Protokoll der Sitzung vom 12.12.2013

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das ist dann schon bezeichnend: In den Reden der beiden Fraktionsvorsitzenden heute spielte die Gesundheitspolitik der Koalition überhaupt keine Rolle.

[Gottfried Ludewig (CDU): Das stimmt doch nicht!]

Zwei Sätze hat Herr Graf verloren, und die waren auch noch falsch. Und in der Presseverlautbarung von SPD- und CDU-Fraktion zum Abschluss der Haushaltsberatungen tauchte der Bereich Gesundheit erst gar nicht auf. Wen sollte das auch wundern, schreibt der Haushalt hier doch im Wesentlich einzig fort, was vor Ihrer Zeit geschaffen wurde. Sie selber setzen keine neuen Akzente. Nach dem Motto „Wir machen zwar nichts, aber damit kommen wir ganz groß raus“

[Beifall bei der LINKEN]

besteht die Regierungstätigkeit des Gesundheitssenators vor allem darin, einen guten Eindruck zu machen.

Da wird kühn ein Aktionsprogramm oder ein Aktionsplan Gesundheit angekündigt, mit dem Prävention und Gesundheitsförderung im Land Berlin gestärkt werden sollen, fabuliert wird von neuen Landesprogrammen, gesunde Kommune, gesundes Altern, von Präventionsketten für gesundes Aufwachsen. Dafür lassen Sie sich dann hier im Parlament am 16. Mai feiern wie auf einem Kindergeburtstag,

(Gottfried Ludewig)

[Heiterkeit und Beifall von Christopher Lauer (PIRATEN)]

und dann: Tristesse! Am 23. August die nüchterne Mitteilung – zur Kenntnisnahme – Drucksache 17/1144:

Im laufenden Jahr 2013 sind für ein Aktionsprogramm Gesundheit keine Finanzmittel in den Haushalt eingestellt. Dies gilt auch für den Senatsbeschluss über den Doppelhaushalt 2014/15. Demzufolge wurde auch mit der konkreten Bearbeitung dieses Programms noch nicht begonnen.

Da stand jemand ohne Hosen da, und um das zu retten, sind Sie dann in den Ausschuss gekommen, nach dem Motto: Alles, was mir einfällt, auf ein Blatt – und haben dann Ihr Aktionsprogramm Gesundheit mit Mühen gerettet, aber dazu hat der Kollege Thomas schon einiges gesagt.

Stattdessen dann noch einmal ein Zitat aus der besagten Drucksache:

Ungeachtet dessen hat sich der Senat aktiv in die Entwicklung und Diskussion zum bundesdeutschen Gesetz zur Förderung der Prävention eingebracht …

Ganz prima! Das wurde ja auch in den Sand gedüngt. Wir warten immer noch darauf. – Hier in Berlin die rote Nr. 1046, kein Geld für keinen Aktionsplan, und auf Bundesebene wohlfeile Sprüche. Noch so eine Luftnummer!

Sie wandeln durch die Landschaft und versprechen jedem, der es nicht hören will, eine Pflegekammer. Die SPD kriegt immer Grieben, wenn Sie davon anfangen – das steht in ihrem Koalitionsvertrag nicht drin und ist auch im Haushalt nirgendwo untersetzt. Aber Sie touren damit unberührt weiter durch die Lande, um bei ein paar leitenden Pflegekräften Everybody‘s Darling zu geben.

[Beifall bei der LINKEN]

Nächster Akt: Ihr anheimelndes gemeinsames Landesgremium, das sich nun auch auf den Spickzettel von Herrn Graf gemogelt hat, der aber so recht gar nicht wusste, was er damit anfangen sollte – eigentlich auch gar nicht der Rede wert, mehr Lach- als Sachgeschichte. Tatsächlich hat man dort inzwischen ein Letter of Intent verfasst, was auf Deutsch immer so viel heißt wie: Hier weiß ich eigentlich auch nicht weiter, und jetzt steige mir nicht länger auf das Dach. –

[Heiterkeit und Beifall bei der LINKEN]

Auszug aus dem Protokoll der bewegenden Sitzung vom 8. März: Das Gremium fasst folgenden Beschluss: Es nimmt den Bedarfsplan 2013 zur Kenntnis. Zweitens es bittet, die KV-Vorstellungen zu unterbreiten. Und das ist das Instrumentarium, mit dem Sie die ärztliche Versorgung in der Fläche garantieren wollen?

