung zu haben, würden mit Sicherheit erhebliche finanzielle Mittel freigesetzt werden, die für andere Bildungsaufgaben gut genutzt werden könnten. Natürlich würden dann auch die großen Verlage munter werden und auch kleinere eine Chance bekommen. Und wenn ihre Schulbücher mit Lizenzen versehen sind, die eine freie Nachnutzung und kreative Anpassung erlauben, dann könnten auch sie gekauft und verwendet werden. Mit Sicherheit würden auch die Verlage dann digitale Lehrer- und Schülerarbeitsoberflächen entwickeln, die Vernetzung, Weiterentwicklung und direkte Nutzung vorsehen und nicht nur das Material zum Ausdrucken, wie es heute meistens ist. Neue Erkenntnisse in der Wissenschaft und Veränderungen in der Welt könnten so viel schneller den Weg in die Schulen finden. Veraltete Schulbücher würden der Vergangenheit angehören, und Lehrerinnen und Lehrer wären vom rechtlichen Glatteis. – Die Linksfraktion unterstützt den Antrag der Piratenfraktion und kann sich auch durchaus noch Erweiterungen dafür vorstellen.
Herzlichen Dank, Frau Kollegin Kittler! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Es wird die Überweisung des Antrags federführend an den Ausschuss für Bildung, Jugend und Familie und mitberatend an den Ausschuss für Digitale Verwaltung, Datenschutz und Informationsfreiheit und an den Ausschuss für Wissenschaft empfohlen. – Widerspruch höre ich nicht, dann verfahren wir so.
Beschlussempfehlung des Ausschusses für Bauen, Wohnen und Verkehr vom 13. März 2013 Drucksache 17/0917
Hier haben die Fraktionen wieder eine Redezeit von bis zu fünf Minuten zur Verfügung. Es beginnt die antragstellende Fraktion. Da ist mir der Kollege Moritz benannt worden. – Bitte schön, Herr Kollege, Sie haben das Wort!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Diese beiden Anträge, sowohl „Nahverkehrstangente für den Bundesverkehrswegeplan 2015 anmelden!“ als auch „17. Bauabschnitt der A 100 nicht für Bundesverkehrswegeplan anmelden“, zielen darauf ab, die Berliner Verkehrspolitik in die richtige Richtung zu lenken.
Der Verkehrsbereich ist der Einzige, bei dem der CO2Ausstoß in den letzten Jahren gestiegen ist. In allen anderen Bereichen konnte er gesenkt werden. Zum Klimaschutz, zur Energiewende gehört auch eine Verkehrswende. Nur durch frühzeitiges Umsteuern, gerade bei der Infrastruktur, können wir die Energiewende im Verkehr hinbekommen.
2013 ist das europäische Jahr der Luft. Die EU überarbeitet ihre Strategie zur Luftreinhaltung. In Berlin wird diskutiert, wie die zahlreichen Grenzwertüberschreitungen bei Stickstoffdioxid gesenkt werden können. Über den Vorschlag, mehr Tempo 30 in den betroffenen Straßen anzuordnen, wird in der rot-schwarzen Koalition gestritten. Auch in der Senatsverwaltung selbst sind sich die
Unter diesen Umständen will der Senat den ersten Spatenstich des 16. Bauabschnitts zelebrieren und den 17. wieder für den Bundesverkehrswegeplan anmelden. Die Erweiterung des Angebots für den Autoverkehr ist die falsche Antwort auf die Herausforderung in der Verkehrspolitik. Wir haben vorhin Herrn Müller gehört. Er hat gesagt, der motorisierte Individualverkehr in Berlin gehe ständig zurück, und er wolle mehr statt weniger ÖPNV haben. Richtig! Verbesserte Luftreinhaltung und mehr Lärmschutz an den Hauptstraßen bekommt man nicht durch den Ausbau des Straßennetzes, sondern nur mit einer klaren Prioritätensetzung zugunsten des Umweltverbundes.
