Herr Präsident! Ich frage den Senator für Finanzen, Herrn Nußbaum. – Sehr geehrter Herr Nußbaum! Sie haben vor über einem Jahr – ich frage aus aktuellem Anlass wegen des Lehrerstreiks – in einer Berliner Tageszeitung die Perspektivlosigkeit für angestellte Lehrkräfte moniert und festgestellt, dass es demotivierend ist und deshalb Anreizstrukturen für angestellte Lehrkräfte nötig sind und dass der Senat daran arbeitet. Was haben Sie in diesen letzten 13, 14 Monaten in konkreten Schritten und Maßnahmen unternommen, um die Situation der angestellten Lehrkräfte zu verbessern?
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Mutlu! Ihnen ist vielleicht aufgegangen, dass es uns gelungen ist – Sie haben das letzte Jahr angesprochen –, nach langen Verhandlungen in die Tarifgemeinschaft der deutschen Länder zurückzukehren. Das war immer ein Anliegen der Arbeitnehmervertreter, dass der Sonderweg Berlins in dieser Frage, der über ein Jahrzehnt angedauert hat, aufgegeben wird. Dazu war es notwendig, Regelungen, die sich in den letzten Jahren hier in Berlin entwickelt haben, die aber von der TdL, also den übrigen Ländern, nicht nachvollzogen worden sind, anzupassen, zu harmonisieren auf das TdL-Gefüge. Das hat über ein Jahr gedauert und war auch nicht einfach zu verhandeln, denn wenn Sie in eine Tarifgemeinschaft zurückkehren, können Sie keine Sonderregelungen mehr haben. Dann müssen Sie in die Tarifgemeinschaft hineinkommen, und dann muss man eine gemeinsame Basis haben. Diese gemeinsame Basis können wir nicht einseitig einfordern, sondern die muss mit den übrigen Mitgliedern der TdL konsentiert werden. Das ist gelungen. Und das war eines der Hauptanliegen der Arbeitnehmervertreter und auch derjenigen, die die Angestellten vertreten und damit letztlich auf die angestellten Lehrer.
Nun sind wir in der TdL, und die TdL hat über Ostern in Potsdam Tarifverhandlungen geführt, die zu einem sehr bedeutenden Abschluss, positiven Abschluss für die angestellten Lehrerinnen und Lehrer geführt haben. Das haben Sie vielleicht vergessen zu erwähnen. Aber dann sage ich Ihnen das noch mal: über 5,6 Prozent in zwei Jahren. Und wir haben uns als Land verpflichtet, noch mal 0,5 Prozent pro Jahr als Anpassungspfad oben freiwillig draufzulegen, also ein Abschluss, der deutlich über 6 Prozent für die Lehrerinnen und Lehrer liegt. Das ist für den Haushalt nicht einfach, und es ist schwer zu verkraften, aber ich freue mich für die Lehrerinnen und Lehrer, dass sie das in den Verhandlungen rausgeholt haben. Aber wenn man dann einen Abschluss gemacht hat – das
sage ich an dieser Stelle auch ganz deutlich –, dann sollte man auch so fair sein und sagen, das war jetzt der Tarifabschluss, und nicht eine Klausel nutzen, um dann sozusagen auch in Streiks Berlin in Geiselhaft zu nehmen für etwas, was wir hier in Berlin gar nicht leisten können.
Ich sage Ihnen noch mal deutlich: Da wird von den Lehrerinnen und Lehrern verlangt, dass wir die Eingruppierung bundeseinheitlich regeln. Berlin gruppiert auf dem höchsten Niveau ein. Es ist richtig, in den Ostländern, die eine andere Haushaltssituation und einen anderen Werdegang haben, gibt es niedrigere Eingruppierungen der Lehrerinnen und Lehrer. Dafür hat die GEW gekämpft, hat sich bei Verdi im eigenen Tarifgefüge nicht durchgesetzt. Und in den Tarifverhandlungen in Potsdam hat die Bundesgewerkschaft gesagt, dieses Thema ist ihr nicht so vorrangig, dass sie dafür einen Tarifabschluss zurückstellt, und hat das ausgeklammert, obwohl zwei Tage in Potsdam darüber verhandelt worden ist. Jetzt geht die lokale GEW in Berlin hin und verlangt von uns, dass wir bundeseinheitlich einen Tarifvertrag organisieren und abschließen, der eine Eingruppierung der Lehrerinnen und Lehrer regelt. Ich wüsste nicht, wie ich das tun sollte und könnte, für Sachsen oder andere Bundesländer einen einheitlichen Flächentarifvertrag herzustellen, halte ich auch nicht für klug, denn es war auch Sinn und Zweck, in die TdL einzutreten, weil der Flächentarifvertrag darüber hergeführt wird, und das ist ein hohes Gut, einen Flächentarifvertrag zu haben. Ich wüsste objektiv gar nicht, wie wir diese Forderung herbeiführen können. Da wir ohnehin schon mit E 13 aufwärts eingruppieren, in der E-5-Regelung, wüsste ich auch gar nicht, was wir individuell besser tun könnten. Man könnte natürlich zurückstufen, ja, gut, aber ich glaube, das wäre nicht die richtige Antwort. Jedenfalls kann ich nicht für Sachsen oder andere einen Tarifvertrag machen.