[Beifall bei der LINKEN]

Wir brauchen kein weiteres Gremium, das die Probleme beschreibt. Wir brauchen einen Senator, der diese Probleme löst.

Zuletzt – und hier wird es nun richtig ärgerlich, Sie ahnen es – die Seite 66 in Ihrem Wahlprogramm. Die CDU als einzige – geschenkt! In den Jahren, Herr Ludewig, von 1993 bis 2000 haben Ihre Regierungen die Investitionen für die Krankenhäuser Berlins um 197 Millionen Euro abgesenkt und damit eine der Grundlagen geschaffen für deren desaströsen Sanierungsbedarf der Gegenwart. Und nun? – Statt die in Ihrem Wahlprogramm vollmundig versprochene Lösung für die finanziellen Probleme der Kliniken auf den Tisch zu legen, fahren Sie die Häuser wie die andere öffentliche Infrastruktur kollektiv weiter auf Verschleiß – sehenden Auges, wohlwissend, dass der Verzicht auf Sanierung uns langfristig teurer zu stehen kommt, als uns die Zinsentlastung des Haushaltes jetzt an Einsparungen einbringt.

Nach Ihrem kurzen Interregnum werden das dann andere wieder auszubaden haben, so wie die Schulden aus Ihrem Krankenhausdarlehensprogramm der Neunzigerjahre jahrelang zurückzuzahlen waren. Und dann schlägt es dem Fass den Boden aus, wenn sich der Gesundheitssenator – Herr Ludewig ebenfalls – hinstellt und prahlt: Erstmals seit zehn Jahren seien die Investitionen in die Krankenhäuser wieder gestiegen. Lug und Trug! Die Krankenhäuser bekommen nur deshalb einen größeren Anteil aus der nahezu gleichbleibenden hohen Gesamtsumme für Krankenhausinvestitionen, weil die Schulden, die der Diepgen-Senat im Krankenhausbereich der Nachwelt hinterlassen hat,

[Oliver Friederici (CDU): Geht das wieder los!]

im Juni 2015 endlich abgetragen sein werden. Sie haben einzig das Glück, dass Ihr mühendes Intermezzo Regierungsbeteiligung-Tandemfahren – aber da muss man wenigsten an die Pedalen kommen, wenn man Tandem fahren will –

[Heiterkeit und vereinzelter Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN]

in eine Zeit fällt, in der Ihre Schulden, die Sie den Bürgern dieser Stadt hinterlassen haben, zwischenzeitlich von anderen getilgt wurden. Und dann haben Sie die Chuzpe, das nun als eigenen Erfolg zu verkaufen!

Und was läuft eigentlich ab 2016? – Herr Thomas hat es gesagt: Keine Rede von nichts. Nichts geben Sie mehr aus für die Krankenhausinvestitionen, und nach 2015 haben Sie überhaupt noch keinen Plan. Aber das ist dann auch nicht mehr Ihr Problem. Das baden dann die Bürger dieser Stadt mit einer anderen Regierung aus. – Vielen Dank!

[Beifall bei der LINKEN – Beifall von Fabio Reinhardt (PIRATEN)]

Vielen Dank, Herr Dr. Albers! – Für die Piratenfraktion hat jetzt das Wort Herr Abgeordneter Kowalewski. – Bitte sehr!

Geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Senator Czaja! Ich habe nur drei Minuten, deswegen sage ich ganz schnell das, was ich noch ergänzen würde.

Wir sind natürlich auch froh, dass sich alle Fraktionen einstimmig für die Fortführung der Berliner Kampagne für das Beratungs- und Testangebot HIV, Syphilis, Hepatitis C dann doch eingesetzt haben. Das hatte der Senat ursprünglich auch nicht vorgesehen, aber irgendwas musste ja auch in dieses Aktionsprogramm hinein. Wir freuen uns natürlich auch, dass das Land Mittel zur Verfügung stellen soll, um die Bundesmittel für die assistierte Reproduktion freizuschalten. Das war das Positive – ich glaube, damit sollte ich anfangen.

