Protokoll der Sitzung vom 12.12.2013

wir hauptsächlich Tarifsteigerungen und Mindestlohnzahlungen nach dem Berliner Ausschreibungs- und Vergabegesetz, außerdem Betriebskostenerhöhungen und unter anderem die Tarifsteigerungen bei der Opernstiftung, bei der der Haustarifvertrag ab 2015 endet. Das ist wichtig und richtig, dass wir unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Berlin anständig bezahlen.

[Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Es ist zwar ein üppiger Aufwuchs, bietet aber wenig inhaltlichen Gestaltungsspielraum. Wir haben den Etat der freien Gruppen für alle Sparten um circa 2,5 Millionen Euro jährlich erhöht. Das war ein harter Kampf und es ist ein großer Erfolg. Das wäre auch einmal einen Beifall wert.

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Wir wissen, dass Kunst und Kultur für die Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt mehr bedeuten als nur ein schwarzes Loch in der Haushaltskasse oder eine pauschale Minderausgabe. Deswegen ist es wichtig und richtig, diese Kultureinrichtungen zu erhalten und zu pflegen. Wir haben die Rahmenbedingungen gesetzt und die Teilhabe für alle gesichert. Kunst und Kultur darf kein Luxus für Wohlhabende sein. Diejenigen, die mit ihren kleinen Einkommen die Opern, Theater und Konzerthäuser mitfinanzieren, müssen sich auch die Eintrittskarten leisten können. Darum investieren wir in unsere Kultureinrichtungen und widersprechen damit auch den neoliberalen Thesen der Autoren in Sachen Kunstinfarkt.

Wir wollen unsere fördernde Kulturpolitik beibehalten, weil wir es unverzichtbar finden, die Nachfrage nach Kunst und Kultur zu fördern und bezahlbare Karten für alle anzubieten. Uns ist wichtig, auch unbequeme zeitgenössische Kunst zu fördern. Wir verteidigen den Eigenwert der Kunst gegen jegliche Instrumentalisierung. Wir haben bundesweit eines der besten Fördersysteme für die verschiedenen Sparten der frei arbeitenden Künstlerinnen und Künstler. Da brauchen wir uns nicht zu verstecken. Keine Stadt in Deutschland hat eine so gute Künstlerförderung wie wir in Berlin. Viele unserer Kultureinrichtungen arbeiten schon mit freien Gruppen zusammen. Das ist ein guter Weg, und diesen sollten wir weitergehen. In diesem Sinne wünsche ich noch eine gute Haushaltsberatung.

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Vielen Dank! – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht jetzt die Kollegin Bangert. – Bitte schön!

(Präsident Ralf Wieland)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Versprochen – gebrochen! Die City-Tax kommt, aber die Kultur in Berlin geht leer aus. Der Rat der Künste hat dies treffend kommentiert. Ich zitiere:

Die Kultur dieser Stadt, die den internationalen Ruf mitbegründet hat, wird noch nicht einmal mit Almosen abgespeist, sondern nur mit hohlen Worten.

Wie wahr. Mit nichts als hohlen Worten haben Sie die freie Szene über Monate getäuscht. Es war und ist politisch nicht gewollt, dass Einnahmen aus der City-Tax der freien Szene zugutekommen.

Wenn es dieser Senat bei der Haushaltsaufstellung, aber auch die Koalition bei den Haushaltsberatungen ernst gemeint hätten mit ihren Beteuerungen, die freie Szene mit Mitteln aus der City-Tax zu stärken, dann hätten sie einen Teil der 25 Millionen Euro, die der Finanzsenator bei sich als Einnahme verbucht, auch gleich verteilen können. Einen entsprechenden Titel haben wir im Kulturhaushalt. Aber sie hatten es gar nicht vor, und das erklärt auch, dass sich der Kultursenator bei den Beratungen im Kulturausschuss geweigert hat, auf unsere Fragen bezüglich der Verteilung der City-Tax zu antworten. Auch die Regierungskoalition blieb eine Antwort schuldig, so wie sich auch die SPD und die CDU im Kulturausschuss ohnehin einer inhaltlichen Debatte über den Haushalt verweigert haben und alle Entscheidungen an den Hauptausschuss abgeschoben haben – per Wunschzettel, Herr Verrycken hat es heute Morgen ja auch schon kritisch angemerkt.

