Protokoll der Sitzung vom 06.03.2014

Wir als Opposition sind der Meinung, dass wir die Wasserbetriebe fit für die Zukunft machen müssen. Wir müssen in das Netz investieren. Wir müssen es nachhaltig und ökologisch gestalten und darauf vorbereiten, was in diesem Land in der Zukunft passiert. Wir bauen gerade massiv Wohnungen. Die Stadt wird an vielen Ecken und Enden verdichtet. Sind unsere Wassernetze an diesen Orten darauf vorbereitet? – Mit großer Wahrscheinlichkeit ist das nicht der Fall. Es müssen also ebenfalls Investitionen erfolgen. Diese müssen bezahlt werden. Dabei ist es nicht gut, wenn wir Unternehmen haben, die an der Grenze der Finanzierung stehen. Dementsprechend lautete unser Vorschlag, dort die Schulden ein wenig senken zu wollen.

Ich sehe, ich muss zum Ende kommen. Wir hätten es uns gewünscht, wenn Sie diesen Dialog mit uns gestartet hätten. Sie würgen diesen Dialog heute hier und jetzt einmal wieder ab. Das finden wir sehr schade. Dieser Dialog wird jedoch nicht komplett beendet sein, weil Sie sich vor den Problemen und Fragen, die diese Stadt hat, nicht verstecken können. Sie müssen Sie lösen. Wir haben die Hände ausgebreitet und warten darauf, dass Sie vielleicht irgendwann einmal aufwachen. – Danke!

(Dr. Michael Garmer)

[Beifall bei den PIRATEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN]

Vielen Dank, Herr Herberg! – Gibt es weitere Wortmeldungen? – Der Senator für Finanzen wünscht das Wort. Ich weise schon jetzt darauf hin, dass, sofern ein Mitglied des Senats das Wort in einer Aussprache ergreift, danach nach § 64 Abs. 7 unserer Geschäftsordnung jeder Fraktion eine weitere Redezeit von mindestens fünf Minuten zur Verfügung steht.

[Torsten Schneider (SPD): Die aber angerechnet werden!]

Es gilt die vorherige Reihenfolge. – Herr Senator, bitte!

Liebe Frau Präsidentin! Wenn wir uns über ein solches Thema unterhalten, sollte es nicht an den fünf Minuten scheitern.

[Beifall bei der SPD und der CDU]

Ich schätze Frau Kosche, aber noch bin ich nicht formal der zuständige Senator für das Thema. Ich freue mich aber trotzdem, dass Sie mich hereingerufen haben.

[Heidi Kosche (GRÜNE): Schön, dass Sie da sind!]

Nur weil ich Aufsichtsratsvorsitzender bin, bin ich nach der Geschäftsverteilung des Senats noch lange nicht zuständig für das Thema.

[Heidi Kosche (GRÜNE): Herr Senator! Ich verstehe nicht, was Sie sagen!]

Ist das Mikrofon angeschaltet? Ich versuche, dem abzuhelfen. – Herr Lederer! Sie sprachen das Thema an, die Holding aufzulösen. Die Holding hat sich in der Tat, weil die Privaten nun heraus sind und damit auch der Konsortialvertrag innerlich hinfällig geworden ist, überlebt. Sie einfach aufzulösen, wird so nicht möglich sein, weil damit komplizierte steuerrechtliche Fragen zusammenhängen. Wir haben aber schon vor, in den nächsten Monaten unter Berücksichtigung dieser steuerlichen Fragen diese zwar nicht aufzulösen – das wird rechtlich nicht gehen –, aber sie zurückzuführen.

Sie diskutieren immer ein wenig wie einen Fetisch das Thema Verordnungszinssatz. Sie haben sich lange mit der Thematik befasst. Sie wollten sogar einmal über die Wasserbetriebe und die Wasserpreise promovieren. Der Verordnungszinssatz hat nicht unmittelbar etwas mit den Tarifen zu tun. Wir haben jetzt auch bei einem bestehenden Verordnungszinssatz in der Aufsichtsratssitzung in dieser Woche Beschlüsse über die Tarife 2014/2015 gefasst, die eine Absenkung beim Frischwasser um 15 Prozent vorsehen. Wir stellen die Kunden bereits seit

2012 so – also schon vor meiner Zeit –, als wenn es diese Senkung gegeben hätte.

[Heidi Kosche (GRÜNE): Unter Vorbehalt!]

