Dirk Behrendt
Sitzungen
17/2
17/3
17/5
17/6
17/7
17/8
17/10
17/11
17/12
17/13
17/14
17/15
17/18
17/19
17/20
17/21
17/22
17/25
17/26
17/27
17/29
17/32
17/33
17/35
17/36
17/37
17/38
17/40
17/41
17/42
17/43
17/44
17/46
17/47
17/48
17/49
17/50
17/51
17/52
17/53
17/54
17/56
17/57
17/58
17/59
17/60
17/62
17/63
17/64
17/67
17/68
17/70
17/72
17/73
17/75
17/76
17/77
17/78
17/80
17/81
17/82
17/83
17/85
Letzte Beiträge
Kollege Lauer! Sind Sie mit mir der Meinung, dass der zuständige Justizsenator Heilmann vielleicht an dieser Debatte teilnehmen sollte?
Danke schön, Herr Präsident! – Meine Damen und Herren! Ich bin ganz froh, dass wir auch in der letzten Plenarsitzung dieser Legislaturperiode noch einmal über die Bürgerrechte sprechen, über die Rechte der Berlinerinnen
(Christopher Lauer)
und Berliner, auch von staatlichen Eingriffen verschont zu werden und nur so viel ihrer Freiheit preisgeben zu müssen, wie es für den Rechtsstaat unerlässlich ist. Denn um dieses Thema steht es in diesem Land leider nicht besonders gut.
Ich möchte mit einem Lob an die neue – jetzt doch noch neue – Datenschutzbeauftragte Frau Smoltczyk anfangen. Sie hat mit ihrem Bericht, den sie jetzt zu den stillen SMS vorgelegt hat, gezeigt, dass sie in die Fußstapfen ihres langjährigen Amtsvorgängers Dix getreten ist. Mutmaßungen, was eine Kontinuität oder Diskontinuität in der Arbeit und in der Kritik an der Arbeit des Senats angeht, hat sie damit widerlegt. Ich wünsche ihr für die Zukunft auch weiterhin diesen Biss, dieses kritische Nachfassen und das Finger-in-die-Wunde-Legen bei den Berliner Strafverfolgungsbehörden. Denn dieser Bericht hat wiederum gezeigt, dass es notwendig ist.
Es ist deswegen notwendig, weil sich die Staatsanwaltschaft offenbar gerne auf Eingriffsvorschriften beruft, gerne auch immer wieder neue Eingriffsvorschriften fordert, aber bei deren Anwendung und insbesondere bei der Berücksichtigung der Einschränkungen nicht gerade besonders konsequent vorgeht. Wir wissen das alles, der jetzige Bericht kann keine wirkliche Überraschung sein: In dem Bericht von Herrn Dix von vor vier Jahren zur Funkzellenabfrage – auch ein geheimes Ermittlungsinstrument, wir haben darüber hier unzählige Male diskutiert – stellte der Datenschutzbeauftragte fest, dass zum Teil die Voraussetzungen für diese Eingriffsmaßnahme nicht vorlagen. Das liest sich jetzt ein bisschen so ähnlich wie der Bericht über die stille SMS. Dort steht, dass nicht vernünftig dokumentiert wurde, dass man es nicht vernünftig nachprüfen kann, alles Missstände, die es schon vor vier Jahren zu beklagen gab. Diese Missstände gibt es bei der stillen SMS auch.
Ich frage mich vor allem – deswegen bin ich froh, dass er an der Debatte teilnimmt –, was der zuständige Justizsenator nach diesem Bericht über die Funkzellenabfrage unternommen hat, um diese Verselbstständigungstendenzen der Berliner Staatsanwaltschaft hier zu stoppen. Und was hat das für einen Erfolg mit sich gebracht? – Nichts! Der zuständige Justizsenator hat sich überhaupt nicht um dieses Thema gekümmert. Das hat man ja gemerkt an den Berichten zur Funkzellenabfrage, die er zunächst unterschrieben, durch den Senat gebracht, diesem Haus zugeleitet hat., dann aber, als die Hinweise darauf kamen – unter anderem auch aus der SPD-Fraktion –, dass das nichts mit dem zu tun hatte, was dieses Haus in breiter Einmütigkeit – die Linken waren da nicht dabei – über die Funkzellenabfrage gerne wissen wollte, die Staatsanwaltschaft nicht zugeliefert hat, hat er sich im Nachhinein von den eigenen Berichten distanziert. Wir erinnern uns alle daran. Wir haben es hier unzählige Male diskutiert,
zuletzt, glaube ich, im Mai dieses Jahres. Leider haben wir einen Justizsenator, der sich um diese geheimen Ermittlungsmaßnahmen und die Begrenzungen, die der Bundesgesetzgeber dort ins Gesetz geschrieben hat, zu wenig kümmert. Das muss dringend anders werden.
Es ist ja schön, dass Kollege Kohlmeier und die Piraten doch noch zueinander gefunden haben.
Das war am Anfang der Legislaturperiode – sagen wir mal – ein etwas schwieriges Verhältnis. Aber wie das so ist in guten Beziehungen, da gibt es mal bessere, mal schlechtere Phasen. Jetzt haben wir offensichtlich eine bessere Phase.
Ich kann mich dem Lob und dem Dank des Kollegen Kohlmeier, was die Frage der Bürgerrechtspolitik der Piratenfraktion angeht, nur anschließen. Es ist an diesem Punkt bedauerlich, dass Sie vermutlich dem neuen Abgeordnetenhaus nicht mehr angehören werden. Ich kann Ihnen aber versichern, dass meine Fraktion – ich hoffe auch andere Fraktionen, die Linke war auch immer mit dabei, außer bei der Funkzellenabfrage, da hat sie dagegengestimmt, weil sie diese ganz ablehnen – den Sicherheitsorganen im Lande Berlin auch weiterhin auf die Finger guckt.
Es hat auch nichts damit zu tun, was womöglich die CDU gleich wieder vorbringt, dass das alles nur Misstrauen nur sei, um die kostbare Arbeit der Sicherheitsorgane zu diskreditieren,
sondern es ist unsere Aufgabe als Parlament, Herr Rissmann. Es ist unsere Aufgabe als Parlament, den Sicherheitsorganen auf die Finger zu gucken und, wenn es Missstände gibt – und diese Missstände gibt es, das hat der Bericht von Frau Smoltczyk deutlich gezeigt –, auf Abhilfe zu drängen. Denn es kann nicht sein, dass wir immer weitere Verschärfungen im Sicherheitsbereich fordern, aber die vorhandenen nicht vernünftig anwenden.
Herr Juhnke wird auch gleich geltend machen, dass diese ganze Kritik nur den Verbrechern nutzt – ich verkürze das mal ein bisschen –, dass es sozusagen Verbrecherschutz ist, wenn man Kritik übt, dass zu tief in die Rechte der Bürgerinnen und Bürger eingegriffen wird.
Das weiß ich nicht, ob er das auch noch sagt. Ich will nicht alles vorwegnehmen, was er sagt, wobei es meistens keine Überraschungen enthält – das ist schon richtig.
Ich schließe damit, dass die Berlinerinnen und Berliner bei dem Schutz ihrer Grundrechte auch vor geheimen Ermittlungsmaßnahmen, was Computer und Telekommunikation angeht, die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen an ihrer Seite wissen. Wir werden das kritisch im Blick behalten, und wir werden auf die Abstellung dieser Mängel, die Frau Smoltczyk festgestellt hat, drängen. – Ich danke Ihnen!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wenn das alles so einfach wäre, wie es Herr Buchholz geschildert hat, frage ich mich, weshalb das nicht schon vor drei Jahren passiert ist, warum das nicht schon vor fünf Jahren passiert ist, sondern warum im Gegenteil der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit den Glücksspielstaatsvertrag unterschrieben hat, mit dem dieses ganze Dilemma, das Herr Buchholz eben beschrieben hat, gerade erst aufgemacht worden ist. Allein durch die Unterschrift der Länderministerpräsidenten unter den Glücksspielstaatsvertrag, dieses Konzessionsmodell und die Festschreibung der 20 Konzessionen und der 200 Wettbüros im Lande Berlin haben wir dieses Dilemma heute.
Dafür trägt der Senat die Verantwortung. Dafür trägt der Regierende Bürgermeister die Verantwortung. Es hätte überhaupt keinen Druck, keinen Zwang gegeben, diesen Glücksspielstaatsvertrag und dieses Konzessionsmodell mitzumachen. Wenn wir uns für einen anderen Weg entschieden hätten, hätten wir die Grundlage für die Wettbüros, die sich jetzt in einem juristischen Graubereich befinden, schon damals entziehen und wir hätten endlich welche schließen können.
Herr Buchholz! Zur Wahrheit gehört auch – Sie haben so getan, als schlössen die Spielhallen im Juli im Lande Berlin alle. Das würde für den Wahlkampf der SPD ganz glücklich sein –, dass das nicht stimmt.
Sie haben im Winter dieses Jahres ins Gesetz geschrieben, Mindestabstandsumsetzungsgesetz: halbes Jahr Übergangsfrist. Die läuft erst Anfang nächsten Jahres aus. Deshalb: nicht zu früh hier Erfolge verkünden. Wir wollen erst einmal abwarten, wie die bekanntlich etwas schwerfällige Berliner Verwaltung bei der Umsetzung dieses Mindestabstandsumsetzungsgesetzes vorangeht, und ob es tatsächlich zu dem sehr wünschenswerten Ergebnis kommt, dass ein Großteil der Spielhallen im Lande Berlin schließen muss.
Jetzt aber zu dem Gesetz, das Sie uns heute vorgelegt haben. Es geht um den Abstand der Wettbüros untereinander und von Schulen, und es geht um eine Nachschulungspflicht für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Spielhallen. Das ist nun wirklich kein ganz großes Rad, an dem Sie hier drehen. Das hätte man auch im Winter, als wir das Mindestabstandsumsetzungsgesetz beraten haben, mitmachen können. Warum jetzt hier noch
(Daniel Buchholz)
einmal ein weiteres Gesetz erforderlich sein soll, hat sich mir gestern in der Ausschussberatung nicht erschlossen
und es erschließt sich mir immer noch nicht. Dieses Gesetz ändert leider nichts an der bestehenden Rechtsverwirrung, die diese Koalition in diesem Lande verantwortet. Wir haben nämlich neben dem Ausführungsgesetz zum Glücksspielstaatsvertrag – das ist das, was Sie mit dem heutigen Gesetz ändern wollen –, das schon erwähnte Spielhallengesetz, was fast die gleiche Materie regelt, und daneben auch das von mir schon erwähnte Mindestabstandsumsetzungsgesetz aus dem vergangenen Winter. Wir haben also drei Gesetze, die nebeneinanderstehen und mehr oder weniger die gleiche Materie regeln. Moderne Gesetzgebung sollte so etwas eigentlich vermeiden. Die Gesetzesunterworfenen sollten aus einer Rechtsquelle lesen können, was gilt. Das ist zumindest in der B-Note noch nicht titelverdächtig, was die Koalition an dieser Stelle macht.