Unfroh sind wir, dass es das Modellprojekt DrugChecking und Prävention weiterhin nicht geben wird, obwohl wir dazu gerade im Gesundheitsausschuss eine Anhörung hatte, die klar und deutlich ergeben hat, dass es viele positive Effekte erzeugen würde. Eine sachliche, ideologiefreie Drogen- und Suchtpolitik ist leider scheinbar mit der Hauptstadt-CDU nicht zu machen, auch wenn man das ja mal irgendwie in den Koalitionsvertrag geschrieben hat. Aber das gilt ja bekanntlich eh nicht, was in so einem Koalitionsvertrag steht. Da schimpft man dann schon lieber auf die Bezirksbürgermeisterin dieser Stadt, die mal einen mutigen Schritt nach vorne gewagt hat.

Die Notübernachtung der GEBEWO haben wir dieses Jahr mit einer dringend benötigten Psychologin ausgestattet. Die meldet dann heute, dass immer mehr obdachlose Frauen abgewiesen werden müssen. Auch da ist alles voll. Bald wird es tatsächlich jede zweite Frau sein, die dort gern übernachten würde. Das heißt, hier muss dann auch mal dringend aufgestockt werden.

Die Umstellung der Krankenhausinvestitionen – da werden dann jetzt die Tilgungssummen frei, haben wir gehört. Dass dann aber deswegen gleich auf Pauschalbeträge im Haushalt umzustellen und das auch, ohne dass es ein entsprechendes Gesetz von uns hier im Abgeordnetenhaus gäbe, könnte man als mutig bezeichnen oder auch als verantwortungslos, denn den neunstelligen Investitionsstau, der uns alle sehr stark grämt, bürden wir letztlich genau dann den Krankenhausträgern auf, wenn wir sie damit abspeisen: Wieso, ihr bekommt doch eine Pauschale! – Dann haben wir auf jeden Fall keine Steuerungsmöglichkeit mehr. Aber darüber reden wir dann immer

noch, wenn der Gesetzentwurf kommt. Ich dann nicht mehr, aber Sie.

Zuletzt: Wir hätten uns auch noch gewünscht, dass auch die Gesundheitsverwaltung ihren Beitrag zu der Gewaltschutzambulanz leistet, weil das der Rechtsausschuss leider nicht tun wollte, um auch da den Beitrag zu leisten, dass es nach sexualisierten Gewaltverbrechen eine gerichtsfeste Spurensicherung geben kann. Auch leider hier kein Erfolg. Schade! – Einen schönen Tag noch!

[Vereinzelter Beifall bei den PIRATEN]

Vielen Dank, Herr Kowalewski! – Für den Senat hat jetzt das Wort Herr Senator Czaja. – Bitte sehr!

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zunächst freue ich mich, Herr Kollege Albers, dass Sie wieder gesund sind und munter bei der Haushaltsberatung dabei sein können. Ich denke, wir freuen uns alle darüber.

[Beifall bei der CDU, den GRÜNEN, der LINKEN und den PIRATEN]

Ihnen sind aber höchstwahrscheinlich in der Phase der Genesung einige Erfolge, die wir zu verzeichnen hatten, verloren gegangen,

[Heiterkeit – Vereinzelter Beifall bei der CDU]

aber auf die werde ich jetzt noch mal im Detail eingehen.

