Protokoll der Sitzung vom 24.10.2013

Frau Dr. Hiller!

Kann es sein, Frau Kolat, dass wir ein sehr unterschiedliches Verständnis von Evaluierung haben, in dem Sinn, dass wir meinen, dass Evaluierung helfen soll, Projekte fortzuführen, dass es eine qualitative Beeinflussung sein soll und dass das Externe machen sollten? Und in diesem Sinn frage ich Sie, ob Ihnen bekannt ist, dass zum Bei

spiel ein sehr erfolgreiches Gründerinnenprojekt, der „HAFEN“ in Marzahn, durch diese Evaluierung in seinem Bestand gefährdet ist und vermutlich in diesem Jahr geschlossen werden muss.

Bitte schön, Frau Senatorin Kolat!

Jetzt sprechen Sie gerade meiner Fachabteilung im Haus ab, dass sie in der Lage ist, eine Evaluierung vorzunehmen.

[Dr. Gabriele Hiller (LINKE): Gern! Sehr bewusst!]

Das finde ich sehr interessant, und nehme es gern zur Kenntnis. Wir haben aber diese Evaluation nicht ganz allein durchgeführt, sondern wir haben im Verfahren auch die Bezirke mit beteiligt. Wir haben dort auch die Erfahrungen vor Ort mit eingebunden. Das können Sie alles in dem Bericht nachvollziehen. Das ist transparent getan worden.

[Dr. Gabriele Hiller (LINKE): Wo ist er denn, der Bericht?]

Dass Sie mit dem Ergebnis an der einen oder anderen Stelle nicht zufrieden sind, kann ich sogar nachvollziehen, weil jeder Abgeordnete auch ein Lieblingsprojekt im eigenen Wahlkreis oder persönliche Bezüge hat. Dass Sie wollen, dass alle Stellen wie vorher weiter finanziert werden, kann ich sogar aus Ihrer Sicht verstehen, aber das war nicht der Auftrag.

Evaluation heißt, auch kritisch raufzugucken, und Evaluation heißt, dann auch ehrlich zu dem Schluss zu kommen, es wird nicht weiterfinanziert. Und die Projekte haben die Möglichkeit, neue Anträge zu stellen. Wenn sie die Kritikpunkte aufgreifen und ihre Konzepte ändern, haben sie auch wieder eine Chance, um es nachzuvollziehen. Ich bitte Sie auch wirklich, diesen Evaluationsbericht so auch zur Kenntnis zu nehmen.

[Zuruf von der LINKEN]

Danke schön!

Die nächste Frage geht an die Kollegin Bangert von Bündnis 90/Die Grünen.

Ich habe auch eine Frage an Frau Senatorin Kolat: Frau Senatorin Kolat! Trifft es zu, dass sich das Land Berlin, vertreten durch Ihre Senatsverwaltung, also durch die

(Dr. Gabriele Hiller)

Senatsverwaltung für Arbeit, Integration und Frauen, derzeit in einer gerichtlichen Auseinandersetzung im Zuge eines Ausschreibungs- und Vergabeverfahrens befindet, weil Ihre Verwaltung nach erfolgter Ausschreibung die Ausschreibungs- und Vergabekriterien nachträglich so verändert hat, dass ein Unternehmen den Auftrag bekommen hat, mit dem Ihre Senatsverwaltung bereits zusammenarbeitet? Wenn ja, wir bewerten Sie diesen Umstand, dass Ausschreibungskriterien nachträglich verändert werden?

Frau Senatorin!

Frau Abgeordnete! Die Details, die Sie mit vorgetragen haben, sind mir nicht bekannt. Ich habe gerade von meinem Staatssekretär kurz zugerufen bekommen, dass zum Teil Ihre Frage zutrifft. Ich würde Ihnen anbieten, dass ich Ihnen im Detail im entsprechenden Ausschuss zu diesem Sachverhalt berichte.

Eine Nachfrage, Frau Bangert? – Bitte schön!

Auch wenn Sie das nicht wissen, frage ich: Ist das ein Einzelfall – vielleicht können Sie dazu noch mal Ihren Staatssekretär befragen –, oder ist es gängige Ausschreibungs- und Vergabepraxis Ihrer Verwaltung, um die Unternehmen zu berücksichtigen, die Ihrer Verwaltung genehm sind?

Frau Senatorin!

Es ist in der Tat ein Einzelfall. Es ist nicht gängige Praxis. Sie wissen, wie kompliziert Vergabeverfahren sind. Ich werde dann zu gegebener Zeit detailliert berichten. Das war auch eine Empfehlung von unserer Rechtsberatung. Ich denke, das ist nicht tagtägliche Praxis.

Vielen Dank!

Die nächste Frage geht an Herrn Dr. Behrendt! – Bitte schön!