Dieses Gesetz ändert auch nichts am eklatanten Vollzugsdefizit im Bereich der Café-Casinos, denn das ist das Problem, dass der Kollege Buchholz richtig anspricht. All diejenigen, die jetzt ihre Spielhallen schließen, sind versucht, nicht ein Wettbüro – das wäre möglich –, sondern nach meiner Beobachtung eher ein Café-Casino zu eröffnen. Dazu brauchen sie nur das Schild abmachen, melden eine Gaststätte an und hängen die Automaten rein. Hier haben wir ein vielfach – von mir, von anderen – beklagtes Vollzugsdefizit, denn die sind genauso illegal wie die Sportwettbüros. Da sind die Bezirke, die Gewerbeaufsicht aufgerufen, die Dinger mal zuzumachen. Da finden überhaupt keine Kontrollen statt.
Da finden keine Kontrollen statt. Das ist ein unglaublicher Wildwuchs.
Das Ziel muss doch sein, Herr Buchholz, dass wir die Spielmöglichkeiten, die Anzahl der Glücksspielgeräte in dieser Stadt, reduzieren.
Das muss doch das gemeinsame politische Ziel sein.
Von Buchholz? – Immer!
Ich habe niemals behauptet und würde es auch nicht behaupten, dass Spielhallen in diesem Land nicht kontrolliert werden. Da gibt es tatsächlich Schwerpunktkontrollen. Das haben Sie hier in der letzten Legislaturperiode auch mit einem Antrag orchestriert. Es gibt aber bei der Kontrolle der sogenannten Café-Casinos, die da nicht mitkontrolliert werden
das ist nicht zutreffend. Dort haben die Bezirke aufgesteckt und sagen, sie gehen da nur hin, wenn ihnen irgendjemand irgendwas meldet, wie in vielen anderen Bereichen auch. Das ist beim Nichtraucherschutz so, das wird beim Hundegesetz wahrscheinlich auch eklatant so werden, und das liegt daran, dass Sie die Bezirke in einer Art und Weise der Möglichkeit der Erfüllung ihrer Aufgaben beraubt haben, durch die Politik, die Sie hier zu verantworten haben, dass sie die von uns immer weitergegebenen Aufgaben nicht mehr erfüllen können. Mehrere Stadträte, die nicht meiner Partei angehören, um auch diesem Eindruck entgegenzuwirken, haben mir schriftlich mitgeteilt, sie machten das nur noch auf Zuruf und es finde keine Kontrolle statt.
Zurück zu den Gesichtspunkten, dass wir das Ziel haben sollten, die Anzahl der Glücksspielgeräte zu verringern. Für einen Spielsüchtigen spielt es gar keine Rolle, ob er in einer Spielhalle an den Automaten, in einem CaféCasino an den Automaten hängt oder in der nächsten Imbissbude. Die haben alle das gleiche Suchtpotenzial. Zum Beispiel haben wir in Pankow 250 von diesen Geräten in Spielhallen und 2 500 – also zehnmal mehr – in Café-Casinos, Gaststätten und Imbissen. Wenn es eine Ausweichbewegung gibt aufgrund des Kontrolldefizits, dann bringt das Gesetz nicht so wahnsinnig viel.
Drei, vier Punkte noch in Kurzform, weil meine Redezeit rast: Einige Unebenheiten in diesem Gesetzentwurf habe ich gestern im Ausschuss angesprochen. Sie haben noch Möglichkeiten, das innerhalb der nächsten zwei Wochen nachzubessern, um das Gesetz schön zu machen. Schlussendlich möchte ich betonen, dass wir wirklich
wirksamer Instrumente bedürfen, um der modernen Landplage Spielhalle und Sportwettbüro Herr zu werden. Das ist juristisch insbesondere im Sportwettbereich keine ganz einfache Materie. Dieses Gesetz, das Sie heute hier vorgelegt haben, kann ein Schritt in diese Richtung sein, und deswegen werden wir im Ergebnis zustimmen. – Ich danke Ihnen!
Danke schön, Herr Präsident! – So, so, die SPD-Fraktion will das also nicht wissen. Aber Kollege Zimmermann, das Problem ist doch ein anderes: Wenn die Piraten es wissen wollen, dann hat man ihnen das zu sagen.
Denn der Senat ist verpflichtet, Anfragen von Abgeordneten wahrheitsgemäß und umfassend zu beantworten. Und das steht nicht im Gusto der SPD-Fraktion, sondern das ist eine verfassungsrechtliche Pflicht. Das hat das Bundesverfassungsgericht in schönster Klarheit dargestellt. Sie führen im Jahr 2013 aus:
Ohne Beteiligung am Wissen der Regierung kann das Parlament sein Kontrollrecht gegenüber der Regierung nicht ausüben. Daher kommt dem parlamentarischen Informationsinteresse besonders hohes Gewicht zu, soweit es um die Aufdeckung
möglicher Rechtsverstöße und vergleichbarer Missstände innerhalb von Regierung und Verwaltung geht.
Ich kann nicht erkennen, dass der Senat die Anfragen der Kollegen Taş und Lauer zur Stillen SMS und zum Einsatz der Stillen SMS im Land Berlin wahrheitsgemäß und umfassend beantwortet hat.
Da hat der Kollege Lauer recht, das sollte uns alle bekümmern, weil das ein Recht des Parlaments gegenüber dem Senat ist, auf das wir angewiesen sind, um unsere Arbeit hier ordentlich zu machen im Interesse der Berlinerinnen und Berliner. Dazu gehören auch Fragen zu Grundrechtseingriffen. Es ist ja gut und schön, Kollege Zimmermann, dass Sie der Staatsanwaltschaft und der Polizei vertrauen, dass sie hier rechtmäßig handeln und die Stille SMS im Rahmen der Strafprozessordnung – Klammer auf: Man kann zweifeln, dass die Strafprozessordnung eine hinreichende Grundlage für dieses Ermittlungsinstrument ist, Klammer zu – nach Recht und Gesetz verwenden.
Allerdings sind wir, was diese geheimen Ermittlungsmethoden angeht, nach der Debatte über die Funkzellenabfrage eher ein gebranntes Kind. Es besteht der Anlass, Zweifel daran zu haben, ob das so ist. Zur Erinnerung: Der Berliner Datenschutzbeauftragte hatte bei der Staatsanwaltschaft einmal ermittelt, in welchem Umfang die Funkzellenabfrage angewandt wird, ob die Voraussetzungen gegeben sind, ob das Verfahren beachtet wird, ob die Mitteilungspflicht beachtet wird, und hat festgestellt, dass in relativ breitem Umfang – wir haben das hier unzählige Male diskutiert – das alles nicht beachtet wurde. Das ist ein geheimes Ermittlungsinstrument wie die Stille SMS auch, und von daher ist das Informationsinteresse der Piratenfraktion oder des Kollegen Lauer an dieser Stelle völlig begründet.
Ob es das ergibt im Ergebnis, dass das nicht rechtmäßig passiert und dass man hier entsprechende Folgerungen treffen muss, das können wir erst beurteilen, wenn wir das Ergebnis haben. Das werden wir in dieser Legislaturperiode leider nicht mehr kriegen, weil der Senat in Ausflüchten – anders kann man das nicht nennen – sein Schicksal sucht, denn die jetzt aufgestellte semantisch interessante These, man habe das nicht beantworten können, weil nach Statistik gefragt worden sei, sie hätten eine händische Auswertung gemacht, deswegen sei das keine Statistik, und deswegen haben Sie es verschwiegen, überzeugt mich schon sprachlich nicht. Denn es ist völlig egal, wie die Statistik hergestellt wird: ob ich einen Computer habe und auf einen Knopf drücke – was angeblich gehen soll, ich kann das nicht beurteilen; Kollege Lauer hat dazu etwas gesagt – oder ob man das durch eine händische Auswertung macht – am Ende kriegen Sie eine
(Frank Zimmermann)
statistische Aufbereitung. Wir wollen ja nicht die Akten sehen. Deswegen kann diese Ausflucht, die hier vonseiten der Innenverwaltung und der Justizverwaltung versucht wurde, nicht erfolgreich sein.
Ich möchte an Sie appellieren, wir haben einen breiten Konsens, dass es auch geheimer Ermittlungsmethoden bedarf, um Kriminalität zu bekämpfen. Dieser breite Konsens gerät aber in Schieflage, wenn Geheimniskrämerei vermutet wird. Ich halte es für keinen klugen Weg, Herr Innensenator – der Justizsenator ist ja nicht da, es wird ihm übermittelt werden –, wenn man den Eindruck erweckt, wir lassen euch mal lieber nicht in die Karten gucken. Ich finde, das ist der falsche Weg. Man sollte dem mit Offenheit und Transparenz begegnen. Man hat diese Ermittlungsmaßnahmen nach der Strafprozessordnung, und dann kann man doch mit offenen Karten spielen. Das wäre genau der richtige Weg. Denn wir brauchen eine breite Vertrauensgrundlage in der Gesellschaft auch gegenüber den Sicherheitsorganen, dass sie rechtmäßig handeln. Dazu tragen Sie nicht bei, Herr Innensenator, indem Sie geheimniskrämerisch die Auskunft verweigern, sondern dazu tragen sie bei, indem Sie Offenheit und Transparenz an den Tag legen.
Ein Dank an den Datenschutzbeauftragten – noch in männlicher Form, es war der alte –, der sich sowohl die Funkzellenabfrage als auch die Stille SMS ein bisschen näher angeguckt hat. Ein Dank auch an die Piratenfraktion an dieser Stelle, dass Sie sich hartnäckig, kreativ und an der einen oder anderen Stelle auch vorlaut diese geheimen Ermittlungsmaßnahmen vorgenommen haben. So funktioniert parlamentarische Demokratie. So kommen wir hier zueinander.
Meine letzte Bemerkung, werte Kollegen von der SPD: Ich fand es ein bisschen unwürdig, wie Sie mit der Abschiedsrede des Kollegen Höfinghoff umgegangen sind.
Das zeugt nicht von gewachsenem parlamentarischem Stil. – Ich danke Ihnen!
Danke schön, Herr Präsident! – Um den Schutz von Whistleblowern steht es – –
Um den Schutz von Whistleblowern in diesem Land steht es ähnlich schlecht wie um die Anwesenheit des Senats in der momentanen Sitzung.
Ja, es sind zwei Senatoren da, die allerdings beide nicht für das Thema zuständig sind. Jetzt sehe ich hinten in der letzten Reihe meinen Innensenator. Von daher ist derjenige, der für große Teile unseres Antrags zuständig ist, immerhin im Raum.
