Protokoll der Sitzung vom 30.05.2013

[Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Aber schauen wir uns doch die Sachlage einmal gemeinsam an, Herr Dr. Albers, wo Sie doch jetzt schon Ihre Kurzintervention beantragt haben, ohne zu Ende zuzuhören!

[Zuruf von Dr. Wolfgang Albers (LINKE)]

Die jährliche Krankenhausförderung lag im Jahr 2001 bei rund 170 Millionen Euro, bei Ihrem Regierungsende bei noch rund 94 Millionen Euro. Die Bettenzahl wurde in Ihrer Amtszeit, unter Ihren Senatorinnen, um weitere 2 000 Betten reduziert. All diese Politik wurde von Herrn Dr. Albers in der 22. Sitzung des Abgeordnetenhauses in der 16. Wahlperiode am 6. Dezember 2007 bei den Beratungen zum Einzelplan 11 angekündigt. Ich zitiere:

Wir stehen zu unseren öffentlichen Krankenhäusern und zu unseren Investitionsverpflichtungen.

Dann wissen wir ja ungefähr, was Sie darunter verstehen, zu Ihren Verpflichtungen zu stehen.

Die ehemalige Senatorin Lompscher, die heute noch nicht einmal die Muße hat, diese Debatte weiter zu verfolgen, sondern lieber draußen ist, hat zudem zugelassen, dass in der mittelfristigen Finanzplanung, Herr Dr. Albers, des Senats beschlossen wurde, dass die Mittel aus dem Darlehensprogramm ab 2015 eben nicht in Investitionsmittel umgewandelt werden. Das heißt im Klartext: Ihre Linkspartei ist dafür zuständig. In Ihrer Planung wäre es so gewesen, dass wir von 94 Millionen Euro auf 60 Millionen Euro Förderung zurückfallen. Diesen Weg gehen wir nicht mit. Aber genauso wenig lassen wir zu, dass Sie von der Linksfraktion sich jetzt plötzlich in der Opposition zu Rettern und Anwälten der Krankenhäuser aufschwingen, nachdem Sie diese zehn Jahre lang kaputtgespart haben. Sie tragen die Verantwortung für die Unterfinanzierung der Krankenhäuser in dieser Stadt.

[Beifall bei der CDU – Jürn Jakob Schultze-Berndt (CDU): Hört, hört! – Udo Wolf (LINKE): Und das nach Landowsky! Das ist nicht zu glauben!]

Unser Ziel ist klar: Wir werden die Krankenhausfinanzierung stabilisieren und verbessern. Die CDU und die Koalition, an der Spitze mit unserem Senator Mario Czaja, kämpfen gemeinsam dafür, dass wir die Mittel aus dem Darlehensprogramm ab dem Jahr 2015 in Investitionsmittel für die Berliner Krankenhäuser umwandeln werden. Das heißt, es wird das erste Mal nach Jahrzehnten wieder neue Investitionsmittel, ein Mehr an Investitionsmitteln

für die Krankenhäuser geben. Wir streben an, dass wir von den 60 Millionen Euro, die wir heute real pro Jahr ausgeben, mindestens auf die 94 Millionen Euro inklusive der Darlehensmittel dann als Investitionsmittel kommen.

[Anja Kofbinger (GRÜNE): Denken Sie an die 60 000 Euro!]

Um ungefähr den Durchschnitt der bundesweiten Förderung der Krankenhäuser erreichen zu können – – Sie können da jetzt reinrufen oder nicht. Gerade hat Ihr Kollege Thomas noch gesagt, Sie wollten die 100 Millionen Euro. Jetzt reden wir von den 100 Millionen Euro, da rufen die Grünen dazwischen. Einig ist man sich in Ihrer Fraktion offenbar nicht, meine Damen und Herren!

[Beifall bei der CDU – Jürn Jakob Schultze-Berndt (CDU): Hört, hört! – Zuruf von der LINKEN: Hauptsache, Sie sind sich einig!]

