Protokoll der Sitzung vom 20.02.2014

[Beifall bei den GRÜNEN – Beifall von Simon Kowalewski (PIRATEN)]

Für die SPD-Fraktion hat jetzt das Wort Frau Abgeordnete Spranger. – Bitte sehr!

Sehr verehrte Frau Präsidentin! Meine Damen, meine Herren! Natürlich, Herr Otto, darf man über dieses Thema auf keinen Fall einfach leichtfertig hinweggehen. Aber so, wie Sie hier sagen, man darf sich nicht davor drücken, wie Sie ja dem Senator jetzt so eingehend mit auf den Weg gegeben haben, trotzdem müssen aber auch Sie zuhören. Und natürlich hat der Herr Senator nicht nur hier in der Anhörung, die wir ja gemeinsam hatten, die

(Andreas Otto)

ich im Übrigen als völlig richtig empfunden habe, weil sie sehr wichtig war, auch für uns als Parlament, sondern auch hier noch mal sehr klar formuliert, welche Schritte im Übrigen sofort nach der Anhörung gemacht worden sind.

[Zuruf von Thomas Birk (GRÜNE)]

Ja, natürlich! – Und 55 Millionen scheinen ja für Sie Peanuts zu sein, für uns nicht. 55 Millionen sind ein erster Schritt, der in die richtige Richtung geht. Es geht um Gesundheitsgefährdung von Mieterinnen und Mietern in Wohnungen, in denen man sich eigentlich privat aufhalten möchte und in denen man sich natürlich auch wohlfühlen soll. Dass da Emotionen wie Sorgen und Ängste auftreten, ist doch völlig normal. Würden wir doch selber auch nicht anders machen. Dass Sie sich aber darin gefallen, diese Ängste hier auch noch von diesem Pult aus zu schüren, indem Sie so tun, als ob im Land Berlin überhaupt nichts passiert, so geht das nicht, Herr Otto! Das ist auch nicht richtig.

[Beifall bei der SPD]

Natürlich sind wir als Politik, als Senatsverwaltungen, als Mieterinnen und Mieter, als Eigentümer – egal, ob privat oder eigene Gesellschaften –, Verbände und natürlich auch ausführende Unternehmen gefragt. Es wurde hier heute von dieser Stelle oft schon gesagt: Drei Senatsverwaltungen sind zuständig. Das sind die Gesundheits-, die Arbeits- und die Stadtentwicklungsverwaltung. Alle drei Verwaltungen haben ihre Fachleute und werden und müssen sie natürlich zusammenführen. Herr Müller hat es hier vorhin gesagt: Es ist eine Expertenrunde bereits eingerichtet. – Als wir die Anhörung hatten, hat Herr Müller das sehr klar gesagt, dass er das jetzt in die Hand nimmt, und das hat er getan.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Birk?

Nein! – Das begrüßen wir natürlich ausdrücklich. Also was ist zu tun, und was erwarten wir auch als Parlamentarier der SPD-Fraktion? – Die Erfahrungen zeigen, dass das Wichtigste die Information ist. Sie klärt auf, und sie deeskaliert natürlich auch. Mieterinnen und Mieter müssen wissen: Kann in meiner Wohnung so etwas verbaut worden sein? Und wie muss ich mich verhalten, wenn das der Fall ist?

Senator Müller hat hier eine Sache schon angesprochen – auch die haben wir ausführlich miteinander in der Anhörung besprochen –, dass in den regelmäßigen Gesellschaftergesprächen der Senatsverwaltungen Festlegungen getroffen werden müssen: Wie viele Wohnungen sind betroffen? Wie haben die städtischen Gesellschaften die

Mieterinnen und Mieter informiert? Wann ist das erfolgt und auf welchem Weg?

[Andreas Otto (GRÜNE): Das Infoblatt!]

Natürlich muss es auch die Möglichkeit geben – davon bin ich überzeugt –, in einen Mietvertrag beispielsweise eine entsprechende Klausel aufzunehmen. Auch die privaten Vermieter müssen daran interessiert sein, eine gute Mietsache zu übergeben und unproblematische Mietverhältnisse zu haben und auch abzuschließen. Ein sogenanntes Sanierungskataster ist genau der Weg, von dem ich überzeugt bin, dass er richtig ist. Ich denke, es ist eine sinnvolle Grundlage, denn es klärt: Wo steht man mit dem Gebäude? Wie ist der Sanierungsstand? Was wurde wie eingesetzt? Wann und wie plant eine Gesellschaft, das Problem zu lösen, und wie ist das umzusetzen?

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Otto?