Der Deutsche Bundestag hat unzählige Male – leider immer noch ohne Ergebnis – über den besseren Schutz von Whistleblowern diskutiert, und dabei haben die Kolleginnen und Kollegen folgende bemerkenswerten Feststellungen getroffen. Ich trage sie vor, weil in der Debatte immer wieder zutage tritt, dass wir auf diesem Erkenntnisstand in diesem Haus trotz einiger Debatten zu dem Thema leider noch nicht sind. Ich zitiere:
Regelmäßig werden Skandale durch Hinweise von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aufgedeckt. Sie zeigen Zivilcourage, vor der ich, vor der wir, die Mitglieder
einer Regierungsfraktion im Bundestag
größten Respekt haben.
Weiter geht es mit einem anderen Mitglied einer Regierungsfraktion im Deutschen Bundestag:
(Vizepräsident Andreas Gram)
Couragierte Arbeitnehmer, die helfen, Gesetzesverstöße zu verhindern bzw. wirksam bekämpfen zu können, zum Beispiel von Korruption, Aufdeckung von Missständen im Pflegebereich oder bei Lebensmittelherstellung, verdienen den Schutz der Rechtsordnung vor Repressalien des Arbeitgebers.
Und das dritte Zitat stammt auch von einem Mitglied einer Regierungsfraktion im Bundestag:
Bis heute gibt es in Deutschland kaum einen Schutz für Hinweisgeberinnen und Hinweisgeber im Arbeitsverhältnis. … Diese Unwägbarkeiten behindern das Geben von Hinweisen. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer brauchen rechtssicheren Schutz. Wir können es nicht dulden, dass Zivilcourage blockiert wird.
Soweit die Regierungsfraktionsmitglieder im Deutschen Bundestag. – Diese Worte richten sich auch an uns. Es ist heute an Ihnen, den Hinweisgeberschutz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Berliner Verwaltung zu verbessern. Darauf zielt unser Antrag. Wir wollen mit ihm die Spielräume, die es auch auf Landesebene gibt, um Hinweisgeberschutz in der Berliner Landesverwaltung zu implementierten, nutzen. Deswegen appelliere ich an Sie: Wenn Sie tatsächlich besseren Schutz für Hinweisgeberinnen und Hinweisgeber wollen, und das sollten Sie, denn das dient der Optimierung der öffentlichen Verwaltung: Nicht die Geheimniskrämerei führt uns weiter, sondern Offenheit und Transparenz, und der Schutz derjenigen, die auf eklatante Missstände hinweisen, führt im Ergebnis zu einem besseren Verwaltungsoutput. So hat uns das Professor Ludwig im Innenausschuss ins Stammbuch geschrieben. Wenn Sie das alles wollen, dann stimmen Sie heute unseren beiden Anträgen bitte zu.
Im Verfassungsschutzausschuss ist das leider nicht ernsthaft beraten worden. Ich habe zwar länglich ausgeführt, was wir wollen, aber kein Mitglied einer Regierungsfraktion hat es auch nur für nötig erachtet, das Wort zu ergreifen und auch nur ein einziges Wort zu unseren Anträgen zu sagen. – Meine liebe Regierungskoalition! Aus diesem Verhalten spricht eine gewisse Arroganz der Macht. Ich finde das nicht den richtigen Weg, wie man mit Oppositionsvorschlägen umgehen sollte. Man sollte sie nicht einfach kommentarlos wegstimmen. Deswegen bin ich froh, dass Sie heute hier wenigstens die Gelegenheit bekommen, zu unseren Gesetzesanträgen etwas zu sagen. Im Innenausschuss gab es eine Debatte. Kollege Zimmermann wird schon ganz unruhig. Im Innenausschuss würde so etwas nie passieren, aber im Verfassungsschutzausschuss war es nicht so, wie ich mir parlamentarische Beratung wünsche und wie sie dem Land Berlin guttun würde. Es tut Not, sich inhaltlich mit den Anträgen der Opposition auseinanderzusetzen, denn das Land Berlin schwächelt.
Wenn wir uns den Bereich der Korruptionsbekämpfung und Korruptionsprävention angucken – das ist ein Teilelement dessen –, dann haben wir in dieser Legislaturperiode leider den Anschluss verloren. Diese Koalition hat leider Innovationen, die in der letzten Legislaturperiode noch möglich waren, nicht fortgeführt. Ich nenne nur den Vertrauensanwalt zur Korruptionsbekämpfung. Dazu gab es immerhin einen einstimmen Beschluss dieses Parlaments. Es hat fünf Jahre gedauert, bis er geschaffen wurde, aber es gibt ihn nicht mehr. Herr Heilmann ist gerade dabei, diese Institution abzuwickeln. Da sollten wir als Parlament mal wieder ein Signal aussenden: Leute, es geht in die falsche Richtung. Wir wollen weiter Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung. Deswegen brauchen wir einen verbesserten Schutz unserer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, unserer Beamtinnen und Beamten im öffentlichen Dienst. – Stimmen Sie bitte unseren Anträgen zu! – Danke schön!
Danke schön, Herr Präsident! – Meine Damen und Herren! Kollege Isenberg! Sie haben das ganz richtig beschrieben, welche Frage heute hier zur Entscheidung ansteht. Denn der Senat will mit dem Gesetz – das ist ausgeführt worden – die Zwangsbehandlung während einer Freiheitsentziehung neu regeln. Deshalb muss jede Kollegin und jeder Kollege hier im Haus nachher bei der namentlichen Abstimmung darüber entscheiden, wann und wie intensiv der Staat die Freiheit der betroffenen Berlinerinnen und Berliner einschränken und dabei zwangsweise die Persönlichkeit verändernde Psychopharmaka verabreichen darf.
Wir Grüne beantworten die Frage, die Sie gestellt haben, Kollege Isenberg, nicht so wie die Koalition. Wir sagen, aufgezwungene Hilfe, mit Gewalt aufgezwungene Hilfe verletzt die Selbstbestimmung, verletzt auch das Recht auf Krankheit, das es gibt. Deswegen wollen wir das auf den absoluten Ausnahmefall beschränkt wissen und nicht so weitgehend, wie Sie das in § 28 Abs. 6 zukünftig regeln wollen. Uns ist der Ausnahmecharakter dieser Zwangsbehandlung zu wenig betont, denn wir wünschen uns einen Weg hin zu einer gewaltfreien Psychiatrie, der zunächst einmal weniger Gewalt erfordert. Ihr Entwurf ermöglicht recht weitgehende Gewaltanwendungen. Wir wollen zudem mehr niedrigschwellige Hilfsangebote, die vor einer medizinischen Behandlung und auch vor einer möglichen Zwangsbehandlung einsetzen.
Mit unseren 22 Änderungsanträgen wollen wir dem Grundsatz, die Psychiatrie auf der Grundlage der Freiwilligkeit weiterzuentwickeln, entsprechen, denn Selbstbe
stimmung auch von kranken Menschen muss ermöglicht und befördert werden. Hierzu gehört, die Autonomie schützenden Patientenverfügungen – sie sind angesprochen worden – stärker im Gesetz zu berücksichtigen. Wir wollen eine enge zeitliche Begrenzung von Fixierungen und einen schnelleren Rechtsschutz bei Zwangsmaßnahmen. Wir wollen einen verbindlichen Anspruch der Eingesperrten auf eine Stunde Aufenthalt unter freiem Himmel pro Tag.
Die Koalition konnte sich leider auch nicht unserem Antrag anschließen – ich glaube, das kann jeder hier nachvollziehen, auch wenn man keine medizinischen Fachkenntnisse hat –, Elektroschocktherapien ein für alle Mal sein zu lassen.
Wer den Film „Einer flog über‘s Kuckucksnest“ kennt und erinnert, hat eine Vorstellung davon, was passiert, wenn fünf, sechs kräftige Pfleger jemanden gegen seinen Willen mit Gewalt fixieren und dann mit Elektroschock behandeln. So etwas wollen wir in den Berliner psychiatrischen Kliniken in Zukunft nicht mehr haben.
Es ist anzuerkennen, dass der Entwurf handhabbare Regelungen zu den Besuchskommissionen enthält und dass auf das Betretensrecht des Sozialpsychiatrischen Dienstes – das ist immerhin etwas, was Herr Senator Czaja unbedingt noch ins Gesetz hineinschreiben wollte – nunmehr verzichtet wird. Da haben die Beratungen doch etwas gebracht. Das ist zu begrüßen.
Wir würden gerne zur Wahrung der Verfahrensrechte der Betroffenen die Dokumentationspflichten gerade bei der Zwangsbehandlung erweitern. Das ist deshalb vonnöten, weil die Betroffenen, die sich dem ausgesetzt sehen und durch die Vergabe der Psychopharmaka nur sehr eingeschränkt berichten können, was ihnen eigentlich passiert ist, uns das nicht berichten können. Deswegen brauchen wir stärkere weitere Dokumentationspflichten in diesem Fall.
Wir wollen auch eine Pflicht der Nachbesprechung dieser Zwangsbehandlungen mit den Patienten. Das schulden wir zumindest den Betroffenen. Wenn wir ihnen schon gegen ihren Willen Psychopharmaka applizieren, dann sollte wenigstens danach obligatorisch ein Gespräch mit ihnen stattfinden. Nicht einmal dazu konnte sich die Koalition in diesem Hause durchringen. Das ist bedauerlich. Das weist nicht in die richtige Richtung. Dieses Gesetz bringt wenig Fortschritte.
Wir haben zwar ausführlich durch die zwei Anhörungen im Ausschuss darüber beraten. Die Koalition hat sich zu einigen Änderungen verständigen können, unseren weitergehenden Änderungsanträgen haben Sie jedoch die
(Thomas Isenberg)
Zustimmung verweigert, und das halten wir deshalb auch mit Ihrem Gesetz heute so. – Ich danke Ihnen!
Schade, Herr Kollege Isenberg! Ich hatte gehofft, dass Sie die Chance nutzen, uns zu erklären, warum die SPD an der Elektroschocktherapie so massiv festhält, obwohl es weitgehendem wissenschaftlichem Stand in Medizinerkreisen entspricht, dass gegen den Willen eine unmenschliche Behandlung ist. Ich hätte mir gewünscht, dass Sie sich gegenüber dem Koalitionspartner durchsetzen. An der einen oder anderen Stelle haben Sie sich durchgesetzt, aber bei der Elektroschocktherapie nicht, und das macht den Leuten Angst. Das muss man ganz deutlich sagen.
Ich habe auch nicht von Willkür gesprochen. In der Psychiatrie in Berlin herrschen keine willkürlichen Zustände. Ich habe nur gesagt, dass Sie nicht bereit sind, auf solche Behandlungsformen, und die sind wirklich brutal, zu verzichten. Gucken Sie sich das an! Das ist gefilmt worden. Lassen Sie sich von Betroffenen berichten, die das erleben mussten. Elektroschock gehört einfach abgeschafft!