Danke schön, Herr Präsident! – Ich frage den für Justiz zuständigen Senator Heilmann: Ihr Brandenburger Amtskollege hat diese Woche mitgeteilt, dass er gedenkt, den Jugendarrest erzieherischer und pädagogischer auszugestalten. Vor dem Hintergrund, dass in Berlin der Jugendarrest vor allem durch hohe Mauern und Stacheldraht auffällt, frage ich Sie, wie Sie die Ideen aus Brandenburg finden.

Bitte schön, Herr Senator Heilmann!

[Zuruf: Ohne Zettel!]

Sie werden lachen, ich habe auch dafür einen Zettel. Ich kann aber auch ohne antworten, weil ich das Thema gut kenne. – Herr Präsident! Herr Abgeordneter Behrendt! Meine Damen und Herren! Herr Schöneburg hat mich schon vor einigen Wochen darauf hingewiesen, dass er Maßnahmen in Brandenburg einführen will, die er mir aber noch genau vorstellen möchte. Diese sind mir noch nicht vorgestellt worden.

Ich darf Sie darauf hinweisen, dass Berlin heute viel mehr macht als Brandenburg zurzeit. Wir haben – wie Sie vermutlich wissen, weil wir uns im Rechtsausschuss schon einmal vor einigen Monaten damit befasst haben – ein Programm während des Arrestes, bei dem mit Jugendlichen – sie würden im normalen Vollzug Behandlungsvollzug bekommen – mit ihrem Defizit gearbeitet wird. Dieses Programm haben wir schon ein Stück weit ausgebaut. Die von Ihnen nicht so geliebte Lokalität bietet viel mehr Platz dafür als die alte, weil sie sehr viel großzügiger ist als die bisherige. Sie ist auch nicht neu gebaut worden, sondern ist die Übernahme einer leerstehenden Immobilie des Vollzugs gewesen. Insofern kann ich die von Herrn Schöneburg vorgetragenen Maßnahmen nicht abschließend bewerten, weil ich sie nicht detailliert kenne. Ein Problem des Arrestes ist seine gesetzliche Limitierung auf vier Wochen, weil eine Behandlung von Defiziten in vier Wochen nicht möglich ist. Die Antwort kann nun nicht sein, dass jemand eine längere Behandlung erhält – vergleichbar einer Zwangsbehandlung. Deswegen können wir nicht sagen, den Betroffenen lieber gleich in Jugendhaft zu stecken. Der Arrest ist das mildere Mittel und deswegen das bessere Mittel.

Gibt es eine Nachfrage, Herr Dr. Behrendt? – Bitte!

(Sabine Bangert)

Herr Senator, schönen Dank auch für die Offenheit, die Sie an der Stelle signalisieren. Wie beurteilen Sie denn den Umstand, dass der von der CDU-Bundestagsfraktion als unerlässlich für die Bekämpfung der Jugendkriminalität bezeichnete Warnschussarrest in Berlin so gut wie überhaupt nicht zur Anwendung kommt?

Bitte, Herr Senator!

[Zuruf]

Ich soll damit groß herauskommen? Das stimmt nicht. Ich habe Ihnen immer gesagt, Herr Behrendt, als wir das im Ausschuss diskutiert haben, dass man auch Vertrauen zu den Berlinern Jugendrichterinnen und Richtern haben soll und dass diese das sehr angemessen anwenden werden. Ich sehe nicht, dass alle von Maßnahmen betroffenen Jugendlichen zusätzlich einem sogenannter Warnschussarrest zugeführt werden sollen. Genau dieses Vertrauen rechtfertigen die Gerichte mit ihren Entscheidungen. Insofern ist das Gesetz richtig gewesen, weil es eine zusätzliche Option in dem großen Strauß von Maßnahmen ist. Es ist nicht so, dass er nie angewandt wird. Ich kann die Einzelfälle nicht beurteilen und soll sie als Justizsenator zu Recht auch nicht beurteilen, weil ich keine Kontrolle über die Entscheidungen von Gerichten ausüben soll. Ich kann Ihnen nicht sagen, ob es im Einzelfall richtig angewandt wurde oder nicht. Die Zahl zeigt doch, dass damit sehr sensibel umgegangen wird, was ich richtig finde.

Danke schön! – Die Fragestunde ist damit für heute beendet.

Ich komme zu

lfd. Nr. 3:

Aktuelle Stunde

gemäß § 52 der Geschäftsordnung des Abgeordnetenhauses von Berlin

Integrations- und Flüchtlingspolitik in Berlin

(auf Antrag der Fraktion der CDU)

in Verbindung mit

lfd. Nr. 28:

Bleiberecht für in Berlin lebende Flüchtlinge gewähren

Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 17/1223

in Verbindung mit

lfd. Nr. 30:

Unterkünfte für die protestierenden Flüchtlinge finden

Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 17/1225