Darum führte die Stadt eine City-Tax ein. Alle Touristen müssen von nun an 5 Prozent des Zimmerpreises an die Stadt zahlen. Die Kreativen haben gerufen: Gebt uns auch etwas von dem Geld! Wir helfen euch, dass Berlin weiter attraktiv bleibt, damit für alle Zeiten viele Millionen Touristen weiter ihr Geld hier ausgeben. – Leider hat die Stadt das Geld der Touristen für ihren neuen Flughafen gebraucht und sich nicht umstimmen lassen. Die Mieten wurden teurer, viele Einwohner zogen weg, und statt bunter Kieze mit kreativen und attraktiven Leuten entstanden Bezirke mit einförmigen Häusern, voll grauer Hotelketten und fader Systemgastronomie. Nur noch ein Späti blieb übrig
zur Versorgung der Ferienwohnungen. Kulturelle Unterhaltung gab es nur noch zu festen Zeiten in großen Hallen an zentralen Orten, mit direkter U-Bahnanbindung und angeschlossen an Einkaufszentren.
Die ganzen 25 Millionen Euro aus der City-Tax flossen in die Brandschutzanlage des neuen Flughafens, der doch noch in Betrieb ging. Da das Interesse an der Stadt aber bald zurückging, wurde der Flughafen gar nicht mehr gebraucht. Und wenn sie nicht gestorben sind, dann reisen sie jetzt alle in eine andere Stadt.
Märchen werden nicht wahr, das wissen schon kleine Kinder. Das ist leider auch bei Ihrem Märchen von der City-Tax nicht anders. Sie haben 12,5 Millionen Euro versprochen für Kultur-, Sport- und Tourismusförderung. Was ist daraus geworden? – Nichts! „Differenziert“ nannte es vorhin der Regierende Bürgermeister, Herr Wowereit. Ja, da gibt es tatsächlich eine Differenz, und diese beträgt 12,5 Millionen Euro, die jetzt fehlen.
Sie haben Ihr Versprechen gebrochen und bringen damit auch die Akzeptanz und den Erfolg des heute hier vorliegenden Gesetzes über eine Übernachtungssteuer in Gefahr. Denn die Klagebereitschaft der Hoteliers haben Sie damit auf einen Höhepunkt geführt. Dabei könnte man die City-Tax zu einer echten Erfolgsgeschichte für die Stadt machen. Die Idee der City-Tax war es, eine Finanzierungsquelle zu erschließen, die direkt zurückfließt in die touristische Infrastruktur – auch der Bezirke – und vor allem auch in die Bereiche der Kulturszene, die maßgeblich zum touristischen Erfolg der Stadt beiträgt. Wie wir gestern erst der Presse entnehmen konnten: Jeder zweite Tourist kommt wegen der Kultur in die Stadt. Würdigen Sie das endlich einmal!
Stattdessen nutzen Sie jetzt die gute Idee zum Stopfen der Löcher Ihrer aussichtslosen Bauprojekte BER und Co. Weder Kultur- noch Tourismusförderung bekommen von Ihnen aus der City-Tax einen Cent zusätzlich. Denn nichts anderes bedeutet es doch, wenn Sie jetzt sagen, dass nur Einnahmen, die über 25 Millionen Euro jährlich hinausgehen, verteilt werden. Sie wissen genau so gut wie ich, dass in den kommenden zwei Jahren nicht damit zu rechnen ist, dass die Einnahmen aus der City-Tax 25 Millionen Euro überschreiten. Seien Sie einmal ehrlich!
Es ist längst sichtbar, dass Berlin etwas für die Stadtverträglichkeit des Tourismus tun muss. Alle sehen Handlungsbedarf, nur Sie nicht. Akzeptanzförderung, eine maßvolle Hotelentwicklung und die Sicherung der kulturellen Vielfalt, nur so ist auch eine langfristige, erfolgreiche touristische Entwicklung Berlins möglich. Die Attraktivität der Stadt und auch die inhabergeführten Übernachtungsbetriebe in der Stadt leiden schon jetzt unter Ihrer Untätigkeit, und Sie verschließen Ihre Ohren.
Das frage ich mich auch in den Ausschüssen. Wir machen dort Anhörungen. Aber warum machen wir die, wenn Sie die Anregungen daraus nicht mitnehmen? Warum zum Beispiel belasten Sie auch Kinder und Jugendliche auf Bildungsreise mit der Steuer? Für den Lehrer ist das quasi eine Geschäftsreise – da fällt die Steuer nicht an –, die Schüler als Lernende sollen zahlen. Das ist völlig unverständlich und nicht erklärbar. Das kritisieren wir scharf.
Wir kritisieren auch scharf, dass Sie die Branche in keiner Weise auf das nun schon in gut zwei Wochen in Kraft tretende Gesetz vorbereitet haben. Das ist unsäglich. Erst am 16. Dezember wollen Sie Informationen auf der Internetseite bereitstellen, das ist direkt vor den wichtigen Weihnachtsfeiertagen und vor Silvester.