Dann haben Sie mir vorgehalten, ich würde rechtlich argumentieren. Zum einen geht es hier um eine Gesetzesberatung, und da sollte man an der einen oder anderen Stelle rechtlich argumentieren. Herr Kollege Isenberg! Es ist eine menschenrechtliche Frage, wie weit ich dem Staat gewähre, Bürger gegen ihren Willen einzusperren, ihnen die Freiheit zu nehmen, das ist das Schlimmste, was der Rechtsstaat kann,
und ihnen dann auch noch persönlichkeitsverändernde Medikamente gegen ihren Willen zu spritzen. Das ist ein sehr schwerwiegender Eingriff. Wir haben vorhin über die stille SMS gesprochen. Die ist damit überhaupt nicht vergleichbar. Das ist der härteste Eingriff, den sich der bundesrepublikanische Rechtsstaat herausnimmt, Leute einzusperren – sie haben keine Straftat begangen, sie sind krank – und gegen ihren Willen zwangszubehandeln. Das sollte man sich ganz genau überlegen, wie weit man das will und unter welchen Voraussetzungen man das will. Das ist keine allein medizinische oder gesundheitspolitische Frage. Ich bin froh, dass nicht mehr alleine Ärzte über diese Fragen entscheiden, sondern das auch Juristen zu Rate gezogen werden, denn auch das ist ein Fortschritt.
Ich will jetzt nicht über die Zeit vor der Gründung der Bundesrepublik sprechen. Wir haben auch in den Siebzigerjahren erhebliche Missstände in der bundesrepublikanischen Psychiatrie gehabt. Die Psychiatrie-Enquete hat das alles ergeben. Die Enthospitalisierung ist besser
geworden, aber seitdem ist nicht mehr viel passiert. Wir würden gerne diesen Weg, diesen Reformeifer der Siebzigerjahre fortsetzen und nicht an uralten Behandlungsmethoden, die nichts bringen, festhalten. – Ich danke Ihnen!
Danke schön, Herr Präsident! – Ich frage den Senat – mal sehen, wer von beiden antwortet –: Sind Sie mit mir der Meinung, dass es durchaus lohnend ist und vielleicht auch der verfassungsrechtlichen Pflicht des Senats entspricht, auf Anfragen von Abgeordneten einigen Aufwand zu betreiben, um die erfragten Grundrechtseingriffe zu erfahren, und es nicht tunlich ist, einfach nur darauf hinzuweisen, dass das Aufwand erfordert und man sich deswegen um die Antworten drückt?
Herr Senator! Der zeitliche Zusammenhang ist offenkundig. – Können Sie ausschließen, dass die Mitarbeiter, die eigentlich die Kostenschätzung für den Fahrradvolksentscheid machen sollten, dazu deswegen nicht gekommen sind, weil sie sich um Ihre schöne PR-Kampagne und die Ausschreibung kümmern mussten?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Werter Herr Justizsenator! Ich kann mich dem Vorredner anschließen. Der Vorredner hat recht, was Ihre Amtsführung angeht. Der Vorredner hat recht, was die Missachtung der Parlamentsbeschlüsse angeht. Der Vorredner hat recht, was Ihr Engagement angeht, Parlamentsbeschlüsse nicht umzusetzen.
Das Thema beschäftigt uns dank der Piraten schon die ganze Legislaturperiode. Und Sie und Ihre Verwaltung glänzen mit Wenigtun bis Nichtstun. Die Berichte mussten wir Ihnen aus der Nase ziehen. Das war ein ausgesprochen ärgerlicher Vorgang. Wir haben darüber im Ausschuss diskutiert, haben darauf hingewiesen, dass sie unzureichend sind. Dann wurde es langsam besser, aber auch verwirrend. Die Anlagen für den heutigen Bericht sind nachgeliefert worden. Darin steht, es habe Funkzellenerhebungen von 22 Millionen Daten gegeben – da kann sich jeder im Raum ausrechnen, wie häufig er selbst vorgekommen sein dürft, jedenfalls statistisch, es geht nur um Berlin. In einem älteren Bericht steht etwas von 49 Millionen Daten, das sind mehr als doppelt so viele. Wir werden das wahrscheinlich im Ausschuss beraten, was denn nun stimmt. Aber ich muss Sie darauf hinweisen, Herr Justizsenator: Sie haben hier jederzeit Rederecht, und es wäre angezeigt, dass Sie sich hier mal zu Wort melden und zu diesem Vorgang Stellung nehmen.
Zu den Fakten: Nicht nur der Parlamentsbeschluss schreibt vor, dass hier ein Benachrichtigungstool einzurichten ist, sondern die Strafprozessordnung der Bundesrepublik Deutschland schreibt vor, dass die Betroffenen einer Funkzellenabfrage im Nachhinein zu informieren sind.
In § 101a Abs. 6, das ist vor Kurzem geändert worden, aber da steht jetzt drin:
Die Beteiligten der betroffenen Telekommunikation sind von der Erhebung der Verkehrsdaten nach § 100g zu benachrichtigen.
Die Ausnahmevorschrift, die dann in § 100 Abs. 4 steht:
Zudem kann die Benachrichtigung einer … Person, gegen die sich die Maßnahme nicht gerichtet hat,
das sind fast alle, die da erfasst werden –
unterbleiben, wenn diese von der Maßnahme nur unerheblich betroffen wurde und anzunehmen ist, dass sie kein Interesse an einer Benachrichtigung hat.
Die Staatsanwaltschaft in Berlin geht nun davon aus, dass niemand ein Interesse an dieser Benachrichtigung hat, und macht es konsequent nicht. Die Staatsanwaltschaft hat noch niemanden, der von einer Funkzellenabfrage im Land Berlin betroffen wurde, informiert, obwohl die Strafprozessordnung der Bundesrepublik das vorschreibt. Das habe ich hier an dieser Stelle schon mehrfach als rechtswidriges Verhalten kritisiert, weil man schlichtweg nicht unterstellen kann, dass niemand – wir haben eine sehr kritische Öffentlichkeit in Berlin, das ist bekannt, Stichwort: Snowden-Debatte und anderes – Interesse daran hat. Diese Unterstellung geht fehl, und damit ist
(Sven Kohlmeier)
das, was die Berliner Staatsanwaltschaft in Sachen Funkzellenabfrage macht, immer noch rechtswidrig. Die Debatte ging ja los mit einem Bericht des Datenschutzbeauftragten, der der Staatsanwaltschaft die Leviten gelesen hat. Das ist länger als drei, vier Jahre her. Ich fürchte, dass da wenig Abhilfe passiert ist.
Herr Senator! Sie tragen die politische Verantwortung dafür, dass sich die Berliner Staatsanwaltschaft an Recht und Gesetz hält. Das ist eine weisungsgebundene Behörde. Da können Sie sich auch nicht mit richterlicher Unabhängigkeit rausreden, wie Sie das bei den Gerichten so gerne machen, sondern Sie tragen persönlich die politische Verantwortung dafür, dass hier nach Recht und Gesetz verfahren wird. Wir haben erhebliche Anhaltspunkte, dass das fortgesetzt nicht passiert. Das ist das Problem. Und das beschreiben die Piraten hier mit diesem Antrag goldrichtig. Es ist langsam an der Zeit, dass hier etwas passiert.
Jetzt rufen Sie wahrscheinlich den Generalstaatsanwalt an. Offenbar hat Herr Heilmann jetzt den Generalstaatsanwalt angerufen und hat um Abhilfe gebeten. Das finde ich eine gute Idee, aber das ist vielleicht jetzt in der laufenden Plenarsitzung ein bisschen sehr spät, die Generalstaatsanwaltschaft darauf hinzuweisen. Vielleicht haben Sie sich ja auch gemeldet, um hier endlich einmal dazu Stellung zu nehmen.
Mir bleibt nur noch, an alle zu appellieren. Den einen Beschluss, um den es hier heute geht, haben wir ja einstimmig bei Enthaltung der Linken hier gefasst. Wenn wir uns ernst nehmen als Parlamentarier, dann sollten wir uns alle dafür einsetzen, dass Parlamentsbeschlüsse von der Exekutive eingehalten und beachtet werden.
Denn sonst könnten wir uns das ganze Verfahren, das wir hier machen, mit umfangreichen Beratungen und allen möglichen Ausschüssen, wilde Rederunden pro und contra und Abstimmungen, sparen, wenn wir nicht einmal dieses Selbstverständnis als Parlamentarier hier gemeinsam teilen, dass die Beschlüsse vom Senat – natürlich gibt es keine rechtliche, sondern nur eine politische Bindung, das wissen wir auch, aber diese politische Bindung sollte ausreichen – eingehalten werden und diese Bindung wirkt. Denn sonst, werte Kolleginnen und Kollegen, brauchen wir uns nicht darüber zu wundern, wenn wir das hier durchgehen lassen, dass die Verwaltung auch in anderen Bereichen macht, was sie für richtig hält und sich einen feuchten Kehricht um die Beschlüsse des Parlaments kümmert.
Das ist nun wirklich eine problematische Entwicklung, der Einhalt zu gebieten ist. Herr Senator! Das ist jetzt schon mehr als Rot, was das Parlament Ihnen hier gezeigt hat, und nun muss endlich mal etwas anderes passieren in diesem Bereich. Vielleicht kommen Sie ja noch zur Einkehr. Aber ich kann Ihnen sagen: Wir werden bei diesem Thema nicht locker lassen. Die womöglich bestehende Hoffnung, dass das Thema mit dem Auszug der Piraten hier erledigt ist, diese Hoffnung kann ich heute schon zerstören. Wir werden da dranbleiben. Es geht hier um die Bürgerrechte von Millionen Berlinerinnen und Berlinern, die hier zu wahren sind. Dafür sind wir ins Parlament gewählt worden. Dafür werden wir uns weiter einsetzen, komme, was da wolle. – Danke schön!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Werter Kollege Lauer! Ihr Redebeitrag war nicht der beste des heutigen Tages.
Aber nun zu Ihnen, Herr Senator! Ich freue mich, dass Sie die Gelegenheit genutzt haben, hier mal das Wort zu ergreifen und uns einiges Neues mitzuteilen. Ich hätte mir gewünscht, dass Sie das schon mal in den Berichten an das Parlament getan hätten. Sie haben auch selbstkritisch eingestanden, dass das unzureichend gewesen ist.
