Protokoll der Sitzung vom 12.12.2013

Dies ist das erklärte Leitbild der Arbeitsmarktpolitik der Koalition. Anstatt die Zeit der Menschen in einer Aneinanderreihung von Maßnahmen eines öffentlichen Beschäftigungssektors zu verschwenden, wollen wir die Arbeitslosen fit machen für den ersten Arbeitsmarkt,

[Zuruf: Als was denn?]

mit solchen und mit anderen Maßnahmen, und dies wird funktionieren.

[Beifall bei der CDU – Zuruf: Ja, bestimmt!]

Wichtig ist uns auch, dass wir weiterhin Fortschritte in der beruflichen Bildung machen. Für Jugendliche ist eine gute Ausbildung elementar für ihr weiteres Berufsleben. Die Berliner Unternehmen sind auf die jungen Menschen als zukünftige Fachkräfte angewiesen. Unser Ziel in den Haushaltsberatungen war es – und wir haben es erreicht – zumindest das Niveau des vorigen Doppeletats zu halten, um den weiterhin bestehenden Bedarf an Ausbildungsplätzen abzudecken. Wir wollen Betriebe mit Ausbildungsberechtigung stärker in die Pflicht nehmen und eine gezielte Werbekampagne fördern.

In der Frauenpolitik der Koalition hat sich die bestehende Förderstruktur bewährt. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Fraueninfrastrukturstellen können sich über eine zweiprozentige Gehaltssteigerung pro Jahr freuen. Dabei bleibt die Anzahl der Mitarbeiterinnen und der Infrastrukturstellen gleich.

[Zuruf von Sabine Bangert (GRÜNE)]

Mit zusätzlichen Investitionen setzt sich die Koalition für Frauen ein, die von Gewalt bedroht sind. Die BIGAnlaufstelle wird mit zusätzlichen Mitteln ausgestattet und die Kinderbetreuung in den Zufluchtswohnungen ausgebaut.

Oberste Priorität für diesen Haushalt ist die Konsolidierung der Berliner Finanzen und die Schuldenfreiheit der Hauptstadt ist das Fernziel, auf das wir hinarbeiten. Wir mussten Ausgaben abwägen, nicht nur in diesem Einzelplan. Seien Sie versichert, die große Koalition wird alle nötigen Ausgaben für die Zukunft Berlins tätigen, gerade in den wichtigen Politikfeldern wie Arbeit, berufliche Bildung, Frauen und Integration. Das zeigen wir mit dem vorliegenden Einzelplan. – Herzlichen Dank!

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Vielen Dank, Herr Prof. Dr. Korte! – Für die Linksfraktion hat jetzt das Wort Frau Abgeordnete Breitenbach. – Bitte sehr!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Koalition ist ja völlig ergriffen von ihren Erfolgen.

[Zuruf von der SPD: Schön, oder?]

Ich bin da ehrlich gesagt etwas baff. Sich ein bisschen mit der Realität auseinandersetzen kann man ja.

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN]

Frau Becker! Alle Ihre Erfolge, die sie aufgezählt haben waren alles Projekte, die wir unter Rot-Rot eingeführt haben. Das sind gute Projekte, nach wie vor. Aber irgendwie geht es auch nicht, sich zehn, zwölf Jahre hinzustellen und immer wieder zu sagen, wie toll die Projekte sind. Ja, sind sie, aber sie müssen irgendwann einmal weiterentwickelt werden oder man macht neue Projekte. Nichts von beidem machen Sie.

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN]

Beispielsweise die Initiative „Sexuelle Vielfalt“: Sie entwickeln da gar nichts weiter. Klammheimlich haben Sie die zurückgefahren und Sie machen gar nichts. Die Anträge, die es gibt, liegen seit einem Jahr auf Halde und werden nicht behandelt. Sie gucken sich an, wie das Ding vor den Baum läuft und machen nichts, und hier wollen Sie das als Erfolg verkaufen.

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei den PIRATEN]

In der Partizipations- und Integrationspolitik waren wir schon ganz weit, und im Moment erleben wir nur Rückschritte. Sie wollen keine Integrationskurse für Flüchtlinge. Sie haben keine ausreichenden Mittel eingestellt, damit die Integrationsprojekte ihre Arbeit vernünftig fortführen können. Manchen drehen Sie jetzt sogar den Hahn ab.

Und – das nehme ich Ihnen richtig übel – Sie sind gerade dabei, die migrantischen Selbstorganisationen zu entmündigen.

[Zuruf von der SPD: Nein!]