Das andere Thema, das da gefordert wird, Gleichstellung von Angestellten und Beamten, weil man ausgerechnet hat, über eine Lebenszyklusperiode würde man als angestellter Lehrer 100 000 Euro oder was netto weniger bekommen, können wir nicht ganz nachvollziehen. Dann müsste man allerdings auch das Thema Beamtenbesoldung in einem neuen Licht erscheinen lassen, wenn das wirklich so ist, dass die verbeamteten Lehrer in dieser Größenordnung über den Lebenszyklus bevorzugt werden. Kann ich in dem Moment auch nicht abschaffen.
Zum dritten Thema, das sie angesprochen haben, wie wir mit dem ganzen Thema Altern, Gesundheit usw. umgehen, haben wir Gespräche angeboten. Da kann ich Ihnen auch sagen: Die hat die GEW nicht wahrgenommen. Das ist zurzeit der Stand der Dinge.
Um Ihre Frage noch mal konkret zu beantworten: Durch den Beitritt in die TdL ist allein mit dem Tarifabschluss in Potsdam ein sehr guter Abschluss für die angestellten Lehrerinnen und Lehrer erreicht worden, der hier im
Herr Senator, danke erst mal für die ausführliche Antwort! Aber sie ist nicht zufriedenstellend, TdL-Klausel hin und her. Fakt ist, wir haben eine Mehrklassengesellschaft in den Lehrerzimmern. Lehrerinnen und Lehrer werden für die gleiche Arbeit in mehreren unterschiedlichen Stufen bezahlt. Fakt ist aber auch, dass die Lehrerinnen und Lehrer, die jetzt den vierten Tag streiken, das nicht aus Jux und Tollerei machen. Daher meine Frage an Sie konkret: Werden Sie sich mit der GEW und anderen Lehrerverbänden endlich an einen Tisch setzen, damit man diese unsägliche Situation, die im Endeffekt auch dazu führen könnte, dass die Schülerinnen und Schüler die Leidtragenden sind, die am wenigsten dafür können, dass das endlich mal beendet wird bzw. man einen gemeinsamen Weg findet, den der Senat in Anbetracht der Haushaltslage, aber auch die Gewerkschaften und Lehrer mitgehen können, einen Weg, der beide Seiten zufriedenstellt?
Sehr geehrter Herr Präsident! Lieber Herr Mutlu! Ich sage Ihnen mal ganz deutlich: Ich vertrete hier auch als Ressortchef knapp 7 000 Finanzbeamte, und wir haben im Finanzressort auch eine Anzahl von Mitarbeitern, und es ist auch da üblich, dass wir in der gleichen Stelle in der gleichen Funktion Beamte und Angestellte nebeneinander haben. Sie haben eben über den Haushalt gesprochen. In meiner Haushaltsabteilung habe ich in der gleichen Position Angestellte und Beamte.
Ich will es Ihnen erst mal nur sagen, weil Sie es als etwas Schändliches darstellen, dass Beamte und Angestellte eine gleiche Funktion oder Aufgabe wahrnehmen. Ich kann das so nicht nachvollziehen, habe ich einfach eine andere Sichtweise. Das ist Teil auch der Historie und der unterschiedlichen Entwicklungen. Da wir ohnehin nicht
Der Zweite: Ich habe Ihnen erklärt, was dort verlangt wird. Darüber können wir nicht verhandeln, sondern das muss die GEW im Rahmen ihrer Gewerkschaftsorganisation mit Verdi klären. Verdi hat sich mittlerweile schon sehr irritiert gegenüber dem Verhalten der GEW gezeigt und hat das auch schriftlich gemacht. Die Tarifgemeinschaft der deutschen Länder, in die wir eingetreten sind, wird das Thema angehen. Ich nehme an, dass es bei der nächsten Tarifverhandlung auch Gegenstand der Gespräche werden wird. Wir sehen das positiv, weil es Berlin de facto nicht betrifft. Wir stufen auf der höchsten Stufe ein. Insofern ist das mehr ein Thema für Sachsen und andere Länder, die zum Teil bei E 12 und noch niedriger sind.