Meine Damen und Herren von der Koalition! Auch wenn Sie jetzt die Erhöhung für die Zuwendung an die freie Szene um circa 2,5 Millionen Euro abfeiern – im Kulturausschuss hatten Sie noch 3,7 Millionen Euro gefordert –, Sie wissen doch selbst, dass dies unzureichend ist und vor dem Hintergrund des Landesmindestlohngesetzes, das wir heute Morgen hier beschlossen haben, auch nicht ausreicht. Im Übrigen werden die 2,5 Millionen Euro durch eine pauschale Minderausgabe in Höhe von knapp 1 Million Euro gegenfinanziert, die auch im Kulturhaushalt erbracht werden muss. Also an anderer Stelle wird das Geld dann eingespart. Sie verweigern sich einer Debatte darüber, ob die Finanzierung noch den aktuellen Verhältnissen entspricht. Sie verharren in einer Kulturpolitik, der die zukunftsfähige Ausrichtung fehlt. Sie erkennen nicht, dass Kultur eine Kernkompetenz Berlins und als solche eine der wichtigsten Ressourcen für die Zukunft der Stadt ist.

Meine Damen und Herren von der SPD! Sie betreiben eine Kulturpolitik für die Mottenkiste und nicht für eine pulsierende Metropole wie Berlin.

[Beifall bei den GRÜNEN]

Dieses kulturpolitische Verständnis zeigt vor allem, dass diese große Koalition komplett die Übersicht verloren hat, wie sich die Berliner Kulturszene, vor allem die freie Szene, in den letzten Jahren entwickelt hat. Leider agieren Ihre Haushälter nach diesem eingefahrenen Schema. Schlimmer noch, Sie lassen sich zum verlängerten Arm des Finanzsenators degradieren, anstatt als Haushaltsgesetzgeber zu agieren.

Voll in dieses Bild passt leider auch der Umgang mit Sasha Waltz: Vom Kultursenator Wowereit erging die Aufforderung an Sasha Waltz, wenn ihr das Geld nicht reiche, müsse sie eben ihre Kompanie den finanziellen Gegebenheiten anpassen. – Das hat sie notgedrungen gemacht, und nun werfen Sie ihr vor, dass sie kaum mehr in Berlin zu sehen sei. Na, dann finanzieren Sie doch diese international gefeierte Tanzkompanie ausreichend! Das Berliner Publikum würde es Ihnen danken.

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN]

Aber es wird kein zusätzliches Geld für Sasha Waltz geben – es sei denn, die Opernstiftung kann bis zu 500 000 Euro einsparen. Angesichts der Tatsache, dass Sasha Waltz in den vergangenen Jahren durch die Opernstiftung und ganz besonders durch die Staatsoper die meiste Unterstützung erfahren hat, sollten Sie sich für diesen unanständigen Vorschlag schämen. – Meine Damen und Herren von der SPD und der CDU! Noch ist es Zeit – ziehen Sie diesen Antrag zurück!

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN und den PIRATEN]

Wir haben im Kulturhaushalt begrenzte Möglichkeiten, etwas zu ändern. Aber die Einnahmen aus der City-Tax bieten eine einmalige Gelegenheit. Alle Städte – darunter Hamburg, Köln, Weimar – nutzen ihre City-Tax aus gutem Grund zur Kulturförderung. Dies sollte der Kulturstadt Berlin als Vorbild dienen. Übernehmen Sie Verantwortung für mehr Gerechtigkeit unter den Berliner Kulturschaffenden und stimmen Sie unserem Änderungsantrag zu, mit wenigstens 5 Millionen Euro aus der CityTax die freie Szene zu fördern! Wenn Sie unserem Antrag nicht zustimmen wollen, können Sie alternativ auch den von der freien Szene vorgeschlagenen spartenübergreifenden Kulturfonds einrichten. Sie und wir sorgen damit für ein kleines Stück mehr Ausgewogenheit in der Berliner Kulturförderung. – Vielen Dank!