Sie muten der Wirtschaft etwas zu, was Sie der eigenen Verwaltung nicht zumuten. Wir haben das gestern beim Mindestlohngesetz gehört, da beträgt die Vorbereitungszeit zwei Monate, die gewährt werden. Die Wirtschaft aber muss das in zwei Wochen schaffen.
Nichtsdestotrotz freue ich mich heute, auch ganz persönlich, dass wir nun endlich nach jahrelanger Diskussion die Einführung einer City-Tax beschließen, auch wenn sie an einigen Ecken, wie ich ausgeführt habe, noch zu schleifen ist. Ich verbinde mit meiner Zustimmung die Hoffnung auf eine baldige Fortentwicklung des Gesetzes und seine Umsetzung. Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen,
haben heute noch die Chance, gleich nachzubessern. Nehmen Sie unsere Änderungsanträge an, um Schüler zu entlasten, um die Einnahmen richtig zu verteilen, für Tourismusförderung und für eine vielfältige Kulturszene. – Danke schön!
Vielen Dank, Frau Kollegin Ludwig! – Die Fraktion der SPD durch Herrn Nolte gibt den Beitrag zu Protokoll. – Bitte schön!
Wir werden heute viele Stunden über Ausgaben und Ausgabensteigerungen reden. Für viele ist das ja ein schönes Thema. Lassen Sie mich deshalb vorab einige Bemerkungen zu Einnahmen und Einnahmesteigerungen machen. Für viele ist das ja ein weniger schönes Thema.
Die Koalition hat sich bereits in ihrer Koalitionsvereinbarung Verbesserungen bei den Einnahmen des Landes vorgenommen, darunter auch im Bereich der Steuern. So sollte die Grunderwerbssteuer von fünf auf sechs Prozent erhöht werden, und es sollte eine neue Steuer, die Übernachtungssteuer, eingeführt werden. Mit dem „Gesetz über eine Übernachtungssteuer in Berlin“ wollen wir
dieses Vorhaben heute zum Abschluss bringen. Lassen Sie mich drei Bemerkungen zu diesem Gesetz machen.
Erstens: Berlin ist mit der Übernachtungssteuer nicht Vorreiter bei den europäischen Metropolen, sondern in guter Gesellschaft. London, Paris, Rom und Barcelona haben diese Steuer bereits, Berlin führt sie nun zum 1. Januar 2014 ein. Und die Zukunft wird es zeigen: So, wie sich niemand wegen der Übernachtungssteuer von einer interessanten Städtereise abhalten lässt, so, wie sich niemand wegen der Kurtaxe von einer Reise an die Ostsee abhalten lässt, so wird sich auch niemand wegen der moderaten Übernachtungssteuer von einer Reise nach Berlin abhalten lassen. Die Einnahmen Berlins werden sich aufgrund dieser Übernachtungssteuer allerdings um mindestens 25 Millionen Euro pro Jahr erhöhen, und deshalb wollen wir diese Übernachtungssteuer.
Zweitens: Mit den Senatsverwaltungen für Finanzen und Justiz halten wir das vorliegende Übernachtungssteuergesetz für rechtssicher. Natürlich besteht ein geringes rechtliches Risiko, da der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband bereits eine Klage angekündigt hat und man auf hoher See und vor Gericht bekanntlich allein in Gottes Hand ist. Als Parlamentarier sage ich dazu, das Argument fehlender Verfassungsmäßigkeit kann sich auch abnutzen, wenn es zu oft vorgebracht wird. Beim Nichtraucherschutz in Gaststätten bringt der DEHOGA regelmäßig verfassungsmäßige Bedenken vor, die sich bisher ebenso regelmäßig als unberechtigt erwiesen haben. Dennoch sage ich für die Fraktion, dass der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband für uns ein wichtiger Gesprächspartner bleibt. Die Förderung des Tourismus und der Attraktivität Berlins bleibt ein gemeinsames bedeutendes und wichtiges Anliegen.
Drittens: Bevor überhaupt ein Euro Übernachtungssteuer in den Landeshaushalt geflossen ist, waren die Verteilungskämpfe schon in vollem Gange. In der Tat haben die Fach- und die Finanzpolitiker hier eher unterschiedliche Auffassungen. Die Fachpolitiker möchten 50 Prozent der Übernachtungssteuer ab dem ersten Euro auf die Bereiche Kultur, Sport und Tourismus aufteilen, die Finanzpolitiker möchten dies erst ab einer Grundeinnahme von 25 Millionen Euro. In den nächsten Stunden werden wir viel davon hören, wie die Fachpolitiker die Finanzpolitiker erfolgreich zu höheren Ausgaben gedrängt haben. Im Fall der Übernachtungssteuer haben sich ausnahmsweise einmal die Finanzpolitiker im Senat und in der Koalition durchgesetzt und der verbesserten Einnahmesituation Berlins den Vorrang eingeräumt.
Abschließend bitte ich Sie um Zustimmung zum vorliegenden Übernachtungssteuergesetz im Interesse des Landeshaushalts und natürlich auch im Interesse von Kultur, Sport und Tourismus in Berlin.