Nein! – Natürlich gehört dazu auch die genaue Überwachung der ausführenden Firmen. Sie bekommen von der entsprechenden Gesellschaft Geld, sie müssen kontrolliert werden, sie müssen eventuell auch Sanktionen ausgesprochen bekommen. Zu unterstützen sind auch die Initiativen, um die Eigentümer zu freiwilligen Screeningkontroll- oder Ausbaumaßnahmen zu motivieren und Verbraucher auch dafür zu sensibilisieren. Es ist auch völlig klar – auch das hat die Anhörung gezeigt –, dass es beim Ausbau der Asbestplatten nicht nur um die eigentliche Platte geht, sondern auch um den Kleber, denn das ist die Einheit, und sogar ich als Nichtfachfrau habe jetzt verstanden, dass das gemacht werden muss.

Die Empfehlung der Entschließung, Herr Otto, zukünftige Asbestausbaustrategien und bestehende Energieeffizienzmaßnahmen im Gebäudebestand zu koppeln, ist unterstützenswert, finde ich richtig. Wenn es dafür Finanzierungsprogramme gibt – und das EU-Parlament hat das ja bereits angeregt –, würde es, denke ich, auch zur Motivation von privaten Hauseigentümern führen, die Gebäude auf asbesthaltige Materialien untersuchen und eine Risikobewertung durchführen zu lassen.

Ja, es ist ein hochsensibles Thema. Ja, wir müssen uns gemeinsam darum kümmern. Ja, es ist bereits mit den zuständigen Verwaltungen mehr gemacht worden, als Sie jetzt suggeriert haben, Herr Otto!

[Zurufe von Thomas Birk (GRÜNE) und Oliver Höfinghoff (PIRATEN)]

Ich denke, wir brauchen eine Stelle, die nicht nur die behördliche Koordination, sondern auch Beratungsauf

gaben übernimmt. Darüber müssen wir ernsthaft nachdenken, Herr Müller!

[Thomas Birk (GRÜNE): Wie lange noch?]

Hierfür sind breite technische und rechtliche Kenntnisse erforderlich, denn sie berühren alle Fachbereiche, und ich glaube, das ist ein Vorschlag, der dann auch dazu führt, dass wir eine entsprechende Zeitschiene absprechen können.

Das Thema Asbest nehmen wir ernst. Das hat die Anhörung gezeigt, das hat die öffentliche Diskussion gezeigt. Ich finde es richtig, dass Mieterinnen und Mieter sich einmischen. Deshalb: Klare Vorstellungen von uns, klare Vorstellungen der zuständigen Senatsverwaltung – das erwarten wir nicht nur, sondern das hat Herr Müller hier sehr klar ausgeführt. Deshalb ist es völlig richtig, Herr Otto, dass wir das hier ansprechen. Aber sich hier hinzustellen und zu sagen, der Senat tut nichts, er verschläft alles – Herr Otto, da schüren Sie Angst, und das dürfte auch nicht in Ihrem Interesse sein.

[Lars Oberg (SPD): Doch, das ist das Traurige!]

Herzlichen Dank!

[Beifall bei der SPD und der CDU]

Vielen Dank, Frau Spranger! – Das Wort zu einer Zwischenbemerkung hat der Herr Abgeordnete Otto. – Bitte sehr!

Sehr geehrte Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kollegin Spranger! Das sind wir ja hier schon gewöhnt: Wer Kritik äußert am Senat, der schadet Berlin, der schürt Ängste. – Das ist nicht so. Wir machen hier auf Probleme aufmerksam und kritisieren diesen Senat, und das ist auch richtig und besonders in diesem Fall.

[Beifall bei den GRÜNEN]

Ich weiß nicht, ob Sie vorhin bei einem anderen Vortrag von Herrn Müller waren als ich. Dass es ein Kataster geben soll, haben Sie das gesagt, Herr Müller? Wo ist es? Jüngst, letzte Woche, habe ich die Antwort auf eine Kleine Anfrage bekommen, da haben Sie das verweigert. Da haben Sie gesagt, es gibt gar keine Information darüber, in welchen Gebäuden, in welchen Kiezen, in welchen Ortsteilen, in welchen Bezirken es diese Asbestvorkommen in Wohnungen gibt. Dann liefern Sie uns das doch endlich! Schreiben Sie auf: Da und da ist das. Dann kann man damit umgehen, dann ist das eine Bürgerinformation.

Information an alle, Frau Spranger: Mir sind Leute bekannt, die haben nichts erfahren von ihren Wohnungs

baugesellschaften. Hier wird immer so getan: Es sind alle informiert, und da gibt es ein Merkblatt – das im Übrigen ja doch einen sehr langen Redaktionsvorlauf hat, muss man mal feststellen. Das ist aber nicht so. Eine Informationsoffensive wünsche ich mir vom Senat. Der muss, bitte schön, Leute informieren. Es geht um Zehntausende. Der soll Postwurfsendungen mit den landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften organisieren. Von allein machen die das nur, wenn es brenzlig wird. Das ist unsere Erfahrung, das ist unsere Erkenntnis. Da oben sitzen Leute, die können Ihnen das bestätigen.