Gesundheitliche und soziale Versorgung und Gerechtigkeit sicherzustellen, ist sicher eine der bedeutendsten Aufgaben staatlicher Daseinsvorsorge für die Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt. Berlin betreibt einen hohen Aufwand und bringt viele Ressourcen auf, um dieser Verantwortung gerecht zu werden. Ein Fünftel aller Ausgaben des Landes sind soziale Leistungen. Nicht alle diese Ausgaben sind in unserem Einzelplan abgebildet. Ein Teil davon läuft direkt über die Bezirke wie beispielsweise die Kosten der Unterkunft, Hilfen zur Pflege oder die Eingliederungshilfe. Aber für den rechtlichen Rahmen dieser Leistungen ist das Land meist verantwortlich, oder die damit verbundenen Aufgaben sind als Pflichtaufgaben durch Bundesgesetze geregelt und müssen daher erfüllt werden und werden nur zu einem Teil vom Bund erstattet. Dadurch kommt es auch im Landeshaushalt zu Ausgabensteigerungen, die wir nur begrenzt beeinflussen können. Die Koalition aus SPD und CDU hat sich klar zur Haushaltskonsolidierung bekannt, weil es eben auch sozial gerecht ist, dass wir nicht heute Verschuldungen aufnehmen, die von der nächsten Generation zu tilgen sein werden. Damit ist das gemeinsame Ziel

verbunden, das Ausgabenwachstum gegenüber 2013 auf 0,3 Prozent zu begrenzen.

Die Erfüllung von Pflichtaufgaben stellt daher eine besondere Herausforderung für den Sozialbereich dar. Die entsprechenden Ausgaben finden sich im Landeshaushalt wieder. Dazu zählen unter anderem die Mittel für die Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderung in Höhe von 714 Millionen Euro. Dazu zählen ebenfalls Leistungen für die ambulante und vollstationäre Pflege in Höhe von 384 Millionen Euro pro Jahr. Zu diesen Pflichtaufgaben zählen auch die Leistungen an Asylbewerberinnen und Asylbewerber in Höhe von 43 Millionen Euro, bekanntlich eine große Herausforderung für Berlin, die steigende Zahl von Flüchtlingen, die wir insgesamt in Deutschland zu verzeichnen haben, auch in Berlin unterzubringen. Dieser Herausforderung haben wir uns im vergangenen Jahr erfolgreich gestellt. Insgesamt wurden 2013 mehr als 3 000 neue Plätze in Berlin eingerichtet und die Gesamtkapazität auf 7 500 gesteigert.

Auch im kommenden Jahr geht das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge von weiter steigenden Zahlen aus. Hinzu kommt eine große Anzahl von Personen, die in Berlin erstmals um Asyl nachsuchen und die bis zu ihrer Weiterleitung in andere Bundesländer aufgrund des geltenden Verteilungsverfahrens vorübergehend hier untergebracht und versorgt werden müssen. Für diese zusätzlichen Aufgaben haben wir 10 Millionen Euro und zusätzliches Personal bereitgestellt.

Zu den genannten Pflichtaufgaben gehört auch das Krankenhaus des Maßregelvollzugs, welches in Höhe von 51,8 Millionen Euro finanziert wird. Dies umfasst eine Steigerung von 3 Millionen Euro gegenüber dem Ansatz von 2013, denn die durchschnittliche Patientenzahl ist dort in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen: 2010 auf 650, 2011 auf 678 und im Jahr 2012 auf rund 700 Patienten. Neben diesen gesetzlich verantworteten Pflichtaufgaben sichern wir vertraglich gebundene Leistungen ab, die wir im Gesundheits- und Sozialbereich in einer Fülle an Angebotsstruktur widerspiegeln. Wir stellen beispielsweise für das Integrierte Gesundheitsprogramm Mittel in Höhe von 12,6 Millionen Euro zur Verfügung, für das Integrierte Sozialprogramm 13,2 Millionen Euro und für den Stadtteilzentrenvertrag Mittel in Höhe von 4,4 Millionen Euro.

Wir wissen gemeinsam, dass die Träger der Wohlfahrtspflege hierfür einen unverzichtbaren Beitrag für die gesundheitliche und soziale Infrastruktur Berlins leisten. Wir geben ihnen mit diesen Verträgen und diesem Haushalt Planungssicherheit, dass wir diese Verträge verlängern wollen um weitere fünf Jahre und haben deshalb die notwendigen Verpflichtungsermächtigungen im Haushalt niedergeschrieben. – Darüber hinaus haben wir vor, für die Jahre 2014/2015 eine Tarifanpassung für die Zuwendungsempfänger zu vereinbaren. Im Jahr 2014 erhalten

die Träger 550 000 Euro und im Jahr 2015 750 000 Euro zusätzlich für deren gestiegene Personalkosten.