Protokoll der Sitzung vom 07.11.2013

Die Kehrseite dieser Entwicklung ist, dass es einen Kampf um gute Nachwuchskräfte gibt. Die Diskussion hatten wir gerade im Innenausschuss zum Thema Feuerwehr. Auch dort sind der Senat und die Feuerwehr proaktiv am Handeln. Es gibt ein Maßnahmepaket, wie man dem im Rahmen dessen, was möglich ist, begegnen kann. So ist es auch bei der qualitativen Personalentwicklung im Land Berlin. Auch hier haben wir gerade ein Maßnahmepaket im Innenausschuss verabschiedet. Es wird ein wichtiger Beitrag sein.

Sie haben recht: Die Konkurrenz zum öffentlichen Dienst in den anderen Bundesländern und dem Bund ist da. Die Schere ist geöffnet. Zum Bund sind es bis zu 13 Prozent. Diese Berechnungen sind uns allen bekannt. Berlin ist natürlich besonders betroffen. Wir wissen, dass man, ohne den Wohnsitz zu wechseln, bei einer Bundesbehörde oder sogar in Brandenburg arbeiten kann. Das ist alles richtig. Eine Attraktivitätssteigerung muss deshalb für die Jobs im öffentlichen Dienst her. Die Sicherheit des Arbeitsplatzes ist allein dabei nicht mehr ausschlaggebend, wenn man sich aussuchen kann, wohin man geht. Nicht nur deshalb muss die Besoldung angehoben werden, sondern auch als Zeichen der Wertschätzung und der Kompensation für den Beitrag, den Beamtinnen und Beamten des Landes jeden Tag leisten. Es muss eine Reparatur der eingetretenen Verhältnisse erfolgen. Ich frage noch einmal ganz diskret zurück: Was hat die antragstellende Fraktion in der Vergangenheit getan? Wo war die Linkspartei in den vergangenen Jahren?

[Uwe Doering (LINKE): Hier!]

Ich muss sagen, dass, wenn Sie regieren – was gottseidank im nationalen Maßstab eher die Ausnahme ist –, Sie nichts für die Mitarbeiter auf dem Markt tun. Wenn Sie dann in der Opposition sind, spielen Sie sich als Rächer der Witwen und Waisen auf. Für mich ist das ein pure Heuchelei.

[Beifall bei der CDU]

Dass Sie diese Forderung hier aufstellen, ohne dass Sie in der Vergangenheit viel geleistet haben, steht natürlich auch in krassem Gegensatz zu der Brandrede, die ich hier gerade von Herrn Taş hörte. Natürlich kann man immer mehr fordern. Ich kann mir auch eine höhere Anpassung der Bezüge vorstellen. Auch die CDU hatte eine höhere Anpassung vorgesehen. Sie kennen die Ergebnisse unserer Klausurtagung, jeweils ein halbes Prozent über dem

(Stefanie Remlinger)

jeweiligen TdL-Abschluss zu sein. Das war aber unter der Bedingung erfolgt, als uns der Zensus-Schock noch nicht ereilt hatte, und natürlich auch vor den Beratungen in einer Regierungskoalition, wo unterschiedliche Schwerpunkte zusammenkommen. Und es bleibt auch richtig, dass wir mittelfristig eine Angleichung hinbekommen müssen und sie auch hinbekommen wollen. Die Perspektive 2017, Frau Remlinger, ist sicherlich unrealistisch, da stimmen wir überein.

[Uwe Doering (LINKE): Da sind Sie immer noch ge- schockt! Sie können mir leid tun!]

Wir haben auf unserer Klausurtagung vom Jahr 2020 gesprochen. Aber auch das hängt natürlich von Entwicklungen ab, die wir heute noch gar nicht seriös vorhersagen können. Deswegen ist es schwierig, sich an einer solchen Stelle aus dem Fenster lehnen und zu sagen: Genau das und das wird passieren.

[Uwe Doering (LINKE): Da haben Sie vor zwei Jahren noch was anderes gefordert! Eingeknickt!]