[Beifall bei den GRÜNEN]

Mit der Stelle und der Beratung und der Abstimmung kommen wir ja zusammen, Frau Kollegin! Aber, bitte schön, was ist denn in den letzten 15 Jahren passiert? – Nichts ist abgestimmt, über nichts ist informiert worden, und nichts ist geklärt von den schwierigen rechtlichen Dingen, die da zu bedenken sind. Irgendwann geht den Menschen, die da in den Wohnungen leben, die Geduld aus, und dann verlangen die, dass etwas passiert. Dafür ist dieser Senat da, und das erwarten wir. Sie können nicht zwei Jahre an einem Infoblatt arbeiten, weil die Redaktion nicht genau weiß, was man da reinschreiben soll. So geht es nicht. Wir erwarten hier zügiges Handeln des Senats. – Danke schön!

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN]

Frau Spranger, bitte!

Verehrter Herr Otto! Noch sitzen wir gemeinsam hier. Noch gehören wir zusammen in dieses Parlament als Parlamentarier, die hier als Fachleute sitzen und zuhören. Deshalb habe ich selbstverständlich auch Herrn Müller sehr genau zugehört, und ich habe Ihnen vorhin schon gesagt: Scheinbar haben Sie es nicht getan, weil er Ihnen alles das, was Sie schon wieder als Angst hervorheben, bereits erläutert hat. Ich bin nicht Herr Müller, ich bin Frau Spranger, und ich bin diejenige, die als Abgeordnete hier für eine Fraktion spricht, was man tun muss, was wir auch vom Senat erwarten.

Ich kann mir vorstellen, dass es genau der richtige Ansatz ist, ein Kataster einzurichten. Da kann Herr Müller immer noch sagen, das sieht er als schwieriger an als ich. Aber Sie können sich hier nicht hinstellen und so tun, als ob auch ich das nicht entsprechend gesagt habe.

Und noch mal: Auch ich kenne Leute, die durch diese ganze öffentliche Diskussion Angst bekommen und gesagt haben: Frau Spranger! Vielleicht habe ich das bei mir auch. – Was habe ich hier am Anfang gesagt? – Natürlich würden wir auch erst mal sagen: Um Gottes

willen, hoffentlich haben wir so was nicht in unserer Wohnung! – Aber Sie tun ja gerade so, als ob in allen Wohnungen alle Asbestplatten, die damals mal verbaut worden sind – aus heutiger Sicht würde das keiner mehr machen –, gebrochen und kaputt dort drin liegen.

[Thomas Birk (GRÜNE): Die sind zugeschnitten worden, als sie eingebaut wurden! Die sind alle gebrochen, weil sie zugeschnitten wurden!]

Ja, das behaupten Sie jetzt, weil sich das gut darstellt. Aber ich will Ihnen eins sagen: Diese Information – –

[Zuruf von der Zuhörertribüne]

Verzeihung! Frau Spranger! Wenn ich Sie kurz unterbrechen darf? – Würden Sie da oben sich bitte wieder beruhigen? Tun Sie mir einen Gefallen, beruhigen Sie sich! Setzen Sie sich einfach wieder hin! Danke schön!

Es tut mir sehr leid. Ich habe vorhin schon gesagt: Natürlich setzt das Emotionen frei. Und wenn Sie, egal ob Sie jetzt bei einem privaten Eigentümer oder bei einer Wohnungsbaugesellschaft oder Genossenschaft sind, dort Probleme haben und man Ihnen nicht zuhört – Entschuldigung, ich gehe jetzt mal auf ihn ein und nicht auf Herrn Otto, weil ich ja merke, dass sich Menschen darüber wirklich Sorgen machen –, dann haben Sie mit Sicherheit, wenn es bei Ihnen so ist, die Möglichkeit, uns anzusprechen, und wir gehen dem auch nach. Alles, was bei unseren Gesellschaften passiert ist, muss selbstverständlich mit den Gesellschaften in den Gesellschaftergesprächen besprochen werden. Es gibt aber private Vermieter, die sich nicht darum kümmern. Wenn Sie so etwas haben, dann kommen Sie bitte und sprechen uns an! – Das wollte ich nämlich auch Herrn Otto sagen. Wir sind Parlamentarier, und wir sind diejenigen, die Sie anzusprechen haben, und dann müssen wir uns auch darum kümmern.

[Zuruf von den GRÜNEN]

Wenn Sie das Problem haben, können Sie gern nachher zu mir runterkommen, und dann höre ich mir speziell Ihr Problem an. Wäre das eine Sache? – Ist in Ordnung. – Herr Otto! Und damit habe ich es beantwortet, denn genau deshalb sind wir hier: um uns um die Probleme der Leute zu kümmern. – Danke!

[Beifall bei der SPD]

Vielen Dank, Frau Spranger! – Für die Linksfraktion hat jetzt das Wort die Frau Abgeordnete Lompscher. – Bitte sehr!