(Cornelia Seibeld)
Das Hauptproblem an Ihrem Beitrag ist allerdings, dass Sie bei mir nicht die Hoffnung geweckt oder genährt haben, dass da bis zum Ende der Legislaturperiode noch etwas passiert. Das ist das eigentliche Problem, Herr Senator! Sie kümmern sich gern mit Engagement um viele Themen, die die Stadt und die Welt bewegen – zuletzt gerade um den BER, der nach meiner Kenntnis nicht in Ihrem Zuständigkeitsbereich liegt, früher mal um die GASAG, und wir haben auch über die Ukraine interessante Debatten geführt. Ich hätte gern mal einen Justizsenator, der sich um die Probleme der Berliner Justiz und die Umsetzung von Parlamentsbeschlüssen genauso engagiert kümmert, wie Sie sich um Themen kümmern, für die Sie nicht zuständig sind.
Es muss noch mal daran erinnert werden: Der Beschluss des Parlaments, wo zum ersten Mal diese Opt-In-Variante auftaucht, stammt vom Januar 2013. Wir haben jetzt April 2016. Das ist über zwei Jahre her.
Und Sie kommen heute mit Argumenten, die Sie in keiner einzigen Ausschusssitzung mal gebracht haben. Sie brauchen also zweieinhalb Jahre. Wir haben ja mehrfach darüber diskutiert. Wir haben im Vorfeld schon darüber diskutiert, wir haben jeweils über die Berichte diskutiert, und dann gab es noch einen Parallelbeschluss, wo konkret drinstand, dass wir diese Opt-In-Option jetzt haben möchten.
Frau Kollegin Seibeld! Das war übrigens ein Antrag, dem Sie zugestimmt haben. Deswegen sind Ihre Bedenken, die Sie heute äußern, hochinteressant, aber vielleicht können Sie das beim nächsten Mal schon in die Beratung über die Beschlussfassung einfließen lassen und nicht erst hinterher – wie ja auch Ihr Senator – die große Bedenkenträgermaschine anwerfen und alle halbe Jahre, wenn wir dieses Thema ansprechen, ein neues Bedenken durch das Dorf tragen.
Das läuft ja alles sehr gemächlich. Man muss sich auch wundern, Herr Senator, wie schnell es Ihnen gelingt, einen kritischen Artikel des „Tagesspiegel“, wo das genau drinsteht und das Problem beschrieben wird, dass Sie nicht gerade mit viel Engagement im Justizbereich vorpreschen, aus dem Netz zu schaffen. Er war nur wenige Stunden im Internet, und schwuppdiwupp war er weg. Man kann vermuten, dass da irgendwie eine Bekanntschaft mit einem gewissen Herrn Turner eine Rolle spielt. Da sind aber nur Mutmaßungen. Das weiß ich alles nicht. Es waren ja auch Anwälte in diesen Vorgang eingeschaltet. Aber ich würde mir nur ein Fünkchen dieses Engagements bei der Umsetzung der Parlamentsbeschlüsse wünschen. Nur ein Fünkchen davon!
Wir haben auch einen Anspruch darauf, dass das passiert. Es kann nicht sein, dass Sie heute erstmalig Bedenken breit erörtern, die man sich vielleicht auch mal im Detail ansehen sollte, während in Ihren Berichten – ich habe sie mir noch mal angeguckt –, etwa dem vom 31. Oktober 2013, kein einziges Wort davon drinsteht. Das mit den kriminellen Kreisen klingt da an, und andere technische Fragen werden erörtert. Aber dass die Ehefrau vielleicht erfahren könnte, dass ihr Mann im „Artemis“ gewesen ist, höre ich heute zum allerersten Mal.
Auch in Ihrem Bericht vom 22. April 2014 – auch interessant, zur Erfüllung der Berichtspflichten – steht davon nichts drin. Da steht drin, Sie hätten in Erfahrung gebracht, die rechtspolitischen Sprecher seien mit dem Generalstaatsanwalt im Gespräch über viele Fragestellungen – das ist insoweit zutreffend –, und deswegen würde Sie hier von einer weiteren Berichterstattung absehen.
So heißt es im April 2014. Das ist doch nicht die Erfüllung einer Berichterstatterpflicht, weil wir mit Dritten im Gespräch sind, sondern Sie müssen das gesamte Parlament darüber informieren, wann und wie konkret Parlamentsbeschlüsse umgesetzt werden, und können sich nicht hinter dem Generalstaatsanwalt verstecken, der mit uns im Gespräch ist, weil er übrigens noch viel mehr Bedenken als Sie hat, und uns diese dort geschildert hat. Er ist ja der Oberbedenkenträger. Bei der Einführung von neuen Überwachungsmethoden kann es nicht schnell genug gehen, aber wenn es darum geht, das bürgerrechtlich einzuhegen, dann kommen Bedenken, Bedenken, Bedenken. Riesige Türme werden da aufgebaut. Man hat schon Angst, dass sie über einem zusammenbrechen und man Schaden nimmt.
Langer Rede kurzer Sinn: Wir wollen die Bürgerrechte der Berlinerinnen und Berliner besser geschützt wissen. Frau Seibeld! Da geht es gar nicht darum, ob die Funkzellenfrage nicht auch einen Nutzen hat. Ich hoffe, dass die strafprozessualen Ermittlungsmethoden, die in diesem Land angewendet werden, einen Nutzen haben.
Wir gehören nicht zu denen, die sagen: Generell niemals eine Funkzellenabfrage! – Aber wir wollen das vernünftig und rechtsstaatlich, so wie der Bundesgesetzgeber das vorgesehen hat, eingehegt haben. Wir haben ja auch die Debatte geführt, dass man im Land Berlin wegen Kleinstkriminalität Funkzellenabfragen angeordnet hat. Das ist übrigens auch rechtswidrig, und es ist übrigens auch in Ihrer Verantwortung passiert, ohne dass es von Ihnen abgestellt wurde, sondern das ist erst nach der Debatte im Ausschuss geschehen. Wir wollen, dass das rechtsstaatlich eingehegt wird und dass die Berlinerinnen
und Berliner darauf vertrauen können, dass sich ihr Parlament in dieser Stadt um ihre Grundrechte kümmert. Dafür sind wir hier, und dazu haben wir diese Beschlüsse gefasst. Herr Senator, dafür sind Sie als Senator und Mitglied der Landesregierung verantwortlich, und da kommt von Ihnen viel zu wenig. Ich sage es noch mal: –
Die Hoffnung, dass wir bis zum Ende der Legislaturperiode auch nur einen kleinsten Schritt vorankommen, haben Sie bei mir heute nicht geweckt. Das ist deutlich zu wenig. – Ich danke Ihnen!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir haben jetzt noch zwei Stunden Zeit für ein durchaus wichtiges Thema.
Das mache ich, Herr Kollege! – Die Realität hält immer wieder Überraschungen bereit, aber so wird es zumindest im politischen Geschäft nicht langweilig.
Wir wollen mit unserem heutigen Antrag dem Missbrauch vorbeugen, dass eine Pro-bono-Tätigkeit für das Land unlauter zur Anbahnung geschäftlicher Kontakte ausgenutzt wird.
Folgende Konstellation: Man kennt sich bereits aus der Pro-bono-Tätigkeit, und der spätere Auftragnehmer hat es im besten Fall geschafft, den späteren Auftraggeber – das Land Berlin – von seiner herausragenden Kompetenz zu überzeugen, und der spätere Auftraggeber, also das Land Berlin, stützt dann das Absehen von einem förmlichen
Vergabeverfahren genau auf diese herausragende Kompetenz. Wer den Vergabevermerk in Sachen McKinsey und Masterplan Integration einmal gelesen hat, wird dieses Muster darin unschwer wiedererkennen.
Wir wollen nun mit unserem heutigen Antrag Pro-bonoTätigkeiten für das Land Berlin keineswegs verteufeln, sondern wir begrüßen durchaus diese Form des bürgerschaftlichen Engagements, solange es auf dieser Ebene bleibt und gerade nicht zur unlauteren Geschäftsanbahnung genutzt wird. Es geht uns also darum, im Verfahren Fairness für alle Anbieterinnen und Anbieter zu gewährleisten. Genau diese Fairness ist eben nicht gegeben, wenn die Pro-bono-Tätigkeit zum Teil solche Ausmaße hat, dass die Mitarbeiter ein Büro in der Verwaltung bekommen, dann natürlich auch Verwaltungsabläufe dort kennenlernen, auch die Mitarbeiter der Verwaltung kennenlernen, für die sie womöglich später geschäftlich arbeiten wollen, und dann auch schon mal wissen, wer eigentlich der Richtige ist, den man ansprechen muss.
Dadurch erlangen diejenigen, die das machen, einen Wissensvorsprung gegenüber all jenen Anbietern von solchen Dienstleistungen, die diese ganzen Vorkenntnisse nicht haben. Die laufen eben nicht durch die Verwaltung und wissen schon, wen man gezielt anzusprechen hat. Und die machen dann auch nicht so passgenau Angebote – wenn man die Verwaltungsabläufe kennt, kann man eben passgenaue Angebote entwickeln – wie die anderen. Genau um dem vorzubeugen, um diese Schieflage im Vergabeverfahren auszuschließen, wollen wir mit unserem Antrag zukünftig freihändige Vergaben nach vorheriger Pro-bono-Tätigkeit ausschließen.
Vielleicht auch noch mal zur Klarstellung, was das alles mit McKinsey und Diwell zu tun hat – das geht ja munter durcheinander: Herr Schneider hat gestern im Hauptausschuss behauptet, Herr Diwell habe zunächst pro bono für das Land Berlin gearbeitet.
Das ist mir bisher nicht so bekannt gewesen. – Herr Schneider! Ich verstehe auch, dass man da mal durcheinander kommen kann, welcher Sozialdemokrat oder Ex-Sozialdemokrat für wen, in welcher Verwaltung, mit Vertrag oder Pro-bono-Vertrag oder für Geld arbeitet. Dafür habe ich großes Verständnis. Vielleicht machen Sie es so wie Herr Böhning gestern im Hauptausschuss. Herr Böhning hatte gestern im Hauptausschuss einen Einflüsterer neben sich sitzen. Und bei jeder kritischen Frage, die gestellt wurde, hat der Einflüsterer ihm irgendetwas eingeflüstert. Der wusste offenbar, wie es war. Und dann hat Herr Böhning das repetiert.
Auch ein interessanter Umgang, wenn die politisch Verantwortlichen im Ausschuss Stellung nehmen sollen, dass sie sich solcher Einflüsterer bedienen, und Sie, Herr Schneider, alles mit allem durcheinanderbringen und alles mit allem vermengen.
Zur Klarstellung: Herr Diwell hat nach unserer Kenntnis, nach dem, was wir bisher wissen, niemals pro bono gearbeitet. Er hat immer Geld für seine Tätigkeit bekommen. Allerdings hat McKinsey zunächst pro bono gearbeitet, mit Büro in der Verwaltung – Stichwort: Wie machen wir das LAGeSo arbeitsfähig? –, und hat dann im Januar – der schriftliche Vertrag ist im März geschlossen worden – einen relativ voluminösen Vertrag, knapp unterhalb des EU-Schwellenwertes für Ausschreibungen, abgeschlossen und hat in Erfüllung dieses Vertrages dann Herrn Diwell eingesetzt. Also Herr Diwell hat keine Pro-bonoTätigkeit gemacht und hat auch nichts missbraucht oder Ähnliches.