Und im Übrigen, Herr Doering, ist auch eine wachsende Stadt, die wir uns alle wünschen und auf die wir alle hoffen, kein Freibrief für einen haushaltspolitischen Blindflug.

[Beifall von Monika Thamm (CDU) – Uwe Doering (LINKE): Eingeknickt sind Sie!]

Was gesagt werden kann: Seit Beginn der Koalition, und zwar einschließlich der noch in Rede stehenden aktuellen Haushaltsberatung 2014 und 2015, gibt es bei den Bezügen eine Steigerung von 9 Prozent. Das kann man unterschiedlich beurteilen; das Glas ist immer halb leer oder halb voll, das ist eine Sache der Sichtweise. Jedenfalls ist diese Anhebung weit höher als das, was Sie als Linkspartei in Ihrer Regierungsverantwortung überhaupt erreicht haben.

Sie können natürlich versuchen, mit diesem Antrag, den Sie heute vorlegen, bei den Gewerkschaften oder in den Personalvertretungen Punkte zu machen, aber ich sage Ihnen, das wird Ihnen nur gelingen bei Leuten, die Probleme mit ihrem Langzeitgedächtnis haben. Wir haben gehandelt, und wir werden weiter handeln. Wir werden die Mitarbeiter des Landes Berlin nicht im Regen stehen lassen. – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU – Uwe Doering (LINKE): Eingeknickt sind Sie!]

Danke schön, Kollege Dr. Juhnke! – Für die Piratenfraktion hat jetzt der Kollege Lauer das Wort. – Bitte schön!

[Zurufe von Uwe Doering (LINKE) – Zurufe von Dr. Robbin Juhnke (CDU)]

Kollegen! Jetzt hat der Kollege Lauer das Wort. Diskutieren Sie doch draußen weiter!

Ich höre aber auch immer gerne dabei zu, wenn sich Herr Doering und Herr Dr. Juhnke angeregt über Dinge austauschen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin mir nicht ganz sicher, worum es jetzt in dieser Debatte geht. In dem Antrag, den Die Linke gestellt hat, wird gesagt:

Der Senat wird aufgefordert, dem Abgeordnetenhaus bis zum 31.10.2012 ein Konzept vorzulegen, in welchem dargelegt wird, wie eine Angleichung des Besoldungs- und Versorgungsniveaus der Berliner Beamtinnen und Beamten, Richterinnen und Richter an das Niveau des Bundes und der anderen Länder erreicht werden soll. Das Konzept enthält mindestens

einen Plan, wann und in welcher Höhe eine schrittweise Erhöhung der Bezüge erfolgen soll,

eine seriöse Prognose über die jährlich entstehenden Mehrausgaben für den Landeshaushalt unter Berücksichtigung der Versorgungsausgaben und der demographischen Entwicklung im öffentlichen Dienst.

Das ist der Antrag. Da steht keine Summe drin nach dem Motto: Wir müssen jetzt bis 2017 soundso viele Milliarden ausgeben, um das anzugleichen. Da steht auch nicht drin, dass irgendwas im Haushaltsplan geändert werden soll. Nein, das Haus fordert die Verwaltung des Landes Berlin auf, mal ein Konzept vorzulegen. Wir könnten Sie auch auffordern: Legen Sie uns ein Konzept vor, wie es bis zum Jahr 2014 gelingen soll. – Dann können sie uns Zahlen machen. Oder wir sagen: Legt uns ein Konzept vor, wie wir es bis zum Jahr 2050 machen sollen. – Dann sind wir als Abgeordnete in der Lage zu sagen: Okay, das ist ein Konzept, dem können wir zustimmen. – oder: Nein, das ist ein Konzept, das wir unrealistisch finden. Lieber Senat, liefert mal bitte etwas anderes. Wir verstehen nicht, wie ihr auf eure Zahlen kommt.