Ich darf dann für die Fraktion Die Linke den Kollegen Zillich bitten, seinen Vortrag zu halten. – Ich erteile Ihnen das Wort, Herr Kollege Zillich.
Vielen Dank, Herr Präsident! – Sehr geehrte Damen und Herren! Man könnte es sich bei dem Thema City-Tax als Opposition einfach machen. Die Regierung liefert mit ihrer systematischen Verschleierung der Einnahmesituation die Vorlage dafür. Man könnte sagen, es gäbe keinen Grund für neue Steuerlasten, wenn Berlin regelmäßig mehr als geplant einnimmt. Auch die verlogene Begleitmusik zu dieser Steuer – ich komme noch darauf – ist sicherlich kein Argument für eine Zustimmung.
Witzigerweise war die Blut-und-Tränen-Zensusinszenierung und die Verleugnung der tatsächlichen Einnahmesituation gleichzeitig wohl aber auch die Voraussetzung dafür, dass sich die CDU überhaupt auf die City-Tax eingelassen hat. Mit einer realistischen Einschätzung, ein Überschuss von einer halben Milliarde Euro in diesem Jahr trotz Zensus, wäre es mit der City-Tax wohl nichts geworden, oder, werte Kollegen von der CDU?
Wir wissen, dass verantwortungsbewusste Politik Einnahme sichern muss, wenn die dadurch entstehenden Belastungen vertretbar sind. Wir wissen, dass die Situation sprudelnder Steuereinnahmen und historisch niedriger Zinsen nicht ewig währt. Deshalb halten wir es für angemessen, wenn das Beherbergungsgewerbe für Einnahmen herangezogen wird. Der boomende Tourismus ist auf die öffentlich finanzierte Infrastruktur angewiesen und verbraucht sie natürlich auch. Die Branche hat gerade erst vom Mövenpick-Rabatt profitiert.
Diese Herangehensweise findet sich auch in unseren Änderungsanträgen wieder. Es geht uns darum, die ungewollten sozialen Auswirkungen der Übernachtungssteuer zu vermeiden, indem wir Schülerfahrten und Übernachtungen im Rahmen von geförderten Jugendbegegnungen ausnehmen. Wir wollen klarstellen, dass Jugendbildungsstätten, Schullandheime, Krankenhäuser von der Steuer ausgenommen werden.
Weil wir die City-Tax wollen, wollen wir auch, dass sie rechtssicher eingeführt wird. Hier handeln Senat und Koalition leichtsinnig, denn sie wissen, dass die Gerichte in der rechtlichen Bewertung eines entscheidenden Punktes der Übernachtungssteuer nicht einig sind. Es geht um die Frage, ob der Beherbergungsbetrieb Steuerschuldner sein darf, obwohl er gar nicht beeinflussen kann, aus
welchem Grund der Gast übernachtet. Hier gibt es Verwaltungsgerichte einerseits, die sagen, das ginge nicht und Finanzgerichte, die sagten, es gehe sehr wohl. Diese divergierenden Bewertungen werden irgendwann zusammengeführt werden, mit welchem Ergebnis, das ist noch offen. Damit ist auch komplett offen, ob die Grundkonstruktion dieses Gesetzes rechtlich Bestand haben wird.
Nun ist unser Vorschlag nicht, so lange zu warten, bis zu dieser Frage irgendwann endgültige rechtliche Klarheit besteht. Wir schlagen aber vor, das rechtliche Risiko dadurch abzuwenden, dass wir einen Weg gehen, den das Oberverwaltungsgericht NRW gewiesen hat: Wir schlagen vor, die rechtliche Konstruktion des Steuerentrichtungsschuldners zu wählen. Das lehnen Sie ab. Der Senat begnügt sich stattdessen mit dem Gestus: Was interessieren uns die blöden Verwaltungsgerichte, wir sind schließlich eine Steuerbehörde. Das ist fahrlässig, und das ist leichtsinnig.
Ein Stück aus dem Tollhaus aber ist der Umgang mit dem Versprechen an die freie Szene im Zusammenhang mit der City-Tax. Nun ist es natürlich aus einer Reihen von rechtlichen und praktischen Gründen zwingend, dass hier der Weg einer Steuer gegangen wird. Eine direkte Zweckbindung von Steuereinnahmen kann es nicht geben. Der Bruch des Versprechens an die freie Szene, dass sie mehr Geld erhalten soll, ist ein Lehrstück für die Glaubwürdigkeit der Koalition.
Da verspricht der Senat in seinem Haushaltsentwurf, da verspricht der Kultursenator und Regierende Bürgermeister hier im Plenum, dass es mehr Geld für die freie Szene geben wird. Nun war der Senat nicht in der Lage, das haushaltsrechtskonform zu veranschlagen. Das Versprechen stand aber, auch im Haushalt. Da sagt die Koalition dann im Hauptausschuss für alle überraschend, dass es das nicht gibt. Es gibt nichts, wenn die Einnahmen aus der Steuer im erwarteten Rahmen bleiben. Das ist eine Verhöhnung der Stadt und insbesondere der freien Szene, die sich auf das Versprechen des Senats verlassen hat und verlassen war.