Jawohl, das machen Sie, und ich nenne Ihnen gleich noch ein Beispiel. Es gibt einen positiven Punkt, den möchte ich benennen. Es ist positiv, dass Sie die Förderung der Stadtteilmütter verstetigen wollen. Negativ ist allerdings, dass es für zu wenige gilt. Und eine Katastrophe ist es, dass Sie sich hinsetzen und sagen: Wir machen einen Aktionsplan Roma. Aber die Kulturlotsen, die es dort gibt, die die gleiche Arbeit machen wie die Stadtteilmütter, die wollen Sie nicht verstetigen und denen geben Sie

nicht einmal eine Qualifizierung wie den anderen. Das ist Ihre Integrationspolitik.

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN und den PIRATEN]

Sie fangen an, partizipative Politikansätze zu zerschlagen. – Und Frau Kolat, Ihr Umgang mit dem Aktionsplan Roma, der erst einmal ziemlich gut klang – ich habe Ihnen das im Fachausschuss sehr deutlich gesagt –, zeigt, wohin es gerade geht. Sie wollen einfach, dass die migrantischen Organisationen sich zurücknehmen, und Sie wollen denen sagen, wo es lang geht. Die Kultur des Dialogs haben Sie abgeschafft, und damit haben Sie den Bereich Partizipation um Jahre zurückgeworfen.

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN]

Bei Ihren Erfolgen in der Arbeitsmarktpolitik sieht es ja nicht anders aus. Wenn Sie im Bereich der beruflichen Bildung die Kürzungen zurückgenommen haben, war das eine gute Sache. Aber Geld allein macht es nicht. Da sind ganz viele Umsteuerungen nötig und da passiert überhaupt nichts. Das ist das Problem. Ihr Konzept „BerlinArbeit“ ist schlicht und ergreifend ein Rohrkrepierer. Sie haben es nicht einmal geschafft, die Mittel dafür auszugeben. Über 20 Millionen Euro Mittel sind liegengeblieben. Sie haben nicht genug Leute gefunden. Bei Ihrem Dreiklang, zu dem Coaching und Weiterbildung gehören, passiert nichts. Und warum? Alles, was Sie gekonnt haben, ist, dass Sie den ÖBS abgewickelt haben. Mehr haben Sie bisher nicht hingekriegt. Hören Sie auf, diesen Quatsch als Erfolg zu verkaufen, wenn Sie es nicht einmal schaffen, Ihre Gelder auszugeben und wenn Sie es nicht schaffen, Menschen in den ersten Arbeitsmarkt zu vermitteln!

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN]

Herr Korte! Sie quatschen sich ja selbst besoffen, wenn Sie sagen, die Berliner Erwerbslosen kriegen alle Jobs. Gucken Sie sich einmal die Zahlen an! Es sind eben nicht die Langzeiterwerbslosen, die einen Job kriegen.

[Senatorin Dilek Kolat: Doch!]

Nein, Frau Kolat, sie sind es zu einem großen Teil nicht! – Und Herr Korte, wenn Sie sagen, die können dann von ihrer Arbeit leben – das steht noch einmal auf einem ganz anderen Blatt. Das ist nämlich in der Regel nicht so.

Die Hausmeisterassistenten, das neue Projekt – Herr Korte! Ich bitte Sie, Hausmeisterassistenten! Dafür wollen Sie die zusätzlichen FAV-Stellen jetzt nehmen! Wenn das Ihr Ansatz ist, von dem Sie sagen, nach dieser Maßnahme kriegen die Menschen eine Arbeit im ersten Arbeitsmarkt, dann kann ich Ihnen nur sagen, dass ich Ihr Scheitern in der Arbeitsmarktpolitik verstehe. Diese Menschen werden keine Chancen auf dem ersten

Arbeitsmarkt haben, weil sie keine vernünftige Qualifizierung haben. Sie wollen die Situation in den Schulen verbessern, das ist ehrenwert. Aber dann müssen Sie da anderes Geld für nehmen. Jetzt kochen Sie Ihr Süppchen auf dem Rücken der Erwerbslosen und verhindern, dass sie eine berufliche Perspektive bekommen. Darauf müssen Sie nicht stolz sein.

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN]

Was bleibt ist, dass in keinem Einzelplan – Frau Bangert hat es schon gesagt – so viel Geld gekürzt wurde wie im Einzelplan 09.