Wir streben eine Fördersumme von durchschnittlich 100 Millionen Euro an – das hat Ihr Kollege gerade richtig gesagt –, was die richtige Investitionssumme für die Krankenhäuser ist. Mir ist bewusst – das hat auch der Kollege Isenberg gesagt –, dass diese Summe, wenn man die höhere Fallschwere in Berlin berücksichtigt, nicht völlig ausreichend ist und auch keine perfekte Ausfinanzierung der Berliner Krankenhäuser bedeutet. Aber es ist nach diesem Jahrzehnt ein Schritt in die richtige Richtung. Zudem werben wir als CDU-Fraktion dafür, dass wir mit der Umstellung auf die Pauschalförderung auch zugleich eine Einführung von Verpflichtungsermächtigungen für die Krankenhäuser haben, denn die Krankenhäuser haben einen längeren Planungshorizont als die zwei Jahre, für die wir hier unsere Haushalte verabschieden.

Jetzt können Sie, liebe Linksfraktion, so häufig dazwischenrufen und Ihren Eckwertebeschluss hin- und herdrehen. Wir können gern mit der mittelfristigen Finanzplanung zurückwinken. Der Haushalt wird erst noch vom Senat und dann von uns hier im Abgeordnetenhaus beschlossen. Ob es Ihnen gefällt oder nicht, diese Koalition wird im Gegensatz zu Ihnen durchsetzen, dass es eine Verbesserung der Krankenhausfinanzierung geben wird. Es wäre schön, wenn Sie dies bereits während Ihrer Regierungsverantwortung erkannt hätten und nicht erst in Oppositionszeiten aufgewacht wären. – Herzlichen Dank!

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Danke schön, Herr Kollege Ludewig! – Für eine Kurzintervention hat sich der Kollege Dr. Albers von der Linksfraktion gemeldet. – Sie haben das Wort, bitte sehr!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Mit der Geschichtslosigkeit ist das so ein Problem, wenn die Kinder Landowskys hier nach vorn kommen.

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN und den PIRATEN – Zurufe von der CDU]

Ich will Sie darauf aufmerksam machen, dass der eigentliche Bruch in der Berliner Krankenhausinvestitionspolitik 1993 erfolgt ist. Da sind Sie von 330 Millionen auf 1994 235 Millionen heruntergegangen – innerhalb eines Jahres fast 100 Millionen. Sukzessive sind Sie dann runtergegangen bis 2000 auf 133 Millionen. Es gab dann allerdings weitere Kürzungen, die sind bekannt. Wir waren auf dem Tiefpunkt 2007 mit 84 Millionen, und waren dann zuletzt 2010 wieder auf 132 Millionen, auf dem Stand von 2000. Alles andere, was Sie hier erzählen, ist Legendenbildung.

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN]

Es geht jetzt definitiv darum, dass der Auflagenbeschluss unseres Abgeordnetenhauses umgesetzt wird, der nämlich besagt, dass die 34 Millionen, die ab Juni 2015 frei sind, weiter den Krankenhäusern in Berlin zur Verfügung stehen. Sie haben in der roten Nummer 0061 A definitiv festgelegt, dass im Jahr 2014 zwar 106 554 000 Euro ausgegeben werden für die Krankenhäuser, dann aber im Jahr 2015 nur noch 79 Millionen. Und dann steht da der kleine Satz:

Der Rückgang oder die Absenkung der Investitionen in 2015 ist zurückzuführen auf das Auslaufen des Darlehensprogramms.

Das sind aber in diesem Jahr nur 16 Millionen. Sie kürzen aber um 27 Millionen; die anderen 11 Millionen streichen Sie klammheimlich ein und glauben, kein Mensch merkt es. Das sind die Zahlen, um die es hier geht. Wie schwierig es ist, diese Gelder zu beschaffen, wissen wir. Das Problem ist nur, dass Sie auf Seite 66 Ihres Wahlprogramms den Leuten versprochen haben, Sie hätten das Geld. Dann mal her mit dem Portemonnaie und raus mit der Kohle!