Was passiert denn durch den Weiterbau der A 100? – Der Stau wird von der Grenzallee immer weiter Richtung Norden verlagert. Wäre die A 100 auch an die Storkower Straße angebunden, würde sich die Autolawine über die Stadtstraßen durch den Prenzlauer Berg ergießen und dort für noch mehr Stau, Lärm und Abgasschwaden sorgen. Wollen Sie das? Wir wollen das nicht.
Vor einem Jahr habe ich den Senat zum 17. Bauabschnitt befragt: Wie wird die Autobahn über die Spree geführt, wie die Tunnel durch das Gründerzeitquartier gebaut? Wo und wie sollen die Anschlussstellen am Ostkreuz und an der Frankfurter Allee städtebaulich verträglich errichtet werden? Welche Häuser müssen abgerissen werden? Und nicht zuletzt die Frage: Was soll das alles kosten, um welche Summe wird der 17. Bauabschnitt, die teuerste Autobahn der Bundesrepublik, den 16. Bauabschnitt noch übertreffen? – All diese Fragen konnte der Senat nicht beantworten.
Für die Anmeldung zum Bundesverkehrswegeplan muss er sie aber beantworten und auch die Frage, was dieses Prestigeobjekt mit der Engpassbeseitigung auf den Bundesverkehrswegen zu tun hat. Nach dem neuen Grundkonzept des Bundesverkehrswegeplans hat dieses Projekt keine Priorität und keine Realisierungschance. Oberste Priorität wird Erhalt und Sanierung von Straßen und Brücken sowie die Engpassbeseitigung auf den Hauptstrecken haben.
Unser Antrag, den Ausbau des Bahnaußenrings für den Güterverkehr und zur sogenannten Nahverkehrstangente zum Bundesverkehrswegeplan anzumelden, ist die richtige Infrastrukturentscheidung. Zwar will der Senat die Nahverkehrstangente auch, lehnt aber die Anmeldung mit dem Argument ab, sie komme zu früh, und als Nahverkehrstrasse wäre die Tangente nicht für den Bundesverkehrswegeplan geeignet. Diese Argumente sind nicht haltbar. Die Nahverkehrstangente steht seit zehn Jahren
im StEP Verkehr. Der neue Bundesverkehrswegeplan soll bis 2030 gelten. Wie lange will der Infrastruktursenator da noch warten? Sie hat neben den Verbindungen der Ostbezirke untereinander auch regionale und überregionale Bedeutung für die Anbindung des BER. Außerdem soll sie auch weiter dem Güterverkehr dienen. Damit ist sie aus dem Bundesverkehrswegeplan finanzierbar. Lassen Sie uns zukunftsweisende Entscheidungen in der Verkehrspolitik treffen – gegen die Verlängerung der Stadtautobahn, für den Ausbau des ÖPNV und für die Nahverkehrstangente! – Danke!
Herzlichen Dank, Herr Kollege Moritz! – Für die Fraktion der SPD erteile ich jetzt dem Kollegen Kreins das Wort. – Bitte sehr, Herr Kollege!
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Moritz! Zwei offensichtliche Gemeinsamkeiten haben diese beiden Anträge: Es handelt sich um Infrastrukturprojekte, und beides sind Anmeldungen zum Bundesverkehrswegeplan.
Da kann man ruhig applaudieren, dass man das erkannt hat. – Die Nahverkehrstangente ist ein Bahninfrastrukturprojekt im Osten der Schnitt, der 17. Bauabschnitt der A 100 ist ein gesamtstädtisches Straßenverkehrsprojekt zur Entlastung der Innenstadt.
Bei reiflicher Überlegung fallen mit allerdings noch zwei weitere Gemeinsamkeiten der beiden Anträge auf. Beide Anträge lehnen in der Konsequenz wichtige Straßeninfrastrukturprojekte ab.
Und: Mit der Ablehnung der A 100 und der Ablehnung der TVO machen die Grünen Politik in dieser Stadt – und zwar gegen die Mehrheit der Menschen.
Schauen Sie sich die letzte Umfrage zum Thema A 100 an! Die ist schon ein bisschen älter, aber da sagen 62 Prozent, sie seien für den Ausbau der A 100,