Ich gebe Ihnen recht: Sie sind nicht formal, weil es nicht anders ging. Sie sind aber wirtschaftlich so gestellt worden, als hätte es diese Tarife gegeben. Seit der letzten Aufsichtsratssitzung dieser Woche ist auch dieser Vorbehalt weg. Das Land übt einen Gewinnverzicht in einer Größenordnung von etwa 50 Millionen Euro pro Jahr aus, um das zu finanzieren. Das sind die Tatsachen. Deshalb können Sie seit 2012 nicht mehr von überhöhten – sie sind es zumindest aus meiner Sicht nicht mehr – Monopolgewinnen reden.

Andererseits muss ich aber auch deutlich sagen, dass es kein sauberes und gutes Trinkwasser für lau geben wird. Mich erstaunt in der Debatte – insbesondere was die Grünen anbelangt –, wie stark man sich hier für das Wasser einsetzt, aber die Verbraucher deutlich mehr bei der Umlage für Ökostrom abschöpft. Das hat viel größere Auswirkungen auf das Budget eines einzelnen Verbrauchers als das, was wir mit dem Wasser getan haben, was einen Betrag von etwa 13 oder 14 Euro ausmacht. Wir haben es aber trotzdem diskutiert, dass das Trinkwasser für die Berlinerinnen und Berliner zu einem fairen und angemessenen Preis zur Verfügung steht. Ich sage es aber noch einmal deutlich, dass es das nicht für lau gibt.

Ihre Gewinnvorstellungen sind natürlich auch falsch, oder das, was Sie gerade zitiert haben. Seit 2012 verzichten wir auf Gewinne, sonst könnten wir die 60 Millionen Euro an die Berlinerinnen und Berliner nicht rückerstatten. Das haben Sie vergessen zu sagen, Frau Kosche.

[Heidi Kosche (GRÜNE): Die letzten zwei Jahre stimmen!]

Ich kann Ihnen ansonsten auch gern die Bilanzen überlassen, die wir in der letzten Aufsichtsratssitzung festgestellt haben. Wir haben deutlich weniger Gewinne. Es würde mich aber interessieren, ob Sie wissen, wie viel Kapital in den Wasserbetrieben gebunden ist. Können Sie mir die Frage beantworten?

[Heidi Kosche (GRÜNE): Ich hab das jetzt nicht hier!]

Sie beschäftigen sich doch dauernd damit und leiten daraus überhöhte Gewinne ab. Ich kann es Ihnen sagen. Es sind 6,7 Milliarden Euro. Diese sind in den Wasserbetrieben gebunden, in den Netzen, den Rohrleitungen, den Klär- und Pumpenanlagen und weiterem. Wenn Sie einfach einmal unterstellen, dass Sie dieses Kapital – das ist selbst in einer Niedrigzinsphase nicht überhöht, weil es eher ein unternehmerisch gebundenes Kapital ist – mit drei Prozent verzinsen – also eine Gesamtkapitalrendite von drei Prozent haben –, liegen Sie irgendwo bei 180 Millionen Euro bis 200 Millionen Euro, die Sie mindestens benötigten, um dieses Unternehmen, ohne vom Monopolgewinn reden zu können, mit auszufinanzieren.

Sie haben hier einfach ein Risiko. Dieses Risiko besteht darin – beispielsweise das Risiko, das wir jetzt in Waßmannsdorf haben –, dass sich die Umweltauflagen verschärfen. Die Reinigungsstufen müssen besser werden. Dafür werden einmal so eben 200 Millionen Euro bis 300 Millionen Euro fällig, um eine bessere Reinigung herbeizuführen.