Wir geben den Junglehrern ohnehin die höchste Einstufung – netto 1 400 Euro. Mitarbeiter, die mit zwei Staatsexamen bei mir in die Finanzverwaltung kommen, werden deutlich schlechter bezahlt. Man muss sich auch langsam mal fragen – es gibt ja neben Lehrern auch noch andere Beamte und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes, die das Funktionieren des Landes sicherstellen –, ob man da noch eine Gerechtigkeit innerhalb des Systems hat. Ich denke, das ist die Ebene, auf der wir dann weiter diskutieren müssen.
Es tut mir sehr leid, Herr Nußbaum, meine Frage richtet sich in selbiger Angelegenheit auch an Sie. Unabhängig davon, dass die Schere zwischen der Angestelltenbezahlung und der Beamtenentlohnung in den letzten 15 Jahren immer weiter auseinandergegangen ist – darüber müsste man an anderer Stelle mal reden –, bekommen wir alle mit, dass die angestellten Lehrerinnen und Lehrer gerade ihren dritten Warnstreik in diesem Jahr durchführen. Morgen wollen sich die Schülerinnen und Schüler solidarisieren. Welche Möglichkeiten sehen Sie für den Senat, den Konflikt zwischen dem Senat und den angestellten Lehrkräften hinsichtlich der tariflichen Eingruppierungsregelung zu lösen und auch die Regelungen zu alternsgerechten Arbeitsbedingungen zu verändern? Ich frage Sie: Welche Konfliktlösungsmöglichkeiten sehen Sie?
Ich kann Ihnen erst einmal nur das wiederholen, was ich gesagt habe. Was mich wirklich wundert – und das sage ich klar und deutlich –: Man wollte, dass das Land Berlin in die TdL zurückkehrt und keine Einzelverhandlungen mehr macht. Ich hätte mich gefreut, Einzelverhandlungen, wie wir das in der Vergangenheit gemacht haben, mit den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern dieses Landes zu führen. Gerne, aber der Wunsch war ein anderer! Die Gewerkschaften haben darauf bestanden, haben dafür gekämpft, dass wir in die TdL gehen, und jetzt sind wir in der TdL. Und diese TdL hat das Thema Eingruppierung zwei Tage lang verhandelt, und man hat es zurückgestellt und hat einen Tarifabschluss gemacht. Und auch die Gewerkschaft GEW hat gern diesen hohen Tarifabschluss mitgenommen, das Geld mitgenommen, und hat gesagt: Ja, okay! – Dann hätte ich es für geradliniger gehalten zu sagen: Wir finden diese Eingruppierung so wichtig, dass wir diesen Tarifabschluss in Potsdam, das Geld nicht akzeptieren. Auch die Solidarität mit den Kollegen, vor allen Dingen in Ostdeutschland – ich sagte, in Berlin ist ja gar keiner betroffen, weil wir ganz oben eingruppieren – ist uns so wichtig, dass wir nicht den schnöden Mammon nehmen. Aber man hat die 5,6 Prozent eingesteckt und dann gesagt: Streikt in Berlin stellvertretend für alle anderen! Das ist der Umstand.
Zum Thema altersgerechte Arbeitsbedingungen haben wir Gespräche angeboten, und die sind bislang nicht angenommen worden.
Herr Nußbaum! Sie kennen ja sicherlich das Gerichtsurteil von 22. April dieses Jahres. Hier ist per Gericht festgestellt worden, dass Sie Verhandlungspartner für die GEW sind, und zwar jetzt, in Berlin. Dem verweigern Sie sich doch. Es kann jedes Bundesland weitere Vereinbarungen mit seinen Angestellten treffen. Ich frage Sie: Werden Sie dem Ruf der Streikenden und der Aufforderung des Landesschulbeirates folgen und Gespräche dazu führen? Ein Gesprächsangebot Ihrerseits ist zumindest der GEW bis zum heutigen Tag nicht bekannt.