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN]

Vielen Dank, Frau Kollegin! – Für die CDU-Fraktion jetzt der Kollege Schlede.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Bangert! Der kulturelle Untergang des Abendlandes ist gewiss – er fängt bei Ihnen an,

[Zurufe: Oh!]

wenn ich mir einmal vorstelle, wie viel Wirklichkeitsverleugnung in dem, was Sie gerade dargestellt haben, ist, und dem nur die nüchternen Zahlen gegenüberstelle. Dann haben wir einen Aufwuchs: von 368 Millionen Euro in diesem Jahr auf 379 Millionen im nächsten und auf 397 Millionen 2015. Nun erzählen Sie mir doch nicht, dass damit nur eine Politik aus der Mottenkiste möglich ist! – Ganz im Gegenteil: Wir stellen fest, dass wir in entscheidenden Punkten

[Zuruf von Sabine Bangert (GRÜNE)]

ich weiß gar nicht, warum Sie das einfach so abtun! – der Kulturszene, und in diesem Fall auch der institutionellen Kulturszene, beispielsweise der Opernstiftung, die notwendige Tariferhöhung gönnen. Sie können doch nicht einfach 14,6 Millionen Euro missachten! Das ist eine gewaltige Leistung, und dazu kommen noch die weiteren Zuwendungsträger, insgesamt 19 Millionen Euro. Das ist ein dicker Schluck aus der Pulle! Was übrigens die Frage angeht, wo es hier eventuell hakt, dazu will ich mich gleich einbringen: Tariferhöhungen sind notwendige Voraussetzungen, um Kulturpolitik zu gestalten, was übrigens bei den Religionslehrern nicht erfolgt ist. Sie arbeiten noch auf dem finanziellen Niveau von 2002, und jeder von uns weiß, dass hier in den nächsten Jahren etwas zu regeln ist, weil es so nicht sein kann.

[Zuruf]

Es ist wunderbar, dass Sie mich unterstützen, Herr Kollege!– Wenn Sie auf der anderen Seite noch Sasha Waltz erwähnen – es ist vielleicht nicht die allerbeste Lösung, dass man sie sozusagen durch ihre Partner, nämlich die Opernstiftung, gegenfinanziert; dass führt nicht unbedingt zu Vertrauen, sondern eher womöglich zu Misstrauen untereinander; das ist sicherlich noch verbesserungswürdig, keine Frage!

Aber nun komme ich zur freien Szene, wo Sie immer wieder feststellen, da hätten wir entweder 5 Millionen Euro versprochen – und zwar nur für die freie Szene – oder 50 Prozent der City-Tax. Das ist nie so gesagt worden, an keinem Punkt!

[Zuruf von Wolfgang Brauer (LINKE)]

Herr Brauer! Sie kommen schon noch dran! Wenn Sie eine Frage haben, können Sie sie nachher loswerden! – Wir haben ohne diese City-Tax-Einnahmen die freie Szene mit 2,5 Millionen Euro mehr ausgestattet, wie Sie gerade selbst festgestellt haben. Ein dringlicher Wunsch der freien Szene war, bei der Basisförderung – wir haben sie übrigens mit 400 000 Euro weiter verstärkt – einen neuen Wiederaufnahmefonds mit 300 000 Euro – das war noch nie da – und zum Weiteren einen Eigenmittelfonds

einzuführen. Das sind aus der Sicht der freien Szene wirklich entscheidende Schritte. Weiterhin kommt eine Strukturförderung im Umfang von 300 000 Euro für die Konzeptförderung hinzu. Das ist doch kein Fliegendreck, das ist eine Menge Geld! Übrigens hat die freie Szene auch gewünscht, dass wir eine Ankerinstitution wie die Sophiensäle – für den Tanz – mit 250 000 Euro mehr ausstatten, und Nico and the Navigators haben wir mit einem eigenen Titel versehen.

Hinzu kommt – auch das wird von Ihnen einfach übergangen – eine Steigerung von 350 000 Euro für bezirkliche Kulturarbeit und eine zentrale Ausstellung. Dann kommt wieder der Einwand, das sei eine Reduktion auf die bildenden Künste. Sie haben vergessen: Das Musicboard hat auch 500 000 Euro mehr bekommen. Es ist gar nicht so einseitig.

Aber nun als letzten Punkt zu dem, was Sie an Alternativen vorgeschlagen haben, wenn wir nicht gleich Ihren Vorstellungen folgen: Das, was die freie Szene als Kulturfonds dargestellt hat – der Herr bewahre uns vor diesem Kulturfonds, kann ich nur sagen! Da sollen nämlich 5 Millionen Euro in die Hand von fünf politischen und sechs Fachkräften gereicht werden, die dann im Sinne einer überbordenden Jury – ich spreche von einer Art Zentralkomitee – das Geld in der freien Szene verstreuen. Mir ist die Fülle der Jurys weitaus lieber, die in den verschiedensten Bereichen immer wieder neu besetzt werden und mit anderen Schwerpunkten Entscheidungen treffen, wie das Geld verteilt wird – das ist ja gar nicht so wenig. Für mich ist die Vielfalt für die Attraktivität Berlins entscheidend, und in dieser Vielfalt wollen wir die freie Szene unterstützen. – Schönen Dank!