Die Wassermengen selbst gehen zurück. Die Rohrleitungen selbst kosten aber das gleiche. Wir sind sehr stark fixkostenintensiv geprägt. Sie können gar nicht erwarten, dass das Land oder irgendjemand anderes insgesamt in einem Unternehmen 6,7 Milliarden Euro zur Verfügung hat und dazu keine vernünftige Kapitalverzinsung bekommt. Wenn Sie sich einmal das Betriebsergebnis mit 180 Millionen Euro ansehen, ist das eine Verzinsung, die irgendwo bei drei Prozent liegt. Abgesehen davon ist dieses Kapital, weil es an Kanälen und Rohrleitungen liegt, mindestens auf 50 Jahre, wenn nicht 100 Jahre gebunden. Nur weil Sie seit ein paar Jahren niedrige Zinsen haben, heißt das nicht, dass Sie in den nächsten Jahren nicht höhere Zinsen haben. Das heißt also, Sie können nicht heute rein in die Puschen und morgen raus, sondern Sie müssen dieses Unternehmen, das auch sehr langfristig investiert – wir wollen ja, dass die Kanalsysteme erhalten bleiben, wir wollen, dass die Rohrleitungssysteme erhalten bleiben, wir wollen, dass die Pumpanlagen funktionieren, wir wollen, dass wir Supertrinkwasser haben, wir wollen möglicherweise das Thema Grundwasser und andere Dinge angehen –, in einer ordentlichen Form ausfinanzieren. Dazu gehören Gewinne, die zumindest die Kapitalkosten abdecken. Übrigens: Die Kapitalkosten, die nicht fremdfinanziert sind, nämlich das Eigenkapital – die Zinsen trägt komplett der Haushalt. Auch das ist sozusagen eine Subvention der Wasserpreise, wenn Sie unterstellen, das Kapital müsste sich nicht verzinsen.

Ich möchte einfach nur sagen, das wird es nicht für umsonst geben. Die IHK hat im Übrigen gelobt, dass diese Wasserpreissenkung gut für die Wirtschaft ist. Seit dieser Senkung können Sie auch nicht mehr von überhöhten Wasserpreisen reden.

Ich würde insgesamt auch noch einmal herausstellen wollen, dass die Wassserbetriebe sich auch weiteren Zukunftsthemen stellen, wie jetzt zum Beispiel dem Thema Stadtwerke. Auch das haben wir beschlossen; wir werden in den Wasserbetrieben auch das Thema Stadtwerke angehen. Insofern kann ich nur an Sie appellieren, die Wasserbetriebe leistungsfähig zu erhalten, und dazu gehört auch eine vernünftige Kapitalverzinsung. – Vielen Dank!

[Beifall bei der SPD und der CDU]

Vielen Dank, Herr Senator! – Möchte für die Fraktion der Linken jemand das Wort ergreifen? – Bitte, Herr Dr. Lederer!

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Jetzt kommt ein bisschen Schwung in die Bude! Endlich reden wir mal über konkrete Dinge! Das ist hier lange Zeit nicht so gewesen. Ich hätte mir natürlich gewünscht, dass die zuständige Senatorin für Wirtschaft auch ein paar Worte zu dem Thema gesagt hätte,

[Beifall bei den PIRATEN]

freue mich aber, dass wenigstens der Aufsichtsratsvorsitzende ein paar Dinge sagt.

Erstens – Auflösung der Holding: Ich habe mit Jura hier und da mal zu tun gehabt, und auch, wenn ich mich in meiner Dissertation nicht mit dem Thema Wasserpreise beschäftigt habe – mit öffentlichen Unternehmen schon und auch mit Anstalten öffentlichen Rechts. Herr Kollege Nußbaum! Es gibt keinerlei Rechtsgründe – keinerlei Rechtsgründe! –, warum die Holdingstruktur nicht einfach aufgelöst werden sollte, warum die Berliner Wasserbetriebe nicht einfach als Anstalt öffentlichen Rechts verfasst werden sollten, so wie es vor der Teilprivatisierung war, und wir demzufolge die demokratische Kontrolle über das Unternehmen vollumfänglich wieder herstellen. Es gibt keinen Grund dafür, Herr Senator!

[Beifall bei der LINKEN und den PIRATEN]

Ich höre hier, dass Sie in die Richtung arbeiten wollen. Wir werden uns das genau angucken, wir werden die Diskussion gut begleiten. Ich hoffe, dass Sie das tun, denn ein öffentliches Unternehmen sollte tatsächlich als Anstalt öffentlichen Rechts verfasst sein, schon damit an dieser Stelle bestimmte Spielereien, Manipulationen und Kontrolldefizite nicht durchgreifen.

Zweitens – die Wasserpreiskalkulationen: Sie haben völlig recht, man kann hier und da an Stellschrauben drehen. Interessanterweise haben die Berliner Wasserbetriebe gegenüber dem OLG Düsseldorf und gegenüber dem Bundeskartellamt behauptet, sie seien durch die gesetzlichen Kalkulationsvorschriften so in ihren Spielräumen eingeschränkt, dass da überhaupt keine Bewegung existiere. Ich finde es witzig, dass Sie an dieser Stelle zu Recht darauf hinweisen, dass die Berliner Wasserbetriebe da Unsinn erzählt haben, und zwar auch vor dem OLG Düsseldorf.