Aber dass wir in dieser Debatte allen Ernstes so tun, als würde durch einen Beschluss dieses Antrags herbeigeführt werden, dass sich irgendetwas an der bestehenden Situation ändert – das stimmt einfach nicht. Hier wurde so getan: Wenn wir das jetzt beschließen, kommen Mehrkosten auf das Land Berlin zu, die überhaupt niemand abschätzen kann. – Das stimmt nicht.

In der letzten Sitzung des Innenausschusses – das wurde von der Opposition gebührend kritisiert, und Herr Wolf hat auch noch mal darauf hingewiesen – hat die Koalition vier Anträge eingereicht, und in drei von diesen vier Anträgen stand, die Verwaltung solle ein Konzept vorlegen. Sie haben noch nicht mal gesagt, welche Verwaltung Ihnen welches Konzept vorlegen soll. Da standen Dinge drin wie, die Verwaltung solle eine Ausbildungsoffensive

(Dr. Robbin Juhnke)

2013/2014 starten – nachdem das Ausbildungsjahr 2013/2014 stattgefunden hat. Ich habe in der Sitzung selbst gesagt: Moment mal, liebe Koalition, ihr beschließt hier gerade Anträge nach dem Motto „Bei Grün darf ich über die Ampel gehen, bei Rot muss ich stehen bleiben.“ Wir sollten von unserer Verwaltung erwarten können, dass sie Konzepte entwickelt, dass sie Dinge darlegt, aufgrund derer wir dann in der Lage sind, Entscheidungen zu treffen oder auch als Oppositionsfraktion Entscheidungen zu kritisieren.

Bei diesem Spiel zwischen Opposition und Koalition – wir reißen uns doch kein Bein aus, wenn man diesem Antrag einfach zustimmt. Wenn Sie, liebe Koalition, meinen oder auch der Senat der Meinung ist: Meine Güte, wir wollen das bis 2017 aber nicht haben –, dann können Sie noch immer sagen: Oh, hier steht eine Zahl drin, xy, das ist uns zu viel Geld, das können wir nicht machen. – Der Antrag der Linken – darauf hat Herr Taş hingewiesen – liegt seit dem 17. September 2012 in diesem Haus vor und wurde jetzt erst abgelehnt. Wir nehmen uns doch als Parlament – insbesondere die Koalition –, Sie nehmen sich doch Handlungsspielräume, wenn Sie der Verwaltung – darauf haben Sie natürlich einen besseren Zugriff, darüber müssen wir nicht streiten – nicht einen klaren Auftrag erteilen, um wenigstens die Möglichkeit zu haben, danach auf einer anderen Faktenbasis über das Thema zu debattieren. So werden die einen immer sagen: Es ist zu wenig Geld, wir müssen das mehr wertschätzen. – Und die anderen sagen dann: Habt ihr euch mal die Inflation angesehen? Inflation fressen Gehaltserhöhung auf. – So werden wir nie seriös darüber debattieren, sondern wir werden immer sagen: Das ist zu wenig. Den einen wird vorgeworfen, sie machten sich zum Anwalt von dem und dem, und die anderen sagen – –

Sie müssten bitte zum Ende kommen, Kollege!

Ich weiß! – Wenn wir dem jetzt zustimmen, brechen wir uns keinen Zacken aus der Krone. Geben Sie sich einen Ruck! – Vielen lieben Dank!

[Beifall bei den PIRATEN und der LINKEN – Beifall von Stefanie Remlinger (GRÜNE)]

Vielen Dank, Kollege Lauer! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Zum Antrag der Fraktion Die Linke Drucksache 17/0523 empfehlen Innenausschuss und Hauptausschuss mehrheitlich gegen die Oppositionsfraktionen die Ablehnung. Wer dem Antrag dennoch zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Oppositionsfraktionen. Wer ist dagegen? – Das

sind die Regierungsfraktionen. Damit ist der Antrag abgelehnt.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 4.3:

Priorität der Piratenfraktion

Tagesordnungspunkt 20

Shared Space – Gleichberechtigung aller Verkehrsteilnehmer verwirklichen!