Ja! – Kollege Schneider wollte das klarstellen, wer für wen pro bono gearbeitet hat.
Das habe ich selbstverständlich mit großem Interesse gelesen und habe mich auch darüber gefreut, dass die „taz“ zur Kenntnis nimmt, was wir in diesem Haus so machen.
Ich würde mir wünschen, dass andere Zeitungen dies auch in dieser Ausführlichkeit würdigen. Aber, Kollege Schneider, das flüstere ich Ihnen jetzt ein, bevor Sie glauben, was da angedeutet ist: Wir wollen mit unserem Antrag der Caritas – das hat die „taz“ in dem Kommentar suggeriert – nicht verbieten, dass sie wie bisher freiwillige Flüchtlingshelfer einstellt. Wir können als Landespar
lament der Caritas das auch überhaupt nicht verbieten. Das ist auch gut so. Deswegen geht es hier um eine völlig andere Konstellation als das, was Herr Alberti zum Anlass genommen hat, um es zu kritisieren. Das wäre kritikwürdig, was er da unterstellt hat, nämlich, wir würden der Caritas das verwehren.
Wir wollen Klarheit im Vergabeverfahren, bei allem Verständnis dafür, dass es im Herbst an der einen oder anderen Stelle, als die Flüchtlinge vor dem LAGeSo standen, ein bisschen schneller gehen musste. Der Umstand, über den wir jetzt reden, hat aber wenig damit zu tun, außer dass McKinsey sich da schon mal an die öffentliche Verwaltung rangewanzt hat.
Ich will das jetzt gar nicht zu einem Zwiegespräch ausarten lassen, aber ich habe es auch gar nicht verstanden. Wenn Sie mir etwas einflüstern wollen, müssen Sie vielleicht etwas näher rankommen.
Wie gesagt, gestern bei Herrn Böhning saß derjenige unmittelbar daneben. Wir wollen aber zum ernsten Kern zurückkommen.
Wir wollen, dass im Land Berlin Vergabeverfahren über Beratungsdienstleistungen ordentlich ablaufen und dass alle Bewerber auf dem Markt fair behandelt werden und alle die gleichen Startchancen haben. Darum geht es. Wir wollen ausschließen, dass sich jemand sozusagen über die Überholspur schon mal einen Startvorteil verschafft und darüber dann der öffentlichen Hand erzählt, was für tolle Leistungen er anbietet, und dann die öffentliche Hand das Absehen vom normalen förmlichen Vergabeverfahren damit begründet, dass derjenige der Einzige sei, der das könne, weil er ihm das vorher eingeflüstert hat. Darum der Antrag und darum in Zukunft Fairness bei den Vergabeverfahren im Lande Berlin, und das wollen wir erreichen. – Danke schön!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist schade, dass wir uns nicht auf eine Regelung zur Karenzzeit für Senatorinnen und Senatoren in diesem Haus verständigen konnten. Andere Landtage sind da weiter. Brandenburg hat gerade Ende letzten Jahres eine entsprechende Regelung verabschiedet. Die ist seit Januar 2016 in Kraft. Das zeigt, dass es geht. Es ist ja in der Debatte sowohl zur Einbringung als auch im Ausschuss geltend gemacht worden, man könne das juristisch gar nicht erfassen, was man erfassen will, das würde alles gegen die Berufsfreiheit verstoßen, was die Grünen sich hier ausgedacht haben. Anders der Deutsche Bundestag, der eine entsprechende Regelung für Bundesministerinnen und Bundesminister eingeführt hat, und anders neben anderen Landtagen auch der Brandenburger Landtag.
Aber noch einmal kurz zur Sache. Worum geht es uns eigentlich? – Wir haben heute schon darüber gesprochen, was Senator Henkel während seiner Amtszeit tut oder nicht tut. Mit unserem Antrag wollen wir uns heute mit dem interessanten Thema beschäftigen, was Senator Henkel nach seiner Amtszeit tut oder nicht tut, was er tun
(Hakan Taş)
sollen darf oder nicht tun sollen darf. Das ist rein fiktiv, selbstverständlich. Aber gehen wir mal davon aus, die Amtszeit von Senator Henkel endet Ende dieses Jahres, und beispielsweise ein Anbieter von Feuerwehrausstattungen kommt auf die Idee, Senator Henkel zu verpflichten, bei ihm in der Geschäftsführung tätig zu werden. Dann tut er das mit Sicherheit nicht deswegen, weil sich Herr Henkel besonders gut eignet, um Feuerwehrschläuche, Spritzen und Fahrzeuge zu verkaufen,
sondern er tut das deswegen, weil Senator Henkel in der Senatsverwaltung all diejenigen kennt, die für die Feuerwehrausstattung zuständig sind und er fünf Jahre lang deren Dienstvorgesetzter war. Da sind Loyalitäten entstanden, und diese Loyalitäten und diese Kontakte sind Geld wert. Deswegen könnte der Feuerwehrausstatter auf diese zugegebenermaßen vielleicht ein bisschen abwegige Idee kommen, Senator Henkel zur Beförderung seines Geschäfts einzustellen. Ich sage Ihnen: Das wollen wir nicht.
Es ginge noch schlimmer – auch rein fiktiv der Fall –, wenn der ehemalige Senator X. oder Y., der im Zuge seiner Diensttätigkeit mit einem privaten Anbieter zu tun hat, weil es Geschäftsbeziehungen zu der Senatsverwaltungen gibt, weil es Genehmigungserteilungen gibt, und dann kommt eine Verabredung zustande, du machst das und das für mich mit deiner Verwaltung, und dafür fällst du, wenn deine Amtszeit einmal endet, weich, und wir werden für eine Anschlussverwendung sorgen, wir stellen dich dann ein als Berater, als Geschäftsführer, in der Werbeabteilung, was alles dort möglich ist. – Das sind die krassen Fälle. Und die wollen wir noch viel weniger.
Wir wollen deshalb eine Abkühlphase ins Berliner Senatoren-/Senatorinnengesetz schreiben, dass zumindest in der Zeit direkt nach Ausscheiden aus dem Amt keine unmittelbare Anschlussverwendung in problematischen Bereichen stattfindet. Die Rückkehr in den angestammten Beruf ist überhaupt völlig unproblematisch, das ist ja geltend gemacht worden, wir würden das verweigern. Das ist völlig unproblematisch, wenn Senator Heilmann nach seiner Tätigkeit als Justizsenator wieder zu Scholz and Friends geht. Es ist auch völlig unproblematisch, wenn Wirtschaftssenatorin Yzer nach ihrer Tätigkeit als Wirtschaftssenatorin wieder Pharmalobbyistin wird. Das wollen wir damit nicht verweigern. Wir wollen aber die problematischen Fälle, wo es genau um die Kontakte geht, die man in seiner Amtstätigkeit aufgebaut hat, und auch um die Loyalitäten zu den Mitarbeitern, die man zu Geld macht, das ist das, wovor wir einen Riegel schieben wollen.
Ich gebe Ihnen zu, dass wir leider mit unserer legislativen Tätigkeit der aktuellen Entwicklung hinterherrennen. Die
Vorstellung, dass ein ehemaliger Staatssekretär der Berliner Innenverwaltung auf die Idee kommt, sein dienstlich erworbenes Wissen an den Senat zu verkaufen, darauf, dass so etwas überhaupt möglich ist, wäre ich nicht gekommen. Auch darüber wird man nachdenken müssen, ob man hier Schutzvorkehrungen braucht.
Aber heute wollen wir erst einmal die krassen Fälle, die eindeutigen Fälle, die deutlichen Fälle, die den Brandenburger Gesetzgeber und den Bundesgesetzgeber veranlasst haben, entsprechende Regelungen zu schaffen, regeln. Deswegen werbe ich heute noch einmal für unser Gesetz, um diese Anschlussverwendung in Zukunft auszuschließen.
Herr Karge von der SPD hat in der ersten Beratung, als wir das hier vor zwei Jahren beraten haben, gesagt, es würde, wenn wir solche Regelungen hätten, ausschließen, dass wir die Besten für den Senat gewinnen.
Da kann ich nur sagen, dieser Vorschlag von uns wird das nicht verhindern. Wie das bisher gelungen ist, das sieht man ja am amtierenden Senat. – Ich danke Ihnen!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist schon einigermaßen ulkig, dass die Koalition heute mit Dringlichkeit ein Gesetzesvorhaben zur Abstimmung stellt, wofür sie zehn Jahre Zeit hatte. Seit zehn Jahren hat das Land die Gesetzgebungskompetenz für den Justizvollzug. Sie haben zehn Jahre gebraucht, um uns heute dieses Gesetz mit Dringlichkeit vorzulegen – das ist schon bemerkenswert.
Wir als Grüne hatten uns bemüht, das Gesetz zu einer tatsächlichen Weiterentwicklung des Justizvollzugs – so ja der Titel – zu nutzen, haben uns mit zivilgesellschaftlichen Organisationen aus dem Bereich Strafrechtspflege zusammengetan – u. a. dem Arbeitskreis Strafvollzug der Berliner Strafverteidiger, der Landesarbeitsgemeinschaft der Bewährungs- und Gerichtshilfe, der Humanistischen Union, der Gefangenengewerkschaft und der Berliner Rechtsanwaltskammer – und haben versucht, wenigstens einige Punkte, die tatsächlich eine Weiterentwicklung des Berliner Justizvollzugs in eine progressive Richtung wären, unterzubringen. Leider sind wir mit unserem
(Vizepräsidentin Anja Schillhaneck)
umfangreichen Änderungsantrag, der immerhin 60 Punkte umfasst,
bei der regierenden Koalition auf Granit gebissen, u. a. auch bei solchen Punkten wie einer familiengerechten Vollzugsgestaltung. Mir ist völlig schleierhaft, warum die Berliner CDU, die sonst Artikel 6 GG – bekanntlich: Die Ehe und Familie stehen unter besonderem Schutz des Staates. – gegen alle Gleichstellungsbemühungen homosexueller Partnerschaften ins Feld führt, an dieser Stelle nicht für eine familiengerechte Vollzugsgestaltung offen ist. Wir wollten ins Gesetz schreiben: Der Erhalt familiärer Bindungen der Gefangenen soll gefördert werden. Was spricht eigentlich dagegen? Es steht nicht im Grundgesetz, dass die Ehe und Familie von Strafgefangenen nicht zu schützen wären. Sie sind genauso zu schützen wie alle anderen Ehen und Familien auch. Das müssen Sie mir mal erklären, warum Sie an dieser Stelle plötzlich diese Leitlinie – übrigens auch ein Vorschlag von der von der SPD benannten sachverständigen Professorin Drenkhahn, die genau das eingefordert hat – verlassen und sich verweigern und warum Ihnen hier plötzlich Ehe und Familie nicht so wichtig sind. Das ist schon eine gewisse Scheinheiligkeit.