Diese Spielräume bei Rückstellungen, bei den Abschreibungen, bei der Abschreibungsdauer sind allerdings kein Dauerrezept, um die Tarife nachhaltig zu senken. Das können Sie mal ein Jahr machen, das können Sie vielleicht auch mal anderthalb Jahre machen, aber seit drei

(Senator Dr. Ulrich Nußbaum)

Jahren sagen Sie uns nicht, wie das am Ende über die Änderung der Tarifkalkulationsvorschriften nachhaltig und dauerhaft passieren soll.

Nun sind es aber gerade die Kollegen von der CDU, der Kollege Garmer, der hier immer sagt: Wir haben durchgesetzt, dass langfristig und dauerhaft die Wasserpreise gesenkt worden sind. – Das ist natürlich Unsinn, dazu muss man die Tarifkalkulationsvorschriften ändern. Ich höre hier mit großer Freude, dass darüber diskutiert werden kann. Dann müssen Sie allerdings auch erklären, wie Sie Wasser und Abwasser unterschiedlich kalkulieren wollen. Wenn Sie die Wasserpreise so kalkulieren, können Sie die Abwasserpreise nicht anders kalkulieren. Nein, nein, nein, das können Sie nicht! Wir sehen uns im Zweifelsfall dann vor Gericht wieder, und zwar vor dem Verwaltungsgericht. Das wird Ihnen sagen, dass der Aufwand bei Wasser und bei Abwasser nicht völlig unterschiedlich kalkuliert werden kann. Das ist doch abenteuerlich!

[Beifall bei der LINKEN und den PIRATEN – Beifall von Joachim Esser (GRÜNE)]

Der dritte Punkt: Sie erzählen uns, die Refinanzierung der Investitionen sei über die Verzinsung des betriebsnotwendigen Kapitals zu leisten. Das ist natürlich Unsinn, denn dafür gibt es Abschreibungen. Die Investitionen im Unternehmen werden über die Abschreibungen finanziert, nicht über die Gewinne, die Sie in den Landeshaushalt einstellen und mit denen Sie dann durch die Welt rennen und sich als Musterschüler bei der Haushaltssanierung auf die Brust klopfen. Das ist etwas gänzlich anderes. Für die Refinanzierung der Investitionen gibt es Abschreibungen, und an diesen Abschreibungen wollen wir in den Berliner Wasserbetrieben gar nichts ändern, es sei denn vielleicht bei der Länge und der Höhe, darüber müsste man mal reden. Ich freue mich, dass Sie jetzt mal gesagt haben: Wir sind bereit, darüber zu reden. Wir auch!

Viertens: Es stimmt schlicht nicht, dass es keine Spielräume für Wasserpreissenkungen gibt. Auch Herr Thomsen hat letztens in der „Berliner Zeitung“ geschrieben, dass Die Linke Wolkenkuckucksheim macht usw. Nein, das ist Unsinn! Wir haben im Parlament bei den Haushaltsberatungen beantragt, einen Teil der Überschüsse aus den letzten Jahren, nämlich 400 Millionen Euro, zur Refinanzierung des Kaufpreises für die RWEAnteile einzusetzen. Hätten Sie das gemacht, hätten Sie die Spielräume, um die Wasserpreise zu senken. Da wiederhole ich noch mal: Den Hartz-IV-Beziehenden in die Tasche zu fassen, damit Sie der Musterknabe bei der Haushaltssanierung sind, ist unsozial und inakzeptabel. Eine Umsatzrendite von 25 Prozent würde man überall als Unverschämtheit wahrnehmen, erst recht bei einem öffentlichen Monopolunternehmen. – Vielen Dank!

[Beifall bei der LINKEN und den PIRATEN]

Vielen Dank, Herr Dr. Lederer! – Herr Stroedter für die SPD-Fraktion – bitte sehr!

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Dr. Lederer! Ich habe das Gefühl, Ihre zehn Jahre Regierungszeit sind weg – weit weg.

[Heiterkeit bei den GRÜNEN]

Seriöse Haushaltspolitik war mal ein Markenzeichen von Rot-Rot, die haben Sie inzwischen abgeschrieben.

[Vereinzelter Beifall bei der SPD – War mal! von der LINKEN]

Ja, war mal! Wir setzen sie mit Rot-Schwarz fort.