[Beifall bei der CDU und der SPD]

Vielen Dank! – Für die Fraktion Die Linke jetzt der Kollege Brauer.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich finde es sehr schön, wenn der Regierende Bürgermeister bemerkt, dass ich als Kulturpolitiker gelegentlich Theater besuche. Meine Frage: Sehen wir uns eigentlich am Samstag im Gorki-Theater zur „Übergangsgesellschaft?“ Ich glaube, das Stück passt auf Ihre Koalition, das wäre lehrreich.

[Heiterkeit und Beifall bei der LINKEN, den GRÜNEN und den PIRATEN]

Noch schöner wäre es allerdings, wenn Sie als Regierender Bürgermeister Ihrem Kultursenator mitteilten, dass es in der Berliner Kulturlandschaft noch andere Orte gibt als Philharmoniker-Konzerte, Opernpremieren und Balletts. – Ich treffe ihn in diesen anderen Einrichtungen eher selten bis gar nicht; aber das muss auch nicht sein.

[Zuruf: Wie oft?]

Eher selten bis gar nicht! – Zur Haushaltsdebatte ist schon einiges gesagt worden. Ich mache diese Gesänge nicht mit. Ich möchte nur feststellen: Selten habe ich seitens einer Koalition so lust- und kenntnislose Haushaltslesungen im Fachausschuss erlebt wie anlässlich dieses Doppelhaushalts. Es ist wirklich nicht verwunderlich, dass der Hauptausschuss auch noch eingreifend tätig wurde – leider hat er das Herumgewurstele nur noch schlimmer gemacht. – Frau Lange! Ich zitiere einen Ihnen nicht ganz unbekannten Sozialdemokraten namens Wolfgang Thierse, der vorgestern das Abgeordnetenhaus von Berlin aufforderte, den Senat von Berlin vor diesem Hauptausschuss in Schutz zu nehmen.

[Vereinzelter Beifall bei der LINKEN und den PIRATEN]

Er hat das Herumgewurstele nur noch schlimmer gemacht. Seine Entscheidungen, die uns heute als Beschlussempfehlung vorliegen, haben durchaus einen gewissen Nebengeruch von Klientel- und Wahlkreisbewirtschaftung.

Zu Ihren Aufwüchsen, Herr Schlede: Bitte hören Sie endlich damit auf, sich andauernd dafür zu loben, was eigentlich die normalste Sache der Welt ist, nämlich das Ihnen Anvertraute, die Berliner Kultur zu schützen und zu bewahren! Hören Sie endlich damit auf, sich dafür zu loben, dass Sie sich bereit erklären, abgeschlossene Verträge, zum Beispiel Tarifverträge zu bedienen! Noch peinlicher wird es, wenn diese Verträge jahrelangen Einkommenszuwachsverzicht der Beschäftigten, nämlich deren solidarischen Beitrag zur Haushaltssanierung, lediglich korrigieren. Ich finde, das kann man nur mit dem Wort Chuzpe bezeichnen!

[Beifall bei der LINKEN, den GRÜNEN und den PIRATEN]

Ich finde es eigentlich normal – damit Sie verstehen, was ich meine –, wenn ich bei einem Autohändler einen Wagen mit vier Rädern erhalte. Würde der aber so wie Sie argumentieren, würde ich ihm nicht einmal einen Tretroller abkaufen.

[Vereinzelter Beifall bei der LINKEN]

Die leicht königlich-gönnerhafte Geste, mit der der Regierende Bürgermeister vorhin den Haushalt des Kultursenators erläuterte, erinnerte mich irgendwie an Friedrich den Großen. Das war ein gewisser Politiker von Format. Ihm wird die Aussage zugeschrieben, dass es mit den Philosophen wie mit einer Zitrone sei: Man quetscht sie aus, und wenn kein Saft mehr kommt, wirft man sie weg. Genau das praktizieren Sie mit Teilen der Berliner Kulturlandschaft, Herr Wowereit! Sie schmücken sich mit deren Leistungen, quetschen sie förmlich aus, und dann werden die irgendwie zur Seite gelegt. Die zynische Idee der Herren Kollegen Graf und Saleh, mit den die 25 Millionen Euro überschießenden Einnahmen aus der