Kurz die anderen Punkte, die uns wichtig wären: Wir begrüßen die Ausweitung der Besuchszeiten, fänden aber Besuchszeiten von vier Stunden im Monat, wie sie Brandenburg anbietet, richtig, unter anderem, um die familiären Bindungen zu erhalten. Wir finden es richtig, dass die Gefangenen einen Anspruch haben, zu angemessenen Kosten zu telefonieren – auch dies unter anderem eine Regelung zum Erhalt familiärer Bindungen. Wir finden es auch richtig, dass wir an der progressiven Ausrichtung des Strafvollzugsgesetzes 1976 – aus diesem Jahr stammt das alte Gesetz, das heute ersetzt werden soll – festhalten und den offenen Vollzug weiterhin zum Regelvollzug erklären.
Welche Probleme löst dieses Gesetz unserer Meinung nach nicht? – Wir haben es unzählige Male diskutiert: Berlin ist Schlusslicht bei der gesetzlich vorgesehenen Entlassung nach zwei Dritteln der Haftzeit. Durch dieses Gesetz, das Sie heute zur Verabschiedung stellen, wird sich daran leider nichts ändern.
Wir haben im Berliner Vollzugsbereich erhebliche Defizite beim sogenannten Übergangsmanagement. Für diejenigen, die da nicht so nahe dran sind: Was ist das? – Es geht darum, die Gefangenen schon in der Haftzeit auf die Zeit draußen vorzubereiten, ihnen Hilfestellungen bei der Wohnungssuche, bei der Arbeitssuche zu leisten und ihnen auch Personen anzubieten, die sie bei dem nicht immer ganz einfachen Wiedererlangen der Freiheit, gerade nach einer mittleren oder langen Haftzeit, begleiten. Da haben wir ein Miniprogramm für 150 Strafgefangene,
wir entlassen allerdings im Jahr 10 000. Das ist dringend auszuweiten, denn es ist genau die kritische Phase, wenn sie die Freiheit wieder erlangen. Dazu schweigt ihr Gesetz vollkommen.
Und was mussten wir uns vom Staatssekretär anhören? – Der Senator hat an den Gesetzesberatungen im Ausschuss leider nicht teilgenommen. – Dass unsere Änderungsanträge ein Beschimpfen der Mitarbeiter im Justizvollzug seien!
Das ist ja ein dickes Ding! Wenn Ihnen nichts mehr einfällt, kommen Sie immer mit dieser alten Platte. Wir haben in unserem Gesetzentwurf – Sie können das nachlesen, das ist Ziffer 21 der 60 Änderungsanträge – erstmalig in einem Strafvollzugsgesetz die verschiedenen Berufsgruppen definiert, haben ihnen konkrete Aufgaben zugewiesen und damit auch ein Gefühl gegeben, dass sie vom Gesetzgeber anerkannt werden. Auch diesen Antrag hat die Koalition leider abgelehnt. Es ist aber noch nicht zu spät. Sie können immer noch Einkehr üben, und deswegen werbe ich weiterhin um Zustimmung zu unserem Änderungsantrag. – Ich danke Ihnen!
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir Grünen haben den Kampf des Landes Berlin gegen die Spielhallenflut von Anbeginn an mit getragen und mit unterstützt, und wir werden auch – anders als andere, Sie werden es gleich hören – daran festhalten und diesem Gesetzentwurf der Regierungskoalition heute unsere Zustimmung geben.
Es ist einmal an der Zeit, das Engagement des Kollegen Buchholz zu würdigen.
(Daniel Buchholz)
Der Kollege Buchholz hat hier einen Missstand festgestellt. Er hat dann Sachverstand erworben, hat sich mit Suchthilfeträgern unter anderem im Café Beispiellos zusammengesetzt und Abhilfevorschläge entwickelt. Er hat diese Abhilfevorschläge gegenüber der Verwaltung durchgesetzt, woran andere über Jahre gescheitert sind. Er ist über Jahre am Ball geblieben. Das ist nicht immer einfach. Und er hat die eigene Fraktion von den Abhilfevorschlägen überzeugt. Das ist ihm in diesem Fall gelungen, anders als beim Vergabegesetz, wo die Fraktion ihn ziemlich allein stehen ließ. Und er hat zuguterletzt auch den Koalitionspartner davon überzeugt. Auch das ist nicht unbedingt selbstverständlich! Es gibt in den Reihen der CDU eine gewisse Allergie gegen Verbotspolitik.
Das ist insbesondere immer in Richtung meiner Fraktion, meiner Partei.
Hier geht es um knallharte Verbotspolitik. Da wird verboten, dass die Spielhallen nachts aufhaben. Da wird verboten, dass man dort Getränke ausschenkt. Da wird verboten, dass man dort raucht. Da wird verboten, dass man da Geld ziehen kann. Ein Verbot nach dem anderen! Aber das ist an dieser Stelle richtig und notwendig. Deswegen finden wir die Verbotspolitik, die die Koalition vorschlägt, richtig.
Aber bitte!
Die Lobhudelei ist ja noch gar nicht fertig, Kollege! – Ich finde, dass der Kollege Buchholz als Abgeordneter an dieser Stelle wirklich beispielgebend gearbeitet hat.
Ich würde mir mehr solche Abgeordneten wünschen, denn die sind für die parlamentarische Demokratie gut.
Jetzt aber Schluss mit der Lobhudelei, jetzt ein kleines bisschen Wasser in den Wein, das werden Sie verkraften, Kollege Buchholz! Was Sie neben dem vielen Richtigen, das Sie gemacht haben, noch hätten machen können: Sie hätten mit den Betroffenen ruhig einmal das Gespräch suchen können.
Sie waren zu dem Treffen der Automatenaufsteller eingeladen. Dort haben Sie abgesagt. Dann haben sie sich an mich gewandt. Ich bin dann da hingegangen. Ich habe das Gespräch mit denen gesucht – das war bestimmt nicht vergnügungssteuerpflichtig – und mich da in einer ganz eigenartigen Rolle befunden, weil ich plötzlich die Koalitionspolitik erklären und auch verteidigen musste.
Ich habe das gemacht, weil das an dieser Stelle völlig richtig ist.
Aber ich finde, dass das dazugehört: Wenn man eine Branche so stark an die Kandare nimmt, wie Sie es mit der Automatenglücksspielindustrie hier tun, dann sollten Sie auch das Gespräch nicht verweigern, denn auch das sind Leute, die einen Anspruch auf Diskurs haben und auch durchaus ihre Nöte und Sorgen vortragen dürfen sollen. Zumindest sollte man sich damit auseinandersetzen.
Das vielleicht für die Zukunft! Suchen Sie das Gespräch mit denjenigen, die von Ihrer Politik betroffen sind!
Kurz zu unserem Antrag, der neben dem Gesetz heute zur Abstimmung steht: Dort geht es um die Frage, wie viele Glücksspielgeräte in einer Gaststätte aufgestellt werden dürfen. Ursprünglich waren zwei erlaubt, das wurde ausgeweitet auf drei. Das ist die Grundlage für den Wildwuchs an den Café-Casinos. Diese Café-Casinos – Sie wissen das, wir haben das hier diskutiert – sind der Missbrauch dieser Möglichkeit, indem man einen Gewerberaum in mehrere Räume unterteilt und dann in jedem drei dieser Geräte aufstellt. Das sieht nach außen aus wie eine Spielhalle, ist aber keine, sondern ist ein Missbrauch der Regelungen zum Aufstellen in Gaststätten. Davon, dass man dort drei aufstellen kann, wollen wir weg. Wir sagen, dass ein Gerät reicht. Dann wäre das Café-Casino auch nicht mehr so attraktiv. Der Kollege Buchholz hat darauf hingewiesen: Der Bundesverordnungsgeber, das Bundeswirtschaftsministerium, hat sich darauf verständigt, dass sie immerhin 2019 – das ist noch lange hin – auf zwei Geräte heruntergehen wollen. Da könnten wir uns weiterhin mehr vorstellen, deswegen unser Begleitantrag, hier noch mal einen Vorstoß zu unternehmen, auf eins zu gehen.
Eins müssen wir uns klarmachen: Die Problematik ist größer als bei den Spielhallen. Die Café-Casinos spielen da eine Rolle, das illegale Glücksspiel spielt eine Rolle, und die Wettbüros spielen eine Rolle. Die Befürchtung, die durchaus besteht, ist, dass die Spielhallenbetreiber, wenn wir ihnen die Hallen im nächsten Jahr schließen, auf Café-Casinos ausweichen und es hier einen Aufwuchs geben wird. Das ist zum einen ein Problem der Kontrolle, das ist zum anderen aber auch ein Problem dieser Regelung, die das überhaupt erst ermöglicht. Darum wäre das die richtige Begleitmaßnahme.
Schlussendlich bleiben wir bei unserem gemeinsamen Ziel: Wir wollen weniger Spielhallen für Berlin, wir wollen weniger Spielautomaten in ganz Berlin, wir wollen weniger Glücksspielsuchtgefahren schaffen. Wir werden das, wie gesagt, heute mittragen.
Mein letzter Wunsch, auch in Richtung der Bezirksverwaltungen, die das dann umsetzen: Möge die Umsetzung gelingen! Das ist eine wichtige Maßnahme, die wir heute noch mal unterstützen. Es ist aber wichtig, dass das auch exekutiert wird und dass Anfang nächsten Jahres – Sie verlängern die Frist noch mal um ein halbes Jahr – die Spielhallen, da, wo es viele gibt in den Bezirken, die wir alle kennen, bitte auch wirklich geschlossen werden. – Glückauf!
Kollegin Matuschek! Sie haben mich konkret angesprochen und hier die Behauptung aufgestellt, ich hätte mich im Ausschuss am Montag für ein vollständiges Verbot von Spielhallen und Glücksspiel im Lande Berlin ausgesprochen. Ich stelle das richtig: Das ist nicht zutreffend. Eine solche Aussage habe ich weder im Ausschuss gemacht noch heute in meiner Rede. Ich habe vielmehr versucht zum Ausdruck zu bringen, dass wir die Bemühungen des Landes Berlin, getragen damals noch von der rot-roten Koalition aus dem Hause Wolf, das Spielhallengesetz hier vorzulegen – – Kollege Evers! Sie haben völlig recht: Den Stein ins Wasser geworfen hat die CDU 2007 mit einem Gesetzesentwurf, den Sie aus der Opposition eingebracht haben, damals aus der Feder von Prof. Scholz. Da waren Sie noch viel radikaler,
als das Spielhallengesetz von Rot-Rot war. Ich darf daran erinnern, Sie wollten pro 50 000 Einwohner eine Spielhalle in Berlin haben. Sie können mal ausrechnen, wie viele von den heutigen denn noch übrig bleiben würden. Aber das ist ein anderes Thema.