Wir wiederholen uns jetzt gemeinsam, aber ich sage es Ihnen gern nochmals: Das Thema Eingruppierung, einen Flächentarifvertrag für ganz Deutschland herbeizuführen, kann ich nicht in Berlin darstellen. Ich würde noch Verständnis dafür haben, wenn wir mit E 12 einstuften, und man würde jetzt dafür kämpfen, E 13 zu bekommen. Einverstanden! Das ist aber nicht – wir machen bereits E 13. Das kann die GEW nur im Rahmen ihrer Organisation insgesamt erreichen.
Der Streik ist in der Tat zugelassen worden. Aber wir werden klären, da es nur ein einstweiliges Verfahren war, wie die Abgrenzung zwischen der TdL und der Landeskompetenz ist. Das ist in der Tat schwierig und interessant, weil wir über Jahre nicht in der TdL waren und es in der Tat jetzt auch nicht mehr ganz klar ist, welche Bereiche rechtlich sozusagen unter dem Vorbehalt der TdL sind und welche Bereiche noch in der individuellen Kompetenz des Landes sind. Das ist aber nicht in diesem Verfahren bezogen auf die Rechtmäßigkeit des Streiks entschieden worden, sondern dazu werden wir in die nächsten Instanzen gehen, um das zu klären. Wenn wir dann die Klärung haben, werden wir uns auch entsprechend verhalten.
Vielen Dank! – Meine Frage richtet sich an den Regierenden Bürgermeister und bezieht sich auf die letzte Sitzung des Bundesrates und die Abstimmung über die Neuregelung der Bestandsdatenauskunft. Nun ist ja jetzt Medienberichten zu entnehmen, dass in Bezug auf diese Abstimmung aufgrund einer etwas alarmistischen Argumentationshilfe vonseiten des Innenministeriums von Nordrhein-Westfalen Druck ausgeübt worden ist, unter anderem auch auf Vertreter des Landes Berlin. Deshalb die Frage: Welche Kommunikation gab es vonseiten des Innenministeriums NRW an Sie und die anderen Vertreter des Landes Berlin im Bundesrat, und hatte das irgendeinen Einfluss auf die Entscheidung, dann am Ende doch für die Neuregelung zu stimmen und sich nicht zu enthalten?
Herr Präsident! Herr Abgeordneter! Es natürlich im Vorfeld der Bundesratssitzung in den entsprechenden Fachgremien Erörterungen gegeben. Inwieweit da im Diskussionsprozess gegenseitige Überzeugungen gewonnen
worden sind oder nicht, kann ich jetzt im Einzelnen hier nicht nachvollziehen. Das Land Berlin hat dann dem Gesetz zugestimmt, und dazu stehen wir auch.
Nun gut, dann fragen wir mal so: Es müsste sich doch zumindest nachvollziehen lassen – – Es ist ja üblich, dass der Senat in der letzten Sitzung vor der Bundesratssitzung Entscheidungen darüber trifft, wie im Bundesrat abgestimmt wird. Wann war denn die letzte Senatssitzung vor dieser Bundesratssitzung, wurde dort eine Entscheidung zu dieser Abstimmung getroffen, und wenn ja, welche?
Herr Präsident! Herr Abgeordneter! Selbstverständlich berät der Senat die Tagesordnung des Bundesrates und natürlich auch über strittige Themen, die sich aus der Koalition heraus ergeben, und legt dann sein Abstimmungsverhalten fest. Das hat hier in diesem Fall auch stattgefunden, ich glaube, in der Senatssitzung vor dem Bundesrat – wie immer.
Mit dem Ergebnis, dass wir zustimmen. Das habe ich gerade eben gesagt. Sonst hätte es die Zustimmung nicht gegeben. Es gibt auch das Festlegen „pflichtgemäßes Ermessen“, wenn noch Dinge in Bewegung sind, die noch in den entsprechenden Runden bis zum Freitag passieren. Dann spricht man sich noch mal ab, und dann wird durch die Stimmführerin Frau Kolat entschieden, die dann im Bundesrat für das Land Berlin abstimmt. Aber das ist natürlich in den meisten Fällen auch mit einer Konsultation verbunden.
Vielen Dank! – Die erste Runde nach der Stärke der Fraktionen ist beendet. Wir können nunmehr die weiteren Meldungen im freien Zugriff berücksichtigen. Wie üblich werde ich diese Runde mit einem Gongzeichen eröffnen. Schon mit dem Ertönen des Gongs haben Sie die Möglichkeit, sich durch Ihre Ruftaste anzumelden. Alle vorher eingegangenen Meldungen werden gelöscht.