[Beifall bei der LINKEN]

Und dann für die Krankenhäuser zur Verfügung gestellt! Aber was Sie in der Nummer 0061 A tun – die müssen Sie sich dann einfach mal angucken –, ist das Aufweichen Ihres eigenen Programms und ist die Bankrotterklärung, dass es mit Ihren eigenen Finanzierungsvorstellungen offensichtlich nicht klappt. Und wenn das dann so ist, dann greifen Sie wenigstens auf das Geld zurück, das jetzt vorhanden ist, und sorgen dafür, dass die 34 Millionen auch weiterhin den Krankenhäusern zur Verfügung gestellt werden! – Vielen Dank!

[Beifall bei der LINKEN]

Danke schön! – Das Wort zur Erwiderung hat der Kollege Ludewig. – Bitte sehr!

Herr Dr. Albers! Sie haben zwar ganz viele Worte verwendet,

[Zuruf von der LINKEN: Zahlen!]

aber auf die mittlere Finanzplanung, die, Ihre Senatorin, ein Absenken der Finanzierung auf 60 Millionen eingeschlossen hat, was beschlossen worden ist, was Sie nachlesen können – ich kann Ihnen die Tabelle gerne gleich geben –, auf diese Fragen, Herr Dr. Albers, gehen Sie nicht ein.

[Udo Wolf (LINKE): Haben Sie nicht zugehört?]

Ich verstehe ja, dass es Ihnen wehtut, dass in Ihrer Amtszeit, in Ihren zehn Jahren, massiv gespart worden ist. Ist alles in Ordnung. Aber dass Sie jetzt neuerdings uns vorrechnen, dass Sie die Krankenhäuser ausfinanziert haben, dass Sie eigentlich bei 150 Millionen gewesen sind, das, mein lieber Herr Dr. Albers, gehört in das Reich der Legendenbildung. Und dass Sie neuerdings für die Kinder schon wieder die Väter und deren Verantwortung zitieren, zeigt, wie schwach Ihr Argument in der heutigen Zeit ist. Schauen Sie sich die Tabellen Ihrer mittleren Finanzplanung an, und dann rate ich Ihnen eins: Warten Sie doch mal die Haushaltsberatungen ab, und schauen Sie dann, welche Summen wir für die Krankenhäuser nachher ausgeben! Und dann können wir gern noch einmal miteinander diskutieren. Sie werden sehen: Unter dieser Koalition wird es den Krankenhäusern deutlich besser gehen als unter den zehn Jahren rot-roter Senatsführung. Frau Lompscher, herzlich willkommen, dass Sie am Ende der Debatte auch wieder da sind! Auf jeden Fall freuen wir uns, dass es jetzt unter Senator Czaja den Krankenhäusern besser gehen wird. – Herzlichen Dank!

[Beifall bei der CDU]

Danke schön, Herr Kollege Ludewig! – Für die Piratenfraktion hat der Kollege Kowalewski das Wort. – Bitte sehr!

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Vielleicht ein Wort zur Klarstellung. Das hat man vielleicht gerade nicht ganz so gut mitbekommen: Es geht hier um einen Berichtsauftrag, und zwar für einen wichtigen Bericht, den wir für die Haushaltsberatung brauchen. Leider ist das Berichtsdatum, das im Antrag steht, in einem Monat. In Anbetracht der ersten Lesung des Einzelplans 11 am 19. August kann man das jetzt auch nicht weiter groß ausdehnen. Der Antrag hat also eigentlich nur

dann Sinn, wenn er schnell beschlossen wird. Bei der Verweisung an zwei Ausschüsse, die jeweils auch nicht ganz unerhebliche Unerledigtenlisten haben, wird das wahrscheinlich nicht passieren. Warum haben wir also keinen Antrag auf sofortige Abstimmung? Müssen wir in zwei Ausschüssen darüber reden, ob wir einen Bericht vom Senat anfordern?