Ich habe mich ja zu Frau Matuschek gemeldet. Ich habe im Ausschuss – und das habe ich auch heute hier gesagt –
zum Ausdruck bringen wollen und habe das auch so gesagt, dass wir Grünen jede Spielhalle, die im Lande Berlin aufgrund der Gesetzgebung schließen wird, begrüßen. Das heißt aber beileibe nicht, dass ich jede Spielhalle ordnungsrechtlich-regulativ schließen möchte. Ich kann ja Entwicklungen begrüßen, ohne dass ich daraus gleich ein Verbot konstituieren möchte.
In einem haben Sie recht, Frau Matuschek: Es gibt im Internet einen erheblichen Wildwuchs an Glücksspiel. Die Regulierung dieses Glücksspiels ist ausgesprochen kompliziert. Ich bin der Meinung, man wird das nur über die Bezahlungsvorgänge in den Griff kriegen, indem man an die Kreditkartenunternehmen rangeht, auch das viele illegale Glücksspiel, das da stattfindet. Nur: Da fehlt ja nun dem Berliner Landesgesetzgeber jede Gesetzgebungskompetenz, hier tätig zu werden, um das zu regulieren. Und nur, weil ich feststelle, im Internet gibt es ganz viel Wildwuchs, heißt das ja nicht, dass ich darauf verzichte, in dem Bereich, wo wir zuständig sind – und das ist das Spielhallenrecht im Lande Berlin –, tätig zu werden.
Das eine will ich nicht hinnehmen, kann es aber nicht abstellen, was im Internet alles passiert. Das ist auch gefährlich; das ist auch für Spielsüchtige zum Teil noch unerträglicher und noch gefährlicher, weil sie hier viel schneller noch viel mehr Geld verlieren, als das in den Spielhallen passiert – das stimmt. Aber das heißt doch nicht, dass ich diesen Wildwuchs so laufen lassen muss! Deshalb ist die Linie hier weiterhin richtig. – Ich danke Ihnen!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bisher war es in diesem Haus üblich und geübte Tradition, dass wir in Fragen der direkten Demokratie zusammengearbeitet haben. So haben wir in großer Geschlossenheit 2006 die Reform beschlossen, die der direkten Demokratie überhaupt so viele Möglichkeiten eröffnet hat, die auch genutzt wurden. Wir haben diese gemeinsam beraten und beschlossen. Mit diesem Gesetzentwurf verabschieden sich leider die Regierungskoalition und die sie tragenden Parteien von dieser Konsenssuche und der Zusammenarbeit, indem sie allein diesen Gesetzentwurf vorgelegt haben, ohne überhaupt vorher mit uns das Gespräch zu suchen.
Wenn man sich die Geschichte dieser Debatte und dieses Gesetzentwurfs anschaut, kann man mutmaßen, woran das eigentlich liegt. Wir haben im Innenausschuss eine Anhörung dazu durchgeführt und denjenigen, der den Stein ins Wasser geworfen hat, Stadtrat Blesing aus Neukölln, dort als Sachverständigen angehört.
Zur Erinnerung: Stadtrat Blesing hatte, als die Tempelhof-Kampagne mit der Unterschriftensammlung lief und
absehbar war, dass es genügend Unterschriften zur Durchführung des Volksentscheides geben wird, die Öffentlichkeit Berlins mit der Aussage überrascht, er habe Hinweise auf Missbrauch und Täuschungen und damit nahegelegt und suggeriert, hier hätte jemand anhand des Telefonbuchs oder anderer Adressenlisten Unterschriftenlisten gefälscht. Das war eine kühne Behauptung und ein schwerwiegender Vorwurf gegen die Initiative 100 Prozent Tempelhofer Feld. Diese steile These von Herrn Blesing hat bei der Prüfung auf Wahrheit nicht bestehen können.
Es gab nicht ein einziges staatsanwaltschaftliches Ermittlungserfahren wegen der Fälschung von Unterschriften.
Das ist eine Straftat. Wenn Herr Blesing Hinweise gehabt hätte, hätte es nahegelegen, diese an die Berliner Staatsanwaltschaft weiterzuleiten, damit diese dort hätten überprüft werden können. Das ist nicht geschehen. Herr Blesing hat auf unsere Befragung im Ausschuss – es ist erst ein paar Wochen her – ganz nebulös geraunt, er habe Hinweise diesbezüglich aus der Senatskanzlei erhalten, er verrate uns aber nicht, von wem.
Ich hätte mich schon gefragt, wenn er uns einmal verraten hätte, welchen Inhalt diese Hinweise eigentlich gehabt hätten. Da blieb er auch, ganz entgegen seiner sonstigen Übung und Praxis, sehr wortkarg. Deshalb muss man nach dieser Anhörung im Ausschuss feststellen, dass an dieser Geschichte von vorn bis hinten nichts wahr ist.
Es handelte sich um einen fiesen Angriff. Weil man den Inhalt des Tempelhof-Volksentscheides nicht wollte, ist man auf dieses Nebengleis ausgewichen und hat mit falschen Fälschungsvorwürfen versucht, die Initiative zu diskreditieren.
So ging das los. Heute haben wir diesen Gesetzentwurf. Es ist interessant, wie die Gesetzgebung im Land Berlin funktioniert. Ein Stadtrat aus Neukölln stellt Fälschungsvorwürfe, die sich nicht beweisen lassen, in den Raum, und die Regierungsfraktionen greifen das auf und machen daraus einen Gesetzentwurf. Es ist vielleicht für die Berlinerinnen und Berliner auch einmal interessant zu erfahren, wie das hier in diesem Land so läuft.
Zur Sache: Die Unterschriftenregelung, die Sie zunächst vorgeschlagen hatten, drohte in einen Wettbewerb des Schönschreibens auszuarten. Dass Sie deutlich über das Ziel hinausgeschossen sind, haben Sie erkannt und die vorgesehene Regelung zurückgenommen. Die jetzige Regelung hat das Plazet von Mehr Demokratie gefunden. Das kann man so machen. Wir halten es weiterhin für nicht nötig. Die jetzige Regelung hat sich in unzähligen
(Frank Zimmermann)
Volksentscheidsverfahren bewährt. Man kann es aber gern so regeln, wenn Sie das wollen.
Der weitere Teil – das ist hier schon angesprochen worden – ist die Öffentlichkeitsarbeit, die der Senat gern machen möchte. Er möchte Steuergelder in die Hand nehmen, um Kampagnen zu bezahlen. Das muss man wirklich sagen, Kollege Zimmermann, es geht hier nicht um die einfache Öffentlichkeitsarbeit. Dass der Regierende Bürgermeister eine Presseerklärung herausgibt oder sich der Fachsenator inhaltlich dazu äußert, was in Rede steht, ist völlig unstreitig. Dafür brauchen Sie kein Gesetz. Das kann der Senat im Rahmen seiner Öffentlichkeitsarbeit tun. Es ist auch nie irgendwie angezweifelt worden, dass der Regierende Bürgermeister Wowereit sagen durfte: Ja, wir wollen auch gern auf dem Tempelhofer Feld bauen, oder nein, wir wollen die Initiative der Kirche „Pro Reli“ hier nicht unterstützen. Dafür braucht man kein Gesetz. Das war bisher möglich.
Was Sie wollen ist, Geld in die Hand zu nehmen, Steuergeld der Berlinerinnen und Berliner, und das annähernd uferlos. Ich komme gleich zu den angeblichen Einschränkungen im Gesetz. Sie wollen es in den Kampagnen ausgeben. Wir haben in der Tempelhof-Auseinandersetzung einen Vorgeschmack davon bekommen – Kollege Lederer hat darauf hingewiesen. Sie sind auf die Stadtbibliothek, die Landesbibliothek und die Wohnungsbaugesellschaft zurückgekommen. An den Bushaltestellen fanden sich große Werbetafeln mit sehr geringem Informationsgehalt und sehr großem werbenden Anteil. Das ist offenbar das, was der Senat gern selbst machen möchte. Damals durfte er es noch nicht. Mit diesem heutigen Gesetzentwurf will er das tun dürfen.
Es geht nicht darum, die Berlinerinnen und Berliner besser zu informieren – damit wären wir völlig einverstanden –, sondern darum, hier werbend in den Prozess der Meinungsbildung eingreifen zu wollen und damit auch noch die Augenhöhe mit der Initiative zu verlassen. Denn es gibt überhaupt kein Regulativ, dass das irgendwie in Hinblick auf den Mitteleinsatz der Initiative beschränkt. Darüber könnte man noch reden, wenn man sagt, dass die Initiative angeben muss, woher die Gelder kommen. Sie setzen beispielsweise einen fiktiven Betrag von 500 000 Euro an – wenn sie so viel überhaupt haben; die meisten haben gar nicht so viel, sondern höchstens 100 000 Euro oder 150 000 Euro – der vom Senat auf diese Summe begrenzt wird, damit es wenigstens Augenhöhe und Gleichstand gibt. Nichts davon findet sich in Ihrem Gesetz. Dort steht das Wort angemessen. Es ist überhaupt nicht klar, worauf sich die Angemessenheit bezieht. Bezieht sich die Angemessenheit auf das sachliche Anliegen? Zu dem finanziellen Einsatz der Initiative findet sich kein weiteres aufklärendes Wort.
Deshalb werden wir es in Zukunft – wir werden uns das genau anschauen – mit solchen werbenden Kampagnen
zu tun haben. Wir werden es uns schon beim RadVolksentscheid – es ist zu erwarten, wir hatten es heute schon, dass diese soweit voranschreiten – ganz genau ansehen, was der Senat mit seiner neuen Regelungskompetenz hier macht und welche Kampagnen wir hier zu erwarten haben.
Ich sage Ihnen voraus, dass es das ist, was Sie wollen. Radiospots, Fernsehspots und an jeder zweiten Berliner Bushaltestelle oder auf den großen Wesselmanntafeln werden irgendwelche Geschichten stehen, ähnlich, wie es heute Herr Kreins erzählt hat:
ganz gemeine Benachteiligung der Autofahrer, völlige Entrechtung der Berliner Autofahrer durch den Volksentscheid Fahrrad; die armen Berliner Autofahrer können bald nicht mehr Auto fahren, weil es überall Radspuren gibt und Ähnliches. Auf diesem Niveau wird es vermutlich ablaufen. Ich sage Ihnen ganz deutlich, dass wir das nicht wollen.