Antrag der Piratenfraktion Drucksache 17/1205

Auch hier gibt es eine Redezeit von fünf Minuten pro Fraktion. Es beginnt die Piratenfraktion. Dort ist mir der Kollege Claus-Brunner genannt worden – Bitte schön! Sie haben das Wort!

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Senatorinnen beliebigen Geschlechts und sehr geehrte Kolleginnen beliebigen Geschlechts! Und auch an die noch anwesenden Zuschauer einen schönen guten Abend!

[Unruhe]

Entschuldigung, meine Damen und Herren! Es ist Gebrabbel im Saal. Bitte stellen Sie doch Ihre Privatgespräche ein und hören dem Redner zu, oder gehen Sie nach draußen!

Shared Space ist ein Konzept, das öffentliche Straßenland für die Menschen aufzuwerten und die dominierende Stellung des motorisierten Individualverkehrs zu brechen. Erst die Massenmotorisierung zu Anfang des 20. Jahrhunderts und die groß angelegte Stadtumgestaltung zur autogerechten Stadt in der Nachkriegszeit führten zu der heutigen strikten Trennung der Verkehrsteilnehmergruppen. Durch die Umsetzung des Konzepts Shared Space würde diese strikte Trennung gemildert und die zerschneidende Wirkung von stark frequentierten Straßen entschärft. Es würde ein völlig neuer Raum entstehen, in dem alle Verkehrsteilnehmer nahezu gleichberechtigt miteinander umgingen, eine gegenseitige Rücksichtnahme die starre Regelung ersetzen und den Schilderwald lichten könnte. Der so geschaffene neue Raum böte auch Platz für Cafés oder gleichartige Gewerbebetriebe und eine attraktivere Konsumumgebung für den Einzelhandel. Anwohnern und Besuchern würde eine deutlich verbesserte Aufenthaltsqualität geboten, und es stellte sich eine erheblich geringere Lärmbelästigung ein. Daher fordert die Piratenfraktion den Senat dazu auf, ein umfassendes Konzept mit Pilotprojekten zur Verwirklichung des

(Christopher Lauer)

Shared-Space-Prinzips in Berlin umzusetzen und im Stadtentwicklungsplan Verkehr unter den Zielen 5.1 bis 5.5 zu integrieren.

Shared Space eignet sich im Prinzip für alle Wohn- und Mischgebiete. Ungeeignet sind Durchgangs- und Hauptverkehrsstraßen, außer man schafft für diese eine Umfahrungsmöglichkeit. Mit Shared Space findet eine Attraktivitätssteigerung von Alternativen zum jetzigen motorisierten Individualverkehr auf langfristige Sicht statt.

Wir haben uns auch die Mühe gemacht, Erprobungsgebiete für den Pilotbetrieb aufzuzeigen, und haben diese aufgelistet. Ich nenne sie nochmal: Wir haben den Richardkiez, Richardplatz plus umliegende Straßen, AltKöpenick, die jetzige Fußgängerzone inklusive aller Nebenstraßen, das WISTA-Gelände in Adlershof inklusive Gewerbegebiet und Unigelände und dem da auch entstehenden Wohngelände. Dann haben wir noch Adlershof, die Dörpfeldstraße, Alt-Treptow rund um den Schmollerplatz, in Kreuzberg den Wrangelkiez, Skalitzer Straße, Görlitzer Park, Lohmühleninsel usw., die Bergmannstraße, in Schöneberg die Maaßenstraße, Winterfeldtplatz, Nollendorfplatz, diese Ecke, Lichtenberg: Rummelsburg und eventuell das dazugehörige Neubaugebiet „An der Mole“ und zu guter Letzt Baumschulenweg, in der Baumschulenstraße S-Bahnhof bis Kirche. Das ist unser Vorschlag. Ich bitte Sie, diesem Vorschlag zuzustimmen und in den Ausschüssen noch einmal ausführlich zu beraten.

[Beifall bei den PIRATEN]