Aber zum Inhalt. Ein Beispiel: Die Neonatologie in der Charité im Campus Mitte sollte im Zuge des Umbaus mit in den Neubau mit der Intensivmedizin ziehen. Das ist medizinisch eine sehr gute Idee. Leider war es aber nicht finanzierbar. Deswegen bleibt die Neonatologie jetzt im Bettenhochhaus. Wo haben wir denn als Haushaltsgesetzgeber die Möglichkeit, da einzugreifen? – Ohne auskömmliche Finanzierung müssen die Kliniken ihre Investitionskosten – das haben wir gerade schon gehört – eben aus den Fallpauschalen erwirtschaften, was dem Konzept der dualen Finanzierung komplett zuwiderläuft und daher von allen möglichen Seiten zu Recht bemängelt wird. Das heißt dann nämlich auch auf der anderen Seite Einschnitte bei Personal und Qualität, für die eigentlich dieses Geld bezahlt wird. Das heißt, Wartezeit in der Notaufnahme, Hygieneprobleme – das kaufen wir uns alles damit ein, dass wir die Gelder an der falschen Stelle verwenden. Oder die Krankenhäuser müssen eben bei den Krankenkassen betteln gehen. Das funktioniert meistens auch nicht, weil die Krankenkassen sagen: Die Investitionskosten sind nicht unsere Aufgabe. Oder – das ist die dritte Möglichkeit, die dann meistens übrigbleibt – die Investitionen werden einfach nicht getätigt. Das führt dann zu einer Verschlechterung der Qualität bis hin zum Kollaps, und zwar entweder metaphorisch oder eventuell sogar irgendwann statisch.

Dass die maroden Gebäude und die teilweise antiquierte Technik in den Krankenhäusern das Wohl und die Genesung der Berliner Patienten gefährden, bekommen Menschen, die nicht – toi, toi, toi – Krankenhäuser betreten müssen, kaum mit. Man merkt es immer dann, wenn ganz besonders blöde Dinge passieren, wenn z. B. die Großküche der Charité wegen Baumängeln vom Gesundheitsamt geschlossen wird. Dann merken wir alle, dass etwas nicht stimmt. Das hat dann aber leider auch keine spürbaren Folgen.

Berlin ist seit Jahren eines der Länder mit der geringsten Krankenhausfinanzierung. Selbst mit den Forderungen von Senator Czaja wären wir weiterhin eines der Länder mit der geringsten Krankenhausfinanzierung. Das würden wir einfach gern ändern, und das würden wir auch gern jetzt in den Haushaltsverhandlungen ändern. Wir wollen natürlich auch nicht mit öffentlichen Geldern irgendwelche Luftschlösser finanzieren, das ist klar. Die Investitionswünsche der Krankenhäuser müssen auch daran gemessen werden, inwieweit sie tatsächlich die Versorgung der Patienten verbessern. Wir unterstützen auch die Spezialisierung der Häuser. Es muss also nicht in Berlin

überall alles immer angeboten werden, wenn die sinnvolle Aufgabenteilung ordentlich kommuniziert wird.

Über all diese Sachen würden wir gerne reden. Dafür brauchen wir eine Grundlage. Und deswegen, lieber Herr Senator Czaja – Senator Nußbaum ist jetzt leider nicht da –, sagen Sie uns doch einfach, was Sie vorhaben mit der Krankenhausfinanzierung. Das können Sie auch jetzt sofort tun. Sie können jederzeit das Wort ergreifen, und dann können wir weiterreden. – Vielen Dank!

[Beifall bei den PIRATEN und der LINKEN]

Danke, Herr Kollege Kowalewski! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Es wird die Überweisung des Antrags an den Ausschuss für Gesundheit und Soziales und an den Hauptausschuss empfohlen. – Widerspruch höre ich nicht. Dann verfahren wir so.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 4.4:

Priorität der Piratenfraktion

Tagesordnungspunkt 23

Menschenrechte von Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transgender in Moskau und ganz Russland schützen

Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, der Fraktion Die Linke und der Piratenfraktion auf Annahme einer Entschließung Drucksache 17/0998

Fünf Minuten pro Fraktion! Es beginnt die Piratenfraktion. Da ist mir der Kollege Baum als Redner benannt worden, dem ich jetzt das Wort erteile.