[Zurufe]

Das geht zulasten der Langzeiterwerbslosen. Abgesehen von den Schulhausmeisterassistenten, die jetzt zusätzlich geschaffen werden, bleibt es ansonsten bei der Katastrophe. Ich habe es Ihnen vorhin schon gesagt, Sie werden diese arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen noch weiter runterfahren müssen, weil Sie nicht dafür gesorgt haben, dass Ihr Landesmindestlohngesetz bezahlt wird. Da haben Sie keine Finanzierungsidee. Von daher werden wir in relativ schneller Zeit feststellen, dass die „Berlin-Arbeit“ auch weiterhin ein Rohrkrepierer bleibt und Sie Ihre Vorhaben nicht umsetzen und damit schon gar nicht erfolgreich sein können. Dieser Einzelplan 09 ist das beste Beispiel für schlechte Politik, und es ist schlimm genug für die Menschen, die davon betroffen sind und für den Zusammenhalt in dieser Stadt.

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN und den PIRATEN]

Vielen Dank, Frau Breitenbach! – Für die Piratenfraktion hat jetzt das Wort der Abgeordnete Spies. – Bitte sehr!

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich muss schon sagen, in der Arbeitsmarktpolitik glänzt Frau Kolat nicht gerade mit Tatendrang und vielen Ideen. Wenn es dafür eines Beweises bedurft hätte, so war das die Kürzung ihres Haushalts um 20 Millionen Euro nach Senatsbeschluss im Juni 2013. Das war die Quittung dafür, dass Arbeitsförderungsmittel nicht eingesetzt werden konnten, dass keine Konzepte vorlagen, wie man die Langzeitarbeitslosigkeit strategisch angehen könnte. Das lag nicht nur am Staatssekretär Dilmaghani, der dann auch entlassen wurde, sondern auch daran, dass in diesem Senat generell die Arbeitsmarktpolitik nicht im Vordergrund steht. Das haben unsere Langzeitarbeitslosen nicht verdient, die ja von den Jobcentern nur unzureichend betreut werden, wie uns die KGSC-Studie gezeigt hat. Es gibt eben keine Kultur der Zusammenarbeit zwischen

Senatsverwaltung und Arbeitsagentur und den gemeinsamen Einrichtungen auf Berliner Ebene.

Trotzdem sprechen Sie, Frau Kolat, von den Erfolgsgeschichten. Zu „Berlin-Arbeit“ wurde schon einiges gesagt, und da, gebe ich zu, haben Sie nachvollziehbar erklärt, dass Ihnen da durch die Bundesgesetzgebung die Hände gebunden sind. Warten wir es ab! Mit einer neuen Bundesregierung ändert sich das – vielleicht wird es noch ein Erfolg.

Bei der Joboffensive, auch hoch gelobt als Erfolgsgeschichte, kann ich den Erfolg nicht unbedingt erkennen. Es fanden vor allem Vermittlungen in kurzzeitige Arbeitsverhältnisse statt, und viele derjenigen, die durch die Joboffensive eine Beschäftigung gefunden hatten, müssen sich jetzt wieder in der Schlange der Langzeitarbeitslosen anstellen.

Qualifizierungsmaßnahmen – das ist ein altes Ding: Es gibt nicht das, was die Langzeitarbeitslosen brauchen, sondern dass, was gerade vorrätig ist. Vier Bewerbungstrainings und fünf Internetkurse für Leute, die schon im Internetbereich gearbeitet haben, sind keine Seltenheit. Das ist keine sinnvolle Beschäftigung, sondern nur ein Hinhalten und unter Umständen sogar ein Quälen der Menschen, die sich nichts anderes wünschen, als möglichst bald in Arbeit gebracht zu werden.

Insgesamt gab es einige Aufstockungen, das heißt: Aus den 20 Millionen Euro Kürzung wurden nur 13 Millionen Euro. Dass die Mittel, die für die Förderung von Hausmeisterstellen fließen, wirklich sinnvoll angelegt sind, wage ich zu bezweifeln. Wir warten also ab, was da bei Ihnen noch kommt. Vielleicht wird es ja im nächsten Jahr besser. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

[Beifall bei den PIRATEN]

Vielen Dank, Herr Spies! – Für den Senat hat jetzt Frau Senatorin Kolat das Wort. – Bitte sehr!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Auch wenn es zur guten Kultur im Rahmen der Haushaltsberatungen gehört, dass man kontrovers diskutiert, dass man Kritik hört, dass man Lob hört, dass es eine Diskussion zwischen Opposition und Regierung gibt, möchte ich ganz am Anfang sagen: Wir sollten alle gemeinsam feststellen – egal, ob Regierungs- oder Oppositionsfraktionen oder Senat –, dass sich der Arbeitsmarkt in Berlin positiv entwickelt und dass die Arbeitslosigkeit das erste Mal seit 20 Jahren unter 200 000 gefallen ist. Darüber können wir uns alle gemeinsam freuen, egal ob Oppositions- oder Regierungsfraktionen!

(Elke Breitenbach)

[Beifall bei der SPD und der CDU]